Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 16.02.2022 - 2 K 588/19 =
SIS 22 19 23 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 16.02.2022 - 2 K 588/19
aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein
Versicherungsunternehmen, unterhielt in den Jahren 2010 bis 2012
Vertragsbeziehungen zu drei anderen Versicherungsunternehmen (A, B
und C). Diese hatten mit ihren Versicherungsnehmern
„Kautionsversicherungsverträge“
abgeschlossen. Versicherungsnehmer des A waren gemäß
§ 651k (später § 651r) des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) absicherungspflichtige Pauschalreiseanbieter. Die
Klägerin beteiligte sich an den sich hieraus ergebenden
Risiken in einem Umfang von 30 %. B hatte eine Bürgschaft
zugunsten von Mitarbeitern seines Versicherungsnehmers für die
Absicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitvereinbarungen
übernommen, die diesen Mitarbeitern gegen den
Versicherungsnehmer zustanden. Die Klägerin beteiligte sich an
der Bürgschaft in der Weise, dass sie im Fall der Insolvenz
des Versicherungsnehmers 40 % des Schadens tragen sollte. Auch C
hatte mit einem Reiseveranstalter als Versicherungsnehmer eine
Reiseinsolvenzversicherung abgeschlossen. Die Klägerin
verpflichtete sich gegenüber C, die sich daraus ergebenden
Schäden zu circa 7,5 % zu tragen.
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Darüber hinaus unterhielt die
Klägerin Vertragsbeziehungen mit drei Kreditinstituten. Diese
stellten ihren Kunden Avalkredite zur Verfügung. In Bezug auf
diese Avalkreditverhältnisse übernahm die Klägerin
eine anteilige Haftung.
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Die Klägerin nahm an, dass die
Zahlungen, die sie von den anderen Versicherungsunternehmen und den
Kreditinstituten vereinnahmte, nicht der Versicherungsteuer
unterlagen.
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Der Beklagte, Revisionsbeklagte und
Revisionskläger (Bundeszentralamt für Steuern - BZSt - )
ging demgegenüber aufgrund einer Außenprüfung davon
aus, dass eine Versicherungsteuerpflicht bestehe und sah die von
der Klägerin vereinnahmten Zahlungen als Versicherungsentgelt
an. Das BZSt erließ am 23.01.2019 einen entsprechend
geänderten Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2012.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Zustimmung des BZSt
Sprungklage zum Finanzgericht (FG).
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Das FG gab der aufgrund einer
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als zulässig angesehenen
Klage teilweise statt. Es bejahte die Versicherungsteuerpflicht.
Mit allen Vertragspartnern sei jeweils ein Versicherungsvertrag
zustande gekommen, da die Klägerin keine unmittelbaren
Vertragsbeziehungen zu den Kunden ihrer Vertragspartner eingegangen
sei. Bei den Verträgen zwischen den Kunden und den anderen
Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten habe es sich nicht um
Versicherungsverträge im Sinne des § 1 Abs. 1 des
Versicherungsteuergesetzes (VersStG) gehandelt, weil sie unter
§ 2 Abs. 2 VersStG fielen, so dass mangels steuerbarer
Erstversicherung die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 VersStG
nicht erfüllt seien. Die Klage hatte jedoch Erfolg, soweit sie
die Höhe der festgesetzten Versicherungsteuer betraf. Insoweit
vertrat das FG die Ansicht, dass die Versicherungsteuer den
vereinnahmten Versicherungsentgelten nicht hinzugerechnet werden
dürfe, sondern aus den vereinnahmten Versicherungsentgelten
mit dem Faktor 19/119 herauszurechnen sei.
