Antrag auf Vorsteuer-Vergütung, Rechnung, Original: Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der die Vergütung von Vorsteuerbeträgen beantragt, muss grundsätzlich bereits mit dem Vergütungsantrag die zugrunde liegenden Rechnungen im Original vorlegen. - Urt.; BFH 18.1.2007, V R 23/05; SIS 07 10 77
I. Streitig ist die Vergütung von
Vorsteuerbeträgen an einen im Ausland (Schweiz)
ansässigen Unternehmer.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft
mit Sitz in Basel. Sie erbrachte in den Streitjahren 1999 und 2000
unter der Bezeichnung ... insbesondere Service- und
Beistandsleistungen für Notfallrücktransporte und bot
ihren Kunden in diesem Zusammenhang einen Versicherungsschutz
an.
Am 30.6.2000 beantragte die Klägerin
beim Beklagten und Revisionsbeklagten (in den Streitjahren:
Bundesamt für Finanzen - BfF -, jetzt: Bundeszentralamt
für Steuern - BZSt - ) die Vergütung von
Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum von Januar bis
Dezember 1999 (Vergütungszeitraum I) in Höhe von ... DM.
Am 29.6.2001 beantragte sie die Vergütung von
Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum von Januar bis
Dezember 2000 (Vergütungszeitraum II) in Höhe von ... DM.
Beiden Anträgen lagen die Rechnungen, aus denen die
Klägerin die Vergütung beanspruchte, nicht im Original,
sondern nur in Kopie bei.
Durch Bescheide vom 24.8.2001 lehnte das
BfF die Anträge u.a. mit der Begründung ab, eine
Vergütung komme nur bei Vorlage der Original-Rechnungen in
Betracht.
Dagegen legte die Klägerin mit
Schreiben vom 27.9.2001, beim BfF am 1.10.2001 eingegangen,
Einspruch ein. Das BfF verwarf diese Einsprüche durch
Einspruchsentscheidungen vom 16.10.2002 wegen Verspätung als
unzulässig.
Das Finanzgericht (FG) wies die daraufhin
erhobene Klage der Klägerin ab. Es führte zur
Begründung aus, die Klägerin habe zwar ihre
Einsprüche fristgerecht eingelegt, wovon inzwischen auch das
BfF ausgehe. Auch sei die Voraussetzung für eine
Vorsteuererstattung nach § 18 Abs. 9 Satz 1 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 1 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV)
erfüllt, dass der im Ausland ansässige Unternehmer im
Vergütungszeitraum im Inland keine Umsätze i.S. des
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG oder nur steuerfreie Umsätze
i.S. des § 4 Nr. 3 UStG ausgeführt habe. Denn es sei
insoweit auszuschließen, dass die Klägerin im Inland
Umsätze aus Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis
oder der Vermittlung von Sicherungsleistungen ausgeführt
habe.
Die Inanspruchnahme des
Vorsteuer-Vergütungsverfahrens scheitere aber daran, dass die
Klägerin innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG
genannten Antragsfrist, bei der es sich um eine Ausschlussfrist
handele, nicht die Original-Rechnungen vorgelegt habe, die ggf. zu
einer Vorsteuervergütung führen könnten. Die Pflicht
hierzu ergebe sich aus der Zusammenschau von § 18 Abs. 9
Sätze 3 und 4 UStG, der „Gesetzeshistorie“ sowie
einer europarechtskonformen Auslegung.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht
die Klägerin geltend:
1.
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Sie verstehe den in Art. 20 Abs. 3 des
Grundgesetzes (GG) geregelten Vorbehalt des Gesetzes dahin gehend,
dass sich der im Gesetz niedergelegte Wille des Gesetzgebers aus
dem Gesetz selbst unter Zugrundelegung anerkannter
Auslegungsgrundsätze ergeben müsse. Insbesondere sei zu
Lasten des Steuerpflichtigen kein Rückgriff auf EG-Richtlinien
zulässig.
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2.
