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Erste Tätigkeitsstätte eines Polizeibeamten im Einsatz- und Streifendienst nach neuem Reisekostenrecht

Erste Tätigkeitsstätte eines Polizeibeamten im Einsatz- und Streifendienst nach neuem Reisekostenrecht: 1. Ein Polizeibeamter im Einsatz- und Streifendienst verfügt an seinem ihm zugeordneten Dienstsitz, den er arbeitstäglich aufsucht, um dort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen, die er dienstrechtlich schuldet und die zu dem Berufsbild eines Polizeivollzugsbeamten gehören, über eine erste Tätigkeitsstätte. - 2. Für die Frage der Zuordnung ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden soll. - 3. Entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage kommt es für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit nicht mehr an. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. - 4. Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. - Urt.; BFH 4.4.2019, VI R 27/17; SIS 19 09 76

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Dienstreisen, Dienstgänge
Fundstellen
  1. BFH 04.04.2019, VI R 27/17 (ECLI:DE:BFH:2019:U.040419.VIR27.17.0)
    BStBl 2019 II S. 536
    DStR 2019 S. 1507
    NJW 2019 S. 2726

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 28.8.2019
    S. Geserich in BFH/PR 10/2019 S. 238
    J.H. in StuB 15/2019 S. 601
    E. Hettler in StBB 9/2019 S. 8
    L. Hilbert in NWB 31/2019 S. 2254
    B. Kaminski in Stbg 12/2019 S. M 11
    Ch. Levedag in GmbHR 17/2019 S. R 251
    B. Rätke in BBK 16/2019 S. 765
    J. Schiffers in DStZ 16/2019 S. 559
    M. Seifert in AktStR 4/2019 S. 583
    -/- in NJW 37/2019 S. 2726
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 9 Abs. 4, § 9 Abs. 4 a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 24.04.2017, SIS 17 11 31, Erste Tätigkeitsstätte, Zuordnung, Polizei, Außendienst, Verpflegungsmehraufwand, Entferungspauschale
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 14.9.2023, SIS 23 17 99, Zur Feststellung der Zuordnung des Arbeitnehmers im steuerlichen Reisekostenrecht: Eine (stillschweigende...
  • FG Nürnberg 8.3.2023, SIS 23 09 56, Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten einer Soldatin auf Zeit zur Bildungsstä...
  • BFH 22.11.2022, SIS 23 03 63, Erste Tätigkeitsstätte eines Zeitsoldaten: Ein Zeitsoldat kann an dem Bundeswehrstandort, dem er dauerhaf...
  • BFH 26.10.2022, SIS 23 03 07, Erste Tätigkeitsstätte bei Ableistung von Arbeitsbereitschafts- und Bereitschaftsruhezeiten: Die Ableistu...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 1.9.2022, SIS 22 21 03, Berücksichtigung der Fahrten eines angestellten Möbelmonteurs zu einem an einem Sammelpunkt auf öffentlic...
  • Niedersächsisches FG 14.6.2022, SIS 22 20 53, Ort der ersten Tätigkeitsstätte bei Versetzung und sofortiger mehrjähriger Rückabordnung eines Finanzbeam...
  • Niedersächsisches FG 13.5.2022, SIS 22 16 68, Arbeitgeberveranlassung i.S. des § 9 Abs. 4 a Satz 8 EStG: Keine Arbeitgeberveranlassung i.S. des § 9 Abs...
  • BFH 12.5.2022, SIS 22 17 09, Keine dauerhafte Zuordnung bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses: 1. Im ...
  • BFH 16.2.2022, SIS 22 12 02, Betriebsstättenbegriff nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nach altem und dem ab 2014 geltenden Reisekosten...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 24.11.2021, SIS 22 01 32, Erste Tätigkeitsstätte sowie Verpflegungsmehraufwand eines angestellten Bauleiters: 1. Wird eine Niederla...
  • BFH 2.9.2021, SIS 21 18 56, Typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen eines vom Arbeitgeber festgelegten Sammelpunkts: 1. Die entspre...
