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Anwendung der Vereinfachungsregelung des § 44 Abs. 1 UStDV bei für das Unternehmen bezogenen Mastschweinen

Anwendung der Vereinfachungsregelung des § 44 Abs. 1 UStDV bei für das Unternehmen bezogenen Mastschweinen: 1. Wird eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung, die gemäß § 168 Satz 1 AO als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkt, während eines Einspruchsverfahrens gegen die abgelehnte Änderung der Herabsetzung eines Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids abgegeben, wird gemäß § 365 Abs. 3 AO der Umsatzsteuer-Jahresbescheid zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens. - 2. "Wirtschaftsgut" i.S. des § 15 a Abs. 1 und 2 UStG und des § 44 Abs. 1 UStDV ist bei Mastschweinen (Ferkeln), die für das Unternehmen bezogen worden sind, das einzelne Ferkel. - Urt.; BFH 3.11.2011, V R 32/10; SIS 12 07 84

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Vorsteuerabzug
Fundstellen
  1. BFH 03.11.2011, V R 32/10
    BStBl 2012 II S. 525
    LEXinform 0927964

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 4.7.2012
    -/- in NWB 14/2012 S. 1133
    JB in DStZ 9/2012 S. 301
    jh in StuB 11/2012 S. 454
    S.M. in BFH/PR 6/2012 S. 206
    wt in UVR 7/2012 S. 197
Normen
[UStDV] § 44 Abs. 1
[BGB] § 90, § 90 a
[AO 1977] § 168 Satz 1, § 365 Abs. 3
[UStG 2005] § 15 a Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 15 Abs. 11 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 19.08.2010, SIS 10 37 20, Vorsteuerberichtigung, Schweinemastbetrieb
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 12.10.2023, SIS 24 02 19, Auslegungsfähigkeit eines Einspruchs: Ein von einem fachkundigen Bevollmächtigten eingelegter Einspruch, ...
  • FG Hamburg 28.6.2023, SIS 23 14 68, Vorsteuerkorrektur nach Beendigung einer Organschaft IT-Komponenten einzelne Berichtigungsobjekte i.S. de...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 17.5.2022, SIS 22 09 50, Keine rückwirkende Vorsteuerkürzung beim Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbe...
  • FG Berlin-Brandenburg 5.7.2021, SIS 21 13 27, Gegenstand des Verfahrens: 1. Eine Umsatzsteuerfestsetzung, die aufgrund einer die streitige Rechtsauffas...
  • FG Hamburg 5.12.2019, SIS 21 17 91, Anwendung der einkommensteuerrechtlichen Regelungen zu Betriebsveranstaltungen als Aufmerksamkeiten im Um...
  • BFH 27.11.2019, SIS 20 01 61, Keine Beendigung der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft durch Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ...
  • BFH 16.5.2018, SIS 18 10 59, Zu den Voraussetzungen der Berichtigung beim unrichtigen Steuerausweis: Die wirksame Berichtigung eines S...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 18.5.2017, SIS 17 11 53, Eisskulpturenausstellung kein dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegendes "Museum": 1. Die Definition ...
  • BFH 20.3.2017, SIS 17 13 84, Gemeinnützigkeitsrecht, Gebot zeitnaher Mittelverwendung, Förderung des Umweltschutzes, Grenzen der allge...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • FG Münster 13.9.2016, SIS 16 27 34, Frage des Vorliegens einer Haupt- oder Nebenleistung bei Verpachtung von Einrichtungsgegenständen an Pfle...
  • FG Berlin-Brandenburg 22.6.2016, SIS 16 17 75, Umsatzsteuerbefreiung einer überwiegend durch Belegärzte Schönheitsoperationen erbringenden privaten Klin...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 05 27, Vorsteuerberichtigung, Änderung der rechtlichen Beurteilung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Verfügung zur Vor...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 05 28, LuF, Vorsteuerberichtigung: Die OFD Karlsruhe hat eine neue Verfügung zur Vorsteuerberichtigung bei land-...
  • Niedersächsisches FG 18.2.2016, SIS 17 00 74, Anschaffungs- und Herstellungskosten vertretbarer Sachen nach § 44 Abs. 1 UStDV, Geringfügigkeitsgrenze u...
  • FG Berlin-Brandenburg 13.5.2015, SIS 15 17 58, Keine Minderung des Entgelts für Arzneimittellieferungen pharmazeutischer Unternehmen durch Zahlung von f...
  • FG Hamburg 7.5.2015, SIS 15 17 73, Einheitliche Leistung bei der Umsatzsteuer, umsatzsteuerliche Bewertung einer sog. Dinner-Show: Die Dinne...
  • LfSt Bayern 10.4.2015, SIS 15 08 53, Vorsteuerberichtigung, Umlaufvermögen: Das Bayerische Landesamt für Steuern hat seine Verfügung zur Vorst...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 12.12.2013, SIS 14 04 79, Vorsteuerberichtigung, Änderung der rechtlichen Beurteilung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Verfügung zur Vor...
  • FG Hamburg 10.9.2013, SIS 14 02 00, Nebeneinander ausgeübte gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit eines Krankengymnasten: 1. Eine aufgrund...
  • LfSt Bayern 29.8.2013, SIS 13 23 29, Vorsteuerberichtigung, Umlaufvermögen: Das Bayerische Landesamt für Steuern hat seine Verfügung zur Vorst...
  • OFD Karlsruhe 15.1.2013, SIS 13 11 33, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • FG Hamburg 19.12.2012, SIS 13 08 63, Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug sog. unregelmäßiger Einfuhrumsatzsteuer: Wegen zollrechtlicher Pflichtverlet...
  • BMF 17.12.2012, SIS 12 33 87, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2012: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • OFD Karlsruhe 25.9.2012, SIS 12 30 47, LuF, Vorsteuerberichtigung für Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet we...
  • OFD Karlsruhe 25.9.2012, SIS 12 29 47, Vorsteuerberichtigung, Änderung der rechtlichen Beurteilung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Verfügung zur Vor...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 30.7.2012, SIS 13 00 42, Museumsbegriff des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nur bei museumsähnlicher Zusammenstellung und Präsent...