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Der Vertrauensgrundsatz sei verletzt. Das
BfF sei gehalten gewesen, bei Stellung eines unvollständigen
Antrags auf dessen Vervollständigung hinzuwirken. Der
Vertreter des BfF habe in der mündlichen Verhandlung vor dem
FG erklärt, dass die Finanzverwaltung die gesetzlichen
Vorschriften damals anders interpretiert habe und deswegen nicht
auf die Notwendigkeit hingewiesen habe, die Original-Rechnungen
einzureichen. Wenn dies damals so gewesen sei, könne ihr nicht
angelastet werden, dass sie, die Klägerin, das Gesetz ebenso
wie das BfF interpretiert habe. Sie habe nicht damit rechnen
können, dass das BfF einen einmal gewählten
Rechtsstandpunkt zu ihren Lasten aufgeben würde.
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3.
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Die Interpretation des deutschen
Umsatzsteuerrechts gestalte sich zu einer Rundreise durch
EG-Richtlinien. Für ein ausländisches Unternehmen sei
dies ein nicht überwindbares Hindernis.
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4.
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Der Bundesfinanzhof (BFH) habe im Urteil
vom 10.4.2003 V R 35/01 (BFHE 202, 187, BStBl II 2003, 782 = SIS 03 36 34) im damaligen Rechtsstreit dem FG aufgegeben zu prüfen,
ob der Tatsache Bedeutung zukomme, dass die damalige Klägerin
eine aktuelle Unternehmerbescheinigung und die Rechnungen erst nach
Ablauf der Antragsfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG vorgelegt
habe. Die im vorliegenden Streitfall entscheidungserhebliche Frage
sei somit vom BFH noch nicht abschließend beurteilt
worden.
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5.
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Nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG sei der
Vergütungsantrag innerhalb der Ausschlussfrist von sechs
Monaten zu stellen. Für die Vorlagen von Rechnungen und
Einfuhrbelegen sei in Satz 4 der Vorschrift keine Frist bestimmt.
Soweit das FG den Begriff des Vergütungsantrags dahin gehend
erweitere, dass zum Vergütungsantrag auch die
Original-Rechnungen gehörten, sei dies eine Auslegung gegen
den Wortlaut des Gesetzes. Den Begriff „Rechnung“
könne man nicht in den Begriff
„Vergütungsantrag“ hineininterpretieren.
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Es bestehe auch kein Grund, so vorzugehen.
Die Rechnungen seien Bestand ihrer Buchführung. Nach den in
der Schweiz geltenden Steuervorschriften dürfe sie ihre
Buchführungsunterlagen nicht in das Ausland verbringen,
sondern müsse diese zur Einsichtnahme der Steuerbehörden
im Inland aufbewahren. Das BfF bearbeite Erstattungsanträge
äußerst zögerlich. Das bedeute für sie, die
Klägerin, dass die Originalbelege für viele Jahre nicht
zur Verfügung stünden, was Strafen und Sanktionen in der
Schweiz nach sich ziehen könnte. Es mache daher einen Sinn,
dass sie die Original-Rechnungen nach Aufforderung erst dann
vorlege, wenn das BfF sie zur Bearbeitung benötige.
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6.
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Die frühere Regelung in § 61 Abs.
1 Satz 5 UStDV a.F. sei eindeutig gewesen. Die Vorschrift habe
gelautet: „Dem Vergütungsantrag sind die Rechnungen und
Einfuhrbelege im Original beizufügen.“ Diese Vorschrift
sei durch das Jahressteuergesetz (JStG) 1996 mit Wirkung ab 1997
aufgehoben worden.
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Soweit das FG meine, der Gesetzgeber habe
die Regelung des aufgehobenen § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV im
Rahmen einer (lediglich) redaktionellen Änderung in § 18
Abs. 9 UStG übernehmen wollen, sei dem nicht zu folgen.
Entscheidend sei, dass der Gesetzgeber dies nicht getan habe. Das
FG könne einen Fehler des Gesetzgebers nicht im Wege der
Gesetzesauslegung reparieren. Dazu sei ein Gericht nicht
befugt.
