Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 30.04.2019 - 12 K 620/15 =
SIS 19 10 80 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten über die
Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war alleiniger Geschäftsführer der A GmbH
(GmbH), und zwar vom Zeitpunkt ihrer Gründung im November 2002
bis zum 23.04.2012. Faktischer Geschäftsführer der GmbH
war allerdings der Sohn des Klägers, B, der formal als
Prokurist der GmbH angestellt war. Dies ist zwischen den
Beteiligten unstreitig.
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Der Kläger war zudem zu 90 % an der
GmbH beteiligt. Die übrigen 10 % der Gesellschaftsanteile
hielt sein Enkelsohn, C. Dieser übernahm zum 23.04.2012 auch
die Geschäftsführung der GmbH.
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Ab dem Jahr 2010 führte die
Steuerfahndung Oldenburg bei der GmbH eine Fahndungsprüfung
durch. Diese kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger und sein
Sohn in der Zeit vom 19.03.2007 bis zum 11.07.2011 Umsatzsteuer,
Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2004
bis 2011 in Höhe von insgesamt … EUR verkürzt
hätten. Dabei habe der Kläger in Kenntnis aller
Umstände zumindest geduldet, dass sein Sohn als faktischer
Geschäftsführer 67 Scheinrechnungen tatsächlich
nicht existierender Firmen und 34 beleglose Buchungen für
angebliche Wareneinkäufe und Fremdleistungen in die
Buchführung der GmbH eingestellt und zur Grundlage der
jeweiligen Jahressteuererklärungen und
Umsatzsteuervoranmeldungen gemacht habe. Tatsächlich
hätten diesen Rechnungen jedoch keine realen Leistungen
zugrunde gelegen. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Fahndungsbericht vom 08.08.2012 Bezug genommen.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) erließ am 30.04.2012 entsprechende
Änderungsbescheide gegenüber der GmbH. Diese wurden von
dem Enkel des Klägers, der inzwischen die
Geschäftsführung der GmbH übernommen hatte, nicht
angefochten und sind damit bestandskräftig geworden. Wegen der
Bescheidlage wird auf die Ausführungen des Finanzgerichts (FG)
in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (dort
auf S. 27 ff.) Bezug genommen.
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Das gegen den Kläger wegen
Steuerhinterziehung eingeleitete Strafverfahren wurde im Jahr 2013
gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von … EUR
gemäß § 153a Abs. 2 der Strafprozessordnung
eingestellt. Der Sohn des Klägers wurde wegen
Steuerhinterziehung und weiterer Delikte rechtskräftig zu
einer Freiheitsstrafe verurteilt. Im Strafverfahren hatte er
eingeräumt, dass es sich bei den von der Steuerfahndung
aufgegriffenen Rechnungen um
„Scheinrechnungen“ gehandelt habe.
Ebenfalls verurteilt wurde der Rechnungsaussteller, der
eingeräumt hatte, auf Veranlassung des Sohnes des Klägers
und nach dessen Vorgaben die Scheinrechnungen ausgestellt zu
haben.
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Über das Vermögen der GmbH wurde
im Jahr 2013 auf Antrag des FA das Insolvenzverfahren eröffnet
(Aktenzeichen 00 IN 00/13 beim Amtsgericht X).
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Mit Bescheid vom 19.03.2014 nahm das FA den
Kläger wegen Steuerschulden der GmbH in Höhe von
insgesamt … EUR für den Zeitraum vom 31.10.2005 bis zum
23.04.2012 gemäß §§ 191, 69, 71 und 370 der
Abgabenordnung (AO) in Haftung. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Haftungsbescheid samt Anlagen Bezug genommen.
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Ebenfalls in Haftung genommen wurden der
Sohn des Klägers als faktischer Geschäftsführer und
der Enkel als Nachfolgegeschäftsführer.