 

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) verpflichtet ist, aufgrund der im Streitjahr 2008 geltenden Geringfügigkeitsgrenze in § 44 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr (2008) anzuwendenden Fassung (UStG) beim Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) rückgängig zu machen.

 

 

2

Der Kläger ist Landwirt und versteuerte in 2007 seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften (§ 24 Abs. 4 UStG). Im Kalenderjahr 2007 erwarb der Kläger von einem Viehhändler aufgrund eines Vertrags vom 31.8.2007.893 Ferkel zum Preis von brutto 38.783 EUR. Noch in 2007 veräußerte er hiervon 474 Tiere.

 

 

3

Mit Wirkung auf den Beginn des Streitjahres (2008) kehrte der Kläger zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen zurück. Den Restbestand der 2007 erworbenen Tiere veräußerte der Kläger am 8.1.2008 (209 Ferkel) und am 23.1.2008 (141 Ferkel). Für die im Streitjahr (2008) veräußerten Ferkel hatte er beim Erwerb im Jahr 2007 Vorsteuer in Höhe von 2.765 EUR (= 350 Schweine zu je 7,90 EUR Vorsteuer) in Anspruch genommen.

 

 

4

Der Kläger ging in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für das I. Quartal 2008 davon aus, dass aufgrund des Wechsels der Besteuerungsform auch die Vorsteuerbeträge aus Aufwendungen für die im Jahr 2007 erworbenen und im Streitjahr veräußerten Ferkel gemäß § 15a UStG zu berichtigen seien.

 

 

5

Später berief sich der Kläger gemäß § 44 Abs. 1 UStDV darauf, die Vorsteuerberichtigung für die 350 Ferkel zu seinen Lasten habe zu unterbleiben. Berichtigungsobjekt im Sinne der Regelung sei jedes einzelne Ferkel, so dass die Vorsteuerberichtigung wegen Unterschreitens des Mindestbetrags von 1.000 EUR je Berichtigungsobjekt ausscheide.