  • BFH 2.9.2021, SIS 21 18 89, Erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers: Der Betriebshof ist keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerk...
  • Hessisches FG 15.7.2021, SIS 21 18 36, Erste Tätigkeitsstätte bei beamtenrechtlichen Abordnungen: 1. Bei der Beurteilung, ob eine erste Tätigkei...
  • Niedersächsisches FG 13.7.2021, SIS 21 19 19, Erste Tätigkeitsstätte bei einem Leiharbeitnehmer: 1. Bei einem Leiharbeitnehmer, der unbefristet bei ein...
  • BFH 12.7.2021, SIS 21 17 79, Erste Tätigkeitsstätte einer Mitarbeiterin des allgemeinen Ordnungsdienstes nach neuem Reisekostenrecht: ...
  • BFH 19.4.2021, SIS 21 13 45, Typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen eines vom Arbeitgeber festgelegten Sammelpunkts: 1. Die entspre...
  • FG Rheinland-Pfalz 18.3.2021, SIS 21 07 10, Steuerbarkeit der Probandenhonorare für Teilnahme an medizinische Studien: 1. Die Teilnahme an einer mehr...
  • BFH 17.12.2020, SIS 21 06 68, Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung nach neuem Reisekostenrecht: Erst...
  • BFH 17.12.2020, SIS 21 06 69, Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung nach neuem Reisekostenrecht: Erst...
  • BFH 17.12.2020, SIS 21 06 77, Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung nach neuem Reisekostenrecht: Erst...
  • FG Rheinland-Pfalz 17.12.2020, SIS 21 07 06, Erste Tätigkeitsstätte eines Zeitsoldaten der Bundeswehr: Wird ein Zeitsoldat durch eine Versetzungsverfü...
  • BFH 16.12.2020, SIS 21 07 71, Erste Tätigkeitsstätte eines Gerichtsvollziehers: 1. Eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers i.S. ...
  • BMF 25.11.2020, SIS 20 19 29, Steuerliche Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern: Das Bundesfinanzministerium hat ein neues Schre...
  • BFH 30.9.2020, SIS 20 21 21, Erste Tätigkeitsstätte eines Postzustellers nach neuem Reisekostenrecht: Der Zustellpunkt (Zustellzentrum...
  • BFH 30.9.2020, SIS 20 21 35, Erste Tätigkeitsstätte eines Postzustellers nach neuem Reisekostenrecht: Der Zustellpunkt (Zustellzentrum...
  • BFH 30.9.2020, SIS 20 21 36, Erste Tätigkeitsstätte eines Rettungsassistenten nach neuem Reisekostenrecht: Die Rettungswache, der ein ...
  • BFH 14.9.2020, SIS 20 20 42, Aufwendungen für Fahrten des Arbeitnehmers vom Lebensmittelpunkt zum Sammelpunkt: Aufwendungen für Fahrte...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 26.2.2020, SIS 20 05 77, Bahnhofsgelände mit Dienstgebäude als vom Arbeitgeber zugewiesene erste Tätigkeitsstätte eines Lok- bzw. ...
  • FG Rheinland-Pfalz 28.11.2019, SIS 19 22 62, Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen, erste Tätigkeitsstätte bei einem Feuerwehrmann: Bei einem F...
Fachaufsätze
  • LIT 03 91 35 S. Geserich, NWB 40/2019 S. 2925: BFH bestätigt neues Reisekostenrecht - Lit.; S. Geserich, NWB 40/2019 S. 2925; EStG 3 9 Abs. 4 S. 1; BFH ...
  • LIT 03 91 52 R. Krüger, DB 39/2019 S. 2143: Erste BFH-Rspr. zum neuen Reisekostenrecht - Lit.; R. Krüger, DB 39/2019 S. 2143; EStG § 9 Abs. 4 S. 1; B...
Anmerkung RiinBFH Dr. Hettler

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24.4.2017 2 K 168/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Polizeivollzugsbeamter bei der Polizei des Landes X beschäftigt. Laut einer von der Polizeidirektion Y ausgestellten „Bescheinigung des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis“ vom 25.1.2017 ist der Kläger seit Dezember 2004 Angehöriger der Polizeiinspektion Z und versieht seinen Dienst als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst am Sitz der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z. Hierzu sucht er die Dienststelle arbeitstäglich auf, zieht dort seine Uniform an, nimmt an Dienstantrittsbesprechungen teil und erledigt anfallende Schreibarbeiten.

