Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts München vom 16.10.2020 - 8 K 611/19 =
SIS 21 01 80 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine GmbH. Sie überließ zwei
Angestellten (A und B) im Zeitraum von Dezember 2011 bis April 2016
(Streitzeitraum) jeweils ein betriebliches Fahrzeug auch zur
Nutzung zu privaten Fahrten und dem Angestellten A zusätzlich
zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger
Arbeitsstätte (bis 2013) bzw. erster
Tätigkeitsstätte (seit 2014). Beide Arbeitnehmer
führten zum Nachweis des Verhältnisses der privaten
Fahrten und im Falle des A auch der Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte zu den
übrigen Fahrten ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch.
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Der Beklagte und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) stellte im Rahmen einer
Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Klägerin bei
der Ermittlung des geldwerten Vorteils der außerdienstlichen
Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode die Treibstoffkosten nach
Durchschnittswerten bemessen hatte. Denn die Fahrzeuge waren an
einer betriebseigenen Tankstelle betankt worden, die weder
über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises
verfügte.
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Das FA bemaß den geldwerten Vorteil
für die außerdienstliche Kfz-Nutzung daraufhin nach
Maßgabe der 1 %- und der 0,03 %-Regelung (§ 8 Abs. 2
Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ) und nahm
die Klägerin für den Streitzeitraum mit Haftungsbescheid
vom 06.02.2017 in Anspruch.
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Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2021, 541
= SIS 21 01 80
veröffentlichten Gründen teilweise statt. Es erachtete
die Bemessung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode
dem Grunde nach als zulässig, berechnete den geldwerten
Vorteil gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG jedoch neu.
Die Treibstoffkosten der überlassenen PKW ermittelte es
hierbei nach deren vom Fahrzeughersteller angegebenen
Durchschnittsverbrauch im innerstädtischen Verkehr sowie
anhand des durchschnittlichen Liter-Einkaufspreises des
Kraftstoffes, der - im Klageverfahren durch Einkaufsrechnungen
nachgewiesen - im Streitzeitraum für die betriebseigene
Tankstelle angeschafft worden war.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
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das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat die nicht einbehaltene und abgeführte
Lohnsteuer nebst Annexsteuern für den geldwerten Vorteil der
außerdienstlichen Nutzung der betrieblichen Fahrzeuge durch
die Arbeitnehmer A und B (Haftungsbetrag) zu Unrecht nach § 8
Abs. 2 Satz 4 EStG ermittelt. Die ursprüngliche Berechnung des
geldwerten Vorteils durch das FA gemäß § 8 Abs. 2
Sätze 2 und 3 EStG ist vielmehr zutreffend.
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1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet
der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs.
1, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn
für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach §
41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.
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Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) führt die Überlassung eines
betrieblichen Kfz durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer
für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des
Arbeitnehmers und damit in aller Regel zum Zufluss von Arbeitslohn
i.S. von § 19 EStG. Denn der Arbeitnehmer ist um den Betrag
bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden
müsste und den er sich durch die Überlassung des
Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart (Senatsbeschluss vom
19.04.2021 - VI R 43/18, BFHE 273, 89, BStBl II 2021, 605 = SIS 21 10 53, Rz 14, m.w.N.).
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2. Der Wert der Nutzung eines betrieblichen
Kfz zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster
Tätigkeitsstätte ist entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4
Satz 2 EStG mittels der 1 %-Regelung und der 0,03%-Regelung zu
ermitteln (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG). Nach § 8
Abs. 2 Satz 4 EStG kann dieser Wert mit dem auf die private Nutzung
und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
bzw. erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der
„gesamten
Kraftfahrzeugaufwendungen“ angesetzt
werden, wenn die durch das Kfz „insgesamt entstehenden
Aufwendungen“ durch Belege und das
Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster
Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
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a) Ausweislich des Gesetzeswortlauts ist die
Fahrtenbuchmethode daher nicht schon dann anzuwenden, wenn ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das
Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster
Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist.
Denn § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt weiter voraus, dass zum
einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten
Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die
durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kfz insgesamt
entstehenden Aufwendungen umfassen. Die Fahrtenbuchmethode
gründet damit auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung
durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten
Fahrtstrecken einerseits und einer vollständigen
Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem
Ansatz der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen mittels
belegmäßiger Erfassung der durch das Kfz insgesamt
entstehenden Aufwendungen (Senatsurteil vom 20.03.2014 - VI R
35/12, BFHE 245, 192, BStBl II 2014, 643 = SIS 14 16 83, Rz
13).