 

 

6

Der Kläger beantragte die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das I. Quartal 2008, die das FA ablehnte. Im anschließenden Einspruchsverfahren reichte der Kläger am 25.2.2010 die Umsatzsteuererklärung für 2008 ein, die gemäß § 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) als Umsatzsteuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkte. Das Einspruchsverfahren wurde durch die Einspruchsentscheidung vom 12.4.2010 abgeschlossen, in der das FA die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum aus anderen Gründen herabsetzte. Die weiter gehend begehrte Änderung unter Berücksichtigung des § 44 Abs. 1 UStDV in Bezug auf die veräußerten Ferkel lehnte das FA erneut ab. Zudem erließ das FA unter dem 12.4.2010 einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Streitjahr 2008, in dem es Änderungen gegenüber der Jahressteuererklärung vornahm, dem Begehren des Klägers aber ebenfalls nicht abhalf.

 

 

7

Der Kläger erhob gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für das I. Quartal 2008 Klage. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage „wegen Umsatzsteuer 2008“ aus den in EFG 2010, 2130 = SIS 10 37 20 mitgeteilten Gründen statt und verpflichtete das FA zur antragsgemäßen Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2008 vom 12.4.2010.

 

 

8

Jedes der im Streitjahr 2008 veräußerten 350 Ferkel sei ein „Wirtschaftsgut“ i.S. des § 44 Abs. 1 UStDV, so dass für jedes Tier die Geringfügigkeitsgrenze von 1.000 EUR einzeln zu prüfen sei. Jedem Tier komme im Geschäftsverkehr ein eigener wirtschaftlicher Wert zu, es könne einzeln bewertet werden und habe eine gewisse Lebensdauer. Diese Auffassung werde auch vom Bayerischen Landesamt für Steuern in der Verfügung vom 23.7.2008 für die Vorsteuerberichtigung bei Vieh vertreten (S 7316.2.1-3/1 St 34, UR 2008, 868).

 

 

9

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Für beide im Streitjahr 2008 veräußerte Partien Ferkel sei die Geringfügigkeitsgrenze in § 44 Abs. 1 UStDV von 1.000 EUR (Verkäufe vom 8.1.2008: 1.651,10 EUR und vom 23.1.2008: 1.113,90 EUR) überschritten.

 

 

10

Berichtigungsobjekt gemäß § 15a UStG sei das „Wirtschaftsgut“, das nach spezifisch umsatzsteuerrechtlichen Kriterien zu bestimmen sei. Bei vertretbaren Sachen sei nach Abschn. 218 Abs. 1 Satz 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 (UStR) im Streitjahr 2008 nicht die einzelne Sache, sondern bei Berichtigungen aufgrund einer Veräußerung der bezogenen Gegenstände, die zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger geschlossene Vereinbarung maßgeblich. Tiere, die im Massentierhandel verkauft würden, seien gemäß §§ 90a, 91 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vertretbare Sachen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen habe der Kläger im Streitjahr 209 Tiere und 141 Tiere als einheitlichen Liefergegenstand jeweils für einen Gesamtpreis veräußert. Die Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für eine bestimmte Anzahl von Mastschweinen, die jeweils nicht individualisiert seien, führe zu einer Sachgesamtheit (der „Partie“), die Liefergegenstand und Berichtigungsobjekt sei (Hinweis auf Abschn. 24 Abs. 1 Satz 2, 214 Abs. 1 Sätze 4 und 5 UStR 2008). Die „Partie“ der Tiere werde im Geschäftsverkehr als Sachgesamtheit bewertet, habe einen eigenen wirtschaftlichen Wert, der mit der Summe der Einzeltiere nicht identisch sei und eine eigene Vermarktbarkeit.

 

 

11

Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

12

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

13

Mastschweine seien entgegen der Auffassung des FA keine vertretbaren Sachen i.S. des § 91 BGB. Werde eine Partie mehrerer Tiere veräußert, seien die Verhältnisse jedes einzelnen Tieres maßgeblich für die Bildung des Gesamtkaufpreises, da dieser nach dem Fettgehalt der Tiere berechnet werde und einzelne Tiere aussortiert werden müssten. Es sei zweifelhaft, ob für die Regelungen zur Vorsteuerberichtigung zwischen vertretbaren und unvertretbaren Sachen zu unterscheiden sei. Die Vorentscheidung vertrete zutreffend, dass sich hierfür im Gesetz keine Stütze finde.

