Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 27.10.2021 - 3 K 2815/16 =
SIS 22 05 40 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Streitig ist, ob der für eine
Kapitalgesellschaft festgestellte Gewerbeverlust im Fall der
Einbringung ihres Betriebs in eine Personengesellschaft auf diese
übergeht.
|
|
|
2
|
Bei der Klägerin und
Revisionsbeklagten (Klägerin) handelt es sich um eine Ende
2010 gegründete Personengesellschaft in der Rechtsform der
GmbH & Co. KG, die ihren Sitz zunächst in A hatte. Im Laufe
des Jahres 2014 wurde ihr Sitz nach B in den
Zuständigkeitsbereich des Beklagten und Revisionsklägers
(Finanzamt - FA - ) verlegt. Gesellschafter der Klägerin sind
die im US-Bundesstaat Delaware gegründete und ansässige G
Limited Liability Company (LLC) - G - als alleinige Kommanditistin
sowie die G-GmbH als Komplementärin, die nicht am Gewinn und
Verlust der Klägerin beteiligt ist. Alleingesellschafterin der
Komplementärin ist ebenfalls die G.
|
|
|
3
|
Unternehmensgegenstand der Klägerin
ist der Betrieb von Einzel- und Großhandelsgeschäften,
insbesondere der Verkauf von Waren im Einzel- und Großhandel,
sowie die Erbringung von Dienstleistungen für Gesellschaften,
die ein Einzel- oder Großhandelsgeschäft betreiben.
Gegenstand des Unternehmens ist zudem das Halten und Verwalten
eigenen Vermögens sowie der Erwerb, das Halten und Verwalten
sowie die Veräußerung von Beteiligungen an anderen
Gesellschaften und Unternehmen im In- und Ausland.
|
|
|
4
|
Mit Einbringungsvertrag vom xx.10.2011
brachte die G ihre im Handelsregister eingetragene
Betriebsstätte mit Sitz in B mit Wirkung zum 01.10.2011 in die
Klägerin ein. Ausweislich des Vertrags übertrug die G
dabei das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der
Betriebsstätte einschließlich der immateriellen und
nicht bilanzierten Vermögensgegenstände (zum Beispiel
Kundenstamm, Geschäfts- und Firmenwert, gewerbliche
Schutzrechte) auf die Klägerin, die zugleich in alle
bestehenden Dauerschuldverhältnisse, Arbeitsverhältnisse
und sonstigen Vertragsverhältnisse der Betriebsstätte
eintrat. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Einbringung als
Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft
nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu gelten
habe und sich das Gesellschaftskapital der Klägerin durch die
Einlage der mit dem Buchwert des Betriebsvermögens bewerteten
Betriebsstätte (3.334,09 EUR) erhöhe.
|
|
|
5
|
Nach der Einbringung führte die
Klägerin den Betrieb der eingetragenen deutschen
Betriebsstätte der G vollumfänglich fort, das
heißt, Verträge und Kundenbeziehungen sowie die
Geschäftstätigkeit wurden übernommen und nahtlos
fortgesetzt. Die eingetragene Betriebsstätte der G wurde den
Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zufolge am xx.12.2011
gelöscht. Neben der Mitunternehmerstellung als Kommanditistin
der Klägerin sowie dem Halten der Anteile an der
Komplementärin entfaltete die G keine weiteren operativen
gewerblichen Aktivitäten mehr in der Bundesrepublik
Deutschland.
|
|
|
6
|
Mit Bescheid vom 15.08.2011 über die
gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes
auf den 31.12.2010 hatte das Finanzamt B für die eingetragene
deutsche Betriebsstätte der G einen vortragsfähigen
Gewerbeverlust nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG)
in Höhe von 1.481.837 EUR festgestellt. Aufgrund eines Gewinns
der G im Jahr 2011 in Höhe von 2.843 EUR wurde der
vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2011 mit
Feststellungsbescheid des Finanzamts A vom 29.01.2014 mit 1.478.994
EUR festgestellt. Im Jahr 2012 ergab sich für die G ein
Verlust in Höhe von 8.107 EUR, sodass sich der zum 31.12.2012
festzustellende vortragsfähige Gewerbeverlust der G mit
Feststellungsbescheid des Finanzamts A vom 20.02.2014 auf 1.487.101
EUR erhöhte. Für die Jahre 2013 bis 2018 ergingen
Gewerbesteuermessbescheide jeweils ausgehend von einem Gewinn in
Höhe von 0 EUR, sodass für die Folgejahre jeweils der
identische vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt
wurde.
|
|
|
7
|
Nach Einbringung der Betriebsstätte
der G und ihrer Fortführung durch die Klägerin beantragte
diese im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärungen für die
Erhebungszeiträume ab 2011 die Nutzung beziehungsweise
Fortführung des entstandenen Gewerbeverlustes. Mit
Gewerbesteuermessbescheid für 2011 vom 16.04.2014, erlassen
vom seinerzeit für die Klägerin zuständigen
Finanzamt A, wurde der von der Klägerin beantragte Verlust
sowohl im Rahmen der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags als
auch im Rahmen der Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 unberücksichtigt gelassen.
