Bilanzierung öffentlich-rechtlicher Verpflichtung, Fristlauf: Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist noch nicht rechtlich entstanden im Sinne der Rechtsprechung zu Verbindlichkeitsrückstellungen, wenn die Rechtsnorm, in der sie enthalten ist, eine Frist für ihre Erfüllung enthält, die am maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen ist (Abgrenzung gegenüber dem BFH-Urteil vom 27.6.2001 I R 45/97, BFHE 196 S. 216, BStBl 2003 II S. 121 = SIS 01 10 95). - Urt.; BFH 13.12.2007, IV R 85/05; SIS 08 18 25
I. Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine
GmbH & Co. KG, betreibt in Bayern und Baden-Württemberg
Tankstellen, die angemietet bzw. auf fremdem Grund und Boden
errichtet waren. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben (20. und 21.
Bundes-Immissionsschutz-Verordnung - BImSchV - i.d.F. vom
7.10.1992, BGBl I 1992, 1727, 1730, und Anlagenverordnung - VawS -
Bayern bzw. Baden-Württemberg) war die Klägerin
verpflichtet, verschiedene Tankstellen nach dem Stand der Technik
mit einem Gasrückführungssystem (Gaspendelung) und mit
flüssigkeitsundurchlässigen Bodenbefestigungen nach einem
so genannten AGB-Basis-System im Wirkbereich der Zapfsäulen
nachzurüsten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG)
sollte dies bis spätestens zum 31.12.1997 bzw. 31.12.1998
geschehen. Ein Teil der Maßnahmen zur Bodenbefestigung wurden
bis Ende 1996 durchgeführt. Die Aufwendungen hierfür
wurden aktiviert; der Buchwert zum 31.12.1996 betrug 1.862.319 DM.
Ein weiterer Teil der erforderlichen Maßnahmen sollte erst in
den Jahren nach 1996 durchgeführt werden. Für die hiermit
zusammenhängenden künftigen Aufwendungen bildete die
Klägerin bis zum 31.12.1996 folgende
Rückstellungen:
Für flüssigkeitsdichte
Fahrbahnen:
|
1.235.000 DM
|
Für die Gaspendelung:
|
618.000 DM
|
Gesamt:
|
1.853.000 DM
|
Anlässlich einer für die
Veranlagungszeiträume 1994 bis 1996 durchgeführten
Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass
Rückstellungen für künftige Herstellungskosten
bezüglich der Bodenbefestigungen nicht gebildet werden
könnten und diese Rückstellungen daher aufzulösen
seien. Zu den Maßnahmen wegen der Gaspendelung vertrat der
Prüfer die Auffassung, entsprechende Rückstellungen
dürften erst gebildet werden, wenn die für diese
Maßnahmen gesetzte gesetzliche Frist abgelaufen sei.
Daraufhin beantragte die Klägerin im
Rahmen der Schlussbesprechung, im Wege der Bilanzberichtigung die
bisher aktivierten Aufwendungen für flüssigkeitsdichte
Fahrbahnen in Höhe von 1.862.319 DM als Erhaltungsaufwand
auszubuchen. Diesen Antrag lehnte der Prüfer im
Betriebsprüfungsbericht ab.
Der Beklagte, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erließ auf der
Grundlage der Ergebnisse der Außenprüfung geänderte
Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen 1994 bis 1996, über die
einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge 1994 bis 1996 und
über die Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den
1.1.1995 bis 1997.
Die gegen diese Bescheide eingelegten
Einsprüche wies das FA als unbegründet
zurück.
Mit der zum FG erhobenen Klage verfolgte
die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Klage hatte nur insoweit Erfolg, als
das FG die Auffassung vertrat, das FA habe die Rückstellung
für die Gaspendelungen zu Unrecht abgelehnt. Das Urteil des FG
vom 28.6.2005 6 K 2749/03 ist in EFG 2005, 1528 = SIS 05 39 12
veröffentlicht.
Gegen dieses Urteil, das beiden Beteiligten
am 7.7.2005 zugestellt wurde, haben sowohl die Klägerin als
auch das FA fristgerecht Revision eingelegt. Die Revisionen sind
auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt.
In ihrem Schriftsatz vom 20.7.2005, mit dem
die Klägerin Revision einlegte, beantragte sie, die Frist zur
Begründung der Revision bis zum 15.12.2005 zu verlängern.