 

 

2

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2015) begehrte der Kläger den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit mit einer Abwesenheit von mindestens acht Stunden für 115 Tage. Neben anderen Aufwendungen machte er auch Fahrtkosten zu seiner Dienststelle an 180 Tagen mit der Entfernungspauschale in Höhe von 648 EUR geltend.

 

 

3

Im Rahmen der Veranlagung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht an. Die Fahrtkosten des Klägers zur Dienststelle berücksichtigte er antragsgemäß mit 648 EUR. Der Einspruch blieb erfolglos.

 

 

4

Im Klageverfahren begehrte der Kläger nunmehr auch für die Fahrten von der Wohnung zur Dienststelle Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen anstelle der Entfernungspauschale sowie Verpflegungsmehraufwendungen für 180 Tage in Höhe von 2.160 EUR. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in EFG 2017, 980 = SIS 17 11 31 veröffentlichten Gründen ab.

 

 

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Er beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 25.5.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.8.2016 dergestalt zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.808 EUR berücksichtigt werden.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

8

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Rechtsstreit beigetreten. Einen Antrag hat es nicht gestellt.

 

 

9

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger am Sitz der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z seine erste Tätigkeitsstätte hat. Es hat deshalb zu Recht die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten von seiner Wohnung dorthin lediglich mit der Entfernungspauschale sowie die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen.

 

 

10

1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG), ist zu deren Abgeltung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG).

 

 

11

2. Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist gemäß § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale nach Maßgabe des Satzes 3 anzusetzen.

 

 

12

3. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG definierte Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ tritt an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der „regelmäßigen Arbeitsstätte“.

 

 

13

a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (s. hierzu auch Senatsurteile vom 11.4.2019 VI R 40/16 und VI R 12/17, jeweils zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

 

 

14

b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.

 

 

15

aa) Nach der gesetzlichen Konzeption - und der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts prägenden Grundentscheidung - wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien (BTDrucks 17/10774, S. 15; ebenso BMF-Schreiben vom 24.10.2014 IV C 5 S 2353/14/10002, BStBl I 2014, 1412 = SIS 14 28 22, Rz 2; Niermann, DB 2013, 1015; Isenhardt, DB 2014, 1316; Thomas, DStR 2014, 497; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 559; Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; kritisch Bergkemper, FR 2013, 1017; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 9 EStG Rz 546).

 

 

16

bb) Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen (im weiteren Verlauf: arbeitsrechtliche) zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BTDrucks 17/10774, S. 15). Die Zuordnung kann also insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts (bspw. im Beamtenverhältnis durch dienstliche Anordnung) kraft der Organisationsgewalt des Arbeitgebers oder Dienstherrn (im weiteren Verlauf: Arbeitgeber) vorgenommen werden. Die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen. Sie setzt auch nicht voraus, dass sich der Arbeitgeber der steuerrechtlichen Folgen dieser Entscheidung bewusst ist. Wird der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung zugeordnet, weil er dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese Zuordnung aufgrund der steuerrechtlichen Anknüpfung an das Dienst- oder Arbeitsrecht vielmehr auch steuerrechtlich maßgebend. Deshalb bedarf es neben der arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung keiner gesonderten Zuweisung zu einer ersten Tätigkeitsstätte für einkommensteuerrechtliche Zwecke. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts auch das Auseinanderfallen der arbeitsrechtlichen von der steuerrechtlichen Einordnung bestimmter Zahlungen als Reisekosten verringern (BTDrucks 17/10774, S. 15). Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden sollte.

 

 

17

cc) Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden (a.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1412 = SIS 14 28 22, Rz 10). Eine Dokumentationspflicht ist § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu entnehmen. Die Feststellung einer entsprechenden Zuordnung ist vielmehr durch alle nach der Finanzgerichtsordnung zugelassenen Beweismittel möglich und durch das FG im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll.

 

 

18

dd) Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für das Auffinden der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht mehr an (BTDrucks 17/10774, S. 15; BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1412 = SIS 14 28 22, Rz 8; Niermann, DB 2013, 1015; Bergkemper, FR 2013, 1017; Blümich/ Thürmer, § 9 EStG Rz 551, 554 und 559; Schmidt/Krüger, a.a.O., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, a.a.O., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; Lochte in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 9 Rz 122b und 252a; A. Claßen in Lademann, EStG, § 9 EStG Rz 68; Schramm/Harder-Buschner, Neue Wirtschafts-Briefe 2014, 26, 33; kritisch HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 546).