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Gegen den Haftungsbescheid legte der
Kläger Einspruch ein. Das FA reduzierte daraufhin mit
Einspruchsentscheidung vom 30.01.2015 die Haftungssumme nach
Schätzung einer Haftungsquote von 82,39 % auf … EUR und
wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet
zurück. Eigene Angaben zur Ermittlung der Haftungsquote hatte
der Kläger trotz wiederholter Aufforderung durch das FA und
Setzung einer Ausschlussfrist nach § 364b Abs. 1 Nr. 2 AO
nicht gemacht. Gestützt wurde die Haftung nunmehr nur noch auf
§ 69 i.V.m. § 34 AO.
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Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Urteil
ist in EFG 2019, 1257 = SIS 19 10 80 veröffentlicht.
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Dagegen wendet sich der Kläger mit
seiner Revision, mit der er die Haftungsinanspruchnahme sowohl dem
Grunde als auch der Höhe nach angreift. Darüber hinaus
macht er geltend, dass die Verzinsung des Haftungsbetrags mit 0,5 %
pro Monat verfassungswidrig sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Vorentscheidung und den
Haftungsbescheid vom 19.03.2014 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 30.01.2015 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Das FA trägt vor, die Revision sei
größtenteils bereits unzulässig, weil sie von dem
FG auf die Verfassungsmäßigkeit des auf 6 % festgelegten
Zinssatzes beschränkt worden sei. Darüber hinaus sei die
Revision aber auch jedenfalls unbegründet. Zum einen sei die
Inanspruchnahme des Klägers zu Recht erfolgt; zum anderen sei
der in § 238 AO auf 6 % festgelegte Zinssatz für
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO der
Rechtsprechung zufolge für Zeiträume bis Dezember 2015
verfassungsgemäß.
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II. Die Revision ist zulässig. Entgegen
der Auffassung des FA hat das FG die Zulassung der Revision nicht
auf die Haftung für Zinsen beschränkt.
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1. Gegen das Urteil des FG (§ 36 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) steht den Beteiligten
gemäß § 115 Abs. 1 FGO die Revision an den
Bundesfinanzhof (BFH) zu, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat.
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Die Zulassung der Revision durch das FG
eröffnet das Rechtsmittel in vollem Umfang; es gilt der
Grundsatz der Vollrevision (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2005 - V R
42/03, BFHE 211, 537, BStBl II 2006, 44 = SIS 05 49 03, unter
II.1.; Senatsurteil vom 25.05.2004 - VII R 8/03, BFH/NV 2004, 1498
= SIS 04 38 46, unter II.1.; s.a. Gräber/Ratschow,
Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 67).
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Die Zulassung kann aber auf einzelne
tatsächlich und rechtlich selbständige und abtrennbare
Teile des Streitgegenstands beschränkt werden, über die
auch ein Teilurteil oder ein Zwischenurteil ergehen könnte,
wenn also der betreffende Teil einer selbständigen
Rechtsverfolgung zugänglich ist (ständige Rechtsprechung,
vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 115 FGO Rz 30;
Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 70; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 115 FGO Rz 290,
jeweils m.w.N.).
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Wegen des in Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 19
Abs. 4 des Grundgesetzes verankerten Grundsatzes der
Rechtsmittelklarheit muss eine Beschränkung der
Revisionszulassung ausdrücklich und eindeutig ausgesprochen
werden. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich die
Urteilsformel (§ 105 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Eine wirksame
Beschränkung der Revisionszulassung kann sich zwar auch aus
den Entscheidungsgründen (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO)
ergeben, insbesondere aus der Begründung der
Zulassungsentscheidung. Voraussetzung ist in einem solchen Fall
allerdings, dass die Beschränkung dort ausdrücklich und
eindeutig ausgesprochen worden ist. Allein aus dem Umstand, dass in
den Entscheidungsgründen ein bestimmter Zulassungsgrund
genannt wird, ergibt sich eine solche ausdrückliche und
eindeutige Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne
Streitgegenstände in der Regel nicht (Senatsurteil vom
18.07.2000 - VII R 32, 33/99, BFHE 192, 405, BStBl II 2001, 133 =
SIS 01 02 03, unter 2.a, und BFH-Urteil vom 23.01.2019 - XI R
15/16, BFHE 263, 543 = SIS 19 03 97, Rz 23, jeweils m.w.N.; s.a.
Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 74; Seer in
Tipke/Kruse, § 115 FGO Rz 31; Lange in HHSp, § 115 FGO Rz
292).
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2. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen
hat das FG die Revision im Streitfall ohne Beschränkung
zugelassen.
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Die Urteilsformel des angefochtenen Urteils
enthält keine Zulassungsbeschränkung.
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In den Entscheidungsgründen wird zwar zur
Begründung der Revisionszulassung allein auf die Frage nach
der Verfassungsmäßigkeit des in § 238 AO auf 6 %
festgelegten Zinssatzes verwiesen. Eine klare und eindeutige
Beschränkung der Revisionszulassung liegt darin jedoch nicht.
Vielmehr enthalten auch die Entscheidungsgründe noch einmal
den uneingeschränkten Ausspruch: „Die Revision ist
zuzulassen.“
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Darüber hinaus spricht auch die
Rechtsmittelbelehrung für eine unbeschränkte
Revisionszulassung. Denn im Falle einer Beschränkung
hätte das FG den Kläger für die
Streitgegenstände, für die keine Revisionszulassung
erfolgen sollte, über die Zulässigkeit einer
Nichtzulassungsbeschwerde belehren müssen (vgl. BFH-Urteil vom
02.07.1998 - IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28 = SIS 98 21 42, unter 1.). Das hat das FG hier aber nicht getan.
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III. Die Revision ist jedoch unbegründet
und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die
Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1
FGO).
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1. Die Entscheidung ergeht gemäß
§ 126a FGO. Der Senat hält einstimmig die Revision
für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht
für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet
worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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2. Zutreffend hat das FG entschieden, dass der
angefochtene Haftungsbescheid rechtmäßig ist und den
Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1
Satz 1 FGO).
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Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1
Alternative 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer
haftet (Haftungsschuldner), durch Haftungsbescheid in Anspruch
genommen werden. Gemäß § 69 Satz 1 AO, § 34
Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
haftet der Geschäftsführer einer GmbH, soweit deren
Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis infolge
vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm
auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder
erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder
Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden.
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Diese Voraussetzungen sind im Streitfall
erfüllt.
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a) Als Geschäftsführer der GmbH
hatte der Kläger gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO
i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG u.a. die Pflicht, die
Steuererklärungen vollständig, richtig und rechtzeitig
abzugeben (§§ 149, 150 AO, § 31 des
Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 25 Abs. 3 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes, § 14a des Gewerbesteuergesetzes
i.V.m. § 25 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung,
§ 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes) und unzutreffende
Steuererklärungen unverzüglich zu berichtigen (§ 153
AO). Außerdem war er verpflichtet, dafür zu sorgen, dass
die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet
würden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO).
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Nach den insoweit nicht angegriffenen
Feststellungen des FG hat der Kläger diese Pflichten durch
Nichtabgabe der Steuererklärungen zur Körperschaft-,
Gewerbe- und Umsatzsteuer für das Jahr 2009 sowie durch Abgabe
unzutreffender Steuererklärungen zur Körperschaftsteuer
für die Jahre 2003 bis 2008 und 2010 und zur Umsatzsteuer
für die Jahre 2004 bis 2008 und von 2010 bis zum ersten
Quartal 2012 objektiv verletzt. Ferner hat er nicht dafür
gesorgt, dass die fälligen Steueransprüche erfüllt
wurden.
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b) Der Kläger hat auch schuldhaft
gehandelt. Entgegen seiner Auffassung entlastet ihn der Umstand,
dass die Geschäfte der GmbH tatsächlich durch seinen Sohn
geführt worden sind, nicht. Auch das fortgeschrittene Alter
des Klägers und der Einwand, dass er nach seinen
persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht in der
Lage gewesen sei, Geschäftsvorfälle in der Firmen-EDV
nachzuvollziehen, stehen der Annahme einer schuldhaften
Pflichtverletzung nicht entgegen.