Vielmehr wurde ein Gewinn der Klägerin in Höhe von
453.279 EUR angesetzt, der zu einem festzusetzenden
Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 15.004 EUR führte. In
den Erläuterungen zu diesen Bescheiden wurde ausgeführt,
dass der erklärte vortragsfähige Gewerbeverlust in
Höhe von 1.481.837 EUR aus der Einbringung der G nicht habe
berücksichtigt werden können, da keine
Unternehmensidentität bestehe.
|
|
|
8
|
Den Einspruch der Klägerin gegen den
Gewerbesteuermessbescheid für 2011 vom 16.04.2014 wies das
zwischenzeitlich örtlich zuständig gewordene FA mit
Einspruchsentscheidung vom 28.09.2016 unter Hinweis auf § 2
Abs. 2 Satz 1 GewStG als unbegründet zurück.
|
|
|
9
|
Mit der nachfolgenden Klage machte die
Klägerin geltend, dass es sich bei der G um eine Gesellschaft
handele, die einer deutschen Kapitalgesellschaft entspreche. Ihr
gewerbesteuerlicher Verlustvortrag sei im Zuge der Einbringung auf
die Klägerin übergegangen. Die erforderliche
Unternehmensidentität sei nach der anzustellenden
Gesamtbetrachtung der wesentlichen Merkmale der Tätigkeit vor
und nach der Einbringung beim Übergang des
Geschäftsbetriebs der G auf die Klägerin gegeben.
|
|
|
10
|
Mit Urteil vom 27.10.2021 - 3 K 2815/16
änderte das FG den Bescheid über den
Gewerbesteuermessbetrag für 2011 dahingehend, dass es den
Gewerbesteuermessbetrag auf 0 EUR festsetzte. Das FA habe es zu
Unrecht abgelehnt, den für die G festgestellten
vortragsfähigen Gewerbeverlust nach der Einbringung der
Betriebsstätte in die Klägerin nunmehr bei deren
Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für 2011 zu
berücksichtigen.
|
|
|
11
|
Bei der G, einer nach den rechtlichen
Bestimmungen des Delaware Limited Liability Company Act
gegründeten LLC, handele es sich nach Maßgabe des
Typenvergleichs nach deutschen steuerrechtlichen
Maßstäben um eine Kapitalgesellschaft. Dies ergebe sich
aus den gesetzlichen Regelungen des Delaware Limited Liability
Company Act sowie aus dem der Gründung der G zugrunde
liegenden Gesellschaftsvertrag vom 08.01.1998. Nach den
wesentlichen und bedeutsamen Merkmalen der
Geschäftsführung und Vertretung, der beschränkten
Haftung, der Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile, der
Kapitalaufbringung, der Lebensdauer der Gesellschaft sowie der
formalen Gründungsvoraussetzungen sei davon auszugehen, dass
es sich bei der G um eine US-amerikanische Gesellschaft handele,
die für Zwecke der deutschen Gewerbesteuer mit einer
inländischen Kapitalgesellschaft gleichzustellen sei.
|
|
|
12
|
Zudem sei der vortragsfähige
Gewerbeverlust der G auf die Klägerin übergegangen. Es
habe sowohl die erforderliche Unternehmeridentität als auch
Unternehmensidentität bestanden. Der Senat könne sich der
Schlussfolgerung des FA, aus der Gewerblichkeitsfiktion des §
2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ergebe sich, dass auch nach der
Ausgliederung eines operativen Geschäftsbetriebs eine
Kapitalgesellschaft weiterhin identisch sei mit demjenigen Betrieb,
der vor diesem Ausgliederungsvorgang existierte, in dieser
Allgemeingültigkeit nicht anschließen. Zwar sei es
zutreffend, dass der Bundesfinanzhof (BFH) seit dem Urteil vom
29.10.1986 - I R 318-319/83 (BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310 =
SIS 87 03 20) in nunmehr ständiger Rechtsprechung davon
ausgehe, dass sich bei einer Kapitalgesellschaft, die eine
betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger
übertrage, das Problem der Unternehmensidentität nicht
stelle, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1
GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gelte. Der
Senat schließe sich jedoch den Stimmen im Fachschrifttum an,
die davon ausgingen, dass sich aus der Gewerblichkeitsfiktion des
§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG nur ableiten lasse, dass auch bei
einer Änderung der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft
stets ein einheitlicher Gewerbebetrieb dieser Kapitalgesellschaft
bestehe, nicht jedoch, dass dies dasselbe Unternehmen
beziehungsweise derselbe Gewerbebetrieb sei. Auch bei
Kapitalgesellschaften sei vielmehr wegen des Objektsteuercharakters
der Gewerbesteuer auf ihre Tätigkeit selbst, verkörpert
im persönlichen, sachlichen und organisatorischen Substrat,
abzustellen. Hieraus folge, dass jedenfalls nicht allein unter
Hinweis auf die Gewerblichkeitsfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1
GewStG und die Unbeachtlichkeit der Unternehmensidentität bei
einer Kapitalgesellschaft der Übergang eines
gewerbesteuerlichen Verlustvortrags von einer Kapitalgesellschaft
auf eine Personengesellschaft verneint werden könne.
