GbR, Veräußerung nicht vorsteuerentlasteten PKW, USt-Pflicht: 1. Veräußert eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GbR einen PKW, dessen Erwerb sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und den sie ihrem Unternehmen zugeordnet hatte, so ist diese Veräußerung - anders als eine Entnahme - steuerbar, auch wenn die GbR ausdrücklich erklärt, diesen Umsatz nicht versteuern zu wollen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 31.1.2002 V R 61/96, BFHE 197 S. 372, BStBl 2003 II S. 813 = SIS 02 06 50). - 2. Die Veräußerung des PKW unterliegt nicht der Differenzbesteuerung nach § 25 a UStG, sondern ist nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu besteuern. - Urt.; BFH 2.3.2006, V R 35/04; SIS 06 31 21
I. Die
Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), betreibt eine
Steuerberatungsgesellschaft. Im Jahr 1995 erwarb sie von einem
Händler einen gebrauchten PKW Mercedes C 220 D zum Preis von
43.880 DM. Die Klägerin nahm aus der Anschaffung des PKW
keinen Vorsteuerabzug in Anspruch, da der Verkäufer die
Differenzbesteuerung nach § 25a des Umsatzsteuergesetzes 1993
(UStG) angewandt und Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen
hatte.
In den Jahren
1995 bis 1998 überließ die Klägerin den PKW
teilweise einem ihrer Gesellschafter unentgeltlich zur privaten
Nutzung und versteuerte diese Verwendung für
unternehmensfremde Zwecke gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. b UStG.
Im Jahr 1998
(Streitjahr) gab die Klägerin den PKW im Rahmen des Erwerbs
eines anderen Fahrzeugs für 23.500 DM in Zahlung. Der
Händler rechnete hierüber mit einer an die Klägerin
gerichteten Gutschrift vom 9.11.1998 wie folgt ab:
„Für
nachfolgend aufgeführtes Fahrzeug schreiben wir Ihnen
gut:
1
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Mercedes-Benz
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C 220
D
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Fahrzeug-Ident-Nr.
........
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DM
23.500
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Dieser Betrag wird bei Lieferung des uns in
Auftrag gegebenen Fahrzeugs zum Nennwert und zinslos
angerechnet.“
Die Klägerin vermerkte in ihrer
Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr:
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„Im Jahr 1998 wurde der PKW ... zum
Preis von DM 23.500 veräußert. Da beim Erwerb (§
25a UStG) kein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde, wird der
Umsatz nicht der Besteuerung unterworfen.
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Hinweis auf die Vorlage an den EuGH
gemäß Beschluss des BFH vom 24.9.1998 V R
61/96.“
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Durch den bezeichneten Beschluss hatte der
Bundesfinanzhof (BFH) dem Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorgelegt (vgl. Urteil vom 24.9.1998 V R 61/96, BFHE 187, 70, UR
1999, 64 = SIS 99 01 26):
„1.
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Kann ein Unternehmer einen gemischt
(unternehmerisch und nichtunternehmerisch) genutzten Gegenstand
unabhängig von dem Umfang der unternehmerischen Nutzung
insgesamt seinem Privatvermögen zuordnen?
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2.
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Unterliegt die Veräußerung eines
Gegenstands, den der Veräußerer ohne das Recht auf
Vorsteuerabzug von einem Privaten für Zwecke seines
Unternehmens erworben hatte, gemäß Art. 2 Nr. 1, Art. 11
Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG) in vollem Umfang der Umsatzsteuer?“.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) behandelte den Verkauf des PKW im
Umsatzsteuerbescheid für 1998 vom 26.5.2000 i.d.F. des
Änderungsbescheids vom 10.6.2002 als steuerbar und
steuerpflichtig.
Das Finanzgericht (FG) gab der von der
Klägerin nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage
statt.