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33
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aa) Nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung indiziert die objektive
Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens das Verschulden i.S. von §
69 Satz 1 AO (BFH-Urteile vom 27.09.2017 - XI R 9/16, BFHE 259,
221, BStBl II 2018, 515 = SIS 17 20 61, Rz 24, und vom 22.04.2015 -
XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755 = SIS 15 13 69, Rz
20; s. allgemein auch Senatsurteile vom 14.12.2021 - VII R 14/19,
BFH/NV 2022, 401 = SIS 22 04 28, Rz 17; vom 17.09.2019 - VII R
5/18, BFHE 266, 104, BFH/NV 2020, 287 = SIS 19 19 25, Rz 14, und
vom 16.05.2017 - VII R 25/16, BFHE 257, 515, BStBl II 2017, 934 =
SIS 17 12 73, Rz 7; BFH-Beschluss vom 18.09.2018 - XI R 54/17,
BFH/NV 2019, 100 = SIS 18 19 28, Rz 31, jeweils m.w.N.).
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34
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(1) Der erkennende Senat hat zwar entschieden,
dass der Geschäftsführer einer GmbH nicht verpflichtet
ist, die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH selbst zu erledigen.
Er ist vielmehr grundsätzlich befugt, die Erledigung anderen
Personen zu übertragen. Der Geschäftsführer darf
aber nur innerhalb gewisser Grenzen der Redlichkeit seiner
Hilfspersonen Vertrauen schenken, wenn er sich nicht dem Vorwurf
einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aussetzen will. Er
ist daher verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die
Erledigung der ihm als Vertreter des Steuerpflichtigen auferlegten
steuerlichen Pflichten überträgt, sorgfältig
auszuwählen und laufend zu überwachen. Er muss sich
insbesondere ständig so eingehend über den
Geschäftsgang unterrichten, dass er unter normalen
Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der
Geschäfte rechnen kann bzw. dass ihm ein Fehlverhalten des
beauftragten Dritten rechtzeitig erkennbar wird. Mangelhaftes
Überwachen der zur Pflichterfüllung herangezogenen
Personen hat der erkennende Senat regelmäßig als grob
fahrlässige Pflichtverletzung
(„Überwachungsverschulden“)
eingestuft, wenn er auch betont hat, dass die Entscheidung, welche
Überwachungsmaßnahmen von einem
Geschäftsführer zu treffen sind, wenn er die Erledigung
der steuerlichen Angelegenheiten auf andere überträgt,
weitgehend von den Umständen des Einzelfalls abhängt. An
die Überwachungsmaßnahmen eines
Geschäftsführers müssen dabei umso
größere Anforderungen gestellt werden, je weniger dieser
sich ein auf Tatsachen gegründetes Urteil darüber bilden
konnte, ob die für die Erledigung der steuerlichen
Angelegenheiten der Gesellschaft hinzugezogenen Personen die
notwendige Gewähr der zuverlässigen Erledigung der
steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft bieten (s.
ausführlich Senatsbeschluss vom 05.03.1998 - VII B 36/97,
BFH/NV 1998, 1325 = SIS 98 16 80, unter II.1., m.w.N.; ebenso
BFH-Beschluss in BFH/NV 2019, 100 = SIS 18 19 28, Rz 33;
Senatsbeschluss vom 20.02.2001 - VII B 111/00, BFH/NV 2001, 1097 =
SIS 01 72 01, unter II., und Senatsurteil vom 30.08.1994 - VII R
101/92, BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278 = SIS 95 03 75, unter 3.;
vgl. auch Jatzke in Gosch, AO § 69 Rz 31 f.; Loose in
Tipke/Kruse, § 69 AO Rz 31; Boeker in HHSp, § 69 AO Rz
42; Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl., § 69 Rz 122, jeweils
m.w.N.).
