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Arbeitsteiliges Zusammenwirken mehrerer steuerbefreiter Körperschaften

Arbeitsteiliges Zusammenwirken mehrerer steuerbefreiter Körperschaften: Eine steuerbefreite Körperschaft, die eine andere steuerbefreite Körperschaft bei der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gegen Entgelt selbständig und eigenverantwortlich unterstützt, kann einen Zweckbetrieb unterhalten, wenn sie hierdurch zugleich eigene satzungsmäßige Ziele verfolgt. - Urt.; BFH 17.2.2010, I R 2/08; SIS 10 14 75

Kapitel:
Unternehmensbereich > Sonstiges > Vereine, Gemeinnützigkeit
Fundstellen
  1. BFH 17.02.2010, I R 2/08
    BStBl 2010 II S. 1006
    LEXinform 0588970

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 5.11.2010
    -/- in NWB 21/2010 S. 1660
    D.G. in BFH/PR 9/2010 S. 334
    Th.v.H. in DB 33/2010 S. 1791
    L.H. in DStR 41/2010 S. 2057
Normen
[GG] Art. 3 Abs. 1
[KStG] § 5 Abs. 1 Nr. 9
[AO 1977] § 14, § 52, § 53 Satz 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 58 Nr. 3, § 63, § 64 Abs. 1, § 65, § 66
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Schleswig-Holsteinisches FG, 06.12.2007, SIS 08 09 73, Gemeinnützigkeit, Personalgestellung, Unmittelbarkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 18.8.2022, SIS 23 01 20, Allgemeiner Zweckbetrieb einer Beschäftigungsgesellschaft: Entgeltliche Dienstleistungen einer arbeitsthe...
  • BFH 21.4.2022, SIS 22 13 97, Organisation und Durchführung der Jägerprüfung als Zweckbetrieb: 1. Ein gemeinnütziger Verein, zu dessen ...
  • BFH 15.3.2022, SIS 22 12 57, Zweckbetrieb bei der Organisation des Zivildienstes: Die von einem gemeinnützigen Verein erbrachten Leist...
  • BFH 26.8.2021, SIS 21 19 62, Individueller Verbraucherschutz als Zweckbetrieb und ermäßigter Umsatzsteuersatz: 1. Eine Förderung von V...
  • FG Düsseldorf 28.10.2019, SIS 19 21 45, Gemeinnützigkeit einer Kindertagesstätte, bevorzugte Belegung durch Firmenangehörige der Vertragspartner,...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 28.8.2019, SIS 19 18 00, Abrechnung von Krankentransport und Notfallrettung gegenüber den Sozialleistungsträgern für fremde Leistu...
  • FG Münster 19.6.2019, SIS 20 08 35, Zivildienstverwaltung aufgrund eines mit dem früheren Bundesamt für Zivildienst geschlossenen Vertrages: ...
  • FG Hamburg 15.11.2017, SIS 18 03 81, Umsatzsteuerliche Behandlung entgeltlicher Einzelberatungen einer als gemeinnützig anerkannten Verbrauche...
  • FG Köln 19.1.2017, SIS 17 14 80, Geschäftsbetrieb Jugendreisen kein Zweckbetrieb: Die Unterhaltung eines Geschäftsbetriebs "Jugendreisen",...
  • BFH 30.11.2016, SIS 16 28 00, Keine Zweckbetriebseigenschaft einer Kostümparty in der Karnevalswoche: 1. Ein von einem gemeinnützigen K...
  • FG Köln 7.4.2016, SIS 16 16 10, Voraussetzungen eines Zweckbetriebes i.S. von § 65 AO: 1. Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb i.S. von § ...
  • FG Köln 20.8.2015, SIS 15 24 93, Kostümpartys von Karnevalsvereinen gehören in der Karnevalswoche zum steuerbegünstigten Brauchtum: Einkün...
  • FG Köln 18.6.2015, SIS 15 20 23, Hofläden als Zweckbetriebe: Hofläden können - unter besonderen Bedingungen - Zweckbetriebe eines der Wohl...
  • FG Köln 19.2.2015, SIS 15 11 90, Betrieb eines Hotels als Zweckbetrieb: 1. Ein Verein, dessen Zweck darauf gerichtet ist, hilfsbedürftige ...
  • BFH 27.11.2013, SIS 14 12 91, Steuerbegünstigung einer kommunalen Eigengesellschaft (Rettungsdienst) als gemeinnützig: 1. Eine Eigenges...
  • BFH 6.2.2013, SIS 13 18 25, Keine Gemeinnützigkeit eines ausgegliederten Krankenhauslabors: Eine von gemeinnützigen Krankenhausträger...
  • BFH 13.6.2012, SIS 12 33 32, Mahlzeitendienst als Zweckbetrieb, Wettbewerbsschutz, Umfang der Marktteilnahme: Da § 65 Nr. 3 AO dem Sch...
  • Thüringer FG 29.9.2011, SIS 11 40 30, Mahlzeitendienst als Zweckbetrieb bei Beschäftigung benachteiligter Personen: 1. Ist ein wirtschaftlicher...
  • FG Münster 30.5.2011, SIS 11 34 87, Ausgegliederte Labor-GmbH nicht gemeinnützig: Eine Labor-GmbH, die Laborleistungen für ihre Gesellschafte...
  • BFH 19.7.2010, SIS 10 39 38, Grundsätzliche Bedeutung, Gastronomiebetrieb als Zweckbetrieb: 1. Es unterliegt keinem Zweifel, dass ein ...
Fachaufsätze
  • LIT 02 03 23 Th. von Holt, DB 33/2010 S. 1791: Steuerrechtliche Streitpunkte bei der arbeitsteiligen Zusammenarbeit gemeinnütziger Träger der Wohlfahrts...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde durch Vertrag vom 30.9.1997, dem Streitjahr, gegründet. Ihr Stammkapital wurde zu 90 v.H. von einer Stiftung C sowie zu 10 v.H. von der Stiftung S gehalten. C ist eine heilpädagogische christlich-soziale Facheinrichtung für heilende Erziehung und Behandlung von verhaltensgestörten, behinderten Kindern und Jugendlichen in therapeutisch eingerichteten Kinderfamilien mit Anschlussmaßnahmen zur beruflichen Eingliederung und Ausbildung von entwicklungsverzögerten, behinderten Jugendlichen und Heranwachsenden in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften mit Ausbildungsplätzen. S betätigt sich u.a. in der heilpädagogischen christlichen Betreuung und Förderung junger Menschen mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen. Sowohl C als auch S sind als gemeinnützig anerkannt.