Es führte zur Begründung aus, die
Klägerin habe den PKW vor der Veräußerung ihrem
Unternehmen entnommen, so dass eine Besteuerung gemäß
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausscheide. Indem der Erwerber
des PKW mit Einverständnis der Klägerin in der Gutschrift
vom 9.11.1998 keine Umsatzsteuer ausgewiesen habe und die
Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für das
Streitjahr den bezeichneten Vermerk angebracht habe, habe sie klar
zum Ausdruck gebracht, dass sie den PKW nicht habe steuerpflichtig
veräußern wollen. Deshalb liege - entsprechend den
Grundsätzen des BFH-Urteils vom 31.1.2002 V R 61/96 (BFHE 197,
372, BStBl II 2003, 813 = SIS 02 06 50) - eine Entnahme vor
Veräußerung vor.
Einer Übertragung der Grundsätze
dieses Urteils auf den vorliegenden Fall stehe nicht entgegen, dass
die Klägerin als Unternehmerin in der Rechtsform einer GbR und
nicht - wie in dem vom BFH entschiedenen Fall - als
Einzelunternehmerin gehandelt habe. Auch eine Personengesellschaft
könne einen nichtunternehmerischen Bereich haben.
Das Urteil des FG ist in EFG 2004, 1553 =
SIS 04 31 58 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision
rügt das FA Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
und macht im Wesentlichen geltend: Ein nichtunternehmerischer
Bereich der Klägerin, der über die bloße
Nutzungsüberlassung des PKW an einen Gesellschafter
hinausgehe, sei nicht vorhanden gewesen. Jedenfalls sei das
Fahrzeug mangels eindeutiger Entnahmehandlung nicht aus dem
unternehmerischen Bereich ausgeschieden. Auch die Voraussetzungen
für eine Differenzbesteuerung nach § 25a UStG seien nicht
gegeben.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet
abzuweisen.
Die Klägerin tritt dem Vorbringen des
FA entgegen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Die Veräußerung des PKW durch die
Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG steuerbar. Entgegen der Auffassung des FG hat die
Klägerin den PKW nicht vor der Veräußerung
entnommen. Eine Differenzbesteuerung nach § 25a UStG scheidet
aus.
1. Der Umsatzsteuer unterliegen u.a.
Lieferungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen
seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG). Die Veräußerung eines Gegenstandes geschieht nur
dann im Rahmen des Unternehmens, wenn der betreffende Gegenstand
vorher dem Unternehmensbereich zugeordnet und nicht vor der
Veräußerung aus dem Unternehmen entnommen worden
ist.
a) Das FG hat zutreffend angenommen, dass die
Klägerin den PKW ursprünglich in vollem Umfang ihrem
Unternehmen zugeordnet hatte.
Diese Zuordnung folgt daraus, dass die
Klägerin in den Jahren 1996 bis 1998 die private Nutzung des
PKW durch einen ihrer Gesellschafter gemäß § 1 Abs.
1 Nr. 2 Buchst. b UStG versteuert hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197,
372, BStBl II 2003, 813 = SIS 02 06 50, unter II. 2. c). Dies ist
zu Recht unter den Beteiligten nicht umstritten.
b) Der Senat vermag dem FG aber insoweit nicht
zu folgen, als dieses angenommen hat, die Klägerin habe den
PKW vor der Veräußerung ihrem Unternehmen entnommen.
aa) Der BFH hat zwar in seinem Urteil in BFHE
197, 372, BStBl II 2003, 813 = SIS 02 06 50 eine solche Entnahme
mit folgender Begründung angenommen (vgl. unter II. 3. der
Gründe):
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„Der Kläger konnte also den PKW
vor der Veräußerung seinem Unternehmen mit der Folge
entnehmen, dass die nachfolgende Veräußerung nicht mehr
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 im Rahmen seines
Unternehmens erfolgte.