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(2) Auf das eigene Unvermögen, den
Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen, kann sich
dabei niemand berufen. Wer den Anforderungen an einen
gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann,
muss von der Übernahme des Geschäftsführeramtes
absehen bzw. dieses Amt niederlegen. Wer hingegen die Stellung
eines Geschäftsführers nominell und formell
übernimmt, haftet, sofern ihm auch der Vorwurf
persönlichen Verschuldens mindestens vom Grade grober
Fahrlässigkeit gemacht werden kann, nach § 69 AO
grundsätzlich auch dann, wenn er nicht befähigt oder aus
irgendwelchen Gründen nicht in der Lage ist, seinen
Überwachungsaufgaben nachzukommen (s. wiederum Senatsbeschluss
in BFH/NV 1998, 1325 = SIS 98 16 80, unter II.1., m.w.N.; vgl. auch
BFH-Beschluss in BFH/NV 2019, 100 = SIS 18 19 28, Rz 34;
Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - VII B 266/08, BFH/NV 2009, 1589 =
SIS 09 29 16, unter 2.a; Klein/Rüsken, a.a.O., § 69 Rz
150).
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So hat der erkennende Senat beispielsweise
entschieden, dass sich der Geschäftsführer einer GmbH
nicht damit entschuldigen kann, dass in Wirklichkeit der Ehepartner
die Geschäftsführertätigkeit wahrgenommen habe (vgl.
Senatsurteil vom 07.05.1985 - VII R 111/78, BFH/NV 1987, 210;
ebenso Senatsbeschluss vom 07.05.1985 - VII B 108/82, BFH/NV 1987,
389). Dasselbe gilt für den Einwand, dass es sich bei dem
nominell bestellten Geschäftsführer bzw. der nominell
bestellten Geschäftsführerin lediglich um einen
„Strohmann“ bzw. eine
„Strohfrau“ gehandelt habe und
die Geschäfte tatsächlich von einer anderen Person
geführt worden seien (vgl. Senatsurteil vom 11.03.2004 - VII R
52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579 = SIS 04 18 37, unter
II.1.b; Senatsbeschlüsse vom 08.03.2006 - VII B 233/05, BFH/NV
2006, 1252 = SIS 06 25 58, unter II.1., und vom 13.02.1996 - VII B
245/95, BFH/NV 1996, 657 = SIS 96 13 48, unter 1.b).
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37
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(3) Dabei ist die Feststellung der
Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit Aufgabe des FG als
Tatsacheninstanz und mit der Revision nur bedingt angreifbar. Der
BFH als Revisionsinstanz kann die Entscheidung des FG nur daraufhin
überprüfen, ob das FG den Rechtsbegriff des Vorsatzes
oder der groben Fahrlässigkeit verkannt oder für die
Beurteilung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat
(vgl. Senatsurteil vom 23.09.2008 - VII R 27/07, BFHE 222, 228,
BStBl II 2009, 129 = SIS 08 44 58, unter II.2.; Senatsbeschluss vom
18.01.2008 - VII B 63/07, BFH/NV 2008, 754 = SIS 08 17 27, unter
II., m.w.N.; s.a. Boeker in HHSp, § 69 AO Rz 43).
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38
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bb) Ausgehend von diesen
Rechtsgrundsätzen hat das FG in der angefochtenen
Vorentscheidung weder den Rechtsbegriff der groben
Fahrlässigkeit verkannt noch Umstände außer Acht
gelassen, die für die Beurteilung des vorliegenden Streitfalls
wesentlich wären.
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39
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Zutreffend ist das FG zunächst davon
ausgegangen, dass die Nichtabgabe von Steuererklärungen und
die Abgabe unzutreffender Steuererklärungen für die GmbH
in Bezug auf die hier maßgeblichen Jahre ein grob
pflichtwidriges - d.h. ein i.S. von § 69 Satz 1 AO zumindest
grob fahrlässiges - Verhalten des Klägers indizieren.
Einer besonderen Begründung dieser Annahme bedurfte es
entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Weiterer
Ausführungen zu der in der Revisionsbegründung
aufgeworfenen Frage, aus welchen Gründen das Verhalten des
Klägers danach als grob fahrlässig zu bewerten sei, waren
damit entbehrlich.
