Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13.10.2011 13 K 4121/07
betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 und Nebenleistungen
hierzu aufgehoben.
Der Haftungsbescheid vom 2.3.2006 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 4.10.2007 wird aufgehoben, soweit
die Klägerin wegen Umsatzsteuer 2002 mit mehr als ... EUR und
Zinsen hierzu mit mehr als ... EUR in Haftung genommen wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Klageverfahrens tragen die
Klägerin zu 90 v.H. und der Beklagte zu 10 v.H., die Kosten
des Revisionsverfahrens die Klägerin zu 87 v.H. und der
Beklagte zu 13 v.H.
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I. Am 24.1.2001 wurde die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) als (alleinige)
Geschäftsführerin der A GmbH (GmbH) im Handelsregister
eingetragen. Sie war zugleich alleinige Gesellschafterin der B, die
die Geschäftsanteile an der GmbH hielt und gemeinsam mit dem
Ehemann der Klägerin Gesellschafterin der C war.
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Da die GmbH keine Steuererklärungen
abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) die Besteuerungsgrundlagen und setzte u.a.
mit Bescheid vom 5.11.2004 die Umsatzsteuer für das Jahr 2002
auf ... EUR und Zinsen hierzu auf ... EUR fest. Aufgrund der im
Einspruchsverfahren am 23.3.2005 vorgelegten
Umsatzsteuererklärung für 2002, mit der die GmbH u.a.
eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in Höhe von
„116“ anmeldete, setzte das FA mit
Einspruchsentscheidung vom 27.9.2005 die Umsatzsteuer 2002 -
weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung - auf ... EUR
und Zinsen auf ... EUR fest; dabei folgte es den Angaben der GmbH,
sah aber, nachdem es erfolglos Belege zu der erklärten
innergemeinschaftlichen Lieferung angefordert hatte, die
Voraussetzungen für die Steuerfreiheit dieser Lieferung nicht
als erfüllt an und berechnete die diesbezügliche Steuer
aufgrund einer Bemessungsgrundlage von „116“. In der -
hernach dem FA übersandten - Rechnung vom 31.10.2002 an die C
über „116“ ist weder Umsatzsteuer ausgewiesen noch
ein Hinweis auf die Umsatzsteuerfreiheit bzw. auf das Vorliegen
einer innergemeinschaftlichen Lieferung angebracht.
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Mit - von der Klägerin namens der GmbH
gestelltem - Antrag vom 24.11.2005, die Festsetzung der
Umsatzsteuer 2002 gemäß § 164 der Abgabenordnung
(AO) zu ändern und die steuerpflichtigen Umsätze um
„116“ zu mindern, überließ die GmbH dem FA
die betreffenden Lieferscheine, später übersandte sie
eine auf den 19.5.2006 datierte Bestätigung der C, wonach
diese das Material erhalten und es zur Baustelle in Belgien
befördert habe.
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Die GmbH leistete auf die Festsetzungen
keine Zahlungen. Das FA pfändete das betriebliche Konto und
beantragte am 16.3.2006 beim Amtsgericht X die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH, die am
5.11.2007 im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit
gelöscht wurde.
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Auf das Schreiben des FA vom 19.1.2006, mit
dem es der Klägerin seine Absicht mitgeteilt hatte, sie
für die im Haftungszeitraum Januar 2002 bis Januar 2006
bestehenden Steuerschulden der GmbH in Haftung zu nehmen, und um
entsprechende Auskünfte bat, reagierte die Klägerin
nicht.
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Mit Haftungsbescheid vom 2.3.2006 nahm das
FA die Klägerin gemäß § 191 AO i.V.m.
§§ 34, 35, 69 AO in Höhe von insgesamt ... EUR wegen
rückständiger Steuern der GmbH und Nebenleistungen -
darunter ... EUR für Umsatzsteuer 2002 nebst ... EUR an
Säumniszuschlägen und ... EUR an Zinsen - in Anspruch.