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Er hat dies auch getan. Indem er dem
Erwerber des PKW keine Umsatzsteuer in Rechnung stellte und hierzu
in der Steuererklärung vermerkte: ‘steuerfreier Umsatz
(PKW wurde gebraucht von einer Privatperson gekauft)’, hat er
klar zum Ausdruck gebracht, dass er den PKW nicht steuerpflichtig
veräußern wollte. Ein derartiges Verhalten mag zwar
grundsätzlich nicht den Schluss rechtfertigen, der PKW sei vor
der Veräußerung entnommen worden. Im Streitfall ist aber
zu berücksichtigen, dass der Kläger vor der
Vorabentscheidung des EuGH noch keine klaren Vorstellungen davon
haben konnte, wie er die Veräußerung des PKW der
Steuerpflicht - zulässigerweise - entziehen konnte. Es muss
deshalb genügen, dass er eindeutig erklärt hatte, die
Veräußerung nicht versteuern zu wollen.“
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bb) Entgegen der Auffassung des FG sind diese
- im Fall eines Einzelunternehmers aufgestellten - Grundsätze
aber nicht auf den vorliegenden Streitfall anwendbar.
Die als Steuerberatungsgesellschaft
unternehmerisch tätige Klägerin hat den PKW nicht aus
ihrem Unternehmen für Zwecke entnommen, die außerhalb
des Unternehmens liegen. Sie hat den PKW an einen Dritten
veräußert und nicht etwa ihrem Gesellschafter geschenkt.
Eine Entnahme des PKW kommt deshalb nicht in Betracht.
2. Die Lieferung des PKW unterliegt - entgegen
der Auffassung der Klägerin - nicht der Differenzbesteuerung
nach § 25a UStG. Denn die Klägerin ist nicht
Wiederverkäufer im Sinne dieser Vorschrift.
a) Die Differenzbesteuerung für
Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von bestimmten
beweglichen körperlichen Gegenständen setzt nach §
25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 u.a. voraus, dass der liefernde Unternehmer
ein „Wiederverkäufer“ ist. Als
Wiederverkäufer gilt nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG,
wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen
Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen
Namen öffentlich versteigert.
Die Klägerin als
Steuerberatungsgesellschaft handelt nicht gewerbsmäßig
mit PKW. Die einmalige Veräußerung eines zum
Anlagevermögen gehörenden PKW begründet nicht die
Eigenschaft als Wiederverkäufer i.S. des § 25a UStG (vgl.
FG Köln, Urteil vom 15.4.2004 11 K 2507/03, EFG 2004, 1333 =
SIS 04 25 67, m.w.N.).
b) Diese Auslegung des § 25a Abs. 1 Nr. 1
Satz 2 UStG steht im Einklang mit Art. 26a Teil A Buchst. e der
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG.
Nach dieser Bestimmung ist
„steuerpflichtiger Wiederverkäufer“ jeder
Steuerpflichtige, der im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit
Gebrauchsgegenstände, Kunstgegenstände,
Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft oder zur Deckung
seines unternehmerischen Bedarfs verwendet oder zum Zwecke des
Wiederverkaufs einführt, gleich, ob er auf eigene Rechnung
oder aufgrund eines Einkaufs- oder Verkaufskommissionsvertrags auf
fremde Rechnung handelt.
Nach der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom
8.12.2005 C-280/04 - Jyske Finans - (IStR 2006, 58 = SIS 06 06 80)
kann zwar als steuerpflichtiger Wiederverkäufer im Sinne
dieser Bestimmung (auch) ein Unternehmen angesehen werden, das im
Rahmen seiner normalen Tätigkeit Fahrzeuge wiederverkauft, die
es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben
hatte, und für das der Wiederverkauf im Augenblick der
Anschaffung des Gebrauchsgegenstandes nicht das Hauptziel, sondern
nur sein zweitrangiges und dem der Vermietung untergeordnetes Ziel
darstellt.
Der Wiederverkauf von PKW gehört aber
nicht zum normalen Tätigkeitsfeld der Klägerin als
Steuerberatungsgesellschaft.