1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform
einer GmbH & Co. KG ein gewerbliches Unternehmen, dessen
Gegenstand die Herstellung von Mappen und Büchern aller Art,
die buchbinderisch-industrielle Fertigung von Büro- und
Industriebedarfsartikeln verschiedener Art sowie der Vertrieb
dieser Erzeugnisse und der Handel mit branchenverwandten Waren ist.
Die Klägerin war zudem Alleingesellschafterin der X-GmbH.
Deren Unternehmensgegenstand war der Handel mit hochwertigen
Büchern. Die X-GmbH unterhielt für ihren
Geschäftsbetrieb eine Betriebsstätte in angemieteten
Räumlichkeiten in A.
|
|
|
2
|
Im Oktober 1992 hatte die X-GmbH mit Herrn
D einen Vertrag über eine stille Gesellschaft geschlossen. D
hatte sich ausweislich dieses Vertrags bereits seit September 1987
als atypischer stiller Gesellschafter an der X-GmbH beteiligt. Nach
dem Vertrag erhielt der stille Gesellschafter von dem Gewinn oder
Verlust der GmbH 80 % und war mit einem entsprechenden Anteil auch
an den stillen Reserven beteiligt. Im November 1992 hatte D seine
stille Beteiligung an der X-GmbH an die Klägerin verkauft und
ihr übertragen. Mit notariellem Vertrag vom 3.6.1998
übertrug die X-GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen
Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung
gemäß §§ 4 ff., 46 ff. des Umwandlungsgesetzes
(UmwG) auf die Klägerin. Gemäß § 1 Abs. 3 des
Vertrags erfolgte die Übernahme des Vermögens der X-GmbH
im Innenverhältnis mit Wirkung vom Beginn des 1.1.1998. Die
Verschmelzung wurde am 15.10.1998 in das Handelsregister
eingetragen.
|
|
|
3
|
Unter dem 24.3.1999 erließ das
Finanzamt (FA) A unter der Steuernummer der atypischen stillen
Gesellschaft einen Bescheid über die gesonderte Feststellung
des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997. Der
Bescheid war gerichtet an „Herrn Steuerberater ... für
Fa. (Klägerin) ... als Gesamtrechtsnachfolger nach Firma
(X-GmbH)“. Der vortragsfähige Gewerbeverlust nach §
10a des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr 1998
geltenden Fassung (GewStG) wurde festgestellt auf ... DM.
|
|
|
4
|
Mit Bescheid vom 26.7.1999 setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
gegenüber der Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag
für das Streitjahr 1998 auf ... DM fest. Der Bescheid erging
nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung.
|
|
|
5
|
Als Folge einer Außenprüfung bei
der Klägerin für die Jahre 1997 bis 2001, in deren Rahmen
die Klägerin auch erstmals geltend machte, dass der
festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust der X-GmbH &
atypisch still bei der Festsetzung ihres Gewerbesteuermessbetrags
zu berücksichtigen sei, erließ das FA unter dem
11.2.2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO u.a. für das
Streitjahr 1998 einen geänderten Bescheid über den
Gewerbesteuermessbetrag. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde
aufgehoben. Der Gewerbesteuermessbetrag 1998 wurde auf ... EUR (=
... DM) festgesetzt. Der für die X-GmbH & atypisch still
festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust wurde nicht
berücksichtigt, da es an der für eine
Berücksichtigung erforderlichen Unternehmensidentität
fehle.
|
|
|
6
|
Einspruch und Klage der Klägerin
hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG
2009, 1796 = SIS 09 30 78 abgedruckt.
|
|
|
7
|
Mit ihrer Revision macht die Klägerin
geltend, dass das FG die §§ 2, 10a GewStG unzutreffend
ausgelegt und deren Anwendungsbereich gegenüber § 18 Abs.