 

 

14

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung zu Lasten des Klägers verneint.

 

 

15

1. Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass Gegenstand des Klageverfahrens der Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2008 vom 12.4.2010 war.

 

 

16

a) Ergeht während des Verfahrens über den Einspruch gegen einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid ein Umsatzsteuer-Jahresbescheid, wird dieser gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.11.1999 V R 35/98, BFHE 190, 67, BStBl II 2000, 454 = SIS 00 03 04). Ebenso wie die entsprechende Regelung in § 68 FGO für das Klageverfahren (hierzu BFH-Entscheidungen vom 29.11.2001 IV R 66/99, BFH/NV 2002, 524 = SIS 02 58 67; vom 18.12.2003 II B 31/00, BFHE 204, 35, BStBl II 2004, 237 = SIS 04 05 68; vom 27.4.2004 X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287 = SIS 04 33 09) gilt § 365 Abs. 3 AO auch für Verpflichtungsbegehren. Der Anwendung des § 365 Abs. 3 AO steht somit nicht entgegen, dass es sich bei einem Antrag auf Herabsetzung des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids um ein Verpflichtungsbegehren handelt, während ein gegen einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid erhobener Einspruch ein Anfechtungsbegehren enthält. Dem Zweck der Vorschrift entsprechend ist entscheidend, ob der angefochtene ursprüngliche und der neue Bescheid „dieselbe Steuersache“ betreffen (vgl. zur entsprechenden Regelung im FG-Verfahren - § 68 FGO - das BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1287 = SIS 04 33 09). Das ist nach ständiger Rechtsprechung im Verhältnis des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids zum Umsatzsteuer-Jahresbescheid der Fall (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 190, 67, BStBl II 2000, 454 = SIS 00 03 04; vom 3.11.2005 V R 63/02, BFHE 212, 161, BStBl II 2006, 337 = SIS 06 12 75; vom 10.11.2010 XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311 = SIS 10 42 41; vom 12.4.2010 V B 115/09, BFH/NV 2010, 1829 = SIS 10 27 40). Gegenstand des Einspruchsverfahrens gegen die abgelehnte Änderung des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids für das I. Quartal des Streitjahres 2008 wurde daher mit ihrer Abgabe am 25.2.2010 die gemäß § 168 Satz 1 AO als Umsatzsteuerfestsetzung wirkende Umsatzsteuer-Jahreserklärung.

 

 

17

b) Das FA hat ungeachtet dessen in der Einspruchsentscheidung vom 12.4.2010 zu Unrecht nur über die abgelehnte Änderung des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids für das I. Quartal des Streitjahres 2008 entschieden und der Kläger hiergegen Klage erhoben. Streitgegenstand der Klage ist gleichwohl wegen der Identität des Streitgegenstands im Einspruchs- und anschließendem Klageverfahren der Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2008 vom 12.4.2010 (vgl. hierzu BFH-Entscheidungen vom 21.4.1993 XI R 37-54/92 u.a., BFH/NV 1994, 45; vom 2.7.2008 VII B 67/08, BFH/NV 2008, 1901 = SIS 08 38 48; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 44 Rz 32). Dass der Kläger in Übereinstimmung mit dem Inhalt der Einspruchsentscheidung zunächst den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das I. Quartal des Streitjahres 2008 als Klagegegenstand bezeichnet hat, ist nach der Anpassung seines Klagebegehrens unerheblich (vgl. hierzu den BFH-Beschluss vom 23.4.2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443 = SIS 09 26 72). Der Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2008 in Gestalt der Umsatzsteuererklärung vom 25.2.2010 ist durch den zeitgleich mit der Einspruchsentscheidung vom 12.4.2010 bekannt gegebenen Umsatzsteueränderungsbescheid 2008 des FA vom 12.4.2010 ersetzt worden.

