Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 29.08.2018 - 3 K 1205/18 = SIS 18 19 95 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Streitig ist, ob die Überlassung
eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs zu steuerbarem Arbeitslohn
führt.
|
|
|
2
|
Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, die nach
Maßgabe des Gesetzes über den Brandschutz, die
Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) vom 17.12.2015
(zuvor: Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung -
FSHG - vom 10.02.1998) eine Freiwillige Feuerwehr unterhält.
Eine Berufsfeuerwehr gibt es in der Gemeinde sowie dem Landkreis,
in welchem die Gemeinde belegen ist, nicht.
|
|
|
3
|
Die Freiwillige Feuerwehr wird von Herrn X,
der bei der Klägerin vollzeitig angestellt ist, ehrenamtlich
geleitet. Er wurde hierzu gemäß § 11 Abs. 1 BHKG
(zuvor: § 11 Abs. 1 FSHG) in ein Ehrenbeamtenverhältnis
auf Zeit berufen.
|
|
|
4
|
Als Leiter der Freiwilligen Feuerwehr
stellte ihm die Klägerin ein Einsatzfahrzeug
(„Kommandowagen“) zur Verfügung. Dabei handelte es
sich um einen in weiß und rot gehaltenen PKW, an dem
über Fahrer- und Beifahrerseite hinweg der Schriftzug
„FEUERWEHR“ sowie die Notrufnummer 112 angebracht ist.
Das Fahrzeug ist mit einem fest verbauten Digitalfunkgerät,
einem fest verbauten Navigationsgerät - gekoppelt mit einem
Meldeempfänger - sowie mit einer fest verbauten
Sondersignalanlage ausgestattet. Daneben befinden sich in dem PKW
die persönliche Schutzausrüstung des X, eine Rolle
Flatterband, vier Faltleitkegel, Werkzeuge zur
Türöffnung, ein Erste-Hilfe-Rucksack sowie
Dokumentenmappen und Feuerwehrpläne für verschiedene
Objekte in der Gemeinde.
|
|
|
5
|
Das Einsatzfahrzeug stand X im
Streitzeitraum (01.01.2013 bis 30.09.2016) rund um die Uhr zur
Verfügung, damit er in Notfällen jederzeit und
unverzüglich zum jeweiligen Einsatzort gelangen und seinen
Aufgaben als Wehrführer nachkommen konnte.
|
|
|
6
|
Demgemäß nutzte X das Fahrzeug
nicht nur für Einsatzfahrten oder zur Erfüllung anderer
Aufgaben als Leiter der Freiwilligen Feuerwehr (z.B. Beschaffung
von persönlicher und sachlicher Ausrüstung, Beratung von
in der Gemeinde ansässigen Firmen im Bereich des vorbeugenden
Brandschutzes, Besuch mehrtägiger auswärtiger Seminare)
sowie im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für die
Klägerin, sondern auch für Fahrten zwischen Wohnung und
regelmäßiger Arbeitsstätte (ab dem
Veranlagungszeitraum 2014 erste Tätigkeitsstätte),
für Mittagsheimfahrten (Zwischenheimfahrten) und andere
Privatfahrten. War er wegen Urlaubs oder Krankheit an der Leitung
der Freiwilligen Feuerwehr gehindert, gab er den PKW an den
stellvertretenden Leiter der Freiwilligen Feuerwehr ab.
|
|
|
7
|
Im Rahmen einer bei der Klägerin
für den Streitzeitraum durchgeführten
Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die
Ansicht, dass die Klägerin durch die dauerhafte Gestellung des
Einsatzfahrzeugs X einen geldwerten Vorteil zugewandt habe, der als
Arbeitslohn nach der 1 %-Regelung zu versteuern sei. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) folgte der
Auffassung der Prüferin und erließ einen Haftungs- und
Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer,
Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer über insgesamt
2.223,86 EUR. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit
Einspruchsentscheidung vom 20.04.2018 zurück.
|
|
|
8
|
Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin
erhobenen Klage mit den in EFG 2019, 32 veröffentlichten
Gründen statt. Der Nachforderungsbescheid sei aufzuheben, da
die Klägerin ihr Wahlrecht auf Pauschalierung gemäß
§ 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht
ausgeübt habe. Auch der Haftungsbescheid sei aufzuheben, da
die dauerhafte Überlassung des Einsatzwagens an X nicht als
Arbeitslohn zu beurteilen sei. Denn die Klägerin habe ihm
dieses Fahrzeug im ganz überwiegend eigenbetrieblichen
Interesse überlassen.
|
|
|
9
|
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
10
|
Es beantragt,
|
|
das Urteil des FG Köln vom 29.08.2018
- 3 K 1205/18 = SIS 18 19 95 bezüglich des Haftungsbescheids
vom 27.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2018
aufzuheben und die Klage insoweit als unbegründet
abzuweisen.
|
|
|
11
|
Die Klägerin beantragt,
|
|
die Revision zurückzuweisen.
|
|
|
12
|
II. Die Entscheidung ergeht gemäß
§ 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält
einstimmig die Revision für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die
Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit
zur Stellungnahme. Das FG hat den im Revisionsverfahren noch allein
streitigen Haftungsbescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
|
|
|
13
|
1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet
der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs.