Die Haftungssumme wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4.10.2007
auf insgesamt ... EUR reduziert, die Haftungsinanspruchnahme der
Klägerin für Umsatzsteuer 2002 der GmbH und
Nebenleistungen hierzu blieb unberührt. Zur Begründung
führte das FA aus, die Klägerin habe ihre Pflicht zur
Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen und zur
Entrichtung der Steuern schuldhaft verletzt und dadurch bewirkt,
dass die Steuern der GmbH nicht bzw. nicht rechtzeitig bezahlt
worden seien. Die Umsatzsteuer 2002 der GmbH sei mit
Einspruchsentscheidung vom 27.9.2005 bestandskräftig
festgesetzt, was die Klägerin gemäß § 166 AO
gegen sich gelten lassen müsse. Ihre Inanspruchnahme sei
ermessensgerecht, weil Beitreibungsmaßnahmen erfolglos
geblieben seien und im Hinblick auf die Ablehnung des
Insolvenzantrags keine Aussicht auf Erfolg hätten. Dabei werde
berücksichtigt, dass eine Inanspruchnahme wegen
Säumniszuschlägen nur soweit zulässig sei, als diese
bis zum Zeitpunkt des Eintritts der nachweislichen
Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin
entstanden seien. Ob der Ehemann der Klägerin als faktischer
Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen sei, bleibe einer
weiteren Prüfung vorbehalten.
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Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte
die Klägerin die Aufhebung des Haftungsbescheides in Gestalt
der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage
durch Urteil aus den in EFG 2012, 195 = SIS 12 02 50
veröffentlichten Gründen ab. Die Klägerin könne
mit ihrem Einwand, die Umsatzsteuer 2002 sei in großem Umfang
zu Unrecht gegenüber der GmbH festgesetzt worden, im
vorliegenden Verfahren gemäß § 166 AO nicht
gehört werden. Abgesehen davon sei die Steuerfreiheit der
innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.
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Mit der - vom FG hinsichtlich der Frage, ob
gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung stehende Steuerbescheide unanfechtbar i.S. des
§ 166 AO sind, zugelassenen - Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
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Das FG habe die Drittwirkung der
Steuerfestsetzung gemäß § 166 AO unzutreffend
beurteilt. Bei einem Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung trete die Bindungswirkung erst ein, wenn er nicht
nur formell, sondern auch materiell bestandskräftig geworden
sei, d.h. auch nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO nicht mehr
geändert werden könne. Die GmbH habe einen Antrag auf
Änderung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO gestellt
und alle notwendigen Nachweise für die Steuerbefreiung
vorgelegt; es sei die Pflicht des FA gewesen, vor Erlass des
Haftungsbescheides über den Änderungsantrag zu
entscheiden.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung
betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 der GmbH und
Nebenleistungen hierzu den Haftungsbescheid vom 2.3.2006 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 4.10.2007 dahingehend zu
ändern, dass die Haftungssumme um die Umsatzsteuer 2002 in
Höhe von ... EUR, diesbezügliche Zinsen von ... EUR und
Säumniszuschlägen von ... EUR gemindert wird.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Wie sich bereits aus dem Wortlaut des
§ 166 AO ergebe, stelle die Vorschrift auf die
Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides und nicht auf dessen
Unabänderbarkeit ab. Im Übrigen führe das Fehlen des
Hinweises auf die Steuerfreiheit der Lieferung in der Rechnung vom
31.10.2002 dazu, dass die formelle Vollständigkeit der Beleg-
und Buchangaben nicht gegeben sei.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit diese die
Haftung der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2002 der GmbH und
Nebenleistungen hierzu betrifft, sowie zur Entscheidung in der
Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass
das FA die Klägerin dem Grunde nach zu Recht wegen
Ansprüchen gegen die GmbH wegen Umsatzsteuer 2002 nebst Zinsen
und Säumniszuschlägen hierzu - wogegen sich die Revision
lediglich wendet - in Haftung genommen hat (vgl. dazu unter 1.).
Das FG hat aber zu Unrecht die Klägerin mit ihren Einwendungen
gegen die der Haftungsschuld zugrunde liegende Steuerschuld
ausgeschlossen (vgl. dazu unter 2.). Allerdings greifen die
Einwendungen der Klägerin gegen die Behandlung der
streitbefangenen Lieferung(en) als steuerpflichtig nur hinsichtlich
der Bemessungsgrundlage (vgl. dazu unter 3.).
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1. Nach § 69 i.V.m. §§ 34, 35
AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit
Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO)
infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung
der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig
festgesetzt oder erfüllt werden.
