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Keine außergewöhnlichen Belastungen bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft

Keine außergewöhnlichen Belastungen bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft: Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen (Ehe-)Paares im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. - Urt.; BFH 10.8.2023, VI R 29/21; SIS 23 15 78

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 10.08.2023, VI R 29/21 (ECLI:DE:BFH:2023:U.100823.VIR29.21.0)
    BStBl 2023 II S. 1110
    DStR 2023 S. 2215
    NJW 2023 S. 3255

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 10.11.2023
    S. Geserich in BFH/PR 1/2024 S. 6
    Geserich in StBB 1/2024 S. 10
    J.H. in StuB 20/2023 S. 837
    H.- J. Kanzler in FR 3/2024 S. 137
    K. Korn in kösdi 11/2023 S. 23462
Normen
[EschG] § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 7
[EStG] § 33
[GG] Art. 1 Abs. 1, Art. 1 Abs. 3, Art. 6
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 07.10.2021, SIS 22 00 85, Außergewöhnliche Belastung, Leihmutterschaft, Gleichbehandlung, Krankheitskosten, Strafe, Verfassungsmäßigkeit
Anmerkung RiBFH Dr. Geserich

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 07.10.2021 - 10 K 3172/19 E = SIS 22 00 85 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft („Leihmutterschaft“) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

 

 

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zwei Männer, die im Streitjahr (2017) die Ehe geschlossen haben und zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.

 

 

3

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft in Höhe von … EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend.

 

 

4

Das Ersatzmutterschaftsverhältnis wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) begründet und durchgeführt. Die Ersatzmutter war eine dort lebende Frau, die bereits zwei eigene Kinder hatte. Die Schwangerschaft der Ersatzmutter wurde durch eine künstliche Befruchtung herbeigeführt. Die Eizelle stammte von einer anderen in den USA lebenden Frau. Die Samenzellen stammten vom Kläger zu 2. Aufgrund der künstlichen Befruchtung trug die Ersatzmutter ein Kind aus, welches seitdem bei den Klägern als Eltern in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) lebt.

 

 

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) ließ die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu. Zur Begründung führte er aus, dass „die Behandlung einer Leihmutterschaft gem. § 1 Abs. 1 ESchG (Embryonenschutzgesetz) in Deutschland verboten“ sei.

 

 

6

Die hiergegen - mit Zustimmung des FA - erhobene (Sprung-)Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2022, 249 = SIS 22 00 85 veröffentlichten Gründen ab.

 

 

7

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

8

Sie beantragen,

 

das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom 30.10.2019 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Krankheitskosten in Höhe von insgesamt … EUR als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden.

 

 

9

Das FA beantragt,

 

die Revision zurückzuweisen.

 

 

10

II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die im Zusammenhang mit der Ersatzmutterschaft entstandenen Aufwendungen der Kläger zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt.

 

 

11

1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

 

 

12

a) In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass Krankheitskosten und damit Kosten, die einem objektiv (anomalen) regelwidrigen Körperzustand (vgl. Senatsurteile vom 10.03.2015 - VI R 60/11, BFHE 249, 468, BStBl II 2015, 695 = SIS 15 15 01, Rz 10 und vom 16.12.2010 - VI R 43/10, BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414 = SIS 11 05 55, Rz 15) geschuldet sind, ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (Senatsurteile vom 02.09.2010 - VI R 11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119 = SIS 10 36 90, Rz 12 und vom 14.11.2013 - VI R 20/12, BFHE 244, 285, BStBl II 2014, 456 = SIS 14 08 63, Rz 13).

 

 

13

aa) Nach diesen Grundsätzen stellen die Kosten der Kläger im Zusammenhang mit der Ersatzmutterschaft keine krankheitsbedingten Aufwendungen dar. Denn die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger gründet nicht auf einem regelwidrigen Zustand eines oder beider Partner, sondern auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung.