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Es liege nahe, dass der Gesetzgeber des
UStG auf die Belange der erstattungsberechtigten ausländischen
Unternehmer habe Rücksicht nehmen wollen, die die
Original-Rechnungen nicht längere Zeit aus der Hand geben
könnten.
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Die Klägerin hat - „unter
Zurückstellung aller rechtlichen Bedenken“ - die
Rechnungen für die Streitjahre dem BZSt mit Schreiben vom
11.1.2007 zugesandt.
Sie beantragt, unter Aufhebung der
Vorentscheidung, der Ablehnungsbescheide des BfF vom 24.8.2001 und
der Einspruchsentscheidungen vom 16.10.2002 das BfF zu
verpflichten, ihr, der Klägerin, für das Jahr 1999
Vorsteuerbeträge in Höhe von ... und für das Jahr
2000 Vorsteuerbeträge in Höhe von ... zuzüglich
Zinsen in Höhe von 1/2 v.H. für jeden vollen Monat seit
dem Tage der Rechtshängigkeit zu erstatten.
Hinsichtlich der Kosten beantragt die
Klägerin, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
Das (seit 1.1.2006 so bezeichnete) BZSt
beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es schließt sich der Vorentscheidung
an und meint, die Revision sei auch deswegen als unbegründet
zurückzuweisen, weil die Klägerin im Streitjahr -
entgegen der Auffassung des FG - in der Bundesrepublik Deutschland
Versicherungsleistungen erbracht oder zumindest Versicherungsschutz
vermittelt habe, so dass auch die Voraussetzungen des § 59
Abs. 1 Nr. 1 UStDV nicht vorlägen.
II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet.
1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur
Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der
Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die
Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im
Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 UStG
und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren
regeln. Der Vergütungsantrag ist gemäß § 18
Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des
Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch
entstanden ist. Der Unternehmer hat die Vergütung selbst zu
berechnen und die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von
Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen (§ 18
Abs. 9 Satz 4 UStG). Der Vergütungsantrag ist vom Unternehmer
eigenhändig zu unterschreiben (§ 18 Abs. 9 Satz 5
UStG).
2. Aus dem gebotenen Zusammenlesen von §
18 Abs. 9 Sätze 3 bis 5 UStG, die sämtlich den
Vergütungsantrag betreffen, ergibt sich die Pflicht für
die Antragsteller, die Vorsteuerbeträge bereits mit dem
Vergütungsantrag durch Vorlage der Rechnungen im Original
nachzuweisen.
Zwar bestimmt § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG,
der die Vorlage der Rechnungen im Original vorschreibt, nicht, dass
diese Vorlage mit dem Vergütungsantrag erfolgen muss. Die
Vorschrift steht aber gesetzessystematisch zwischen § 18 Abs.
9 Sätze 3 und 5 UStG, in denen ausdrücklich der
Vergütungsantrag genannt ist. Zudem kann die in § 18 Abs.
9 Satz 4 UStG - neben der Verpflichtung, „die
Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und
Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen“ -, enthaltene
Verpflichtung, „die Vergütung selbst zu
berechnen“, nur im Vergütungsantrag selbst
erfüllt werden.
Die Annahme, aus den im Vergleich zu § 61
Abs. 1 Satz 5 UStDV a.F. („Dem Vergütungsantrag sind
die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original
beizufügen.“) veränderten Formulierungen in
§ 18 Abs. 9 UStG müsse der Schluss gezogen werden,
„dass sich der Gesetzgeber dabei etwas gedacht hat und
folglich die Rechtzeitigkeit des Antrags nicht mehr von der Vorlage
der Belege innerhalb der Antragsfrist abhängig machen
will“ (so Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG,
§ 18 Rz 507), trifft nicht zu. Vielmehr wollte der Gesetzgeber
die bisherige Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV ohne
inhaltliche Änderung in § 18 Abs. 9 UStG übernehmen
(vgl. Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 1996, BTDrucks 13/901,
86, 89, 153; BFH-Urteil vom 23.10.2003 V R 48/01, BFHE 203, 531,
BStBl II 2004, 196 = SIS 03 53 57, unter II. 2. e).