1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr
geltenden Fassung (UmwStG) und die verfahrensrechtliche
Bindungswirkung der Verlustfeststellung auf den 31.12.1997 als
Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid 1998 als
Folgebescheid gemäß § 182 Abs. 1 AO verkannt
habe.
|
|
|
8
|
Sie beantragt sinngemäß, das
angegriffene Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom
16.11.2006, soweit sie das Streitjahr 1998 betrifft, aufzuheben und
den Bescheid für 1998 über den Gewerbesteuermessbetrag
vom 11.2.2004 dahin zu ändern, dass bei der Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags der Gewerbeertrag um den mit Bescheid vom
24.3.1999 für die X-GmbH & atypisch still auf den
31.12.1997 festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust
gemindert wird.
|
|
|
9
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
11
|
Das FG hat die Klage mit der Begründung
abgewiesen, dass es an der für eine
Verlustberücksichtigung nach § 10a GewStG erforderlichen
Unternehmensidentität fehle; abzustellen sei insoweit auf den
„betrieblichen Organismus“ der X-GmbH &
atypisch still. Dieser zeichne sich durch die
kapitalmäßige Beteiligung an einem Handelsgeschäft
gegen Beteiligung an Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven
aus und sei nach Verschmelzung der X-GmbH auf die Klägerin von
dieser nicht fortgeführt worden. Stellte man hinsichtlich der
erforderlichen Unternehmensidentität auf eine etwaige
Fortführung des Betriebs der X-GmbH durch die Klägerin
ab, so stehe einer Verlustberücksichtigung jedenfalls die
Regelung des § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG entgegen.
|
|
|
12
|
Diese Begründung vermag die Entscheidung
des FG nicht zu tragen. Die vollumfängliche Klageabweisung
stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar.
Da die bisherigen Feststellungen des FG keine abschließende
Entscheidung darüber ermöglichen, ob die Voraussetzungen
für eine Kürzung des Gewerbeertrags der Klägerin
für 1998 um den für die X-GmbH & atypisch still auf
den 31.12.1997 festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust
gegeben sind, war das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das
FG zurückzuverweisen.
|
|
|
13
|
1. Zu Recht geht das FG davon aus, dass der
Klägerin der begehrte Verlustabzug nicht bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen zu gewähren ist.
Insbesondere kommt dem Verlustfeststellungsbescheid des FA A vom
24.3.1999 nicht die von der Klägerin begehrte Bindungswirkung
zu.
|
|
|
14
|
a) Gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1
AO sind Feststellungsbescheide u.a. für Steuermessbescheide
bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen
Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind.
Nach § 10a Satz 2 GewStG in der für das Streitjahr
geltenden Fassung (heute: Satz 6) ist die „Höhe der
vortragsfähigen Fehlbeträge“ auf den Schluss
des Erhebungszeitraums gesondert festzustellen (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.6.2011 IV R 11/08, BFHE 234, 353,
BStBl II 2011, 903 = SIS 11 27 66, unter II.3.b). Die
Regelungswirkung des Verlustfeststellungsbescheids kann sich
demgemäß nicht auf Umstände beziehen, die sich erst
im Folgejahr ereignen und die Abzugsfähigkeit des
festgestellten Fehlbetrags ggf. im Folgejahr entfallen lassen;
insoweit trifft der Verlustfeststellungsbescheid dementsprechend
keine Feststellungen, die für Folgebescheide Bindung entfalten
könnten.
|
|
|
15
|
Abweichendes ergibt sich nicht aus dem
BFH-Urteil vom 22.10.2003 I R 18/02 (BFHE 204, 273, BStBl II 2004,
468 = SIS 04 05 86). Dort ging es um die Frage, ob Gegenstand der
Verlustfeststellung neben der Höhe des verbleibenden
Verlustabzugs auch die Verlustabzugsfähigkeit nach § 8
Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 ist. Der BFH
bejahte diese Frage und kam daher zu dem Ergebnis, dass der auf den
31.12.1995 bestandskräftig festgestellte Verlustabzug der
dortigen Klägerin im Folgejahr 1996 unabhängig davon zu
gewähren sei, dass die Klägerin ihre wirtschaftliche
Identität bereits im Jahr 1995 verloren hatte und die
Feststellung des vortragsfähigen Verlustes auf den 31.12.1995
insoweit materiell fehlerhaft war. Es ging also nicht um die Frage,
ob im Rahmen einer Verlustfeststellung auch Umstände zu
berücksichtigen sind, die sich erst im Folgejahr ereignen und
die Abzugsfähigkeit eines bereits bestandskräftig
festgestellten Fehlbetrags ggf. im Folgejahr entfallen lassen.