 

 

14

bb) Nichts anderes folgt aus dem Krankheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation (WHO) betreffend die ungewollte Kinderlosigkeit. Zwar wurde 1967 die ungewollte Kinderlosigkeit (Zeugungs- und/oder Empfängnisunfähigkeit) durch die Scientific Group on the Epidemiology of Infertility der WHO als Krankheit anerkannt. Der WHO-Definition entsprechend ist eine Infertilität/Sterilität zu diagnostizieren, wenn bei einem Paar entgegen seinem expliziten Willen nach mehr als 24 Monaten trotz regelmäßigem, ungeschütztem Sexualverkehr keine Schwangerschaft eintritt (ICD-10 Diagnosen: Sterilität der Frau [N97.x], männliche Sterilität [N46]; www.gbe-bund.de, Suchbegriff: Ungewollte Kinderlosigkeit [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, April 2004]). Auch danach kommt dem Umstand, dass aus der Ehe der Kläger kein Kind hervorgehen kann, kein Krankheitswert zu.

 

 

15

b) Der Vortrag, beim Kläger zu 1. habe sich unter anderem aufgrund seines starken (unerfüllten) Kinderwunsches eine beginnende psychische Erkrankung abgezeichnet, welche ausweislich des Schreibens von Frau Dipl.-Psych. … vom 19.10.2018 durch eine Ersatzmutterschaft unterbunden/behoben werden könne, erlaubt ebenfalls nicht, die Kosten als zwangsläufig entstandene Krankheitskosten nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

 

 

16

aa) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (Senatsurteile vom 19.04.2012 - VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577 = SIS 12 16 86, Rz 15 und vom 19.11.2015 - VI R 45/14 = SIS 16 02 52, Rz 12, m.w.N.). Umfasst sind alle Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck angezeigt sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern (BFH-Urteil vom 20.03.1987 - III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 = SIS 87 16 03, unter 3.a, m.w.N.).

 

 

17

bb) Nach diesen Grundsätzen kann ein im Wege der Ersatzmutterschaft reproduziertes Kind nicht als eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Vermeidung, Linderung oder Beseitigung einer seelischen Erkrankung angesehen werden, auch wenn diese auf einer ungewollten Kinderlosigkeit gründet.

 

 

18

Überdies ist die Vorstellung, die Reproduktion eines Kindes im Wege der Ersatzmutterschaft als medizinisch indizierte Heilbehandlung oder dieser gleichgestellten Maßnahme anzusehen, auch nicht mit dem Grundrecht des Kindes auf Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - ) vereinbar. Denn ein solches Verständnis würde das Kind zu einem bloßen Objekt herabwürdigen, das zur Linderung einer seelischen Krankheit des Klägers zu 1. diente (vgl. Senatsurteil vom 10.03.2015 - VI R 60/11, BFHE 249, 468, BStBl II 2015, 695 = SIS 15 15 01, Rz 12, zu Aufwendungen für die Adoption eines Kindes). Dies gilt gleichermaßen für die Ersatzmutter. Auch sie würde, sähe man die Reproduktion eines Kindes als Heilbehandlung, auf ein medizinisches Hilfsmittel reduziert.

 

 

19

c) Die geltend gemachten Aufwendungen sind den Klägern auch nicht aus anderen Gründen zwangsläufig erwachsen.

 

 

20

aa) Der Entschluss, eine Ersatzmutterschaft zu begründen, beruht nicht auf einer rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind zu haben.

 

 

21

Als außergewöhnliche Belastungen kommen aber nur solche Aufwendungen in Betracht, die einen Bereich der Lebensführung betreffen, welcher der individuellen Gestaltung des Steuerpflichtigen entzogen ist (z.B. Senatsurteil vom 10.03.2015 - VI R 60/11, BFHE 249, 468, BStBl II 2015, 695 = SIS 15 15 01, Rz 16). Dies gilt auch dann, wenn die Aufwendungen einen grundrechtlich geschützten Bereich - wie hier die Verwirklichung des Kinderwunsches (Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG) - betreffen. Der Senat verkennt nicht, dass die ungewollte Kinderlosigkeit als schwere Belastung empfunden werden kann. Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Entschluss zur Begründung einer Ersatzmutterschaft als Mittel zur Verwirklichung eines individuellen Lebensplans nach steuerlichen Maßstäben nicht mehr dem Bereich der durch den Einzelnen gestaltbaren Lebensführung zuzurechnen wäre (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27.02.2009 - 1 BvR 2982/07, unter II.2.); selbst dann nicht, wenn, wie im Streitfall, die Kinderlosigkeit eines gleichgeschlechtlichen (Ehe-)Paares auf den zeugungsbiologischen Grenzen einer solchen Verbindung beruht.

