1
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I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob Aktien steuerlich der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin) zuzurechnen sind. Streitjahre sind 2000 und
2001.
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Die Klägerin ist eine GmbH, deren
Gesellschafter ausschließlich Kommunen sind. Gegenstand ihres
Unternehmens ist die Wahrnehmung der kommunal- und
gesellschaftsrechtlich zulässigen Interessenvertretung,
insbesondere die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der
kommunalen Aktionäre in einer AG (E-AG). Die E-AG ist ein
Energieversorgungsunternehmen (EVU); die Klägerin soll ihre
Gesellschafter bei der Sicherung einer wirtschaftlichen und
ökologischen Energieversorgung unterstützen.
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Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des
Kommunalvermögensgesetzes (KVG) hatte jede mit Strom oder
Fernwärme versorgte Kommune im Gebiet des Art. 3 des
Einigungsvertrags vom 31.8.1990 einen Anspruch auf Übertragung
von Aktien an dem die Versorgung betreibenden regionalen EVU.
Damaliger Energieversorger der an der Klägerin beteiligten
Kommunen war die S-AG, deren Rechtsnachfolgerin die E-AG ist. Den
Gesellschaftern der Klägerin standen rund 26 % der Aktien der
S-AG zu; nach einer Fusion von vier regionalen EVU zur E-AG
beträgt ihr Anteil an der E-AG nunmehr rund 6 %.
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Im Jahr 1996 schlossen die Bundesanstalt
für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) und die
Klägerin einen „Vertrag zur treuhänderischen
Übertragung der Rechte an und aus den Aktien an der
S-AG“. Nach der Präambel dieses Vertrages sollte die
Klägerin die Aktien an der S-AG treuhänderisch für
428 Städte und Gemeinden halten. Ferner heißt es dort,
dass durch die Übertragung der Aktien an der S-AG auf die
Klägerin die vom Einigungsvertrag und vom KVG geschaffene
Rechtsposition der einzelnen Kommunen nicht berührt werde. Die
Klägerin sollte die ihr abgetretenen Rechte nur
treuhänderisch für die gemäß § 4 Abs. 2
Satz 2 KVG anspruchsberechtigten Kommunen wahrnehmen;
anderslautende Vereinbarungen zwischen der Klägerin und
einzelnen Kommunen wurden aber ausdrücklich nicht
ausgeschlossen. Weiter verpflichtete sich die Klägerin, die
ihr übertragenen Aktien auf schriftliches Verlangen der
Kommunen auf diese zu übertragen. Die
Gewinnausschüttungen sollten den Kommunen zustehen.
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Am 16.9.1999 schlossen 141 Kommunen mit der
Klägerin jeweils als „Treuhandvertrag“ bezeichnete
Verträge. Diese enthielten u.a. folgende Regelungen:
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a) In der Präambel wird auf die
Restitutions- und Kommunalisierungsansprüche der Kommunen nach
§ 4 KVG sowie darauf verwiesen, dass die Gesellschafter der
Klägerin einen Anspruch gegen die BvS auf Übertragung von
Anteilen an der S-AG hatten. Weiter wird darauf verwiesen, dass die
BvS diese Anteile inzwischen auf die Klägerin übertragen
habe, „welche seither die vorgenannten Aktien
treuhänderisch für die BvS“ halte. Schließlich
wird erläutert, dass den Kommunen nach den Restitutions- und
Kommunalisierungsvorschriften ein Anspruch gegen die Klägerin
auf Übertragung der Anteile an der E-AG zustehe.
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b) Nach § 1 hält die
Klägerin die Aktien treuhänderisch für die Kommunen.
Das Treuhandverhältnis ist auf 10 Jahre befristet und soll
sich auf 15 Jahre verlängern, sofern ein Beteiligter dies
spätestens ein Jahr vor Fristablauf fordert.
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c) Nach § 2 Abs. 1 darf die
Klägerin als Treuhänder alle Gesellschaftsrechte
ausüben. Die Kommunen sind von der Ausübung dieser Rechte
ausgeschlossen und nicht berechtigt, Weisungen in Bezug auf das
Stimmrecht zu erteilen. Die Erträge der Aktien stehen nach
§ 2 Abs. 2 der Klägerin zu. Diese hat keinen Anspruch auf
eine Vergütung und auf Aufwendungsersatz (§ 2 Abs. 3) und
muss sich jeder Verfügung über die Aktien enthalten
(§ 2 Abs. 4). Die Kommunen sind nicht verpflichtet, die
Klägerin von Verpflichtungen freizustellen, die aus der
Führung der Treuhand entstehen (§ 2 Abs. 6).