|
|
|
16
|
b) Danach ergibt sich die Abzugsfähigkeit
des für die X-GmbH & atypisch still auf den 31.12.1997
festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlustes vom
Gewerbeertrag der Klägerin im Streitjahr 1998 nicht bereits
aus dem Verlustfeststellungsbescheid des FA A vom 24.3.1999.
|
|
|
17
|
Im Streitfall geht es darum, ob und ggf. in
welchem Umfang der in diesem Bescheid für die X-GmbH &
atypisch still auf den 31.12.1997 festgestellte vortragsfähige
Gewerbeverlust durch die Verschmelzung der X-GmbH auf die
Klägerin untergegangen ist. Die Verschmelzung als der für
den etwaigen Wegfall des Verlustvortrags entscheidende Umstand
erfolgte aber erst mit Wirkung vom Beginn des 1.1.1998. Ein
etwaiger Wegfall des Verlustabzugs infolge der Verschmelzung war
danach erst im Jahr 1998 und nicht bereits bei der
Verlustfeststellung auf den 31.12.1997 zu berücksichtigen.
Dementsprechend erstreckt sich die Bindungswirkung des Bescheids
des FA A vom 24.3.1999 auch nicht auf die Frage, ob dieser Verlust
im Streitjahr 1998 bei der Klägerin zu berücksichtigen
ist.
|
|
|
18
|
c) Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus,
dass der Verlustfeststellungsbescheid vom 24.3.1999 an die
Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der X-GmbH adressiert
ist.
|
|
|
19
|
aa) Der Umfang der Bindungswirkung eines (auch
rechtswidrigen) Feststellungsbescheids bestimmt sich zwar
grundsätzlich nach dessen Verfügungssatz und damit
danach, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Behörde
Besteuerungsgrundlagen in den Tenor dieses Verwaltungsakts
aufgenommen hat. Dieser ist wie der Inhalt eines jeden Bescheids in
entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs danach zu bestimmen, wie der Empfänger nach den
ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der
Erklärung des Finanzamts unter Berücksichtigung von Treu
und Glauben verstehen musste. Die Gründe des
Feststellungsbescheids sind zur Bestimmung seines Tenors nur dann
heranzuziehen, wenn der Verfügungssatz selbst Raum zu Zweifeln
über seinen Inhalt lässt (z.B. BFH-Urteil in BFHE 234,
353, BStBl II 2011, 903 = SIS 11 27 66, unter II.3.a, m.w.N.).
|
|
|
20
|
bb) Auch unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze lässt sich dem Verlustfeststellungsbescheid
des FA A vom 24.3.1999 die von der Klägerin begehrte
Bindungswirkung aber nicht entnehmen.
|
|
|
21
|
In dem Bescheid wird unter der Steuernummer
der X-GmbH & atypisch still der vortragsfähige
Gewerbeverlust auf den 31.12.1997 nach § 10a GewStG auf ... DM
festgestellt. Der Bescheid bezeichnet als Inhaltsadressaten zwar
die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der X-GmbH. Auch
daraus konnte die Klägerin jedoch nicht den Schluss ziehen,
dass damit bereits bindend festgestellt worden sei, dass ihr dieser
Fehlbetrag im Streitjahr 1998 im festgestellten Umfang zur
Verfügung stehen würde. Denn der Bescheid stellte
eindeutig einen vortragsfähigen Verlust nur auf den 31.12.1997
fest. Daraus ergab sich auch für die Klägerin, dass er
etwaige Folgen der erst zum Beginn des 1.1.1998 erfolgten
Verschmelzung der X-GmbH auf die Klägerin nicht erfassen
konnte und an sie nur deshalb adressiert war, weil der eigentliche
Inhaltsadressat, die X-GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts
(vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 31.8.1999 VIII R 22/98, BFH/NV 2000,
420 = SIS 00 53 09), infolge der Verschmelzung erloschen war (vgl.