 

 

18

c) Die Einspruchsentscheidung vom 12.4.2010 und der geänderte Jahressteuerbescheid 2008 vom selben Tage gelten gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tage nach ihrer Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn sie nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen sind. Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Einspruchsentscheidung und der geänderte Jahressteuerbescheid für das Streitjahr 2008 dem Kläger gleichzeitig oder nacheinander und in welcher Reihenfolge bekannt gegeben worden sind. Denn entweder ist der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2008 vom 12.4.2010 noch Gegenstand des Einspruchsverfahrens und deshalb auch des Klageverfahrens geworden oder - wenn der Änderungsbescheid vom 12.4.2010 erst nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung wirksam geworden sein sollte - er ist gemäß § 68 Abs. 1 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

 

 

19

2. Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist gemäß § 15a Abs. 2 UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut verwendet wird. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

 

 

20

a) Zu Recht gehen das FG und die Beteiligten davon aus, dass eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse nach § 15a Abs. 7 UStG durch den Übergang des Klägers von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG eingetreten ist.

 

 

21

Der Kläger hat im Streitjahr die noch veräußerten 350 Ferkel einmalig zur Ausführung von Umsätzen im Sinne der Regelung verwendet.

 

 

22

b) „Wirtschaftsgut“ im Sinne der Regelung und damit Berichtigungsobjekt ist entgegen der Auffassung des FA das einzelne Ferkel und nicht der erworbene oder veräußerte Bestand an Tieren.

 

 

23

aa) § 15a Abs. 2 UStG ist durch Art. 5 Nr. 12 des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes (EURLUmsG) vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310) eingeführt worden. Unionsrechtlich sind „Investitionsgüter“ Berichtigungsobjekte (vgl. Art. 187 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - und die Vorgängerregelung in Art. 20 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Richtlinie 77/388/EWG - ). Art. 189 Buchst. a MwStSystRL (zuvor Art. 20 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) erlaubt den Mitgliedstaaten, bei Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht den Begriff „Investitionsgüter“ und damit einzelne Berichtigungsobjekte zu definieren. Nach nationalem Recht sind Berichtigungsobjekte „Wirtschaftsgüter“, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (§ 15a Abs. 1), Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (§ 15a Abs. 2 UStG), die in § 15a Abs. 3 genannten Bestandteile und sonstigen Leistungen, die in § 15a Abs. 4 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen sowie unter den Voraussetzungen des § 15a Abs. 6 UStG auch nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten.

 

 

24

bb) Für eine Einzelbetrachtung bei der Auslegung des Merkmals „Wirtschaftsgut“ spricht, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Rahmen des Leistungsaustauschs bei Vorliegen eines Bündels von Einzelleistungen und Handlungen jede Leistung als eigene selbständige Leistung anzusehen ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 25.2.1999 C-349/96, Card Protection Plan (CPP), Slg. 1999, I-973 = SIS 99 10 25 Rdnrn. 29, 30; vom 27.10.2005 C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38 = SIS 06 02 01 Rdnrn. 19 bis 22; zum Ganzen BFH-Beschluss vom 28.10.2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 306 = SIS 11 02 28, unter II.3.a aa, m.w.N.). Hiervon gilt eine Ausnahme, wenn die Einzelbetrachtung dazu führt, dass eine wirtschaftlich einheitliche Leistung künstlich aufgespalten wird. Dies ist etwa der Fall, wenn sog. untrennbare Leistungen vorliegen (vgl. im Einzelnen Senatsbeschluss in BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 306 = SIS 11 02 28, unter II.3.a cc (2), m.w.N.). Ob eine einheitliche Leistung vorliegt, ist aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen und im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17.4.2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712 = SIS 08 36 15, unter II.2.d; vom 6.9.2007 V R 14/06, BFH/NV 2008, 624 = SIS 08 14 54, unter II.2. und 3.; vom 6.12.2007 V R 66/05, BFHE 221, 60, BStBl II 2008, 638 = SIS 08 12 04, unter II.3.; vom 13.1.2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461 = SIS 11 08 86, unter II.1.a). Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers ist ein „Wirtschaftsgut“ ein Gut, das nach der Verkehrsauffassung selbständig verkehrsfähig und bewertbar ist (vgl. Widmann in Plückebaum/Malitzky/Widmann, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 15a Rz 44). Auf dieser Grundlage ist das FG zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den einzelnen Ferkeln jeweils um eigenständige Wirtschaftsgüter handelt. Es hat darauf abgestellt, dass jedem einzelnen Tier im Geschäftsverkehr ein eigener wirtschaftlicher Wert zukomme, und es könne einzeln bewertet werden. Die „Partie“ der einzelnen Schweine bilde - so das FG - auch deshalb keine einheitliche Sache (Sachgesamtheit), weil die Tiere für gewöhnlich nicht über die gesamte Nutzungsdauer beieinander blieben. Die zivilrechtliche Wertung gemäß § 90a Satz 1 BGB, dass Tiere keine Sachen sind, sondern nur entsprechend der für Sachen geltenden Vorschriften zu behandeln sind, spricht nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der den Mitgliedstaaten zustehenden Definitionsbefugnis (s. oben II.2.b aa) ebenfalls dafür, dass nach Sicht des Durchschnittsverbrauchers einzelne Tiere für sich betrachtet „Wirtschaftsgüter“ sind.