 

 

19

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die „erste Tätigkeitsstätte“ als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von Wegekosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als Abgrenzungsmerkmal gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen. Dies folgt nach Auffassung des erkennenden Senats insbesondere aus § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG, der zumindest für den Regelfall davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer an diesem Ort auch tätig werden soll. Darüber hinaus ist das Erfordernis einer arbeitsvertrag- oder dienstrechtlich geschuldeten Betätigung an diesem Ort nicht zuletzt dem Wortsinn des Tatbestandsmerkmals „erste Tätigkeitsstätte“ geschuldet. Denn ein Ort, an dem der Steuerpflichtige nicht tätig wird (oder für den Regelfall nicht tätig werden soll), kann nicht als Tätigkeitsstätte angesehen werden. Schließlich zwingt auch das objektive Nettoprinzip, den Begriff der ersten Tätigkeitsstätte dahingehend auszulegen. Denn anderenfalls bestimmt sich die Steuerlast nicht - gleichheitsrechtlich geboten - nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sondern nach dem Belieben seines Arbeitgebers.

 

 

20

c) Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte entsprechend § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

 

1. typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder

 

2. je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

 

 

21

aa) Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.

 

 

22

bb) Die Zuordnung erfolgt gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative EStG für die Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex ante für die gesamte Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses Bestand haben soll. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn die Zuordnung im Rahmen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses unbefristet oder (ausdrücklich) für dessen gesamte Dauer erfolgt.

 

 

23

4. Bei Heranziehung dieser Vorgaben ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z im Streitjahr die erste Tätigkeitsstätte des Klägers war.

 

 

24

a) Bei der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z handelt es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Dienstherrn des Klägers. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen ab.

 

 

25

b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z dauerhaft zugeordnet.

 

 

26

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die Polizeidirektion Y unter dem 25.1.2017 bescheinigt, dass der Kläger seit dem 1.12.2004 Angehöriger der Polizeiinspektion Z ist und seinen Dienst als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst am Sitz der Polizeiinspektion in der A-Straße ..., Z versieht.

 

 

27

Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Arbeitgeber für einen bereits abgelaufenen Veranlagungszeitraum nicht rückwirkend eine bislang unterbliebene Zuordnungsentscheidung nachholen kann. Dies ist im Streitfall jedoch auch nicht der Fall. Das Schreiben vom 25.1.2017 bestätigt vielmehr lediglich die in der Vergangenheit erfolgte dienstrechtliche Zuordnung des Klägers zu der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z.

 

 

28

Auch der Einwand des Klägers, mit der Polizeiinspektion Z sei ein großräumiges Gebiet bezeichnet, geht fehl. Zwar sind der Polizeiinspektion Z ... Polizeikommissariate an den Standorten ... untergeordnet, zu denen wiederum ... Polizeistationen gehören, die sich über die Städte und Landkreise verteilen. Das Schreiben vom 25.1.2017 bescheinigt jedoch nicht eine Zuordnung allgemein zum Gebiet der Polizeiinspektion Z, sondern ausdrücklich eine solche zum Hauptsitz der Inspektion (A-Straße ..., Z), wo sich auch der Fachbereich Einsatz befindet. Dass diese dienstrechtliche Zuordnung in der bescheinigten Form tatsächlich so nicht getroffen wurde, macht der Kläger zu Recht nicht geltend, da - worauf das FG zutreffend hingewiesen hat - die tatsächlichen Gegebenheiten im Streitjahr der in der Vergangenheit getroffenen dienstrechtlichen Zuordnungsentscheidung (immer noch) entsprochen haben. Denn nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat der Kläger die Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z arbeitstäglich aufgesucht, um dort seine Uniform anzuziehen sowie anfallende Schreibarbeiten zu erledigen und nach Teilnahme an den Dienstantrittsbesprechungen von dort seinen Streifendienst aufzunehmen.