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d) Als Gegenleistung für die
Einräumung des Treuhandverhältnisses erhalten die
Kommunen ein jährliches Entgelt in Höhe einer
marktüblichen Darlehensverzinsung. Ferner heißt es im
Vertrag, dass zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos der
Klägerin der jährliche Entgeltanspruch der Kommunen nicht
entstehe, soweit das über den Betrag des Stammkapitals hinaus
vorhandene Vermögen der Klägerin zur Erfüllung aller
Entgeltansprüche aus den Treuhandverhältnissen nicht
ausreiche.
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e) Das Treuhandverhältnis endet mit
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen der Klägerin, mit der Abtretung der
treuhänderisch für die Kommunen gehaltenen Aktien an
einen Dritten und wenn Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung
in die treuhänderisch gehaltenen Aktien ausgebracht werden
(§ 5 Abs. 1 des Treuhandvertrags). Für diesen Fall tritt
die Klägerin die Aktien bereits im Treuhandvertrag an die
Kommunen ab, und zwar aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der
Beendigung der Treuhand. Nach § 5 Abs. 2 des Vertrags kann das
Treuhandverhältnis von jedem Beteiligten mit einer Frist von
sechs Monaten gekündigt werden; § 5 Abs. 3 sieht vor,
dass das Treuhandverhältnis nach seiner Beendigung nach den
vertraglichen und gesetzlichen Regelungen abgewickelt wird.
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f) Nach § 6 Abs. 1 des Vertrags
verzichten die Kommunen für die Dauer des
Treuhandverhältnisses auf die Geltendmachung ihrer in der
Präambel genannten Ansprüche. Nach § 6 Abs. 2
verzichten die Kommunen mit der vertragsgerechten Beendigung des
Treuhandverhältnisses (vgl. § 5) endgültig auf die
in der Präambel genannten Ansprüche.
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Im April 2000 nahm die E-AG eine
Gewinnausschüttung für das Geschäftsjahr 1999 vor.
Die E-AG stellte für die auf die Treuhand-Aktien entfallende
Dividende der Klägerin eine Steuerbescheinigung nach § 44
des Körperschaftsteuergesetzes 1999 (KStG 1999) aus; danach
beliefen sich die steuerpflichtige Bruttodividende auf 889.063,24
EUR (1.738.856,56 DM), die anrechenbare Körperschaftsteuer auf
266.718,97 EUR (521.656,97 DM) und die Kapitalertragsteuer auf
155.586,07 EUR (304.299,90 DM).
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Im April 2001 schüttete die E-AG den
Gewinn für das Geschäftsjahr 2000 aus. Der Klägerin
wurde erneut für die Treuhand-Aktien eine Steuerbescheinigung
gemäß § 44 KStG 1999 ausgestellt. Danach betrugen
die Bruttodividende 1.066.875,95 EUR (2.086.627,99 DM), die
anrechenbare Körperschaftsteuer 320.062,79 EUR (625.988,40 DM)
und die Kapitalertragsteuer 186.703,29 EUR (365.159,89 DM).
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Am 24.10.2000 und 17.10.2001 fassten die
Gesellschafter der Klägerin Beschlüsse über die
Festlegung der Höhe der Entschädigungen der Kommunen
gemäß § 3 der Treuhandverträge. Die Kommunen
hatten danach Anspruch auf Entschädigungen in Höhe von
806.109,21 EUR (1.576.612,58 DM) für 2000 und in Höhe von
1.060.670,41 EUR (2.074.491 DM) für 2001.
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Die Klägerin aktivierte in ihren
Jahresabschlüssen für die Streitjahre die Treuhand-Aktien
im Anlagevermögen, und zwar als
„Treuhandvermögen“. In entsprechender Höhe
wurden Treuhandverpflichtungen gegenüber den Kommunen
passiviert. Die auf die Treuhand-Aktien entfallenden Dividenden
behandelte sie als Betriebseinnahmen und die auf die
Treuhand-Aktien entfallenden Entschädigungen zugunsten der
Kommunen als Betriebsausgaben.