1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom
Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und
nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.
|
|
|
14
|
Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) führt die Überlassung eines
betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer
für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des
Arbeitnehmers und damit in aller Regel zum Zufluss von Arbeitslohn
i.S. von § 19 EStG (z.B. Senatsurteile vom 15.02.2017 - VI R
50/15, Rz 11; vom 20.03.2014 - VI R 35/12, BFHE 245, 192, BStBl II
2014, 643 = SIS 14 16 83, Rz 10, und vom 13.12.2012 - VI R 51/11,
BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385 = SIS 13 06 44, Rz 11). Denn der
Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine
vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch
die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart
(z.B. Senatsurteile in BFHE 245, 192, BStBl II 2014, 643 = SIS 14 16 83, Rz 10, und vom 21.03.2013 - VI R 31/10, BFHE 241, 167, BStBl
II 2013, 700 = SIS 13 18 29, Rz 11).
|
|
|
15
|
2. Nach diesen Maßstäben ist die
Überlassung des Einsatzwagens an X nicht als Arbeitslohn
anzusehen.
|
|
|
16
|
a) Ausweislich der vom FG getroffenen und den
Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) stellte die
Klägerin X das Einsatzfahrzeug als Leiter der Freiwilligen
Feuerwehr nicht personen-, sondern funktionsbezogen und nur
während seiner - wenn auch „ständigen“
- Bereitschaftszeiten zur Verfügung. Damit sollte
sichergestellt werden, dass sich X als Leiter der Freiwilligen
Feuerwehr von seinem aktuellen Aufenthaltsort unverzüglich und
entsprechend ausgestattet zum jeweiligen Einsatzort begeben und
dort seine Funktion als Einsatzleiter ausüben konnte, statt
regelmäßig zeitaufwändig zunächst die
Feuerwache aufzusuchen, um dort das Einsatzfahrzeug zu
übernehmen. Die (unbeschränkte) Überlassung des
Einsatzfahrzeugs an X war damit dem effektiven Brandschutz, d.h.
der durchgreifenden Gefahrenabwehr, geschuldet. Denn eine
leistungsfähige Feuerwehr bedarf eines ständig
einsatzbereiten Wehrführers. Dies gilt insbesondere dann, wenn
- wie im Streitfall - vor Ort keine Berufsfeuerwehr vorhanden ist
und der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr jederzeit mit einem
Einsatz - vorliegend ca. 160 Einsätze im Jahr - und
dementsprechend allzeit mit einer Einsatzfahrt rechnen muss. Zudem
war X die Inanspruchnahme des Wegerechts nach § 38 Abs. 1 der
Straßenverkehrsordnung nur mit dem zur Verfügung
gestellten, mit einer Sondersignalanlage ausgestatteten
Einsatzwagen, regelmäßig aber nicht mit (s)einem
privaten Fahrzeug möglich.
|
|
|
17
|
b) Angesichts dessen kann im Streitfall keine
Rede davon sein, dass die Klägerin das Einsatzfahrzeug X
„zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt“
hat. Dem steht nicht entgegen, dass X den Einsatzwagen
tatsächlich aufgrund der Vorgaben der Klägerin bei
privaten Verrichtungen und Wegen mit sich führte. Denn dies
stellt - entgegen der Auffassung des FA - keine private, sondern
eine auf der ständigen Einsatzbereitschaft gründende,
(feuerwehr-)funktionale Verwendung des Fahrzeugs dar.
Weitergehendes, für eine Überlassung des Einsatzfahrzeugs
zu privaten Zwecken Sprechendes ist vom FA weder vorgetragen noch
ersichtlich. Der Umstand, dass X den Einsatzwagen während
Urlaubs- und Krankheitszeiten an seinen Stellvertreter abgab, zeigt
vielmehr, dass X das Einsatzfahrzeug nicht zur privaten Nutzung
überlassen wurde.
|
|
|
18
|
c) Etwaige Vorteile, die X dadurch entstanden,
dass er während seiner Bereitschaftszeiten das Einsatzfahrzeug
ausweislich der - vom FG nach § 118 Abs. 2 FGO ebenfalls
bindend festgestellten - Vorgaben der Klägerin als
Feuerschutzträgerin bei privaten Verrichtungen und Wegen stets
mit sich zu führen hatte, statt hierbei (s)einen privaten PKW
zu nutzen, stellen sich damit als bloße Reflexwirkung aus dem
Unterhalten einer den örtlichen Verhältnissen
entsprechenden leistungsfähigen gemeindlichen Feuerwehr
(§ 3 Abs. 1 BHKG, § 1 Abs. 1 FSHG) dar. Sie erweisen sich
insbesondere nicht im weitesten Sinne als Gegenleistung für
das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft.
|
|
|
19
|
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|