 

 

2

Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin sind gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages „heilpädagogische Dienstleistungen zur ergänzenden und begleitenden Betreuung von entwicklungsgestörten und behinderten Menschen, insbesondere die abendliche und nächtliche Betreuung, die therapeutische Förderung und Freizeitlenkung dieser Menschen sowie die pflegerische Betreuung von Menschen mit psychischen, geistigen und körperlichen Einschränkungen und Behinderungen“. Gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrages verfolgt die Klägerin ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, wohltätige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung (AO).

 

 

3

Sie hat in dem Zeitraum vom 1. bis 31.12.1997 (Rumpfwirtschaftsjahr) mit bei ihr angestellten Betreuern und Honorarkräften entwicklungsgestörte und behinderte Jugendliche, die in den beiden Stiftungen untergebracht waren, in Abend- und Nachtdiensten betreut und therapeutisch gefördert und auch Fördermaßnahmen gegenüber anderen Jugendlichen erbracht. Die Abend- und Nachtdienste waren bis zur Gründung der Klägerin von C und S wahrgenommen worden. Durch ihre Dienste stellt die Klägerin die lückenlose Betreuung und Beaufsichtigung der behinderten Jugendlichen sicher.

 

 

4

C und S erteilen der Klägerin die Aufträge für Abend- und Nachtdienste in den Betreuungsgruppen der Stiftungen; unter Beachtung der organisatorischen Rahmenbedingungen der Stiftungen werden die Aufträge in Eigenverantwortung von der Klägerin wahrgenommen. In ihren Händen liegen die gesamte Personalplanung und -disposition sowie insbesondere die Auswahl und Fortbildung der Mitarbeiter. Die erforderlichen fachlichen Dienst- und Arbeitsanweisungen werden ebenfalls von der Klägerin erteilt.