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In ihren Steuererklärungen für
die Streitjahre beantragte die Klägerin die Anrechnung der auf
die Treuhand-Aktien entfallenden Körperschaftsteuer und
Kapitalertragsteuer. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) in den angefochtenen Bescheiden nicht. Er
ging davon aus, dass zwischen der Klägerin und ihren
Gesellschaftern hinsichtlich der Treuhand-Aktien
Treuhandverhältnisse i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2
der Abgabenordnung (AO) bestünden, sodass die Aktien den
einzelnen Kommunen als wirtschaftlichen Eigentümern
zuzurechnen seien. Daher behandelte er die Dividenden nicht als
Betriebseinnahmen, sondern als verdeckte Einlagen der Kommunen in
die Klägerin; die gezahlten Entschädigungen erfasste er
nicht als Betriebsausgaben der Klägerin, sondern als verdeckte
Gewinnausschüttungen. Zudem rechnete er die auf die Dividenden
entfallende anrechenbare Körperschaftsteuer und die
Kapitalertragsteuer nicht an.
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Das Finanzgericht (FG) hat die deshalb
erhobene Klage hinsichtlich der nunmehr noch streitbefangenen
Bescheide abgewiesen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2008
6 K 923/06). Sein Urteil ist in EFG 2009, 547 = SIS 09 07 74
abgedruckt.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die angefochtenen Bescheide dahin
zu ändern, dass die Dividenden der E-AG als Betriebseinnahmen
und die Entschädigungen für die Aktienüberlassung
als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet, soweit
sie den Rechtsstreit wegen Körperschaftsteuer betrifft. Sie
führt insoweit gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und zur antragsgemäßen Änderung der
angefochtenen Bescheide. Im Hinblick auf die ebenfalls
angefochtenen Gewerbesteuer-Messbescheide ist die Revision
unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
FGO).
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1. Die Entscheidung über die Revision
wegen der Gewerbesteuer-Messbescheide beruht darauf, dass die Klage
insoweit unzulässig war. Denn die Klägerin begehrt eine
Erhöhung der ihr gegenüber festgesetzten
Messbeträge, und eine dahin gehende Klage ist
regelmäßig unzulässig. Eine Anfechtungsklage ist
nämlich nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht,
durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt
zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO); die Festsetzung einer zu niedrigen
Steuer oder eines zu niedrigen Messbetrags löst jedoch
gemeinhin keine Rechtsverletzung aus. So liegen die Dinge
hinsichtlich der Gewerbesteuer-Messbescheide im Streitfall, in dem
weder die Klägerin vorgetragen hat noch anderweit erkennbar
ist, inwieweit die Rechtsstellung der Klägerin durch die von
ihr angestrebte Änderung jener Bescheide verbessert werden
könnte. Soweit hiernach die Klage unzulässig war, ist die
sie abweisende Entscheidung des FG im Ergebnis richtig, weshalb die
Revision insoweit zurückzuweisen ist (§ 126 Abs. 4
FGO).
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2. Soweit sie die angefochtenen
Körperschaftsteuerbescheide betraf, war die Klage hingegen
zulässig. Die Klägerin begehrt zwar auch insoweit eine
Erhöhung der bislang festgesetzten Steuer. Eine auf eine
höhere Steuerfestsetzung gerichtete Klage kann aber nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. dann zulässig
sein, wenn die Erhöhung der festgesetzten Steuer Voraussetzung
für eine Anrechnung von Körperschaftsteuer nach
Maßgabe von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des im Streitfall
maßgeblichen Einkommensteuergesetzes 1997 (EStG 1997) oder
für eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer gemäß
§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 ist (vgl. BFH-Urteil vom
19.7.1994 VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362 = SIS 95 12 91, m.w.N.). Ein solcher Sachverhalt liegt, soweit es um die
Festsetzung der Körperschaftsteuer geht, im Streitfall vor.
Das FG hat dies zutreffend dargestellt, und die Beteiligten sind
dem nicht entgegengetreten, weshalb der Senat von weiteren
Ausführungen hierzu absieht.
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3. Die Revision ist im Hinblick auf die
Körperschaftsteuerbescheide begründet. Die streitigen
Einkünfte sind bei der Festsetzung der Körperschafteuer
gegenüber der Klägerin zu berücksichtigen. Der
Ansicht des FG, dass jene Einkünfte nicht der Klägerin,
sondern deren Gesellschaftern zuzurechnen seien, folgt der Senat
nicht.