 

 

22

bb) Im Übrigen ist weitere Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG, dass die den Aufwendungen zugrunde liegenden Maßnahmen mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehen (vgl. Senatsurteile vom 17.05.2017 - VI R 34/15, BFHE 258, 358, BStBl II 2018, 344 = SIS 17 14 51, Rz 15 und vom 05.10.2017 - VI R 2/17 = SIS 17 22 74, Rz 12).

 

 

23

(1) Auch nach diesen Grundsätzen kommt eine Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen der Kläger - wie das FG zu Recht entschieden hat - nicht in Betracht.

 

 

24

(2) Denn nach den Regelungen des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) darf auf eine Frau keine fremde unbefruchtete Eizelle übertragen werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ESchG, sog. Eizellenspende). Auch die reproduktionsmedizinische Behandlung einer Frau mit Eizellen einer anderen Frau ist nicht erlaubt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG). Des Weiteren ist es unzulässig, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG). Die Verbote gelten unabhängig davon, ob eine Eizellenspende oder ein Ersatzmutterschaftsverhältnis kommerziell oder nicht kommerziell ist.

 

 

25

(3) Die im Streitfall geltend gemachten Kosten sind folglich durch eine medizinische Behandlung entstanden, die jedenfalls nicht mit den Regelungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7 ESchG im Einklang steht. Zum einen handelte es sich um eine Ersatzmutterschaft, bei der die Ersatzmutter das von ihr ausgetragene Kind nach der Geburt den Klägern überlassen sollte und überlassen hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG). Zum anderen wurde die künstliche Befruchtung bei der Ersatzmutter unter Verwendung einer Eizelle durchgeführt, welche von einer anderen Frau stammte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG).

 

 

26

(4) Verfassungsrechtliche Zweifel an dem „Verbot“ der Ersatzmutterschaft und der „Eizellenspende“ hat der Senat nicht (so bereits Senatsurteile vom 25.01.2022 - VI R 34/19 = SIS 22 06 26, VI R 35/19 = SIS 22 06 27 und VI R 36/19 = SIS 22 06 28, zu Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung unter Verwendung gespendeter Eizellen). Es verstößt insbesondere nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG. Denn das Verbot knüpft nicht an die Gleich- oder Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe, sondern an die Behandlungsmethode an. Im Übrigen sollen mit dem Verbot der Ersatzmutterschaft/Eizellenspende eine Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter und eine austragende Mutter und die damit einhergehenden Konfliktlagen verhindert werden (BT-Drucks. 11/5460, S. 6 ff.). Diese Erwägungen stellen aufgrund biologischer Gegebenheiten einen sachlichen Grund dar, der die unterschiedliche Behandlung der Ersatzmutterschaft, der Fremdeizellspende sowie der anderen reproduktionsmedizinischen Behandlungsmethoden gegenüber der grundsätzlich zulässigen Samenspende rechtfertigt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.11.2021 - B 1 KR 7/21 R, BSGE 133, 134, zum fehlenden Anspruch eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares auf Erstattung der Kosten der Kinderwunschbehandlung in Form einer heterologen Insemination im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung).

 

 

27

(5) Zu einer anderen Bewertung zwingt auch nicht die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 (Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.07.2017, BGBl I 2017, 2787). Der Gesetzgeber wollte hiermit die gleichgeschlechtliche Ehe nur an die verschiedengeschlechtliche Ehe angleichen. Im Gesetzesentwurf des Bundesrates wird insofern ausdrücklich hervorgehoben, dass unter den Schutz des Art. 6 GG auch die kinderlose Ehe falle (BT-Drucks .18/6665, S. 7). Aus diesem Anliegen folgt nicht die Pflicht, die zeugungsbiologischen Grenzen einer solchen Ehe steuerlich auszugleichen.