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Hiergegen wenden sich die Klägerin und
das BZSt mit ihren Revisionen.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin, dass die Verträge nicht
versicherungsteuerpflichtig gewesen seien. Es handele sich in allen
Fällen um Mitversicherungen. Bei einer Mitversicherung an
einer Kautionsversicherung, der sogenannten
„Kautionsmitversicherung“, handele es
sich um eine Erstversicherung, welche nicht steuerbar nach § 2
Abs. 2 VersStG sei. Dies gelte auch für stille
Mitversicherungen, denn entscheidend sei, dass auch der stille
Mitversicherer dasselbe Risiko trage wie der führende
Mitversicherer. Der Mitversicherer gehe eine anteilige eigene
primäre und unmittelbare Verpflichtung gegenüber dem
Versicherungsnehmer des Vertragspartners ein. Es handele sich
hierbei um einen Schuldbeitritt. Entscheidend sei, welches Risiko
übernommen werde. Der stille Mitversicherer übernehme
anteilig das Risiko eines Versicherungsnehmers, die
Leistungsfähigkeit des führenden Versicherers im Sinne
der Bonität und Risikotragfähigkeit sei für ihn ohne
Relevanz. Nur dieser Betrachtung entspreche die vorgenommene
Bilanzierung. Folge man dieser Auffassung nicht und gehe wie der
Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24.04.2013 - XI R 7/11
(BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648 = SIS 13 17 72) von einer
Rückversicherung aus, seien die hier streitigen Verträge
jedenfalls gemäß § 4 Nr. 1 VersStG steuerbefreit.
Denn für diese Steuerbefreiung sei die Steuerbarkeit einer
Erstversicherung nicht erforderlich. Auch Kautionsversicherungen
seien grundsätzlich steuerbar, sie würden nur im Wege
einer Fiktion versicherungsteuerrechtlich ausdrücklich aus dem
Anwendungsbereich ausgenommen. Durch § 2 Abs. 2 VersStG habe
sichergestellt werden sollen, dass weder das Avalgeschäft der
Banken noch die Kautionsversicherung der Versicherungsunternehmen
der Versicherungsteuer unterliegen. Eine andere Auslegung
hätte zur Folge, dass - obwohl Kautionserstversicherungen
gemäß § 2 Abs. 2 VersStG nicht der
Versicherungsteuer unterliegen und Rückversicherungen
gemäß § 4 Nr. 1 VersStG steuerbefreit seien -
ausgerechnet die Kombination aus beiden, die
Kautionsrückversicherung, der Versicherungsteuer unterliege.
Dies könne der Gesetzgeber nicht beabsichtigt haben.
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Das BZSt wendet sich mit seiner Revision
gegen die Höhe der festgesetzten Versicherungsteuer. Es habe
sich bei den streitigen Beträgen um Nettobeträge
gehandelt. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Wortlaut des
§ 1 Abs. 1 VersStG. Die Versicherungsteuer sei nicht Teil des
Entgelts, was bereits im BFH-Urteil vom 18.11.2021 - V R 24/20
(BFH/NV 2022, 624 = SIS 22 05 82) klargestellt worden sei.
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Beide Beteiligten wenden sich zudem jeweils
gegen die Revision des anderen Beteiligten.
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Die Klägerin beantragt,
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das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als die
Klage abgewiesen wurde, und den Versicherungsteuerbescheid vom
23.01.2019 für den Monat Dezember 2012 dahingehend zu
ändern, dass die Versicherungsteuer auf … EUR
festgesetzt wird, und die Revision des BZSt
zurückzuweisen.
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Das BZSt beantragt,
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das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als der
Klage stattgegeben wurde, die Klage insgesamt abzuweisen und die
Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Revision des BZSt ist
hingegen begründet und führt zur Aufhebung des Urteils,
soweit das FG der Klage stattgegeben hat; die Klage ist insgesamt
abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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1. Das FG hat die Zahlungen an die
Klägerin zu Recht als nach § 1 Abs. 1 VersStG steuerbar
angesehen. Das hierfür erforderliche
Versicherungsverhältnis liegt vor, da die Fiktion des § 2
Abs. 2 VersStG nicht eingreift. Die Vorschrift setzt die
Verpflichtung voraus, Dritten gegenüber für den
Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu
leisten. Erforderlich ist die Eingehung einer Verpflichtung
gegenüber dem Dritten.
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a) Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG
unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines
Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf
sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
Wesentliches Merkmal für ein
„Versicherungsverhältnis“ im Sinne
des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom
Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses (BFH-Urteile
vom 16.12.2009 - II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097 =
SIS 10 04 99; vom 19.06.2013 - II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II
2013, 1060 = SIS 13 21 69, Rz 12).