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a) Der von der Klägerin begehrte Ansatz
der Dividenden der E-AG sowie der darauf entfallenden anrechenbaren
Steuern als Einnahmen setzt voraus, dass die betreffenden Einnahmen
steuerrechtlich der Klägerin zuzurechnen sind. Die
persönliche Zurechnung von Dividenden richtet sich nach der
hier maßgeblichen Rechtslage nach § 20 Abs. 2a EStG 1997;
das gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - die Anteile an der
ausschüttenden Gesellschaft in einem Betriebsvermögen
gehalten werden. Anteilseigner i.S. des § 20 Abs. 2a Satz 1
EStG 1997 ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der
Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind (§ 20 Abs. 2a Satz 2 EStG
1997).
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b) Nach § 39 Abs. 1 AO sind
Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen.
„Eigentümer“ i.S. dieser Regelung ist der
zivilrechtliche Eigentümer bzw. Inhaber des Wirtschaftsguts;
dies war in Bezug auf die in Rede stehenden Aktien der E-AG in den
Streitjahren die Klägerin. Abweichend von § 39 Abs. 1 AO
bestimmt zwar § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei
Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber
zuzurechnen sind. Diese Vorschrift greift jedoch nur dann ein, wenn
im konkreten Einzelfall ein steuerlich anzuerkennendes
Treuhandverhältnis besteht. Daran fehlt es im Streitfall.
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aa) Die Voraussetzungen für das Vorliegen
eines Treuhandverhältnisses sind weder im Zivilrecht noch
für das Steuerrecht gesetzlich bestimmt. Nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung führt jedoch nicht
jede als „Treuhandvertrag“ bezeichnete
Vereinbarung zum Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden
Treuhandverhältnisses (Senatsurteil vom 20.1.1999 I R 69/97,
BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514 = SIS 99 15 10). Ein solches ist
vielmehr nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen
Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene
Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers
eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die
rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“
erscheint (Senatsurteil in BFHE 188, 254, 258, BStBl II 1999, 514,
516 = SIS 99 15 10). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis
beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder
getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem
Vollzug (BFH-Urteile vom 15.7.1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518,
BStBl II 1998, 152 = SIS 97 21 32). Es muss zweifelsfrei erkennbar
sein, dass der Treuhänder ausschließlich für
Rechnung des Treugebers handelt (Senatsurteil vom 28.2.2001 I R
12/00, BFHE 194, 320, 323 f. = SIS 01 09 74, BStBl II 2001, 468,
470 = SIS 01 09 74).
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Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares
Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des
Treugebers - und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit
des Treuhänders - in Bezug auf die Behandlung des Treuguts
(Senatsurteil in BFHE 188, 254, 258, BStBl II 1999, 514, 516 = SIS 99 15 10). Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die
Rückgabe des Treuguts zu verlangen (BFH-Urteil in BFHE 183,
518, 527, BStBl II 1998, 152, 156 = SIS 97 21 32, m.w.N.), wobei
die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist
unschädlich ist (BFH-Urteil vom 10.12.1992 XI R 45/88, BFHE
170, 487, 492, BStBl II 1993, 538, 540 = SIS 93 12 25). Die
Vereinbarung eines Treuhandentgelts ist nicht notwendige Bedingung,
kann aber ein Anzeichen für das Vorliegen eines
Treuhandverhältnisses sein (BFH-Urteil in BFHE 183, 518, 527,
BStBl II 1998, 152, 156 = SIS 97 21 32). Schließlich kommt bei
der Frage nach der Durchführung einer Treuhandvereinbarung der
bilanziellen Behandlung des Treuguts indizielle Bedeutung zu (BFH
in BFHE 183, 518, 527, BStBl II 1998, 152, 156 = SIS 97 21 32;
Schmieszek in Beermann/Gosch, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 36.1).
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bb) Im Streitfall steht dem Vorliegen eines
Treuhandverhältnisses i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2
AO zum einen entgegen, dass die Kommunen der Klägerin keine
Weisungen dazu erteilen konnten, wie die mit den E-AG-Aktien
verbundenen Rechte auszuüben waren. Ein solches Weisungsrecht
war nach den maßgeblichen Verträgen ausdrücklich
ausgeschlossen. Es wird nicht in ausreichender Weise dadurch
ersetzt, dass die Kommunen in der Gesellschafterversammlung der
Klägerin auf ein bestimmtes Vorgehen hinwirken konnten. Denn
entsprechende Anweisungen an die Organe der Klägerin konnte
zwar die Gesellschafterversammlung mit der dafür notwendigen
Mehrheit beschließen; die einzelne Kommune war insoweit aber
der Mehrheitsentscheidung unterworfen und konnte in ihrer
Eigenschaft als Gesellschafterin der Klägerin nicht
durchsetzen, dass bestimmte ihr selbst zuzuordnende Anteile von der
Klägerin ggf. anders als nach Maßgabe des
Gesellschafterbeschlusses zur Geltung gebracht wurden. In diesem
Punkt hatte die Klägerin mithin gegenüber einer jeden
Kommune eine autonome Entscheidungsbefugnis, was dagegen spricht,
ihre zivilrechtliche Stellung in Bezug auf die E-AG-Aktien als
„leere Hülle“ anzusehen. Auf die Frage, ob
und ggf. in welchem Umfang entsprechende Interessenkonflikte in der
Praxis tatsächlich aufgetreten sind, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an.