§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und deshalb die X-GmbH betreffende
Bescheide nunmehr an die Klägerin als deren
Gesamtrechtsnachfolgerin zu richten waren (vgl. dazu z.B. Beschluss
des Großen Senats des BFH vom 21.10.1985 GrS 4/84, BFHE 145,
110, BStBl II 1986, 230 = SIS 86 06 17). So hat die Klägerin
den Bescheid ersichtlich auch verstanden, denn sie hat sich
erstmals im Klageverfahren auf die vermeintliche Bindungswirkung
berufen, nachdem sie die Berücksichtigung des streitigen
Fehlbetrags zunächst überhaupt nicht - weder in ihrer
Gewerbesteuererklärung 1998 noch im Wege eines Einspruchs
gegen den ursprünglichen Gewerbesteuermessbescheid für
das Streitjahr 1998 - geltend gemacht hatte und auch später
seine Berücksichtigung zunächst ausschließlich
damit begründet hatte, dass die für eine
Berücksichtigung erforderliche Unternehmens- und
Unternehmeridentität gegeben sei.
|
|
|
22
|
2. Rechtsfehlerhaft hat das FG jedoch der
kapitalmäßigen Beteiligung des atypisch still an einer
Gesellschaft Beteiligten entscheidende Bedeutung beigemessen
für die Frage, ob die nach § 10a GewStG erforderliche
Unternehmensidentität zwischen dem Betrieb der X-GmbH &
atypisch still und dem Betrieb der Klägerin gegeben ist.
|
|
|
23
|
a) Gemäß § 10a Satz 1 GewStG
wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge
gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden
Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume
nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben
haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des
Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume
berücksichtigt worden sind.
|
|
|
24
|
b) Die Kürzung des Gewerbeertrags setzt
nach ständiger Rechtsprechung des BFH sowohl
Unternehmeridentität als auch Unternehmensidentität
voraus (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3.5.1993
GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616 = SIS 93 15 26;
BFH-Urteil vom 6.9.2000 IV R 69/99, BFHE 193, 151, BStBl II 2001,
731 = SIS 01 01 44). Unternehmeridentität bedeutet, dass der
Steuerpflichtige, der den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt, diesen
zuvor in eigener Person erlitten haben muss.
Unternehmensidentität bedeutet, dass der Gewerbeverlust bei
demselben Gewerbebetrieb entstanden sein muss, dessen Gewerbeertrag
in dem maßgeblichen Erhebungszeitraum gekürzt werden
soll (BFH-Urteil vom 14.3.2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl II
2006, 549 = SIS 06 20 63, m.w.N.). Dabei ist unter Gewerbebetrieb
die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung zu
verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2
des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Ob diese die gleiche
geblieben ist, muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter
Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale beurteilt werden,
wie insbesondere der Art der Betätigung, des Kunden- und
Lieferantenkreises, der Arbeitnehmerschaft, der
Geschäftsleitung, der Betriebsstätten sowie der
Zusammensetzung des Aktivvermögens (z.B. BFH-Urteile vom
12.1.1978 IV R 26/73, BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348 = SIS 78 01 95; vom 14.9.1993 VIII R 84/90, BFHE 174, 233, BStBl II 1994, 764 =
SIS 94 15 61, und vom 27.11.2008 IV R 72/06, BFH/NV 2009, 791 = SIS 09 12 83). Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein
wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang
zwischen den Betätigungen bestehen (z.B. BFH-Urteil vom
16.4.2002 VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81 = SIS 03 07 03).
|
|
|
25
|
c) Im Streitfall erlosch die X-GmbH infolge
ihrer Verschmelzung auf die Klägerin, und ihr Vermögen
einschließlich der Verbindlichkeiten ging im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin über (vgl. §
20 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 UmwG). Mit dem Erlöschen der X-GmbH
schied zugleich der vorletzte Gesellschafter aus der X-GmbH &
atypisch still aus, so dass auch diese Gesellschaft beendet wurde.