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Als Geschäftsführerin der GmbH war
die Klägerin deren gesetzliche Vertreterin (vgl. § 35
Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit
beschränkter Haftung) und hatte als solche gemäß
§ 34 Abs. 1 Satz 1 AO deren steuerliche Pflichten zu
erfüllen, insbesondere rechtzeitig Steuererklärungen
abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes
- UStG - ) und die fälligen Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4
Satz 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO).
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a) Entgegen der Auffassung der Klägerin,
„bezüglich der Umsatzsteuer 2002 [seien] die
Voraussetzungen für die Haftung eines
Geschäftsführers, nämlich vorsätzliche oder
grob fahrlässige Verletzung der ihm obliegenden Pflichten
wegen der Untätigkeit des Beklagten nicht gegeben“,
liegt ein Verstoß gegen beide Pflichten vor.
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b) Nach den gemäß § 118 Abs. 2
FGO den Senat bindenden Feststellungen des FG hat die Klägerin
die Umsatzsteuer-Jahreserklärung der GmbH für 2002 nicht
bis zum 31.5.2003 (vgl. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO), sondern erst
am 23.3.2005 abgegeben. Zudem hat die Klägerin für die
GmbH die einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung
fällige Umsatzsteuer (vgl. § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) sowie
die festgesetzten Zinsen nicht entrichtet, obwohl die Vollziehung
der - nicht mit einem Rechtsbehelf angefochtenen - Bescheide nicht
gehemmt, insbesondere die Erhebung der Abgabe und der Nebenleistung
nicht aufgehalten war (vgl. § 361 Abs. 1 Satz 1 AO).
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Dass die Klägerin für die GmbH am
24.11.2005 die Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164
Abs. 2 Satz 2 AO beantragte, führt zu keiner anderen
Beurteilung; denn dieser Antrag vermag die bereits erfolgte
Pflichtverletzung, nämlich die
Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2002 verspätet
abgegeben zu haben, nicht entfallen zu lassen. Außerdem
hätte die Klägerin, selbst wenn sie - unzutreffend (vgl.
dazu unter 3.) - angenommen haben sollte, der betreffende Umsatz
sei als innergemeinschaftliche Lieferung steuerbefreit, bei
pflichtgemäßem Verhalten gemäß § 34 Abs.
1 Satz 2 AO gleichwohl dafür sorgen müssen, dass die
festgesetzten Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden
(vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24.4.2014 IV R
25/11, BFHE 245, 499, BStBl II 2014, 819 = SIS 14 20 93, Rz 38).
Denn durch ihren Antrag wurde die Vollziehung des angefochtenen
Verwaltungsakts nicht gehemmt.
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Diese objektive Pflichtwidrigkeit indiziert
den gegenüber der Klägerin zu erhebenden Schuldvorwurf
(vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.11.2008 VII R 19/08, BFHE 223, 303,
BStBl II 2009, 342 = SIS 09 06 84).
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c) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer
haftet, kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden
(§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO). Haften i.S. des § 191 AO
bedeutet Einstehenmüssen für eine fremde Schuld, weshalb
die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners durch Haftungsbescheid
u.a. voraussetzt, dass die Steuerschuld, für die gehaftet
wird, im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides
materiell-rechtlich noch besteht (ständige Rechtsprechung,
vgl. BFH-Urteile vom 12.10.1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II
2000, 486 = SIS 00 02 76; vom 11.7.2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510,
BStBl II 2002, 267 = SIS 01 12 55, jeweils m.w.N.).
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2. Entgegen der Auffassung des FG ist die
Klägerin nicht gehindert, Einwendungen gegen die Steuerschuld
der GmbH geltend zu machen.
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a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen
gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach §
166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu
lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den
Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter,
Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
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b) Die Drittwirkung der Steuerfestsetzung nach
Unanfechtbarkeit (formeller Bestandskraft) gemäß §
166 AO lässt bei einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung den Anspruch des Steuerpflichtigen und seines
Vertreters auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164
Abs. 2 Satz 2 AO unberührt; beide Vorschriften haben einen
voneinander unabhängigen Regelungs- und Anwendungsbereich
(BFH-Beschluss vom 4.6.1996 VII S 9/96, BFH/NV 1996, 915, unter
2.a). Dies hat das FG nicht beachtet.