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Ein Vertrag, durch den der Versicherer sich
verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder
sonstige Sicherheit zu leisten, gilt nach § 2 Abs. 2 VersStG
nicht als Versicherungsvertrag. Die gesetzliche Fiktion des §
2 Abs. 2 VersStG bewirkt, dass kein Versicherungsvertrag und damit
auch kein steuerbares Versicherungsverhältnis im Sinne des
§ 1 Abs. 1 VersStG vorliegt (BFH-Urteil vom 19.06.2013 - II R
26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060 = SIS 13 21 69, Rz
21).
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b) Vorliegend hat die Klägerin aufgrund
der von ihr mit den anderen Versicherungsunternehmen und mit den
Kreditinstituten abgeschlossenen Verträgen aufgrund einer
entgeltlichen Wagnisübernahme Versicherungsverhältnisse
begründet, wie das FG zutreffend entschieden hat und was im
Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten auch nicht streitig
ist. Zudem hat das FG entgegen der Revision der Klägerin die
Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 VersStG zutreffend
verneint.
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aa) Ein Vertrag, durch den der Versicherer
sich im Sinne von § 2 Abs. 2 VersStG verpflichtet, für
den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu
leisten, setzt die Verpflichtung des Versicherers voraus, Dritten
gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft
oder sonstige Sicherheit zu leisten (BFH-Urteil vom 20.04.1977 - II
R 36/76, BFHE 122, 352, BStBl II 1977, 688 = SIS 77 03 84, unter
4.). Die Vorschrift erfasst damit die Verpflichtung zum Abschluss
eines Vertragsverhältnisses mit einem Dritten (Gläubiger
des Versicherungsnehmers), nicht aber die davon zu trennende
Verpflichtung zur Erstattung eines bei einem Erstversicherer
entstehenden Ausfalls (BFH-Urteil vom 11.05.1967 - V 5/64, BFHE 89,
198, BStBl III 1967, 643 = SIS 67 04 02, unter 1.). Dementsprechend
liegt eine Kautionsversicherung, auf die § 2 Abs. 2 VersStG
anzuwenden ist, nur vor, wenn neben dem
Kautionsversicherungsvertrag zwischen Versicherer (Bürgen) und
Versicherungsnehmer (Schuldner) ein Bürgschaftsvertrag
zwischen dem Kautionsversicherer und dem Gläubiger
abgeschlossen wird und der Kautionsversicherer bei seiner
Inanspruchnahme beim Schuldner (Versicherungsnehmer) Regress nehmen
kann (BFH-Urteil vom 09.12.1969 - II 103/63, BFHE 99, 60, unter
2.). Nicht anzuwenden ist § 2 Abs. 2 VersStG auf eine
Kautionsrückversicherung, bei der sich ein
Rückversicherer nicht gegenüber den Versicherungsnehmern
des Erstversicherers zur Leistung von Bürgschaften, sondern
sich gegenüber dem Erstversicherer zur Übernahme von
Vermögensschäden verpflichtet, die diesem aus den von ihm
mit den Versicherungsnehmern abgeschlossenen Kautionsversicherungen
entstehen (BFH-Urteil vom 19.06.2013 - II R 26/11, BFHE 241, 431,
BStBl II 2013, 1060 = SIS 13 21 69, Rz 24).
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bb) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass sich die Klägerin nicht verpflichtet hat, Dritten gegenüber für
den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu
leisten, so dass § 2 Abs. 2 VersStG auf die
streitgegenständlichen Verträge keine Anwendung
findet.
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(1) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
gehört die Auslegung von Verträgen zum Bereich der
tatsächlichen Feststellungen und bindet das Revisionsgericht
gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den
Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht
gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, das
heißt jedenfalls möglich ist. Das Revisionsgericht
prüft, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die
Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat; ferner
prüft das Revisionsgericht, ob die Vorinstanz die für die
Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und
rechtlich zutreffend gewürdigt hat. Dagegen ist die rechtliche
Einordnung des (nach Maßgabe des FG) von den Vertragspartnern
Gewollten am Maßstab der jeweils einschlägigen Normen
für das Revisionsgericht nicht nach § 118 Abs. 2 FGO
bindend, sondern in vollem Umfang nachprüfbare Rechtsanwendung
(so z.B. BFH-Urteil vom 10.08.2016 - XI R 41/14, BFHE 255, 300,
BStBl II 2017, 590 = SIS 16 25 42, Rz 38).