Die Klägerin begehrt nunmehr die Kürzung ihres
Gewerbeertrags 1998 um den für die X-GmbH & atypisch still
auf den 31.12.1997 festgestellten vortragsfähigen
Gewerbeverlust.
|
|
|
26
|
aa) Anders als eine
Personenhandelsgesellschaft betreibt die atypische stille
Gesellschaft als solche kein gewerbliches Unternehmen; es gibt also
keine Tätigkeit der atypischen stillen Gesellschaft.
Tätig ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts; nur er
betreibt ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 EStG, auch
wenn das Ergebnis dieser Betätigung wegen der
schuldrechtlichen Beteiligung des stillen Gesellschafters
einkommensteuerrechtlich zum Teil diesem zugerechnet wird (z.B.
BFH-Urteil vom 12.11.1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II
1986, 311 = SIS 86 06 14, unter I.1.a aa der Gründe). Ist der
Zweck der atypischen stillen Gesellschaft - wie im Streitfall -
darauf gerichtet, die gesamte unter der Firma des Inhabers des
Handelsgeschäfts ausgeübte gewerbliche Tätigkeit
gemeinsam (als Mitunternehmer) zusammen mit dem Inhaber des
Handelsgeschäfts auszuüben, liegt daher nur ein einziger
Gewerbebetrieb vor, und zwar der des Inhabers des
Handelsgeschäfts (vgl. BFH-Urteile vom 6.12.1995 I R 109/94,
BFHE 179, 427, BStBl II 1998, 685 = SIS 96 07 19, und vom 23.4.2009
IV R 73/06, BFHE 225, 343, BStBl II 2010, 40 = SIS 09 21 90, unter
II.3.a bb der Gründe).
|
|
|
27
|
bb) Dementsprechend muss die von § 10a
GewStG geforderte Unternehmensidentität im Streitfall zwischen
dem Gewerbebetrieb bestehen, den die X-GmbH als Inhaberin des
Handelsgeschäfts bis zu ihrer Verschmelzung auf die
Klägerin geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die
Klägerin nach der Verschmelzung (fort-)geführt hat, auch
wenn es um die Berücksichtigung des für die X-GmbH &
atypisch still festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlustes
geht.
|
|
|
28
|
3. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Da sich seine Entscheidung auch
nicht aus anderen Gründen als zutreffend erweist (dazu unten
II.4.), war sie aufzuheben. Der Senat kann mangels Spruchreife
nicht in der Sache selbst entscheiden. Denn das FG hat - aus seiner
Sicht zutreffend - bislang keine ausreichenden Feststellungen dazu
getroffen, ob die erforderliche Unternehmensidentität zwischen
dem Gewerbebetrieb besteht, den die X-GmbH als Inhaberin des
Handelsgeschäfts bis zu ihrer Verschmelzung auf die
Klägerin geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die
Klägerin nach dieser Verschmelzung (fort-)geführt hat.
Ihm wird Gelegenheit gegeben, die erforderlichen Feststellungen nun
nachzuholen.
|
|
|
29
|
4. Die Entscheidung des FG, die Klage in
vollem Umfang abzuweisen, erweist sich auch nicht aus anderen
Gründen als zutreffend. Denn der für die X-GmbH &
atypisch still festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust ist
- Unternehmensidentität unterstellt - nur in dem Umfang, in
dem er nach der gesellschaftsinternen Verteilung auf die X-GmbH
entfiel, durch deren Verschmelzung auf die Klägerin
untergegangen. In dem Umfang, in dem er auf die Klägerin
entfiel, steht er ihr hingegen zur Kürzung ihres
Gewerbeertrags zur Verfügung.
|
|
|
30
|
a) Wie bereits ausgeführt (siehe oben
unter II.2.b), setzt die Kürzung des Gewerbeertrags um
Fehlbeträge nach § 10a GewStG neben
Unternehmensidentität auch Unternehmeridentität voraus.