Unter dem Datum vom 4.8.2005 unterrichtete die Geschäftsstelle
des damals zuständigen VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH)
die Prozessbevollmächtigte der Klägerin über die
gewährte Fristverlängerung. Wörtlich heißt es:
„Die Frist zur Begründung Ihrer Revision wurde von der
Vorsitzenden bis zum 15.12.2005 verlängert.“
Die Revisionsbegründung des FA datiert
vom 10.8.2005. Nach Übersendung der Abschriften mit Frist zur
Stellungnahme bis zum 28.10.2005 ging beim BFH ein Schreiben der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.9.2005 ein,
das mit „Antrag auf Fristverlängerung für
Stellungnahme zur Revisionsbegründung“
überschrieben war. Im Text des Schreibens heißt es:
„hiermit beantragen wir Fristverlängerung für die
Stellungnahme auf die Revisionsbegründung vom 10.08.2005 bis
zum 31.12.2005“.
Unter dem Datum vom 27.9.2005 teilte die
Senatsgeschäftsstelle der Bevollmächtigten der
Klägerin mit, dass „die Frist zur Stellungnahme ... bis
zum 31.12.2005 verlängert“ worden sei. Auf dem in den
Akten des BFH verbleibenden Entwurf dieses Schreibens notierte der
Geschäftsstellenbeamte zwei Wiedervorlagetermine, nämlich
auf den 1.1.2006 und auf den 20.12.2005. Diesem zweiten
Wiedervorlagetermin war als Zusatz „FV für Begr. d.
Bev.“ beigefügt. Mit Verfügung vom 19.12.2005 wies
die Senatsvorsitzende die Bevollmächtigte der Klägerin
darauf hin, dass die verlängerte
Revisionsbegründungsfrist am 15.12.2005 abgelaufen sei, ohne
dass bisher eine Begründung der Revision der Klägerin
vorliege.
Mit Fax vom selben Tag teilte die
Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, sie habe mit
Schreiben vom 26.9.2005 Fristverlängerung für die
Revisionsbegründung bis zum 31.12.2005 beantragt. Der Antrag
beinhalte im Grunde genommen zwei Anträge, nämlich einen
Antrag auf Fristverlängerung zur Revisionsbegründung auf
den 31.12.2005 und einen Antrag auf Fristverlängerung zur
Erwiderung gegen das FA auf den 31.12.2005. Sollte das Gericht der
Auffassung sein, dass mit diesem Schreiben nur ein Antrag habe
gestellt werden können, so bitte sie, den Antrag so zu
behandeln, dass dieser für die Revisionsbegründung
gestellt worden sei. Zugleich übersandte die
Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Fax, das als
Revisionsbegründung bezeichnet war, jedoch nahezu
wörtlich mit der Klageschrift im finanzgerichtlichen Verfahren
übereinstimmt. Ein weiteres Schreiben vom 28.12.2005
enthält erstmalig eine Auseinandersetzung mit den Gründen
des finanzgerichtlichen Urteils.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, unter teilweiser Aufhebung des
finanzgerichtlichen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu
entscheiden und die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt sinngemäß, unter
teilweiser Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils die Klage in
vollem Umfang abzuweisen und die Revision der Klägerin
zurückzuweisen.
II. 1. Die Revision der Klägerin ist
unzulässig, da sie nicht rechtzeitig begründet worden
ist.
a) Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zwei Monate nach
Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Nach
Satz 3 der Vorschrift kann die Frist auf einen vor ihrem Ablauf
gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die
Vorsitzende des damals zuständigen Senats des BFH hat der
Klägerin für die Einreichung der Revisionsbegründung
antragsgemäß eine Fristverlängerung bis zum
15.12.2005 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist ist die
Revisionsbegründung aber nicht eingegangen.
b) Die Frist wurde nicht etwa deswegen
eingehalten, weil der Klägerin mit dem Schreiben der
Senatsgeschäftsstelle vom 27.9.2005 eine weitere
Fristverlängerung für die Einreichung ihrer
Revisionsbegründung bis zum 31.12.2005 gewährt worden
wäre. Dieses Schreiben bezog sich eindeutig lediglich auf die
Frist zur Erwiderung auf die Revisionsbegründung des FA, die
vom 28.10.2005 bis zum 31.12.2005 verlängert wurde. Bei der
Auslegung gerichtlicher Verfügungen kommt es gemäß
den zu § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
entwickelten Grundsätzen darauf an, wie der Antragsteller nach
den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der
Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben
verstehen konnte. Das Schreiben der Geschäftsstelle vom
27.9.2005 konnte unter Zugrundelegung dieses Maßstabes nicht
als weitere Fristverlängerung für die Abgabe der
Revisionsbegründung angesehen werden. Das ergibt sich aus
ihrem eindeutigen Wortlaut sowie aus dem Wortlaut des Antrags der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.9.2005. In
beiden Schriftstücken ist lediglich von der Verlängerung
der Frist zur Stellungnahme zur Revisionsbegründung (des FA)
die Rede, die andernfalls am 28.10.2005 geendet hätte.