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(2) Vorliegend hat das FG ohne Rechtsfehler -
und damit in nach § 118 Abs. 2 FGO bindender Weise - die hier
maßgeblichen sechs Verträge dahingehend gewürdigt,
dass sich die Klägerin nur gegenüber ihren
Vertragspartnern - den Versicherungsunternehmen und
Kreditinstituten - verpflichtet hatte, die für ihre
Versicherungsnehmer - zu denen auch die Kunden der Kreditinstitute
zählten - eingegangenen Risiken anteilig oder in einem Fall
vollständig zu übernehmen, ohne dabei aber gegenüber
den Versicherungsnehmern die Stellung einer Sicherungsgeberin zu
übernehmen, wie sie die Vertragspartner der Klägerin
innehatten. Gläubiger der Versicherungsnehmer konnten nach der
Würdigung des FG aus den Kautionsversicherungen allein die
Vertragspartner der Klägerin, nicht aber die Klägerin
selbst in Anspruch nehmen. Zudem hat das FG zutreffend entschieden,
dass die von der Klägerin und ihren Vertragspartnern gewollte
stille Mitversicherung nicht geeignet war, eine Verpflichtung im
Verhältnis zu deren Kunden zu begründen (FG-Urteil S.
40). Damit hat das FG seiner Würdigung die nach der
BFH-Rechtsprechung maßgeblichen Umstände (s. oben II.1.b
aa) zugrunde gelegt. Bestätigt wird dies dadurch, dass die
Klägerin auch keine Regressansprüche gegen die Kunden
ihrer Vertragspartner erlangen konnte.
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(3) Die Einwendungen der Klägerin
hiergegen greifen nicht durch. Die von der Klägerin
angestellte Risikobetrachtung, nach der es für die Anwendung
von § 2 Abs. 2 VersStG ausreichen soll, dass sie Risiken der
Kunden ihrer Vertragspartner und damit Risiken der
Versicherungsnehmer - nicht aber die des jeweils führenden
Mitversicherers - übernommen habe, genügt nicht dem sich
aus dieser Vorschrift ergebenden Erfordernis, sich durch Vertrag zu
verpflichten, Dritten gegenüber für den
Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu
leisten (s. oben II.1.b aa). Dritter in diesem Sinne ist der
Gläubiger des Versicherungsnehmers und damit bei der
Insolvenzabsicherung des Reiseveranstalters der Reisende oder im
Fall der Sicherung von Altersteilzeitguthaben der Mitarbeiter. Die
Leistung einer sonstigen Sicherheit muss im Wesentlichen wie bei
der Bürgschaft erfolgen und setzt daher die Eingehung einer Verpflichtung
gegenüber dem Dritten voraus. Dem genügt eine
„stille“ Risikoübernahme, die nicht
darauf angelegt ist, dem Dritten die
„Risikoübernahme“ in Bezug auf
seine Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer zumindest
offenzulegen, nicht. Im Hinblick hierauf kommt es auf das von der
Klägerin als unzutreffend erachtete BFH-Urteil vom 24.04.2013
- XI R 7/11 (BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648 = SIS 13 17 72, Rz
25) und die weiteren Ausführungen zu den einzelnen
Verträgen und der sich aus diesen ihrer Ansicht nach
ergebenden „Beteiligung“ an den
Kautionsversicherungsverträgen, die ihre Vertragspartner
abgeschlossen hatten, nicht an.
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2. Ebenfalls zutreffend hat das FG eine
Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 1 VersStG abgelehnt.
Denn die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine
Kautionsrückversicherung ist nicht nach dieser Vorschrift von
der Versicherungsteuer befreit, wenn durch die Versicherung die
Gefahr aus einem Vertrag übernommen wird, der nach § 2
Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsvertrag gilt.
