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Grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

Grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO: Allein der Umstand, dass die mit ElsterFormular abgegebene elektronische Einkommensteuererklärung keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärungsformulare liefert, lässt eine ansonsten gegebene grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen. - Urt.; BFH 20.3.2013, VI R 5/11; SIS 13 14 85

Kapitel:
Verschiedenes > Aufhebung, Änderung, Berichtigung
Fundstellen
  1. BFH 20.03.2013, VI R 5/11
    DStR 2013 S. 1175
    NJW 2013 S. 2144
    BFH/NV 2013 S. 1142
    BFHE 240 S. 504

    Anmerkungen:
    St.Sch in NWB 24/2013 S. 1854
    ge in DStR 23/2013 S. 1177
    St.Sch. in BFH/PR 8/2013 S. 295
    St.Sch. in HFR 7/2013 S. 555
    M.M. in AktStR 4/2013 S. 659
    KAM in Stbg 11/2013 S. M 15
Normen
[EStG] § 33 a Abs. 1
[AO 1977] § 173 Abs. 1 Nr. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG des Landes Sachsen-Anhalt, 30.06.2010, SIS 11 14 55, Grobes Verschulden, Computerprogramm, Steuererklärung, Vordruck, Änderung, Neue Tatsache
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Hamburg 9.11.2023, SIS 24 02 41, Rückforderung von angerechneter Kapitalertragsteuer im "cum/ex-Verfahren": 1. Körperschaftsteuerbescheide...
  • FG Berlin-Brandenburg 20.3.2023, SIS 23 08 26, Änderung von bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden, in denen Kindesunterhalt aufgrund unrichtiger e...
  • FG Baden-Württemberg 5.1.2021, SIS 21 14 52, Angabe einer Kirchenmitgliedschaft in der von einem Steuerberater erstellten Einkommensteuererklärung tro...
  • FG Bremen 22.2.2018, SIS 18 07 48, Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO aufgrund...
  • FG Münster 15.2.2018, SIS 18 05 99, Verschulden bei fehlerhafter Überprüfung der Eingaben im Rahmen der Steuererklärung: Die Überprüfung der ...
  • BFH 9.5.2017, SIS 17 15 42, Zur unmittelbaren Berücksichtigung nacherklärter Veräußerungsverluste im Verlustfeststellungsbescheid: Di...
  • FG Baden-Württemberg 17.2.2016, SIS 17 13 12, Grobes Verschulden, in der Jahreslohnbescheinigung nicht gesondert ausgewiesene Kinderzulage eines Grenzg...
  • FG Nürnberg 27.8.2015, SIS 15 24 88, Änderung eines bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids bei falscher Angabe auf der Anlage AV (...
  • FG München 26.2.2015, SIS 15 29 33, Grobes Verschulden bei schriftlich gefertigten und elektronisch gefertigten Steuererklärungen: 1. Auf ein...
  • FG Nürnberg 12.2.2015, SIS 15 24 87, Verfahren einer gestuften Selbstanzeige zur Nachbesteuerung bisher nicht erklärter Kapitalerträge eines S...
  • BFH 10.2.2015, SIS 15 13 73, Zum Begriff der groben Fahrlässigkeit i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO: 1. Der Begriff des Verschuldens i.S...
  • Hessisches FG 27.8.2014, SIS 14 31 37, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Irrtums über die Notwendigkeit eines Antrages und Versäumen d...
  • BFH 18.3.2014, SIS 14 21 03, Grobes Verschulden bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen: Der Begriff des Verschuldens i.S. von ...
  • FinBeh Hamburg 7.8.2013, SIS 13 34 75, Grobes Verschulden bei Abgabe von Steuererklärungen im elektronischen Elster-Verfahren: Die Finanzbehörde...
Fachaufsätze
  • LIT 02 76 53 M. Messner, AktStR 4/2013 S. 659: Grobes Verschulden bei Abgabe einer Einkommensteuererklärung mit "ELSTER" - Anmerkungen zu den BFH-Urteil...
  • LIT 02 65 35 St. Schneider, NWB 24/2013 S. 1864: Grobe Fahrlässigkeit durch fehlende Angaben in der mittels ELSTER-Formular eingereichten elektronischen S...

 

1

I. Streitig ist, ob der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid noch geändert werden kann, um in der elektronischen Steuererklärung (ELSTER) nicht angegebene Unterhaltsleistungen nachträglich zu berücksichtigen.

 

 

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) lebte im Streitjahr (2006) zusammen mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen, im Januar 2006 geborenen Kind. Der Kläger erstellte seit 1992 seine Steuererklärungen selbst. Im Streitjahr verwendete er dazu, wie schon im Vorjahr, das elektronische Steuererklärungsprogramm der Finanzverwaltung (ElsterFormular).

 

 

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erließ auf Grundlage dieser Erklärung am 18.5.2007 einen Einkommensteuerbescheid, der bestandskräftig wurde.

 

 

4

Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 23.3.2008 die Änderung dieser Einkommensteuerfestsetzung für 2006 mit dem Ziel, Unterhaltsleistungen an seine Lebenspartnerin als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (§ 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes). Er begründete dies zunächst damit, dass er diese Aufwendungen aus Unerfahrenheit nicht erklärt habe. Später trug er dazu vor, schlichtweg vergessen zu haben, die Aufwendungen zu erklären. Der Fehler sei ihm auch nach nochmaliger Durchsicht des Ausdrucks nicht aufgefallen. Denn beim ELSTER-Verfahren enthalte der abschließende Erklärungsausdruck nur die Felder, in denen auch Eintragungen vorgenommen worden seien. Letztlich habe die Unübersichtlichkeit des ElsterFormulars im Vergleich zur Steuererklärung in Papierform und die fehlende Routine im Umgang mit dem ElsterFormular die Entdeckung des Fehlers verhindert, der allenfalls auf leichter Fahrlässigkeit beruhe.