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40
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Es wäre vielmehr Aufgabe des Klägers
gewesen, die durch die festgestellte objektive Pflichtverletzung
indizierte Annahme eines grob fahrlässigen Verschuldens zu
entkräften. Dies ist dem Kläger nicht gelungen. Zwischen
den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass der Kläger die
faktische Geschäftsführung durch seinen Sohn geduldet und
ihm, wie es auch in der Revisionsbegründung heißt, das
„Tagesgeschäft“
überantwortet hat. Das FG hat hierzu festgestellt, dass sich
der Kläger um die Geschäftsführung der GmbH
tatsächlich nicht gekümmert hat und dass er insbesondere
auch keine geeigneten Aufsichtsmaßnahmen ergriffen hat, mit
denen er hätte sicherstellen können, dass die
steuerlichen Pflichten der GmbH ordnungsgemäß und
rechtzeitig erfüllt worden wären.
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41
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Der Einwand des Klägers, auch ein
sorgfältig handelnder Geschäftsführer hätte
nicht erkennen können, dass Scheinrechnungen und beleglose
Buchungen in die Buchführung eingestellt worden seien, denn
den Rechnungen sei ohne zusätzliche Ermittlungen und ohne
Kenntnis der Hintergründe nicht anzusehen gewesen, dass sie
von nicht existenten Firmen stammten, verkennt, dass der dem
Kläger anzulastende Vorwurf gerade darin besteht, dass er sich
auf diese Konstruktion einer faktischen Geschäftsführung
durch seinen Sohn eingelassen hat und dass er seinen Sohn ohne
zusätzliche Ermittlungen und ohne Kenntnis der
Hintergründe der von diesem abgeschlossenen Geschäfte hat
gewähren lassen. Ungeachtet dessen hat das FG festgestellt,
dass der Kläger durch einen Blick in die Buchführung
durchaus hätte erkennen können, dass 34 beleglose
Buchungen getätigt worden waren.
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42
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Soweit der Kläger meint, er wäre
aufgrund seiner persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten
und insbesondere wegen seines fortgeschrittenen Alters gar nicht in
der Lage gewesen, „Geschäftsvorfälle in der
Firmen-EDV nachzuvollziehen“, kann er sich
damit ebenfalls nicht entschuldigen. Sollte dies zutreffen, so
hätte er die Geschäftsführung der GmbH gar nicht
erst übernehmen bzw. die faktische Geschäftsführung
durch seinen Sohn nicht dulden dürfen.
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43
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c) Der Haftungsschaden in Höhe von
insgesamt … EUR ist durch die dargestellte Pflichtverletzung
kausal verursacht. Hätte der Kläger fristgemäß
die zutreffenden Steuererklärungen eingereicht, hätte das
FA die Steuern rechtzeitig festgesetzt. Die Einwände des
Klägers in Bezug auf die der Haftung zugrunde liegenden
Steuerschulden der GmbH sind unbegründet.
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44
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aa) Soweit der Kläger in diesem
Zusammenhang die Frage aufwirft, warum bei der Schätzung der
Steuern für die Jahre 2008 und 2009 keine Betriebsausgaben
berücksichtigt worden seien, und insoweit rügt, dass das
FG dem von ihm dazu angebotenen Beweisantritt durch Vernehmung
seines Enkels als Zeugen nicht nachgegangen sei, greift diese
Rüge nicht durch; denn der Kläger hat sein Rügerecht
verloren.
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In der Sache rügt der Kläger eine
mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) durch
das FG infolge einer unterlassenen Beweiserhebung (§ 81 Abs. 1
FGO). Allerdings ist der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende
Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift, auf deren
Einhaltung ein Beteiligter - ausdrücklich oder durch
Unterlassen einer Rüge - verzichten kann (§ 155 FGO
i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung - ZPO - ). Das
Unterlassen der rechtzeitigen Rüge hat den endgültigen
Rügeverlust zur Folge. Etwas anderes kann bei einem fachkundig
vertretenen Verfahrensbeteiligten nur dann gelten, wenn er aufgrund
des Verhaltens des FG die Rüge für entbehrlich halten
durfte (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom
19.03.2019 - VII R 27/17, BFHE 263, 483, BStBl II 2020, 31 = SIS 19 06 43, Rz 41; BFH-Urteil vom 16.01.2018 - VI R 2/16, BFH/NV 2018,
712 = SIS 18 06 87; BFH-Beschluss vom 27.11.2017 - IX B 144/16,
BFH/NV 2018, 218 = SIS 17 22 76; s.a. Thürmer in HHSp, §
76 FGO Rz 209, m.w.N.; Gräber/Herbert, a.a.O., § 76 Rz
37, jeweils m.w.N.).