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a) Nach § 4 Nr. 1 VersStG ist die Zahlung
des Versicherungsentgelts für eine Rückversicherung, bei
der sich ein Versicherer (Erstversicherer) für die
gegenüber dem Versicherungsnehmer übernommene Gefahr und
die daraus resultierende Zahlungsverpflichtung gegen Zahlung einer
Prämie bei einem anderen Versicherer (Rückversicherer)
versichert und sich von diesem wegen des übernommenen Risikos
teilweise oder volle Deckung versprechen lässt (BFH-Urteil vom
19.06.2013 - II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060 = SIS 13 21 69, Rz 15), von der Besteuerung ausgenommen.
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Dabei setzt eine Rückversicherung im
Sinne des § 4 Nr. 1 VersStG begrifflich eine andere
(steuerbare) Versicherung voraus, deren Wagnis ganz oder teilweise
vom Rückversicherer übernommen wird, wie der BFH bereits
ausdrücklich entschieden hat. Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine
sogenannte Kautionsrückversicherung ist daher nicht nach
dieser Vorschrift von der Versicherungsteuer befreit, wenn - wie im
Streitfall - durch die Versicherung die Gefahr aus einem Vertrag
übernommen wird, der nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als
Versicherungsvertrag gilt (BFH-Urteil vom 19.06.2013 - II R
26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060 = SIS 13 21 69, Rz 25 bis
33).
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b) Der erkennende Senat schließt sich
dieser Rechtsprechung an und präzisiert diese dahingehend,
dass § 4 Nr. 1 VersStG aufgrund des sich aus § 2 Abs. 2
VersStG ergebenden Fehlens eines Versicherungsverhältnisses
nicht anzuwenden ist. Dient diese Regelung dazu,
Wettbewerbsgleichheit mit Banken, die Sicherheiten stellen,
herzustellen (Franz in Franz, Versicherungsteuergesetz, § 4
Nr. 1 Rz 69), besteht keine Veranlassung, die Versicherung der
Erstrisikoübernahme im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2
VersStG als nach § 4 Nr. 1 VersStG steuerfrei anzusehen,
während eine Steuerfreiheit der Versicherung der
Erstrisikoübernahme im Bankbereich von vornherein nicht in
Betracht kommt. Im Hinblick hierauf ist nicht der Annahme zu
folgen, dass es nach der Intention des Gesetzgebers nicht auf die
Ausgestaltung als Ausnahme zur Steuerbarkeit oder als
Steuerbefreiung ankommen soll (so aber Franz in Franz,
Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 69). Dass eine
Rückversicherung auch dann steuerfrei ist, wenn sie sich auf
eine steuerfreie Erstversicherung bezieht (Franz in Franz,
Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 27), führt somit
nicht zu einem Wertungswiderspruch in Bezug auf die Steuerpflicht
der „Kautionsrückversicherung“.
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Für die Steuerbefreiungsvorschrift des
§ 4 Nr. 1 VersStG reicht es daher nicht aus, dass eine
Rückversicherung im versicherungsrechtlichen Sinne vorliegt.
Soweit die Klägerin hiergegen auf die unionsrechtliche
Harmonisierung durch die Zweite Richtlinie 88/357/EWG des Rates vom
22.06.1988 zur Koordinierung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit
Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der
tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs
sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften Nr. L 172 vom 04.07.1988, S. 1)
und die dort unter Anhang Nr. 15 verwendeten Begriffe der direkten
und der indirekten Kaution verweist, handelt es sich um Regelungen
zur Risikobelegenheit, die den nationalen Gesetzgeber in Bezug auf
die Ausgestaltung der Prämienbesteuerung nicht binden. Der
nationale Gesetzgeber hat unionsrechtlich Gestaltungsfreiheit
bezüglich des Umfangs der Steuerbefreiungen und kann einen
rein versicherungsteuerlich geprägten
Rückversicherungsbegriff zugrunde legen (Franz in Franz,
Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 67; a.A.
Medert/Axer/Voß, Versicherungsteuergesetz, Kommentar, 3.
Aufl., § 4 Rz 45 ff.).
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3. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen,
dass in den an die Klägerin gezahlten Entgelten die
Versicherungsteuer enthalten war. Sind die Vertragsparteien
irrtümlich davon ausgegangen, dass die Zahlung eines
Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer
unterliegt, ist die
Versicherungsteuer nicht in gezahlten Prämien
enthalten.