|
|
|
13
|
Dagegen richtet sich die Revision des FA,
mit der eine Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 2 Satz 1,
§ 10a GewStG) gerügt wird.
|
|
|
14
|
Das FA beantragt,
|
|
das Urteil des FG Köln vom 27.10.2021
- 3 K 2815/16 aufzuheben und die Klage als unbegründet
abzuweisen.
|
|
|
15
|
Die Klägerin beantragt,
|
|
die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
|
|
|
16
|
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Es stellt keinen
Antrag.
|
|
|
17
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Annahme des FG, bei der G
handele es sich nach Maßgabe des sogenannten Typenvergleichs
um eine Kapitalgesellschaft, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden (dazu 1.). Zudem ist die Vorinstanz zu Recht davon
ausgegangen, dass der für die G auf den 31.12.2010
festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust aufgrund von
Unternehmensidentität mit dem im Erhebungszeitraum 2011 von
der Klägerin erzielten Gewerbeertrag verrechnet werden kann
(dazu 2.). Die erforderliche Unternehmeridentität ist
ebenfalls zu bejahen (dazu 3.).
|
|
|
18
|
1. Die Annahme des FG, die G sei nach
Maßgabe des Typenvergleichs einer deutschen
Kapitalgesellschaft vergleichbar, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
|
|
|
19
|
a) Im Rahmen des Typenvergleichs kommt es
darauf an, ob die Gesellschaft nach ihrer wirtschaftlichen und
rechtlichen Struktur einer deutschen Kapitalgesellschaft oder aber
einer Personengesellschaft entspricht. Entscheidend ist insoweit
eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung der
maßgebenden ausländischen Bestimmungen über die
Organisation und Struktur der Gesellschaft sowie deren konkrete
Ausformung in ihrer Satzung. Dabei gehören die für den
Typenvergleich erforderlichen Feststellungen zum ausländischen
Recht zu den Tatsachenfeststellungen im Sinne des § 118 Abs. 2
FGO, die das FG von Amts wegen und unter Beachtung des § 76
Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
vorzunehmen hat. Der BFH ist daran und an die
Tatsachenwürdigung des FG gebunden, wenn aus den Gründen
des angefochtenen Urteils nachvollziehbar ist, aus welchen
Tatsachen das FG eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art
ableitet (BFH-Urteil vom 14.09.2022 - I R 47/19, BFHE 278, 160,
BStBl II 2023, 443 = SIS 23 00 83, Rz 17).
|
|
|
20
|
b) Unter Beachtung dieser Vorgaben hat das FG
festgestellt, dass es sich bei der G, einer nach den rechtlichen
Bestimmungen des Delaware Limited Liability Company Act
gegründeten LLC, um eine Gesellschaft handelt, die mit einer
deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist. An diese
Feststellung, die keinen revisionsrechtlich beachtlichen Fehler
erkennen lässt (und die auch zwischen den Beteiligten nicht im
Streit steht), ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
|
|
|
21
|
2. Die Vorinstanz ist weiterhin zu Recht davon
ausgegangen, dass der für die G (als Kapitalgesellschaft) auf
den 31.12.2010 festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust zur
Verrechnung mit dem Gewerbeertrag der Klägerin (als
Personengesellschaft) heranzuziehen ist. Die erforderliche
Unternehmensidentität ist gegeben.
|
|
|
22
|
a) Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der
maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von
1 Mio. EUR um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der
Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die
vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der
§§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die
Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags
für die vorangegangenen Erhebungszeiträume
berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. EUR übersteigende
maßgebende Gewerbeertrag ist nach § 10a Satz 2 GewStG
bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der
vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Die
Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert
festzustellen (§ 10a Satz 6 GewStG).
|
|
|
23
|
aa) Die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes
setzt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl
Unternehmensidentität als auch Unternehmeridentität
voraus (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 17.01.2019 - III R 35/17,
BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407 = SIS 19 06 70, Rz 18 ff.).