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aa) Auch wenn eine unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung ergangene (§ 164 AO) Steuerfestsetzung die
Rechtsfolge des § 166 AO auslöst, wenn die Steuer dem
Steuerpflichtigen gegenüber „unanfechtbar“
festgesetzt worden ist - also mit einem förmlichen
Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde,
Revision) nicht (mehr) anfechtbar ist - kann eine solche
Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der
Vorbehalt wirksam ist (§ 164 Abs. 2 Sätze 1 und 2
AO).
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Ein in Haftung genommener Vertreter des
Steuerpflichtigen kann auf eine Aufhebung/Änderung einer
solchen Steuerfestsetzung hinwirken und trotz Unanfechtbarkeit der
(noch wirksamen) Vorbehaltsfestsetzung uneingeschränkt
Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Steuerfestsetzung und
gegen die Höhe der gegen ihn festgesetzten Haftungsschuld
geltend machen (BFH-Beschluss vom 28.3.2001 VII B 213/00, BFH/NV
2001, 1217 = SIS 01 75 01, unter II.2.b und 3.; vgl. auch Buciek in
Beermann/Gosch, AO § 166 Rz 18 f.; Heuermann in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 166 AO Rz 6;
Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 166 Rz 10; Koenig/
Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 166 Rz 9; Frotscher
in Schwarz, AO, § 166 Rz 5; Kruse in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 166 AO Rz 3).
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bb) Aus dem BFH-Urteil vom 24.8.2004 VII R
50/03 (BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127 = SIS 04 41 16) sowie aus
den BFH-Beschlüssen vom 4.2.2003 VI B 70/02 (BFH/NV 2003, 798
= SIS 03 24 43) und vom 25.7.2003 VII B 240/02 (BFH/NV 2003, 1540 =
SIS 03 49 35) ergibt sich nichts anderes.
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In den den Entscheidungen in BFH/NV 2003, 798
= SIS 03 24 43 und in BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127 = SIS 04 41 16 zugrunde liegenden Sachverhalten war die Vertretungsmacht des
Dritten bereits vor Erlass des Steuerbescheides bzw. während
des Laufs der Rechtsbehelfsfrist erloschen, so dass die
Bindungswirkung des § 166 AO erst gar nicht hat eintreten
können; für die Entscheidung in BFH/NV 2003, 1540 = SIS 03 49 35 kam es auf die Frage der materiellen Bestandskraft nicht
an.
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c) Danach ist die Klägerin nicht
gehindert, Einwendungen gegen den Umsatzsteuerbescheid der GmbH
für 2002 geltend zu machen, weil die Klägerin nach den
Feststellungen des FG noch in ihrer Eigenschaft als
Geschäftsführerin der GmbH am 24.11.2005 die
Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2002 gemäß
§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO beantragt hat. Über diesen Antrag
wurde bislang nicht entschieden mit der Folge, dass die
Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist und der Vorbehalt der
Nachprüfung noch besteht (§ 164 Abs. 4 Satz 1, §
169, § 171 Abs. 3 AO).
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3. Das FG hat zutreffend die
streitbefangene(n) Lieferung(en) nicht als steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferung(en) angesehen.
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a) Innergemeinschaftliche Lieferungen sind
gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den nach
§ 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) durch den
Unternehmer nachzuweisenden Voraussetzungen des § 6a UStG
steuerfrei.
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b) Sie liegen im Streitfall jedoch nicht
vor.
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aa) Vorliegend hat die GmbH den Belegnachweis
nicht erbracht. Sie hat über die betreffende Lieferung keine
den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG entsprechende
Rechnung ausgestellt. Die Rechnung enthielt zwar keinen
Steuerausweis, jedoch nach den den Senat bindenden Feststellungen
des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) auch nicht den gemäß
§ 14a Abs. 1 Satz 1 UStG zusätzlich erforderlichen
Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als
innergemeinschaftliche Lieferung. Mit einer Rechnung, die keinen
Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen
Lieferung enthält, kann der Unternehmer den gemäß
§ 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStDV erforderlichen Belegnachweis
für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht führen
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12.5.2011 V R 46/10, BFHE 234, 436,
BStBl II 2011, 957 = SIS 11 28 16, Rz 21; vom 14.11.2012 XI R 8/11,
BFH/NV 2013, 596 = SIS 13 07 48, Rz 44).