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a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VersStG
wird die Steuer für die einzelnen Versicherungen
regelmäßig vom Versicherungsentgelt berechnet und
beträgt im Regelfall 19 % des Versicherungsentgelts ohne
Versicherungsteuer (§ 6 Abs. 1 VersStG).
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b) Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden,
dass ausgehend von der zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen
Versicherer und Versicherungsnehmer ein Versicherungsentgelt als
„Bruttobetrag“ einschließlich
einer eventuell entstehenden Versicherungsteuer zumindest dann
vereinbart wird, wenn die Vertragsparteien irrtümlich davon
ausgegangen sind, dass die Zahlung einer Versicherungsprämie
nicht der Versicherungsteuer unterliegt und dieser Irrtum erst im
Rahmen einer Außenprüfung ausgeräumt wird, so dass
dann die Versicherungsteuer aus dem vereinbarten Betrag
herauszurechnen ist, und hat dabei zu Unrecht auf die Parallelfrage
zum vergleichbaren Irrtum in Bezug auf die Umsatzsteuerpflicht
(BFH-Urteile vom 22.04.2015 - XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II
2015, 755 = SIS 15 13 69, Rz 37 und vom 16.11.2016 - V R 1/16, BFHE
256, 542, BStBl II 2017, 1079 = SIS 17 04 52, Rz 27) verwiesen
(FG-Urteil S. 48).
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Dabei hat das FG die
versicherungsteuerrechtlichen Besonderheiten der
Steuerschuldnerschaft des Versicherungsnehmers (§ 7 Abs. 1
Satz 1 VersStG in der bis zum 11.12.2012 geltenden Fassung -
VersStG a.F. - und § 7 Abs. 1 VersStG in der ab dem 12.12.2012
geltenden, durch das Verkehrsteueränderungsgesetz vom
05.12.2012 geschaffenen Fassung - VersStG n.F. - ) bei
gleichzeitiger Haftung (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG a.F.) oder
Steuerentrichtungsschuld (§ 7 Abs. 2 VersStG n.F.) und die
sich hieraus ergebende Folge übersehen, dass Steuerschuld
einerseits und Haftung oder Steuerentrichtungsschuld andererseits
in gleicher Höhe und daher von demselben Versicherungsentgelt
zu berechnen sind. Im Hinblick hierauf kommt es nicht in Betracht,
ein in der rechtsirrigen Annahme, dass keine
Versicherungsteuerpflicht besteht, vereinbartes
Versicherungsentgelt als die Versicherungsteuer bereits enthaltend
anzusehen. In Bezug auf die Steuerschuld des zahlenden
Versicherungsnehmers kann die umsatzsteuerrechtliche Betrachtung
zur Steuerschuld des leistenden und das Entgelt empfangenden
Unternehmers (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes)
nicht auf die Versicherungsteuer übertragen werden.
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c) Im Übrigen hat der erkennende Senat,
was das FG bei seinem Urteil allerdings noch nicht
berücksichtigen konnte, bereits ausdrücklich entschieden,
dass § 7 Abs. 4 VersStG a.F. und damit auch § 7 Abs. 9
VersStG n.F., wonach jeweils im Verhältnis zwischen dem
Versicherer und dem Versicherungsnehmer die Steuer als Teil des
Versicherungsentgelts gilt, soweit es sich um dessen Einziehung und
Geltendmachung im Rechtsweg handelt, nur dazu dient, die
Steuerschuld als versicherungsvertragliche Verpflichtung des
Versicherungsnehmers in das Zivilrechtsverhältnis zwischen
Versicherer und Versicherungsnehmer aufzunehmen und dadurch die
Einziehung der Steuer durch den Versicherer zu erleichtern. Hieraus
ergibt sich demgegenüber nicht, dass die Versicherungsteuer in
gezahlten Prämien enthalten ist (vgl. BFH-Urteil vom
18.11.2021 - V R 24/20, BFH/NV 2022, 624 = SIS 22 05 82, Rz
35).
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4. Die Sache ist spruchreif. Das Urteil des FG
ist insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die
Klage ist insgesamt abzuweisen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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