 

 

28

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiBFH Dr. Geserich

Die Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten. Denn nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG ist es strafbar, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen. § 13 c Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG) untersagt die Ersatzmuttervermittlung. Nach § 14 b Abs. 1 und 2 AdVermiG macht sich strafbar, wer eine Ersatzmuttervermittlung betreibt oder für die Ersatzmuttervermittlung einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

 

Hinweis: Die Leihmutter und die intendierten (Wunsch)Eltern selbst machen sich allerdings nicht strafbar nach dem Embryonenschutzgesetz (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 ESchG und § 14 b Abs. 3 AdVermiG).

 

Seit der Verabschiedung des ESchG im Jahr 1990 hat sich die Reproduktionsmedizin jedoch rasant weiterentwickelt. Überdies haben sich seither die gesellschaftlichen Vorstellungen von Ehe und Familie deutlich gewandelt. U.a. deshalb stellt sich zunehmend die Frage, ob dieses Verbot noch zeitgemäß ist (s. z.B. Stellungnahme der Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina – Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung, Stand März 2019 sowie den vom BMJV im Jahr 2017 vorgelegten Abschlussbericht des Arbeitskreises Abstammungsrecht – Empfehlungen für eine Reform des Abstammungsrechts). Deshalb haben Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann auf Grundlage des Koalitionsvertrages ("Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit", S. 119) die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin berufen. Diese hat sich am 31.3.2023 konstituiert.

 

Die Kommission ist ein interdisziplinär zusammengesetztes Gremium, das aus 18 Expertinnen und Experten besteht und wissenschaftliche Expertise bündelt – insbesondere der Fachbereiche Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Rechtswissenschaften. Sie wird in zwei Arbeitsgruppen Möglichkeiten der Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches (Arbeitsgruppe eins) prüfen sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft (Arbeitsgruppe zwei). Der Abschlussbericht der Kommission soll zwölf Monate nach ihrer Konstituierung vorgelegt werden.

 

Bislang bestimmt § 1591 BGB (eingefügt durch das Kindschaftsreformgesetz von 1997), dass Mutter eines Kindes die Frau ist, die es geboren hat. Dadurch soll eine Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische und biologische Mutterschaft vermieden werden. Die genetische Abstammung eines Kindes aus einer Leihmutterschaft begründet nach deutschem Recht grundsätzlich kein rechtliches Abstammungsverhältnis zu den sog. "Wunscheltern". Mutter eines Kindes ist nach deutschem Recht die Frau, die es geboren hat, also die Leihmutter und nicht die "Wunschmutter". Damit ist eine deutsche Wunschmutter nach deutschem Recht nicht mit dem Kind verwandt und vermittelt dem Kind folglich nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Ein deutscher "Wunschvater" kann aus einem Vertrag über Leihmutterschaft nach deutschem Recht nicht wirksam seine Vaterschaft begründen; auch im Fall einer Leihmutterschaft kann aber der "Wunschvater" nach deutschem Recht unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Vaterschaftsanerkennung oder durch eine gerichtliche Feststellung seiner Vaterschaft seine rechtliche Vaterschaft begründen.

 

Während im Inland das Verbot der Leihmutterschaft "greift", ergeben sich zahlreiche rechtliche Fragen, insbesondere wem das Kind rechtlich zuzuordnen ist, wenn die deutschen Wunscheltern – wie im Streitfall – im Ausland eine Leihmutter – im Einklang mit der dortigen Rechtsordnung – in Anspruch nehmen und mit "ihrem" Kind nach Deutschland zurückkehren. Diesbezüglich hat der BGH mit Beschluss v. 10.12.2014 - XII ZB 463/13, BGHZ 203, 350 zu einem ausländischen Leihmutterschaftsfall entschieden, dass ausländische Gerichtsentscheidungen (z.B. des Superoir Courts oft the State of California, County of Placer), die den (gleichgeschlechtlichen) Wunscheltern die rechtliche Elternschaft zuweisen, in Deutschland jedenfalls dann anerkannt werden können, wenn ein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist, die Leihmutter aber nicht, und diese Rechtsprechung mit Beschlüssen v. 5.9.2018 - XII ZB 224/17, FamRZ 2015, 240 und v. 12.1.2022 - XII ZB 142/20, FamRZ 2022, 629 fortgeführt.