Deshalb sind (bereits) dem
Vergütungsantrag die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original
beizufügen (vgl. Abschn. 243 Abs. 3 Satz 1 der
Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - ; Birkenfeld,
Umsatzsteuer-Handbuch, § 220 Rz 416.2; Schmid in Offerhaus/
Söhn/Lange, UStG, § 18 Rz 343, 353; Bülow in
Vogel/Schwarz, § 18 Rz 258, 265; Rothenberger in
Hartmann/Metzenmacher, § 18 Rz 121; a.A. Fröschl, HFR
2003, 1085).
3. Diese Auslegung ist auch
gemeinschaftsrechtlich geboten (vgl. zur richtlinienkonformen
Auslegung der nationalen Vorschriften über das
Vorsteuer-Vergütungsverfahren: BFH-Urteile vom 22.5.2003 V R
97/01, BFHE 203, 193, BStBl II 2003, 819 = SIS 03 41 41; vom
22.10.2003 V R 95/01, BFH/NV 2004, 828 = SIS 04 29 84; in BFHE 203,
531, BStBl II 2004, 196 = SIS 03 53 57; vom 10.2.2005 V R 56/03,
HFR 2005, 1208 = SIS 05 49 19; FG Köln, Vorlagebeschluss vom
19.1.2006 2 K 5044/03, EFG 2006, 612 = SIS 06 19 29).
a) Nach Art. 17 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie
des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG
(Richtlinie 77/388/EWG) erfolgen Mehrwertsteuererstattungen an
nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige - wie
die Klägerin - entsprechend den in der Dreizehnten Richtlinie
des Rates vom 17.11.1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 86/560/EWG -
Richtlinie 86/560/EWG - (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L, 326/40) festgelegten
Bestimmungen.
b) Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie
86/560/EWG erfolgt die Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im
Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige auf Antrag
des Steuerpflichtigen. Die Mitgliedstaaten bestimmen die
Modalitäten für die Antragstellung einschließlich
der Antragsfristen, des Zeitraums, auf den der Antrag sich beziehen
muss, der für die Einreichung zuständigen Behörden
und der Mindestbeträge, für die die Erstattung beantragt
werden kann (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 86/560/EWG). Sie
legen auch die Einzelheiten für die Erstattung,
einschließlich der Fristen, fest (Art. 3 Abs. 1 Satz 3 der
Richtlinie 86/560/EWG). Sie legen dem Antragsteller die Pflichten
auf, die erforderlich sind, um die Begründetheit des Antrags
beurteilen zu können und um Steuerhinterziehungen zu
vermeiden, und verlangen insbesondere den Nachweis, dass er eine
wirtschaftliche Tätigkeit entsprechend Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG ausübt (Art. 3 Abs. 1 Satz 4 der
Richtlinie 86/560/EWG).
Die Erstattung darf nach Art. 3 Abs. 2 der
Richtlinie 86/560/EWG nicht zu günstigeren Bedingungen
erfolgen als für in der Gemeinschaft ansässige
Steuerpflichtige (Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 86/560/EWG). Das
bedeutet, dass der Gesetzgeber die nicht im Gemeinschaftsgebiet
ansässigen Antragsteller nicht günstiger stellen darf als
Antragsteller, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet
ansässig sind (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.2003 V R 49/01,
BFH/NV 2004, 673 = SIS 04 18 12, unter 2. b).
Für im Gemeinschaftsgebiet ansässige
Antragsteller bestimmt Art. 3 Buchst. a Satz 1 der Achten
Richtlinie des Rates vom 6.12.1979 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
79/1072/EWG - Richtlinie 79/1072/EWG - (ABlEG Nr. L, 331/11), dass
der in einem anderen Mitgliedsstaat ansässige
Steuerpflichtige, um die Vorsteuererstattung zu erhalten, bei der
zuständigen Behörde nach dem im Anhang A zu dieser
Richtlinie aufgeführten Muster einen Antrag zu stellen hat,
dem die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente
beizufügen sind.