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46
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Im vorliegenden Streitfall hat der Kläger
zwar mit Schriftsatz vom 11.03.2019 einen entsprechenden
Beweisantrag gestellt. Ob dieser Antrag hinreichend substantiiert
gewesen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn
jedenfalls hat der Kläger den Umstand, dass das FG seinen
Enkel nicht als Zeugen geladen und vernommen hat, nicht gerügt
und sein Rügerecht dementsprechend verloren. Für den
Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2019
- ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 160 der FG-Akte) -
anwaltlich vertreten war, war bereits aufgrund der Ladung
erkennbar, dass das FG nicht vorhatte, den Enkel als Zeugen zu
vernehmen. Der Enkel ist auch nicht von sich aus zur
mündlichen Verhandlung erschienen. Gleichwohl haben der
Kläger und sein Prozessbevollmächtigter zur Sache
verhandelt. Sie haben dabei - wiederum ausweislich des
Sitzungsprotokolls (Bl. 160 der FG-Akte) - weder die unterlassene
Zeugenladung und -vernehmung gerügt noch den
diesbezüglichen Beweisantrag wiederholt.
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bb) Zutreffend hat das FG auch entschieden,
dass die Haftungsquote in Höhe von 82,39 % nicht zu
beanstanden ist. Die Ermittlung dieser Quote hat das FA in der
Einspruchsentscheidung (einschließlich der Anlagen)
nachvollziehbar berechnet und geschätzt. Der Kläger ist
dem nicht substantiiert entgegengetreten.
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Eine Schätzung war im Streitfall
zulässig, weil die Unaufklärbarkeit der für die
Ermittlung der Haftungsquote maßgeblichen
Geschäftsvorfälle im Verantwortungsbereich der von ihm
vertretenen GmbH lag (vgl. Senatsbeschluss vom 27.12.2005 - VII B
268/04, BFH/NV 2006, 708 = SIS 06 14 89, Rz 11). Die Einwände
des Klägers, er hätte sich zu den Feststellungen des FA
nicht äußern können, weil ihm die dazu
erforderlichen Firmenunterlagen und Steuerbescheide nicht
vorgelegen hätten, sind für den erkennenden Senat nicht
nachvollziehbar. Dass der Kläger tatsächlich trotz der
familiären Verbundenheit mit dem nominellen (Enkel) und
faktischen (Sohn) Geschäftsführer der GmbH über
einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg keinen Zugriff auf diese
Dokumente gehabt haben soll, erscheint schon nicht glaubhaft. Zudem
hat der Kläger den Feststellungen des FG zufolge selbst
eingestanden, dass er über seinen Sohn oder seinen Enkel
tatsächlich „Erkenntnisse über die
Vermögenslage der GmbH in Erfahrung“
hätte bringen können (s. S. 26 des FG-Urteils). Diese
Feststellung, die der Kläger nicht mit Verfahrensrügen
angegriffen hat, bindet den erkennenden Senat (§ 118 Abs. 2
FGO).
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cc) Zutreffend hat das FG des Weiteren
angenommen, dass ein Haftungsschaden auch in Höhe der bis zum
04.06.2012 angefallenen Zinsen eingetreten ist. Die in § 238
AO festgelegte Höhe der Zinsen ist für die bis in das
Jahr 2013 fallenden Zinszeiträume verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
08.07.2021 - 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BVerfGE 158, 282 = SIS 21 14 23, Rz 101, 140, 147 ff. und 221 ff.).
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d) Die Haftungsschuld ist auch nicht
festsetzungsverjährt.