|
|
|
24
|
(1) Der Begriff der Unternehmensidentität
besagt, dass der im Kürzungsjahr bestehende Gewerbebetrieb
identisch sein muss mit dem Gewerbebetrieb, der im
Verlustentstehungsjahr bestanden hat (BFH-Urteile vom 28.04.1977 -
IV R 165/76, BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666 = SIS 77 03 71; vom
12.01.1983 - IV R 177/80, BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425 = SIS 83 11 20; vom 11.10.2012 - IV R 38/09, BFHE 240, 90, BStBl II 2013,
958 = SIS 13 06 27; vom 07.09.2016 - IV R 31/13, BFHE 255, 266,
BStBl II 2017, 482 = SIS 16 26 02; vom 04.05.2017 - IV R 2/14, BFHE
258, 470, BStBl II 2017, 1138 = SIS 17 16 18). Dieses Merkmal
ergibt sich aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer
(z.B. BFH-Urteil vom 28.04.1977 - IV R 165/76, BFHE 122, 307, BStBl
II 1977, 666 = SIS 77 03 71), der es im Gewerbesteuerrecht nicht
zulässt, dass Verluste des einen Gewerbebetriebs im Sinne des
§ 2 Abs. 1 GewStG bei einem anderen Gewerbebetrieb
berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 23.02.2017 - III R
35/14, BFHE 257, 20, BStBl II 2017, 757 = SIS 17 08 59).
|
|
|
25
|
(a) Bei einer Personengesellschaft ist darauf
abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche
Betätigung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15
Abs. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) die gleiche
geblieben ist (BFH-Urteil vom 04.05.2017 - IV R 2/14, BFHE 258,
470, BStBl II 2017, 1138 = SIS 17 16 18). Ob dies der Fall ist,
muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter
Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale, wie insbesondere
der Art der Betätigung, des Kunden- und Lieferantenkreises,
der Arbeitnehmerschaft, der Geschäftsleitung, der
Betriebsstätten sowie der Zusammensetzung des
Aktivvermögens beurteilt werden (z.B. BFH-Urteil vom
24.04.2014 - IV R 34/10, BFHE 245, 253, BStBl II 2017, 233 = SIS 14 18 25, Rz 23, m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Merkmale
muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller
Zusammenhang zwischen den Betätigungen bestehen (BFH-Urteil
vom 11.10.2012 - IV R 38/09, BFHE 240, 90, BStBl II 2013, 958 = SIS 13 06 27, Rz 24).
|
|
|
26
|
(b) Bei einer Kapitalgesellschaft, die eine
betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger
überträgt, stellt sich das Problem der
Unternehmensidentität hingegen nach dem BFH-Urteil vom
17.01.2019 - III R 35/17 (BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407 = SIS 19 06 70, Rz 20) nicht, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2
Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt
(BFH-Urteile vom 29.10.1986 - I R 318-319/83, BFHE 148, 158, BStBl
II 1987, 310 = SIS 87 03 20, zum Fall des Verlustes der
Vermögenswerte und einer wirtschaftlichen Wiederbelebung der
Kapitalgesellschaft durch Zuführung von Mitteln der
Neugesellschafter; vom 25.11.2009 - I R 18/08, BFH/NV 2010, 941 =
SIS 10 12 56, unter II.3. [Rz 12], zur Sitzverlegung und
Änderung des Unternehmenszwecks einer Kapitalgesellschaft; vom
04.05.2017 - IV R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138 = SIS 17 16 18, Rz 31, zu einer gewerblich geprägten
Personengesellschaft; BFH-Beschluss vom 26.02.2014 - I R 59/12,
BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016 = SIS 14 22 37, Rz 35, zur
Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung bei
Definitiveffekten). Eine Änderung der wirtschaftlichen
Betätigung einer Kapitalgesellschaft berührt die
Unternehmensidentität nicht.
|
|
|
27
|
(2) Als weitere Voraussetzung für einen
Verlustabzug nach § 10a GewStG muss hinzukommen, dass der
Gewerbetreibende den Verlust in eigener Person erlitten hat
(Unternehmeridentität). Bei einem Unternehmerwechsel
entfällt der Verlustabzug (§ 10a Satz 8 i.V.m. § 2
Abs. 5 GewStG). Bei Personengesellschaften hängt die
Unternehmeridentität von der Identität der Gesellschafter
ab, so beim Gesellschafterwechsel (vgl. BFH-Urteil vom 24.04.2014 -
IV R 34/10, BFHE 245, 253, BStBl II 2017, 233 = SIS 14 18 25). Bei
einer Kapitalgesellschaft ist die Unternehmeridentität
gewahrt, wenn sie trotz eines Umwandlungsvorgangs ihre rechtliche
Identität bewahrt hat (s. dazu unter 3.).