Aus Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 86/560/EWG
i.V.m. Art. 3 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 79/1072/EWG folgt
mithin, dass auch ein außerhalb des Gebiets der Gemeinschaft
ansässiger Steuerpflichtiger die Erstattung von
Mehrwertsteuerbeträgen nur dann erlangen kann, wenn er dem
Erstattungsantrag die Originale der Rechnungen oder
Einfuhrdokumente beigefügt hat.
c) Zwar hat der Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu Art. 3 Buchst. a Satz 1
der Richtlinie 79/1072/EWG entschieden, dass es einem
Mitgliedsstaat nicht verwehrt ist, die Möglichkeit vorzusehen,
dass der Steuerpflichtige bei von ihm nicht zu vertretendem
Abhandenkommen einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments den
Nachweis seines Erstattungsanspruchs durch Vorlage einer
Zweitschrift der Rechnung oder des fraglichen Einfuhrdokuments
führt, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende
Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere
Erstattungsanträge gestellt werden. Habe ein in einem
Mitgliedsstaat ansässiger Steuerpflichtiger in der gleichen
Situation die Möglichkeit, den Nachweis durch Vorlage einer
Zweitschrift oder einer Ablichtung der Rechnung zu führen, so
folge aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 12 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), dass diese
Möglichkeit auch einem nicht in diesem Mitgliedsstaat
ansässigen Steuerpflichtigen einzuräumen sei (vgl.
EuGH-Urteil vom 11.6.1998 Rs. C-361/96, UR 1998, 309, UVR 1998, 275
= SIS 98 16 50). Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH
angeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 20.8.1998 V R 55/96, BFHE 186,
460, BStBl II 1999, 324 = SIS 98 23 49).
Es kann offen bleiben, ob diese Rechtsprechung
auch für Vergütungsanträge außerhalb des
Gebiets der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger, wie der
Klägerin, anwendbar ist, für die das
Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV nicht gilt (verneinend
Stadie in Rau/Dürrwächter, § 18 Rz 616, 704; vgl.
auch BFH-Beschluss vom 8.4.2005 V B 123/03, BFHE 209, 167, BStBl II
2005, 585 = SIS 05 24 37). Denn im Streitfall liegt ein derartiger
Belegverlust nicht vor. Der Klägerin sind die
Original-Rechnungen nicht abhandengekommen. Sie hat lediglich davon
abgesehen, ihrem Antrag die Original-Rechnungen
beizufügen.
d) In diesem Zusammenhang macht die
Klägerin ohne Erfolg geltend, sie dürfe ihre
Buchführungsunterlagen nach den in der Schweiz geltenden
Steuervorschriften - ohne diese näher zu bezeichnen - nicht in
das Ausland verbringen und könne deshalb die
Original-Rechnungen nicht längere Zeit aus der Hand geben.
Denn die Klägerin hätte dies dem BfF/BZSt darlegen und um
kurzfristige Rückgabe der Original-Rechnungen bitten
können.
Es kann deshalb offen bleiben, ob sich eine
Pflicht des BfF/ BZSt zur kurzfristigen Rückgabe von
Rechnungen bereits aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 79/1072/EWG
ergeben hätte. Nach dieser Bestimmung versieht die
zuständige Behörde „jede Rechnung und jedes
Einfuhrdokument mit ihrem Sichtvermerk, damit diese nicht für
einen weiteren Antrag dienen können, und gibt sie dem
Steuerpflichtigen binnen einem Monat zurück“. Diese
Bestimmung könnte über ihren unmittelbaren
Anwendungsbereich (in einem anderen Mitgliedstaat ansässige
Antragsteller) hinaus auch auf Anträge von Steuerpflichtigen
anwendbar sein, die nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässig
sind. Sie dürfte nach Wortlaut und systematischer Stellung
dahin gehend zu verstehen sein, dass einem Antragsteller die von
ihm eingereichten Rechnungen bereits binnen einem Monat nach
Antragstellung und nicht - wie offenbar vom BfF bzw. vom BZSt
praktiziert - erst binnen einem Monat nach Entscheidung über
den Antrag zurückgegeben werden müssen.