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aa) Das FA hat im Anschluss an den
Erörterungstermin vom 18.12.2018 mit Schriftsatz vom
25.01.2019 die Bescheidlage ausführlich dargelegt (Bl. 132 ff.
der FG-Akte); es hat dabei insbesondere auch die Daten der jeweils
maßgeblichen Bescheide und die Höhe der jeweiligen
Festsetzungen aufgeführt. Hieran hat das FG mit seinen
Ausführungen (auf S. 27 ff. des FG-Urteils) angeknüpft.
Der erkennende Senat nimmt darauf Bezug.
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Was der Kläger mit dem Einwand meint, die
Änderungsbescheide vom 30.04.2012 hätten „mit
Blick auf die Regelungen über die Festsetzungsfrist (§
169 AO) nur unter der Prämisse
ergehen“ können, „dass die
vorangegangenen Festsetzungen auf einer Steuerhinterziehung
beruhen“, kann der erkennende Senat nicht
nachvollziehen. Die Ausführungen des FG zur
Festsetzungsverjährung stützen sich auf § 191 Abs. 3
Satz 4 Halbsatz 2 i.V.m. § 171 Abs. 10 AO, konkret auf die
dort geregelte zweijährige Ablaufhemmung. Diese gilt
unabhängig davon, ob Steuern hinterzogen worden sind oder
nicht. Dass oder in welcher Weise der Kläger aufgrund der
Ermessensentscheidung des FA „mittelbar von den
Rechtsfolgen einer Steuerhinterziehung
getroffen“ worden wäre, ist nicht
ersichtlich.
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bb) Soweit der Kläger nunmehr rügt,
ihm lägen die Steuerbescheide, die durch die
Änderungsbescheide vom 30.04.2012 ersetzt worden seien,
„derzeit nicht vor“, kann er
damit im vorliegenden Revisionsverfahren nicht mehr gehört
werden.
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54
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Der Kläger hat durch seinen
Bevollmächtigten zu dem Schriftsatz des FA vom 25.01.2019 mit
Schriftsatz vom 11.03.2019 Stellung genommen (Bl. 140 ff. der
FG-Akte). In diesem Schriftsatz hat er sich auch (kurz) noch einmal
mit der Frage der Haftungsverjährung auseinandergesetzt (S. 7
des Schriftsatzes vom 11.03.2019, unter 3.). Er hat sich dabei
ausdrücklich auf die vom FA aufgeführten Bescheide
bezogen (S. 7 des Schriftsatzes vom 11.03.2019, letzter Absatz) und
hiergegen - wie auch bereits in der Klageschrift vom 16.04.2015
(Bl. 37 ff. der FG-Akte, dort auf S. 15, unter 4.) -
ausschließlich rechtliche Einwendungen vorgebracht. Die
Existenz der betreffenden Bescheide und die diesbezüglichen
Angaben des FA zum jeweiligen Datum und zur Höhe der
angegebenen Festsetzungen hat er zu keinem Zeitpunkt in Frage
gestellt. Er hat weder vorgetragen, dass ihm diese Bescheide nicht
vorlägen, noch hat er Akteneinsicht beantragt oder um
Übersendung von Kopien gebeten.
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Das gilt gleichermaßen für die
mündliche Verhandlung vom 30.04.2019, zu der der Kläger
in Begleitung seines Bevollmächtigten erschienen ist. Es
wurden ausweislich des Protokolls (Bl. 160 ff. der FG-Akte) auch
keine Rügen in dieser Hinsicht erhoben. Es wurde also
insbesondere auch nicht gerügt, dass das FG den Sachverhalt
hinsichtlich der Steuerbescheide, die der Haftung zugrunde liegen,
nicht hinreichend aufgeklärt hätte oder dass der
Kläger sich hierzu nicht hätte äußern
können. Auch insoweit hat der Kläger daher sein
Rügerecht verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO, s.
oben, unter III.2.c aa).
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e) Die Inanspruchnahme des Klägers als
Haftungsschuldner ist schließlich auch ermessensgerecht.
Zutreffend verweist das FG darauf, dass neben dem Kläger auch
dessen Sohn als faktischer Geschäftsführer in Anspruch
genommen worden ist.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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