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bb) Zwar ist der Unternehmer, der die
Steuerfreiheit nicht belegmäßig nachweisen kann,
grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der
Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV
2013, 596 = SIS 13 07 48, Rz 55). Nach der den Senat bindenden
Würdigung der Gesamtumstände durch das FG (vgl. §
118 Abs. 2 FGO) steht aber nicht objektiv fest, dass die
Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Rechtsfehlerfrei hat
das FG dabei auch auf das sich ändernde Vorbringen der GmbH
sowie deren mittelbare Verbundenheit mit der behaupteten
Empfängerin der Leistung, der C, abgestellt; so ist auf den
Lieferscheinen etwa vermerkt „Lieferung frei
Baustelle“, „Lieferung mittels
Kranwagen“, „frei Baustelle, Abladung durch den
Auftraggeber“, „frei Baustelle
gekippt“ o.ä., während die C unter dem
19.5.2006 bestätigte: „Das Material wurde von uns
nach zu der oben benannten Baustelle befördert.“
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c) Die Lieferung ist schließlich nicht
nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei, da dies voraussetzte,
dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3
UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für
die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach
nachkommt (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596 = SIS 13 07 48, Rz
63); dies ist nach obigen Ausführungen gerade nicht der
Fall.
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4. Jedoch hat das FG nicht beachtet, dass das
FA die Steuer für die betreffende(n) Lieferung(en) nicht
zutreffend berechnet hat.
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a) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1
UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen
(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) nach dem Entgelt bemessen.
Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um
die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer
(§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Das gilt auch, wenn die Beteiligten
rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer
vereinbaren. Der vereinbarte Betrag ist danach in Entgelt und
darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom
20.1.1997 V R 28/95, BFHE 183, 353, BStBl II 1997, 716 = SIS 97 20 74, unter II.2.d).
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b) Danach beträgt die Bemessungsgrundlage
für die betreffende(n) Lieferung(en) nicht
„116“, sondern abzüglich der in diesem
Bruttobetrag enthaltenen Umsatzsteuer von 16 % (vgl. § 12 Abs.
1 UStG i.d.F. vom 21.2.2005, BGBl I 2005, 386) vielmehr
„100“. Die Steuer auf diesen Umsatz reduziert
sich danach von bisher berücksichtigten ... EUR auf ...
EUR.
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c) Da sich mithin die Umsatzsteuer 2002 um ...
EUR mindert, reduziert sich entsprechend die in der Anlage zur
Einspruchsentscheidung vom 27.9.2005 ausgewiesene Zahllast von ...
EUR auf ... EUR. Dieser Betrag ist maßgebend für die
Verzinsung (§ 233a Abs. 3 AO); die Zinsen berechnen sich nach
§ 233a Abs. 2 i.V.m. § 238 AO. Danach mindert sich die
Zinsfestsetzung vom 27.9.2005 von ... EUR auf ... EUR.
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d) Die Haftung umfasst auch die infolge der
Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§
69 Satz 2 AO). Die verwirkten Säumniszuschläge bleiben
von der Änderung der Steuer unberührt (§ 240 Abs. 1
Satz 4 AO).
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5. Schließlich hat das FG die
Betätigung des Entschließungs- und Auswahlermessens
durch das FA zu Recht nicht beanstandet (vgl. § 102 FGO). Im
Übrigen richtet sich die Revision der Klägerin nicht
gegen ihre Haftungsinanspruchnahme dem Grunde nach, sondern nur
gegen ihre Inanspruchnahme wegen Umsatzsteuer 2002 der GmbH sowie
Nebenleistungen hierzu.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.
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Da die Revision der Klägerin Erfolg hat,
kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der
Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach
Verfahrensabschnitten zu entscheiden. Auch eine solche Entscheidung
wahrt den Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung (vgl. dazu
z.B. BFH-Urteil vom 30.4.2014 XI R 24/13, BFHE 245, 66, BStBl II
2014, 1014 = SIS 14 16 43, m.w.N.).
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