4. Die Frist für den
Vergütungsantrag nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist eine
Ausschlussfrist und kann nicht rückwirkend verlängert
werden (vgl. BFH-Urteile vom 21.10.1999 V R 76/98, BFHE 190, 239,
BStBl II 2000, 214 = SIS 00 04 03; in BFHE 203, 531, BStBl II 2004,
196 = SIS 03 53 57).
Wird jedoch die Frist ohne Verschulden
versäumt, so kommt unter den Voraussetzungen des § 110
der Abgabenordung (AO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in
Betracht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214 =
SIS 00 04 03, unter II. 2.). Die dafür erforderlichen
Voraussetzungen liegen aber im Streitfall nicht vor.
Das Hindernis, den Vergütungsantrag
formgerecht - unter Beifügung der Original-Rechnungen - zu
stellen, war spätestens durch die Ablehnung der
Vergütungsanträge durch die Bescheide des BfF vom
24.8.2001 entfallen. Innerhalb der vom Zugang der
Ablehnungsbescheide laufenden Wiedereinsetzungsfrist von einem
Monat (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO) hat die Klägerin jedoch
weder einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch die
Original-Rechnungen vorgelegt (vgl. § 110 Abs. 2 Satz 4
AO).
5. Entgegen der Auffassung der Klägerin
ist der Vertrauensschutzgrundsatz nicht verletzt.
Das BfF/BZSt war nicht gehalten, bei Stellung
eines unvollständigen Antrags auf dessen
Vervollständigung - hier durch die Vorlage von
Original-Rechnungen - hinzuweisen. Denn die Klägerin hatte den
Vergütungsantrag für den Vergütungszeitraum 1999
erst am 30.6.2000, dem Tag des Fristablaufs nach § 18 Abs. 9
Satz 3 UStG, und den Vergütungsantrag für den
Vergütungszeitraum 2000 erst am 29.6.2001 und damit kurz vor
Fristablauf gestellt. Erfahrungsgemäß häufen sich
gerade kurz vor Ablauf der Antragsfrist die Anträge, so dass
vom BfF nicht erwartet werden konnte, noch innerhalb der
Antragsfrist alle eingegangenen Anträge auf ihre formelle
Ordnungsmäßigkeit hin zu überprüfen, um
eventuell entdeckte Fehler durch die Antragsteller noch
fristgerecht beheben zu lassen. Werden Vergütungsanträge
erst kurz vor Ablauf der Antragsfrist eingereicht, kann
offensichtlich auch keine Hinweispflicht verletzt worden sein, die
für die eingetretene Versäumnis hätte
ursächlich sein können (vgl. für
Zulagenanträge: BFH-Urteil vom 16.5.2002 III R 27/01, BFHE
198, 283, BStBl II 2002, 668 = SIS 02 84 81, unter II. 2. c;
BFH-Beschluss vom 28.7.2003 III B 129/02, BFH/NV 2003, 1610 = SIS 03 50 13, unter 1. c).
Überdies hatte das BfF die Klägerin
in dem den Vergütungszeitraum 1997 betreffenden Verfahren mit
Schreiben vom 30.9.1998 - also vor Antragstellung in den beiden
hier streitigen Verfahren - u.a. zur Einreichung der
Original-Rechnungen aufgefordert, wie dem Senat aus dem den
Vergütungszeitraum 1997 betreffenden Verfahren V R 22/05 (vgl.
SIS 07 10 76) bekannt ist. Die Klägerin wusste also bereits
vor Antragstellung, dass das BfF die Original-Rechnungen
verlangte.