|
|
|
28
|
bb) In Anwendung dieser Grundsätze hat
der III. Senat des BFH mit Urteil vom 17.01.2019 - III R 35/17
(BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407 = SIS 19 06 70) entschieden, dass
im Fall der Übertragung des operativen Geschäfts einer AG
im Wege der Ausgliederung auf eine KG ein gewerbesteuerlicher
Verlustvortrag der AG jedenfalls dann nicht auf die KG
übergeht, wenn sich die AG fortan nicht nur auf die Verwaltung
der Mitunternehmerstellung bei der KG (und der Beteiligung an der
Komplementär-GmbH) beschränkt, sondern Beteiligungen an
Tochterkapitalgesellschaften hält. Es fehle an einer
spezialgesetzlichen Regelung, die den Übergang eines
Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine
übernehmende Personengesellschaft anlässlich einer
Ausgliederung verbiete oder gestatte. Aus den allgemeinen
Rechtsgrundsätzen über den gewerbesteuerrechtlichen
Verlustübergang bei Unternehmens- und
Unternehmeridentität ergebe sich ebenfalls kein
Verlustübergang. Diese Grundsätze seien nicht
einschlägig, da der Rechtsträger, bei dem der
Gewerbeverlust entstanden sei (AG), auch nach der Ausgliederung
noch existiert habe und der vor der Übertragung bestehende
Betrieb der AG aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion des § 2
Abs. 2 Satz 1 GewStG identisch sei mit dem nach der
Übertragung noch vorhandenen Betrieb; dies gelte ungeachtet
dessen, dass sich die AG nach der Übertragung auf eine
Holding-Funktion beschränkt habe. In einem derartigen Fall
stelle sich die Frage des Übergangs eines Gewerbeverlustes
nicht.
|
|
|
29
|
Hingegen hat der III. Senat ausdrücklich
offengelassen, ob ausnahmsweise ein Verlustübergang in
Betracht kommt, wenn ein Gewerbebetrieb - wie hier - im Ganzen (im
Wege der Ausgliederung) von einer Kapitalgesellschaft auf eine
Personengesellschaft übergeht und die Kapitalgesellschaft sich
fortan auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der
Personengesellschaft beschränkt (BFH-Urteil vom 17.01.2019 -
III R 35/17, BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407 = SIS 19 06 70, Rz
27).
|
|
|
30
|
cc) Ob es in der zuletzt genannten - vom BFH
nicht entschiedenen - Konstellation zu einem Übergang des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes kommt, wird in der Literatur
nicht einheitlich beurteilt. Zum Teil wird die Auffassung
vertreten, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust auf die
übernehmende Personengesellschaft übergeht (Patt in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock (D/P/M), Die
Körperschaftsteuer, § 24 UmwStG Rz 225; Mutscher in
Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz 250;
Tiedchen, EFG 2022, 957, 958; Suchanek, FR 2012, 296, 300;
ähnlich Wendt, FR 2019, 663: „lässt sich ...
vertreten“; Arndt, EFG 2022, 254; ganz
allgemein Ley, Kölner Steuerdialog 2013, 18466, 18468; Pyszka
in Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 3. Aufl.,
§ 3 Rz 596; vgl. auch Abschn. 68 Abs. 4 Satz 6 der
Gewerbesteuer-Richtlinien 1998). Nach anderer Auffassung steht
einem Verlustübergang auch in diesem Fall § 2 Abs. 2 Satz
1 GewStG entgegen (Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut,
UmwStG, 3. Aufl., § 24 Rz 165; Jäschke in Lademann,
Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 24 Rz 54; Schnitter in
Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 10a GewStG Rz 81b;
Kupfer/Göller/Leibner, Die Unternehmensbesteuerung - Ubg -
2014, 361; wohl auch Selder, HFR 2019, 697; ganz allgemein Erlass
des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom
27.01.2012, FR 2012, 238 = SIS 12 11 09).
|
|
|
31
|
Teilweise wird der Verlustübergang
jedenfalls in dem - hier nicht einschlägigen - Fall der
Begründung einer atypisch stillen Beteiligung an einer
Kapitalgesellschaft bejaht (Verfügung der Oberfinanzdirektion
- OFD - Frankfurt am Main vom 19.07.2011, DStR 2011, 2154 =
SIS 11 39 46, für den Fall
der Beteiligung am gesamten Handelsgewerbe; ebenso Verfügung
der OFD Magdeburg vom 06.03.2012, DStR 2012, 1088 = SIS 12 17 08; Patt in D/P/M, Die
Körperschaftsteuer, § 24 UmwStG Rz 225; FG Münster,
Urteil vom 05.11.2011 - 14 K 2364/21 G,F, EFG 2022, 254 =
SIS 21 21 09, Revision
anhängig unter IV R 25/21; anderer Auffassung
Kupfer/Göller/Leibner, Ubg 2014, 361).
|
|
|
32
|
b) Nach Ansicht des erkennenden Senats kann
der vortragsfähige Gewerbeverlust der Kapitalgesellschaft in
Fällen wie dem vorliegenden mit dem Gewerbeertrag der
übernehmenden Personengesellschaft verrechnet werden. Das
Merkmal der Unternehmensidentität ist gegeben.
|
|
|
33
|
aa) Dabei ist zunächst darauf
hinzuweisen, dass das Umwandlungssteuerrecht den
„Übergang“ der vortragsfähigen
Gewerbeverluste nach § 10a GewStG auf die übernehmende
Gesellschaft nicht regelt, ihn aber auch nicht
ausschließt.
|
|
|
34
|
(1) Im Streitfall liegt eine Einbringung eines
Betriebs in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG vor.
Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
|
|
|
35
|
(2) Die Einbringung des Betriebs geht mit
einer steuerlichen Rechtsnachfolge der übernehmenden
Personengesellschaft einher. Gemäß § 24 Abs. 4
Halbsatz 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Halbsatz
1 UmwStG tritt die übernehmende Gesellschaft in die
Rechtsstellung des Einbringenden ein. Hiermit ist jedoch nicht der
automatische „Übergang“ der
vortragsfähigen Fehlbeträge des Einbringenden im Sinne
des § 10a GewStG verbunden. Vielmehr gelten die allgemeinen
Grundsätze zur Unternehmens- und Unternehmeridentität
(vgl. Weiss, Steuern und Bilanzen - StuB - 2017, 859, 861); einer
Rechtsgrundlage, die den
„Verlustübergang“ anordnet, bedarf
es nicht. Das Umwandlungssteuerrecht steht einer Verlustnutzung
durch die übernehmende Personengesellschaft auch nicht
entgegen. § 23 Abs. 5 UmwStG gilt für die Einbringung von
Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft nicht; die Norm
ist von dem Verweis in § 24 Abs. 4 Halbsatz 1 UmwStG
ausgenommen (Suchanek/Hesse in
Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., §
10a Rz 86; Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz,
Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 24 UmwStG Rz 260).
|
|
|
36
|
bb) Da es sich bei der Klägerin um eine
Personengesellschaft handelt, ist das Merkmal der
Unternehmensidentität im Ausgangspunkt nach den für
Personengesellschaften geltenden (allgemeinen)
Rechtsgrundsätzen zu beurteilen. Der Senat kann dahinstehen
lassen, ob hierin ein „Vorrang des
Personengesellschaftskonzepts“ zu sehen ist
(ohne weitergehende Begründung abgelehnt durch BFH-Urteil vom
17.01.2019 - III R 35/17, BFHE 264, 32, BStBl 2019, 407 =
SIS 19 06 70, Rz 26; anderer
Auffassung Suchanek, FR 2012, 296, 298). Die Existenz der
ausgliedernden Kapitalgesellschaft kann zwar nicht negiert werden,
sie steht im Fall der Einbringung des gesamten Betriebs in eine
Personengesellschaft einer Verlustnutzung durch die
Übernehmerin jedoch nicht entgegen (s. dazu unter dd).
|
|
|
37
|
cc) Nach allgemeinen Grundsätzen ist
Unternehmensidentität in Fällen wie dem vorliegenden zu
bejahen. Ob die Betätigung unverändert geblieben ist,
muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter
Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale beurteilt werden,
wie insbesondere der Art der Betätigung, des Kunden- und
Lieferantenkreises, der Arbeitnehmerschaft, der
Geschäftsleitung, der Betriebsstätten sowie der
Zusammensetzung des Aktivvermögens. Unter
Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher,
organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den
Betätigungen bestehen (z.B. BFH-Urteil vom 11.10.2012 - IV R
38/09, BFHE 240, 90, BStBl II 2013, 958 = SIS 13 06 27, Rz 24).
Einen solchen Zusammenhang hat die Vorinstanz vorliegend in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.
|
|
|
38
|
dd) Der Nutzung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes durch die Mitunternehmerschaft steht nicht
entgegen, dass der Verlust in der Person einer (fortbestehenden)
Kapitalgesellschaft entstanden ist, für die § 2 Abs. 2
Satz 1 GewStG gilt.
|
|
|
39
|
(1) Zwar geht der BFH seit dem Urteil vom
29.10.1986 - I R 318-319/83 (BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310 =
SIS 87 03 20) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der
Abzug des Gewerbeverlustes bei Kapitalgesellschaften keine
Unternehmensidentität voraussetzt. Dies betrifft nach Ansicht
des erkennenden Senats allerdings allein die Fälle, in denen
die Kapitalgesellschaft nach einer Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse noch eine (geänderte)
Tätigkeit entfaltet (vgl. auch BFH-Urteil vom 04.05.2017 - IV
R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138 = SIS 17 16 18, Rz 31:
„Zwar hat ... bei Kapitalgesellschaften die
Unternehmensidentität für den Fortbestand des
Verlustvortrags nach § 10a GewStG keine Bedeutung
...“). Die Rechtsprechung hat ihren Ursprung
in sogenannten Mantelkauffällen. Danach kommt es im Hinblick
auf die eigenen vortragsfähigen Gewerbeverluste der
Kapitalgesellschaft nicht auf das Merkmal der
Unternehmensidentität an. Der Abzug des Gewerbeverlustes
bleibt auch bei einer Änderung der wirtschaftlichen
Betätigung erhalten. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der
Gewerbeverlust nicht mit dem gesamten Gewerbebetrieb der
Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft
„übergehen“ kann (vgl. auch
Suchanek, FR 2012, 296, 299).