Der Steuerpflichtige, der den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt,
muss diesen zuvor in eigener Person erlitten haben (z.B. Beschluss
des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993,
616 = SIS 93 15 26; BFH-Urteil in BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731
= SIS 01 01 44).
|
|
|
31
|
aa) Bei einer Personengesellschaft sind die
Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und
unternehmerische Initiative ausüben können, die
(Mit-)Unternehmer des Betriebs (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG). Als Mitunternehmer einer gewerblichen Personengesellschaft
erzielen sie auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen
Verbindung nicht nur - strukturell gleich einem Einzelunternehmer -
in eigener Person gewerbliche Einkünfte; vielmehr sind sie
auch gewerbesteuerrechtlich Träger des Verlustabzugs und
deshalb sachlich gewerbesteuerpflichtig (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616 =
SIS 93 15 26, zu C.III.6.a und b und C.III.9.; BFH-Urteil vom
22.1.2009 IV R 90/05, BFHE 224, 364 = SIS 09 10 08).
Dementsprechend geht beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer
Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10a
GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die
ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt (z.B. BFH-Urteil in
BFHE 224, 364 = SIS 09 10 08, und vom 3.2.2010 IV R 59/07, BFH/NV
2010, 1492 = SIS 10 21 64). Diese Grundsätze gelten auch
für die atypische stille Gesellschaft (vgl. BFH-Urteil in BFHE
224, 364 = SIS 09 10 08).
|
|
|
32
|
bb) Im Streitfall begehrt die Klägerin
die Kürzung ihres Gewerbeertrags um den für die X-GmbH
& atypisch still festgestellten vortragsfähigen
Gewerbeverlust. Nach den vorgenannten Rechtsgrundsätzen sind
gewerbesteuerrechtlich Träger dieses Verlustabzugs die X-GmbH
und die Klägerin. Die X-GmbH ist jedoch infolge Verschmelzung
auf die Klägerin erloschen. In dem Umfang, in dem der für
die X-GmbH & atypisch still festgestellte Verlustvortrag daher
auf die X-GmbH entfiel, ist er durch das verschmelzungsbedingte
Erlöschen dieser Gesellschaft untergegangen. Denn in diesem
Umfang hat die Klägerin als diejenige, die den Gewerbeverlust
in Anspruch nimmt, diesen zuvor nicht in eigener Person erlitten,
so dass es insoweit an der von § 10a GewStG geforderten
Unternehmeridentität fehlt. Nur in dem Umfang, in dem der
Verlust auf die Klägerin selbst entfiel, steht er ihr nach der
Verschmelzung noch zur Kürzung ihres Gewerbeertrags zur
Verfügung.
|
|
|
33
|
b) Eine weiter gehende Abzugsbeschränkung
ergibt sich - anders als das FG offenbar meint - nicht aus §
18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG. Nach dieser Vorschrift kann der
maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden
Personengesellschaft nicht um vortragsfähige Fehlbeträge
der übertragenden Körperschaft i.S. des § 10a GewStG
gekürzt werden.
|
|
|
34
|
Auf die Klägerin verschmolzen wurde zwar
die X-GmbH. Gleichwohl handelt es sich bei dem festgestellten
vortragsfähigen Gewerbeverlust, um den die Klägerin als
übernehmende Personengesellschaft ihren Gewerbeertrag zu
kürzen begehrt, nicht um einen vortragsfähigen Fehlbetrag
einer Körperschaft (der X-GmbH), sondern um einen solchen
einer Mitunternehmerschaft (der X-GmbH & atypisch still). Als
„vortragsfähiger Fehlbetrag der übertragenden
Körperschaft“ i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 2
UmwStG kann danach allenfalls der Anteil des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes der X-GmbH & atypisch still angesehen werden,
der nach der gesellschaftsinternen Verteilung auf die X-GmbH
entfiel.
|