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b) Eine Schätzung von
belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen
Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode
folglich aus (ebenso Schmidt/Kulosa, EStG, 41. Aufl., § 6 Rz
568; Brandis/Heuermann/Ettlich, 164. Ergänzungslieferung
November 2022, § 8 EStG Rz 120; Schmidt/Krüger, a.a.O.,
§ 8 Rz 53; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 8 Rz 437; Adamek in
Bordewin/Brandt, § 8 EStG Rz 151; Schramm in: EStG -
eKommentar, Fassung vom 01.01.2020, § 8 EStG Rz 65; a.A. u.a.
Neu, EFG 2021, 543; Haversath in Wagner, Lohnsteuer, 1. Aufl. 2023,
E Rz 765; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 408). Dies gilt
entgegen der Auffassung der Klägerin selbst dann, wenn
aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines
„Sicherheitszuschlags“ bei der
Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode
vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als
tatsächlich entstanden sind.
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3. Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze ist eine Ermittlung des geldwerten Vorteils nach
der Fahrtenbuchmethode im Streitfall ausgeschlossen. Die
Klägerin hat nicht sämtliche, durch das jeweils
überlassene Kfz entstandenen Aufwendungen
belegmäßig nachgewiesen. Die durch die Nutzung dieser
Fahrzeuge entstandenen (tatsächlichen) Treibstoffkosten
gründen vielmehr auf einer Schätzung. Zwar hat die
Klägerin die Einkaufsrechnungen für den insgesamt im
Streitzeitraum bezogenen Treibstoff vorgelegt; die anteiligen
Treibstoffkosten je PKW hat sie aber nur anhand des vom
Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauchs sowie des
durchschnittlichen Liter-Kraftstoffpreises ermittelt und damit
nicht durch Belege nachgewiesen.
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4. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der
Klägerin in Bezug auf eine Übermaßbesteuerung in
den Fällen, in denen der zu versteuernde Nutzungsvorteil wegen
fehlender Belege nicht nach der Fahrtenbuchmethode bewertet werden
kann, sondern zwingend nach Maßgabe der 1 %-Regelung
anzusetzen ist, teilt der Senat nicht. Vielmehr ist die Regelung
des § 8 Abs. 2 EStG auch unter Berücksichtigung des
Belegerfordernisses verfassungsrechtlich unbedenklich. Der BFH hat
mehrfach entschieden, dass die 1 %-Regelung verfassungskonform ist,
weil der Steuerpflichtige zwischen dieser grob typisierenden
Regelung und der Fahrtenbuchmethode, nach der eine Bewertung des
vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsvorteils nach Maßgabe der
tatsächlich entstandenen Kosten erfolgt, wählen kann
(u.a. Senatsurteile vom 13.12.2012 - VI R 51/11, BFHE 240, 69,
BStBl II 2013, 385 = SIS 13 06 44, Rz 15; in BFHE 245, 192, BStBl
II 2014, 643 = SIS 14 16 83, Rz 16, und BFH-Urteil vom 15.05.2018 - X R 28/15, BFHE 261, 492, BStBl II
2018, 712 = SIS 18 11 92, Rz 21,
m.w.N.). Dieses Wahlrecht wird durch das in § 8 Abs. 2 Satz 4
EStG geregelte Nachweisverlangen nicht beeinträchtigt.
Vielmehr kann eine zutreffende Bewertung des Nutzungsvorteils
anhand der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen nur gelingen, wenn
diese auch belastbar erfasst werden. Dem trägt der Gesetzgeber
Rechnung, wenn er hierfür einen Nachweis mittels
belegmäßiger Erfassung anordnet. Ein solcher ist dem
Steuerpflichtigen im Regelfall auch möglich und zumutbar.
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5. Die weiteren Voraussetzungen des § 42d
Abs. 1 Nr. 1 EStG liegen im Streitfall vor. Insbesondere sind keine
Ermessensfehler bei der Inanspruchnahme der Klägerin als
Haftungsschuldnerin ersichtlich. Denn nach den den Senat bindenden
Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) des FG hat sich die
Klägerin mit der Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin
einverstanden erklärt.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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