|
|
|
40
|
(2) Überträgt die
Kapitalgesellschaft ihren gesamten Betrieb auf eine
Personengesellschaft, unterhält sie nach der Einbringung
gewerbesteuerrechtlich keinen (identischen) Gewerbebetrieb im Sinne
des Merkmals der Unternehmensidentität mehr. Ihre
zivilrechtliche Existenz reicht dafür nicht aus (Patt in
D/P/M, Die Körperschaftsteuer, § 24 UmwStG Rz 225). Im
Fall einer solchen „Totalausgliederung“
(Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, §
10a Rz 41b) tritt die (rechtliche) Gewerblichkeitsfiktion des
§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG hinter die tatsächliche
identitätswahrende Fortführung des Unternehmens durch die
Mitunternehmerschaft zurück. Führt die Übernehmerin
das „gleiche Unternehmen“ fort, steht
ihr der Abzug des Gewerbeverlustes zu.
|
|
|
41
|
Dem steht nicht entgegen, dass die
Kapitalgesellschaft im Zuge der Einbringung des Betriebs
Mitunternehmeranteile erwirbt. Hierin liegt - mit Blick auf das
Merkmal der Unternehmensidentität - keine relevante
Tätigkeit. Der Betrieb der Kapitalgesellschaft ist nach der
Einbringung nur noch eine „leere
Hülle“. In ihrer Steuerbilanz wird allein
die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe der
sogenannten Spiegelbildmethode (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom
15.07.2021 - IV R 36/18, BFHE 274, 55 = SIS 21 17 38, Rz 55)
ausgewiesen (Suchanek, FR 2022, 122, 125; Tiedchen, EFG 2022, 957,
958). Der Verwaltung der Mitunternehmerstellung allein kommt
gewerbesteuerrechtlich indes keine selbständige Bedeutung zu
(ebenso Patt in D/P/M, Die Körperschaftsteuer, § 24
UmwStG Rz 225). Dies zeigt sich insbesondere an der
Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG, nach der die
Anteile am Gewinn einer Mitunternehmerschaft aus dem Gewerbeertrag
herausgekürzt werden (wenn sie bei der Ermittlung des Gewinns
angesetzt worden sind). Zwar hat das BMF in der mündlichen
Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Anwendung der
Kürzungsvorschriften des § 9 GewStG eine sachliche
Gewerbesteuerpflicht voraussetzt. Dennoch liegt § 9 Nr. 2
GewStG die Wertung zugrunde, dass Gewerbeerträge - dem
Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer folgend - allein im
Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft der Gewerbesteuer
unterworfen werden sollen, nicht beim Mitunternehmer (vgl. Pitzal
in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., §
9 Nr. 2 Rz 2).
|
|
|
42
|
(3) Die Gegenauffassung würde den Sinn
und Zweck der Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG
überstrapazieren. § 2 GewStG regelt den Steuergegenstand.
Der Gewerbesteuer unterliegt der stehende Gewerbebetrieb, soweit er
im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG).
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt (insbesondere)
die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften stets und in vollem
Umfang als Gewerbebetrieb. Die Vorschrift fingiert die
Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft für Zwecke der
Gewerbesteuer als Gewerbebetrieb, soweit diese Gesellschaft
tätig ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
25.06.1984 - GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08, unter C.III.3.b bb (2)). Ihre sachliche Gewerbesteuerpflicht
wird von ihrer Rechtsform bestimmt (Keß in Lenski/Steinberg,
Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 3006). Die Norm dient der
Berücksichtigung der Besonderheiten von Kapitalgesellschaften
(Unabhängigkeit des Unternehmens vom Wechsel seiner
Mitglieder; Gesellschafter müssen nicht nach außen in
Erscheinung treten; begrenzte Haftung) sowie Vereinfachungszwecken
(Buchführungs- und Bilanzierungspflicht der
Kapitalgesellschaft, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -
BVerfG - vom 24.03.2010 - 1 BvR 2130/09, HFR 2010, 756 = SIS 10 22 35, Rz 17 f.). Diese Erwägungen rechtfertigen es indes nicht,
das Merkmal der Unternehmensidentität im Sinne des § 10a
GewStG in Fällen wie dem vorliegenden - entgegen allgemeinen
Grundsätzen - zu Lasten des Steuerpflichtigen
einzuschränken (Suchanek, FR 2022, 122, 125 f.).