Außerdem fehlt in dem Schreiben vom 27.9.2005 - anders als in
dem vom 4.8.2005 - der Hinweis darauf, dass die
Fristverlängerung von der Senatsvorsitzenden gewährt
worden sei. Nur eine von der Senatsvorsitzenden gewährte
weitere Fristverlängerung wäre wirksam gewesen,
wohingegen die Verlängerung einer bloßen
Stellungnahmefrist auch von der Geschäftsstelle wirksam
verfügt werden konnte. Zudem hätte eine wiederholte
Fristverlängerung für die Revisionsbegründung die
Anhörung des Gegners vorausgesetzt (§ 54 Abs. 2 FGO
i.V.m. § 225 der Zivilprozessordnung - ZPO - ). Eine solche
Anhörung kann - für jedermann erkennbar - nicht
stattgefunden haben, da der Antrag auf Verlängerung der Frist
zur Stellungnahme zur Revisionsbegründung noch am selben Tag
beschieden wurde.
c) Der Klägerin kann auch für die
Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(§ 56 FGO) gewährt werden. Sie war nicht, wie es Abs. 1
der Vorschrift erfordert, ohne Verschulden verhindert, die
Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Verschuldet ist eine
Fristversäumnis, wenn die gebotene und nach den Umständen
zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Jedes Verschulden
- auch einfache Fahrlässigkeit - schließt die
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25.4.2005 VIII B 42/02,
BFH/NV 2005, 1821 = SIS 05 40 72). Das Verschulden ihrer
Bevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen
(§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Selbst wenn die
Bevollmächtigte bei Abfassung ihres Schreibens vom 26.9.2005
beabsichtigt haben sollte, zwei Fristverlängerungsanträge
zu stellen, nämlich nicht nur für die Stellungnahme zur
Revisionsbegründung des FA, sondern darüber hinaus auch
für die Abgabe der eigenen Revisionsbegründung, so hat
sie diese Absicht doch in keiner Weise zum Ausdruck gebracht. Auch
bei Erhalt des Schreibens der Geschäftsstelle vom 27.9.2005
hätte sie feststellen müssen, dass nach dem objektiven
Erklärungsinhalt dieses Schreibens - gerade in Verbindung mit
den vorangegangenen Schreiben (Fristsetzung zur Stellungnahme bis
zum 28.10.2005 und Antrag auf Verlängerung dieser Frist) -
eine weitere Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist
nicht gewährt worden war.
2. Die Revision des FA ist zulässig und
begründet.
Das FA hat die von der Klägerin für
die Verpflichtung zur Ausrüstung der Zapfsäulen mit einem
Gasrückführungssystem gebildete Rückstellung zu
Recht nicht anerkannt.
Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz für
ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese
Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung gehört, gilt sie auch für die
Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -
EStG - ).
a) Voraussetzung für die Bildung einer
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das
Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die
hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer
Verbindlichkeit dem Grunde nach - deren Höhe zudem ungewiss
sein kann - und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor
dem Bilanzstichtag.
aa) Aus dieser Formulierung, die sich in der
Rechtsprechung des BFH seit dem Urteil vom 19.5.1987 VIII R 327/83
(BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848 = SIS 87 18 18) findet und der
sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat (Urteil vom
12.12.1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600 = SIS 92 13 21), hat der I. Senat des BFH gefolgert, dass das Erfordernis
der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem
Bilanzstichtag nur für solche Verbindlichkeiten gilt, die
nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach ungewiss sind
(Urteil vom 27.6.2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121
= SIS 01 10 95). Zugleich griff der I. Senat des BFH damit auf
seine Entscheidung vom 23.9.1969 I R 22/66 (BFHE 97, 164, BStBl II
1970, 104 = SIS 70 00 59) zurück, in der es heißt, dass
beim Auseinanderfallen der rechtlichen Verpflichtung und der
wirtschaftlichen Verursachung für die Passivierung der
frühere Zeitpunkt maßgeblich ist (unter 2.b der
Gründe). Da das BFH-Urteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003,
121 = SIS 01 10 95 von der Regelung in R 31c Abs. 2 (nunmehr R 5.7
Abs. 2) der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) abweicht, hat die