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Der Streitfall ist in diesem Punkt nicht mit
demjenigen vergleichbar, der Gegenstand des BFH-Urteils in BFHE
170, 487, BStBl II 1993, 538 = SIS 93 12 25 war. Dort ging es um
die Beteiligung an einer KG, deren Kommanditanteile von einer
Treuhänderin gehalten wurden; die Treugeber waren in einer GbR
verbunden und hatten vermittels dieser GbR ihre Beteiligungen an
der KG zum Gegen-stand des Treuhandvertrags gemacht. Der BFH hat im
Urteilsfall die Eigenschaft der Kommanditisten als Mitunternehmer
der KG nicht daran scheitern lassen, dass diese ihre
Gesellschafterrechte nur im Rahmen der GbR ausüben konnten.
Das ist aber schon deshalb gerechtfertigt, weil die einzelnen
Treugeber innerhalb der KG keine bessere Stellung gehabt
hätten, wenn sie sich unmittelbar in GbR - und ohne
Einschaltung eines Treuhänders - an dieser beteiligt
hätten. Dieser Gedanke kann im Streitfall nicht
durchgreifen.
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Das Fehlen einer Weisungsbefugnis der Kommunen
ist für die Frage nach dem Vorliegen eines steuerrechtlich
anzuerkennenden Treuhandverhältnisses ungeachtet dessen von
Bedeutung, dass die Kommunen berechtigt waren, ihre Verträge
mit der Klägerin unter Einhaltung einer Frist von sechs
Monaten zu kündigen. Das FG weist zwar zu Recht darauf hin,
dass auf diese Weise jede einzelne Kommune in die Lage versetzt
wurde, im Fall einer Missachtung ihrer Wünsche das
Vertragsverhältnis kurzfristig zu beenden und die
uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über die ihr
zustehenden E-AG-Aktien zu erlangen. Es mag auch richtig sein, dass
eine Kommune im Einzelfall hätte versuchen können, unter
Hinweis auf diese Möglichkeit die Klägerin zu einem
bestimmten Umgang mit ihren Gesellschafterrechten zu bewegen.
Daraus kann aber entgegen der Ansicht des FG nicht abgeleitet
werden, dass die vertraglich bestimmte Weisungsfreiheit der
Klägerin „ausgehöhlt“ gewesen und
unter diesem Gesichtspunkt unbeachtlich sei. Denn eine solche
Handhabung würde dazu führen, dass die für ein
Treuhandverhältnis notwendige Weisungsgebundenheit durch das
Vorliegen einer kurzfristigen Kündigungsmöglichkeit
ersetzt würde. Das wäre mit der Rechtsprechung des BFH,
die das Vorliegen beider Momente verlangt, nicht vereinbar.
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cc) Zudem hat die Klägerin auch vom
wirtschaftlichen Ergebnis her die E-AG-Aktien nicht
ausschließlich für Rechnung der Kommunen gehalten. Zwar
mag es zutreffen, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen jede
Steigerung und jedes Absinken des Werts der E-AG-Aktien nur den
Kommunen zum Vorteil bzw. zum Nachteil gereichte, da diese von der
Klägerin nur eine Übertragung der ihnen zustehenden
Aktien verlangen konnten. Die Revision weist aber zu Recht darauf
hin, dass nach den Feststellungen des FG der Klägerin die
Differenz zwischen den von der E-AG gezahlten Dividenden und den an
die Kommunen zu zahlenden Entgelten in Höhe einer
„marktüblichen Darlehensverzinsung“
verblieben ist und dass es sich dabei um von Jahr zu Jahr
schwankende Beträge handelte. Der Klägerin stand mithin
nicht nur ein festes oder ein an Wert oder Ertrag der Aktien
bemessenes Treuhandentgelt zu; vielmehr wirkte sich insbesondere
dann, wenn der Dividendenertrag hoch und das Marktzinsniveau
niedrig war, dieses Verhältnis ausschließlich zu ihren
Gunsten aus. Insoweit ähnelte das Verhältnis zwischen ihr
und den Kommunen demjenigen bei einem fremdfinanzierten Erwerb von
Wertpapieren. Dass für den umgekehrten Fall des nicht
ausreichenden Dividendenertrags die Zahlungspflicht der
Klägerin gegenüber den Kommunen auf die tatsächlich
erwirtschafteten Mittel begrenzt war, rechtfertigt für sich
genommen nicht die Annahme, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung
die Kommunen als die „wahren“ Gesellschafter der
E-AG anzusehen sind. Dessen bedürfte es aber für das
Vorliegen eines Treuhandverhältnisses i.S. des § 39 Abs.