|
|
|
43
|
ee) Nur diese Sichtweise wird dem
Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer (vgl. BVerfG-Beschluss vom
15.01.2008 - 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = SIS 08 25 65, Rz 5)
gerecht, auf dem auch das Merkmal der Unternehmensidentität
gründet. Dieser gebietet es, auf die tatsächliche
Fortführung der gewerblichen Betätigung abzustellen,
nicht auf eine rechtstechnische Fiktion. Nur in dem
fortgeführten Unternehmen spiegelt sich die objektivierte
Ertragskraft des Gewerbebetriebs wider (Krauß, DB 2019, 2488,
2489), nicht in der von Gesetzes wegen als gewerblich geltenden
„Kapitalgesellschaftshülle“. Dort
würde der Fehlbetrag - vom operativen Betrieb getrennt -
„in der Luft hängen“ (Weiss, StuB
2017, 859, 862) und damit regelmäßig leerlaufen (Wendt,
FR 2019, 663).
|
|
|
44
|
ff) Mit der Annahme von
Unternehmensidentität bei der übernehmenden
Personengesellschaft geht einher, dass der vortragsfähige
Gewerbeverlust auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht mehr
genutzt werden kann, auch nicht wahlweise. Er
„geht“ vollumfänglich auf die
Personengesellschaft „über“. Eine
„doppelte“ Unternehmensidentität
ist mit der Systematik des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs nach
§ 10a GewStG nicht zu vereinbaren.
|
|
|
45
|
c) Der Umstand, dass die G eine Beteiligung an
der Komplementär-GmbH hält, führt zu keinem anderen
Ergebnis. Die Beteiligung stellt sogenanntes
Sonderbetriebsvermögen II der G bei der Klägerin dar und
gehört damit - auch gewerbesteuerrechtlich - nicht zum
Betriebsvermögen der G (vgl. nur BFH-Urteil vom 16.04.2015 -
IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl II 2015, 705 = SIS 15 12 92,
m.w.N.). Sie begründet keine relevante Tätigkeit der
G.
|
|
|
46
|
d) Entsprechendes gilt für die Tatsache,
dass es sich bei der G um eine ausländische
Kapitalgesellschaft handelt, die gegebenenfalls
Betriebsstätten im Ausland unterhält. Das FG ist zu Recht
davon ausgegangen, dass einer derartigen Betätigung mangels
inländischer Betriebsstätte gewerbesteuerrechtlich keine
unmittelbare Bedeutung zukommt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3
GewStG).
|
|
|
47
|
e) Der Hinweis des BMF, der
Verlustübergang sei auch deshalb abzulehnen, weil er zu einer
nicht gerechtfertigten Statusverbesserung führen würde,
indem Verluste einer Kapitalgesellschaft aus dem Aufbau des
operativen Geschäftsbetriebs (Anlaufverluste nach Eintragung
ins Handelsregister) anschließend auf eine
Personengesellschaft übertragen werden könnten, obwohl
diese Verluste, wenn sie originär von der Personengesellschaft
erzielt worden wären, aufgrund der Grundsätze zum Beginn
der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Personengesellschaften (mit
Aufnahme der werbenden Tätigkeit) gewerbesteuerlich nicht
hätten berücksichtigt werden dürfen, rechtfertigt
ebenfalls keine andere Beurteilung. Derartige Effekte liegen in der
unterschiedlichen (gewerbesteuerrechtlichen) Behandlung von
Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften, auch für
Zwecke des Verlustabzugs nach § 10a GewStG, begründet.
Der Senat hat dies (verfassungsrechtlich) nicht beanstandet (vgl.
BFH-Urteil vom 04.05.2017 - IV R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II
2017, 1138 = SIS 17 16 18, Rz 31). Daher sind auch entsprechende
Gestaltungsansätze (innerhalb der durch § 42 AO gesetzten
Grenzen) hinzunehmen.
|
|
|
48
|
f) Vor dem Hintergrund obiger
Ausführungen kann dahinstehen, ob § 2 Abs. 2 Satz 1
GewStG einer Verrechnung des Gewerbeverlustes der G mit dem
Gewerbeertrag der Klägerin bereits deshalb nicht
entgegensteht, weil die G nach der Einbringung - wie von der
Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht -
(in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht) über keine
inländische Betriebsstätte mehr verfügt habe.
|
|
|
49
|
3. Schließlich hat das FG die
erforderliche Unternehmeridentität zu Recht bejaht.
Unternehmeridentität besteht, soweit die G, die den
Gewerbeverlust in eigener Person erlitten hat, an der Klägerin
beteiligt ist. Die G ist alleinige Kommanditistin der Klägerin
und zu 100 % an deren Vermögen beteiligt. Der Gewerbeertrag
der Klägerin kann daher vollständig mit dem
festgestellten Gewerbeverlust der G verrechnet werden. Dies ist
zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weiteren
Erläuterung.
|
|
|
50
|
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|