 

 

29

Der Kläger macht weiter nicht geltend, dass die zum 1.12.2004 getroffene Zuordnungsentscheidung seines Dienstherrn seinerzeit nicht auf Dauer erfolgen sollte. Unter den Gegebenheiten des Streitfalls ist daher von einer von Anfang an unbefristeten und damit dauerhaften Zuordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative EStG auszugehen. Denn das FG hat nicht festgestellt, dass der Kläger aus der maßgeblichen Sicht ex ante der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z lediglich für einen kalendermäßig bestimmten Zeitraum zugeordnet wurde oder sich eine solche kalendermäßige Bestimmung aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung des Klägers ergab. Der Umstand, dass der Kläger als Beamter unter Beachtung der jeweiligen dienstrechtlichen Vorschriften (jederzeit) auch einer anderen Dienststelle zugeordnet werden konnte, führt nicht zur Annahme einer lediglich befristeten Zuordnung.

 

 

30

c) Schließlich ist der Kläger dort auch in dem erforderlichen Umfang tätig geworden. Als Polizist im Einsatz- und Streifendienst hatte er nach den bindenden Feststellungen des FG auch in der Polizeiinspektion arbeitstäglich Tätigkeiten auszuführen, die ebenso zum Berufsbild eines Polizeivollzugsbeamten gehören wie der eigentliche Streifendienst (z.B. die Teilnahme an den Dienstantritts- oder allgemeinen Einsatzbesprechungen, Schichtübernahme oder -übergabe und insbesondere die Erledigung der Schreibarbeiten, wie das Verfassen von Protokollen, Streifen-, Einsatz- oder Unfallberichten). Das FG hat zutreffend darauf abgestellt, dass diese Tätigkeiten in der Polizeiinspektion als ortsfester betrieblicher Einrichtung Teil des polizeilichen Vollzugsdienstes sind.

 

 

31

d) Ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip (hierzu Senatsurteile vom 11.5.2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782 = SIS 05 36 04, und VI R 70/03, BFHE 209, 508, BStBl II 2005, 785 = SIS 05 36 03) liegt im Streitfall nicht vor. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgegolten werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG). Der Gesetzgeber hat das ihm eingeräumte Regelungsermessen insoweit nicht überschritten. Vielmehr erweisen sich diese berufliche Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelungen für den - auch hier vorliegenden - Grundfall der immer wiederkehrenden Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (Senatsbeschluss vom 15.11.2016 VI R 4/15, BFHE 256, 86, BStBl II 2017, 228 = SIS 16 26 29, Rz 14, m.w.N. zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte). Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Klägers durch die Anwendung der im Streitfall werbungskostenabzugsbeschränkend wirkenden Entfernungspauschale liegt nicht vor. Hieran hat sich mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) nichts geändert. Denn auch insoweit gilt generalisierend und typisierend der Regelfall (s. Senatsurteil vom 6.11.2014 VI R 21/14, BFHE 247, 427, BStBl II 2015, 338 = SIS 15 00 29, Rz 14), dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann.

 

 

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5. Da der Kläger im Streitjahr seine erste Tätigkeitsstätte am Sitz der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z hatte, sind seine Aufwendungen für die Wege zwischen seiner Wohnung und der Polizeiinspektion gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG durch die vom FA angesetzte Entfernungspauschale abgegolten.

 

 

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6. Ein Ansatz der begehrten Mehraufwendungen für Verpflegung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Kläger nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht nachgewiesen hat, dass er an den entsprechenden Tagen - wie in § 9 Abs. 4a Sätze 2 und 3 Nr. 3 EStG vorausgesetzt - mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z als ersten Tätigkeitsstätte abwesend war. Eine Abwesenheit von mehr als acht Stunden nur von der Wohnung reicht nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus.

 

 

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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiinBFH Dr. Hettler

Besonders praxisrelevant sind die Ausführungen zum Umfang der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer mindestens am Arbeitsplatz ausführen muss, um von einer ersten Tätigkeitsstätte sprechen zu können. Der Umfang kann gering sein. Allerdings muss der Arbeitnehmer die Tätigkeiten arbeits- oder dienstrechtlich schulden und sie müssen zu dem ausgeübten Berufsbild gehören. Nicht dazu dürften Tätigkeiten gehören, die bloß formaler Natur sind, beispielsweise das Ausfüllen eines Urlaubsantrags.