 

 

5

Das FA lehnte es ab, den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr zu ändern. Denn den Kläger treffe ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Unterhaltsleistungen. Im ElsterFormular werde ebenso wie in der Anleitung zur Steuererklärung und im Erklärungsvordruck auf den Abzug von Unterhaltsleistungen hingewiesen und nach Angaben zur unterhaltenen Person gefragt.

 

 

6

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) aus den in EFG 2011, 1043 = SIS 11 14 55 veröffentlichten Gründen abgewiesen.

 

 

7

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

8

Er beantragt sinngemäß, das Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 30.6.2010 sowie den ablehnenden Bescheid vom 27.6.2008 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 13.5.2009 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 18.5.2007 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 7.130 EUR herabgesetzt wird.

 

 

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

10

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der hier streitige bestandskräftige Einkommensteuerbescheid wegen eines den Kläger treffenden groben Verschuldens nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern ist.

 

 

11

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Grobe Fahrlässigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (BFH-Urteile vom 9.11.2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545 = SIS 12 06 57; vom 19.12.2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866 = SIS 07 61 42; vom 9.8.1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65 = SIS 92 05 44; jeweils m.w.N.).

 

 

12

a) Ob der Beteiligte im jeweiligen Einzelfall grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage. Die dazu getroffenen Feststellungen und daraus folgenden Würdigungen des FG können - abgesehen von zulässigen und begründeten Verfahrensrügen - von der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt worden sind und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545 = SIS 12 06 57, m.w.N.).

 

 

13

b) Die Würdigung des FG, angesichts der Ausgestaltung des ElsterFormulars für die Einkommensteuererklärung 2006 und der Anleitung dazu treffe den Kläger ein grobes Verschulden daran, dass die Unterhaltsleistungen erst nachträglich bekannt wurden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

14

aa) Das FG hat im Fall des Klägers den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit zutreffend ausgelegt und die daraus abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt. Von einem groben Verschulden ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt. Es entspricht allerdings ständiger Rechtsprechung des BFH, dass kein grobes Verschulden vorliegt, wenn die unvollständige Steuererklärung auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum beruht. Aber auch der Steuerpflichtige, dem einschlägige steuerrechtliche Kenntnisse fehlen, muss im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen beantworten und dem Steuererklärungsformular beigefügte Erläuterungen mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt lesen und beachten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn solche Fragen und Hinweise ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545 = SIS 12 06 57, m.w.N.).

 

 

15

bb) Das FG hat nach Maßgabe dieser Grundsätze in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein grob fahrlässiges Handeln des Klägers angenommen. Es hat das grobe Verschulden insbesondere darin gesehen, dass der Kläger die mit „Unterhalt für bedürftige Personen“ überschriebene Zeile 102 unbeantwortet ließ und er nicht nur die in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung aufgeführten zwei auf ihn zutreffenden Sachverhalte, sondern auch den dort angeführten Hinweis nicht beachtete, dass eine Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter eines gemeinsamen Kindes bestehen kann. Dazu hat das FG auch die Einlassung des Klägers, er habe eine elektronische Steuererklärung abgegeben und deshalb deren schriftliche Anleitung nicht zur Verfügung gehabt, in seine Würdigung einbezogen und im Ergebnis als unbeachtlich beurteilt. Denn es hat festgestellt, dass diese Angaben auch in dem vom Kläger verwendeten elektronischen ElsterFormular der Finanzverwaltung enthalten waren. Auch für diese Hinweise gilt - nicht anders als für solche in Papierform -, dass es regelmäßig grob fahrlässig ist, diese unbeachtet zu lassen, sofern sie ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind. Davon war im Streitfall nach den Feststellungen des FG für das ElsterFormular 2006 auszugehen.

 

 

16

Der hier zu entscheidende Streitfall unterscheidet sich von dem heute durch den erkennenden Senat ebenfalls entschiedenen Fall zum ElsterFormular des Veranlagungszeitraums 2008 (Urteil vom 20.3.2013 VI R 9/12, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt), indem aufscheinende Hilfstexte die Sachverhalte nur unvollständig erläuterten und den Steuerpflichtigen angesichts unübersichtlicher Vordruckgestaltungen gerade nicht dazu veranlassten, zur Verfügung gestellte weitere Anlagen zu verwenden. Das FG hat dagegen für die im Streitfall erforderlichen Eingaben in die Maske des Steuerformulars keine im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Besonderheiten in der Programmführung des ElsterFormulars festgestellt. Insoweit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall auch von dem des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.12.2010 5 K 2099/09, EFG 2011, 685 = SIS 11 07 40, Revisionsverfahren anhängig unter dem Az. X R 8/11); dort hatten die Anwendungsmodalitäten des Programms den Anwender veranlasst, in eine andere Eingabemaske zu wechseln, ohne nach der Eingabe dort zur ursprünglichen Maske zurückzukehren.

 

 

17

Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass im Gegensatz zur Einkommensteuererklärung in Papierform das ElsterFormular keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärung liefert, sondern letztlich nur die Werte und Kennziffern aufführt, zu denen der Steuerpflichtige Eintragungen vorgenommen hat. Denn dies mag zwar einen Nachteil der elektronischen Steuererklärung darstellen, betrifft aber nicht den Grund für die Annahme der groben Fahrlässigkeit, nämlich die fehlende An- und Eingabe im ElsterFormular selbst.