2 Nr. 1 Satz 2 AO.
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dd) Die Rechtsprechung zum Übergang des
wirtschaftlichen Eigentums beim Erwerb von Anteilen an
Kapitalgesellschaften (BFH-Urteil vom 11.7.2006 VIII R 32/04, BFHE
214, 326, BStBl II 2007, 296 = SIS 06 45 71), auf die das FG vor
allem abgestellt hat, ist im Streitfall nicht einschlägig. Sie
betrifft nämlich die Frage, von welchem Zeitpunkt an der neue
rechtliche Inhaber des Anteils eine Rechtsposition innehat, die den
Vorgaben des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO entspricht. Darum
geht es im Zusammenhang mit der Frage nach dem Vorliegen eines
Treuhandverhältnisses schon deshalb nicht, weil ein
Treuhandverhältnis im Allgemeinen nicht dazu führt, dass
der Treuhänder den Treugeber - wie von § 39 Abs. 2 Nr. 1
Satz 1 AO verlangt - für die gewöhnliche Nutzungsdauer
von der Einwirkung auf das Treugut ausschließen kann. Ein
Treuhandverhältnis kann vielmehr auch dann bestehen, wenn der
Treugeber das Treugut vor dessen Abnutzung zurückerhalten
soll. Das schließt die Annahme aus, dass beide Sachverhalte
nach denselben Maßstäben beurteilt werden müssten.
Deshalb kann insbesondere die Feststellung der einzelnen Merkmale
eines Treuhandverhältnisses nicht durch eine
Gesamtbildbetrachtung ersetzt werden, selbst wenn eine solche im
Zusammenhang mit § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO angezeigt ist.
Diese Merkmale liegen indessen im Streitfall nicht vollständig
vor.
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ee) Schließlich spricht auch die
bilanzielle Behandlung des Vorgangs durch die Klägerin nicht
eindeutig für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses.
Das FG hat dazu zwar einerseits festgestellt, dass die
Klägerin die in Rede stehenden Aktien als
„Treuhandvermögen“ ausgewiesen und zudem
„Treuhandverpflichtungen“ gegenüber den
Kommunen passiviert hat. Andererseits hat die Klägerin aber
die von ihr vereinnahmten Dividenden als Betriebseinnahmen und die
an die Kommunen gezahlten Entgelte als Betriebsausgaben behandelt,
was der Verbuchung und Bilanzierung im Fall eines Handelns nicht
nur im eigenen Namen, sondern auch auf eigene Rechnung entspricht.
Demgegenüber hätte es der buchtechnischen Umsetzung eines
Treuhandverhältnisses entsprochen, die
Ausschüttungsbeträge entweder ebenfalls als
„Treuhandvermögen“ oder als
„durchlaufende Posten“ auszuweisen (vgl.
Senatsurteil in BFHE 194, 320, 325, BStBl II 2001, 468, 470 = SIS 01 09 74). Dass dies nicht geschehen ist, steht zusätzlich der
Annahme entgegen, dass die Klägerin eindeutig und zweifelsfrei
für Rechnung der Kommunen gehandelt habe.
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4. Im Ergebnis sind hiernach die streitigen
Einkünfte der Klägerin zuzurechnen. Über die
Höhe dieser Einkünfte besteht zwischen den Beteiligten
kein Streit. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die
dazu von der Klägerin gemachten Angaben unzutreffend sein
könnten, und setzt die Körperschaftsteuer deshalb
antragsgemäß fest. Die Berechnung der festgesetzten
Beträge wird gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. §
100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
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