Finanzverwaltung hierauf mit einem sog. Nichtanwendungserlass
reagiert (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom
21.1.2003 IV A 6 - S 2137 - 2/03, BStBl I 2003, 125 = SIS 03 10 79).
bb) Demgegenüber lässt sich die
Formulierung des VIII. Senats des BFH im Urteil vom 19.10.1993 VIII
R 14/92 (BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891 = SIS 94 01 13) dahin
verstehen, dass - ähnlich wie von der Finanzverwaltung
angenommen - das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in
der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für die rechtlich
entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit
gelten soll. In diesem Urteil heißt es nämlich:
|
„Die Pflicht zur Bildung von
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzt
allgemein voraus
|
|
|
|
|
|
-
|
das Bestehen oder die Wahrscheinlichkeit
des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde
und/oder der Höhe nach (Zitate),
|
|
|
|
|
-
|
die wirtschaftliche Verursachung der
Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (Zitate)
und
|
|
|
|
|
-
|
dass der Schuldner mit seiner
Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss ...“.
|
|
|
|
|
Es wird daher die Auffassung vertreten, der I.
Senat sei in seinem Urteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121 =
SIS 01 10 95 von dem Urteil des VIII. Senats in BFHE 172, 456,
BStBl II 1993, 891 = SIS 94 01 13 abgewichen
(Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 5 Rz 384; a.A.
Wassermeyer, Die Wirtschaftsprüfung - WPg - 2002, 10, 12).
b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob er
sich der vom I. Senat vertretenen Auffassung anschließen
könnte. Im Streitfall war die Verpflichtung - wenn man die
Feststellungen des FG zugrunde legt - rechtlich nicht vor dem
31.12.1996 entstanden. Sie war auch nicht vor dem Bilanzstichtag
31.12.1996 wirtschaftlich verursacht.
aa) Die Verpflichtung, die in § 3 der 21.
BImSchV geforderte Ausrüstung der Zapfsäulen mit einem
Gasrückführungssystem vorzunehmen, galt nach § 9
dieser Verordnung erst nach einer Übergangsfrist, die nach den
Feststellungen des FG für die Klägerin nicht vor dem
31.12.1997 endete. Der Sachverhalt des Streitfalls ähnelt
insoweit dem, der dem BFH-Urteil in BFHE 150, 140, BStBl II 1987,
848 = SIS 87 18 18 zugrunde lag. In jenem Fall war die
Klägerin - ein Lufttransportunternehmen - gemäß
§ 7 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO)
und § 30 der Prüfordnung für Luftfahrtgerät
(LuftGerPO) verpflichtet, nach einer bestimmten Zahl von
Flugstunden die Antriebsmotoren und Fahrgastzellen ihrer
Hubschrauber einer Überholung und Nachprüfung zu
unterziehen. Auch in diesem Fall hat der BFH angenommen, dass die
Verpflichtung zur Grund- oder Teilüberholung der
Luftfahrtgeräte erst dann entstand, wenn die in den
betreffenden Bestimmungen festgelegte Betriebszeit erreicht war.
Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass eine
öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach den
einschlägigen Rechtsnormen sofort zu erfüllen ist, dem
Unternehmen jedoch für die Erfüllung dieser Verpflichtung
durch die zuständige Behörde eine in den Rechtsnormen
selbst nicht bestimmte Frist eingeräumt wird. So verhielt es
sich den der Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen zufolge
im Fall des BFH-Urteils in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121 = SIS 01 10 95. Die von der dortigen Klägerin betriebene
Spänetrocknungsanlage entsprach nicht mehr den Anforderungen
des § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der Technischen Anleitung zur
Reinhaltung der Luft (TA Luft), woraus unmittelbar die
Verpflichtung resultierte, die Anlage umzurüsten oder zu
erneuern. Lediglich durch die Verfügung des
Gewerbeaufsichtsamtes war der damaligen Klägerin eine Art
Schonfrist eingeräumt worden.
Angesichts dieser Unterschiede im Sachverhalt
weicht der Senat auch nicht von dem Urteil des I. Senats des BFH in
BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121 = SIS 01 10 95 ab.
bb) Die Verpflichtung zur Ausrüstung der
Zapfsäulen mit einem Gasrückführungssystem war auch
wirtschaftlich noch nicht verursacht. Wirtschaftliche Verursachung
oder wirtschaftliche Entstehung im Sinne des
Rückstellungsbegriffs setzen voraus, dass der Tatbestand, an
den das Gesetz die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen
verwirklicht ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 167, 334, BStBl II 1992,
600 = SIS 92 13 21, und vom 19.8.2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561,
BStBl II 2003, 131 = SIS 03 01 98). Hieran fehlt es im Streitfall.
Die Verpflichtung war nicht daran geknüpft, dass die
Klägerin in der Vergangenheit über ihre Zapfanlagen
Kraftstoff abgegeben hatte, sondern daran, dass sie das auch in
Zukunft weiter beabsichtigte.