 

 

25

cc) Hierfür spricht weiter, dass jeder Erwerbsvorgang gleich behandelt wird. Die Auslegung des FA hätte demgegenüber zur Folge, dass bei Lieferungen an den Steuerpflichtigen auf der Grundlage eines Vertrags, in dem die einzelnen Tiere als Liefergegenstände nicht individualisiert wären, stets die Sachgesamtheit (Partie) der Tiere Liefergegenstand und Berichtigungsobjekt wäre. Die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 1 UStDV hinge dann davon ab, ob mit den Vorsteuerbeträgen, die auf die jeweils erworbene Anzahl von Tieren entfielen, der Grenzbetrag überschritten würde. Eine solche Auslegung vermag nicht zu überzeugen. Die Auslegung des Merkmals „Wirtschaftsgut“ muss den Umständen jedes einzelnen Erwerbsvorgangs gerecht werden.

 

 

26

dd) Das vorstehende Auslegungsergebnis wird schließlich durch die handelsrechtlichen und ertragsteuerlichen Wertungen gestützt. Tiere, die - wie im Streitfall - ertragsteuerlich dem Umlaufvermögen zuzurechnen sind, sind grundsätzlich einzeln zu bewerten. Die Möglichkeit, aus Gründen der Praktikabilität bei der Bewertung von Tierbeständen von einer Gruppenbewertung gemäß § 240 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs Gebrauch machen zu können, führt nicht zu einer Zusammenfassung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einem Wirtschaftsgut, sondern lediglich zu einem einheitlichen Wertansatz für mehrere Wirtschaftsgüter (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6.8.1998 IV R 67/97, BFHE 186, 402, BStBl II 1999, 14 = SIS 98 22 18; vom 13.2.2003 IV R 72/00, BFH/NV 2003, 1155 = SIS 03 36 85, unter II.2.d; Leingärtner/Wendt, Besteuerung der Landwirte, Kap. 29a Rz 191).

 

 

27

3. Die Vorsteuerberichtigung zu Lasten des Klägers hat im Streitfall gemäß § 15a Abs. 11 Nr. 1 UStG i.V.m. § 44 Abs. 1 UStDV zu unterbleiben, da die auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten jedes Tieres entfallende Vorsteuer den Betrag von 1.000 EUR nicht übersteigt, ebenso Wenzel in Rau/ Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15a Rz 181; Bülow in Vogel/ Schwarz, UStG, § 15a Rz 201; a.A. Hundt-Eßwein in Offerhaus/ Söhn/Lange, § 15a UStG Rz 134a, 135; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 6.12.2005, BStBl I 2005, 1068 = SIS 06 01 88, Tz. 58). Der abweichenden Auffassung des BMF in Abschn. 218 Abs. 1 Satz 4 UStR 2008 (nunmehr Abschn. 15a.11. Abs. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), die bei vertretbaren Sachen zur Bestimmung des Wirtschaftsguts auf die vertraglichen Vereinbarungen - den Vertragsgegenstand - zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger abstellt, folgt der Senat jedenfalls für Mastschweine nicht (wie hier auch Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 23.7.2008 S-7316.2.1, UR 2008, 868; anders anscheinend nunmehr in Verfügung vom 10.2.2011 S 7316.2.1-3/3 St 33, juris, unter Tz. 2, 6 und Beispiel 3 zu Tz. 9).