 

 

5

Für die im Streitjahr erbrachten Betreuungsleistungen stellte die Klägerin der C und der S insgesamt 74.895 DM in Rechnung; hiermit sollten die bei ihr entstandenen Personalkosten einschließlich eines Organisationszuschlages abgegolten werden. Weiterhin erzielte sie aus sonstigen heilpädagogischen Leistungen, die sie im Auftrag der C für Sozialämter erbrachte (Arbeitstrainingsmaßnahmen), Einnahmen in Höhe von 4.954 DM. Insgesamt beliefen sich danach die Einnahmen des Streitjahres auf 79.849 DM. Die Klägerin erwirtschaftete im Streitjahr einen Gewinn von 4.117 DM. Nachfolgend erzielte sie in 1998 einen Gewinn von 13.417,63 DM, in 1999 und 2000 Verluste in Höhe von 11.437,87 DM und 23.542 DM.

 

 

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) sah die für C und S erbrachten Leistungen als Personalgestellung an; die Voraussetzungen der Steuervergünstigung gemäß §§ 51 ff. AO und § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) seien nicht erfüllt, weil es an der Unmittelbarkeit und Ausschließlichkeit der Zweckerfüllung fehle. Hiervon ausgehend unterwarf er die für die Überlassung von Personal erzielten Einkünfte der Körperschaftsteuer.

 

 

7

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) gab der Klage mit Urteil vom 6.12.2007 1 K 104/00 statt.

 

 

8

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

9

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

 

 

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

11

1. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird Körperschaften gewährt, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 51 bis § 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Die Körperschaft verliert die Steuerbegünstigung jedoch nur, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist (§ 64 Abs. 1 AO).

 

 

12

2. Die Klägerin verfolgt nach ihrer Satzung gemeinnützige und mildtätige Zwecke i.S. von § 52 und § 53 AO. Gegenstand ihrer Tätigkeit ist die selbstlose Erbringung heilpädagogischer Dienstleistungen zur ergänzenden und begleitenden Betreuung von entwicklungsgestörten und behinderten Menschen. Diese Tätigkeit gehört zu den in § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (jetzt: § 52 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 9 AO i.d.F. des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007, BGBl I 2007, 2332, BStBl I 2007, 815) beispielhaft aufgezählten förderungswürdigen Zwecken (Jugendhilfe und Wohlfahrtswesen). Zugleich verfolgt die Klägerin nach ihrer Satzung mildtätige Zwecke (§ 53 Satz 1 Nr. 1 AO), weil ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

 

 

13

3. Die Feststellungen des FG lassen jedoch keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob die tatsächliche Geschäftsführung der Klägerin im Streitjahr auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet war (§ 63 AO).

 

 

14

a) Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG im Streitjahr zum einen im Auftrag ihrer Gesellschafterinnen für den nach ihrer Satzung begünstigten Personenkreis Leistungen im Bereich des Arbeitstrainings erbracht, die sie direkt mit den Sozialämtern abgerechnet hat. Zum anderen hat sie sich gegenüber ihren Gesellschafterinnen C und S verpflichtet, in deren Einrichtungen behinderte und entwicklungsgestörte Menschen gegen Bezahlung heilpädagogisch zu betreuen. Da sie beide Tätigkeiten selbständig und nachhaltig ausgeübt und dadurch Einnahmen erzielt hat, hat sie jeweils wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S. des § 14 AO unterhalten. Die Klägerin ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, soweit eine dieser wirtschaftlichen Tätigkeiten als Zweckbetrieb (§§ 65 ff. AO) zu beurteilen ist. Sind beide wirtschaftliche Tätigkeiten steuerpflichtig, ist die Klägerin nur dann von der Körperschaftsteuer befreit, soweit sie im Streitjahr daneben andere begünstigte Tätigkeiten ausgeübt oder angestrebt hat (vgl. Senatsurteil vom 23.7.2003 I R 29/02, BFHE 203, 251, BStBl II 2003, 930 = SIS 03 51 58).

 

 

15

b) Soweit die Klägerin gegenüber ihren Gesellschafterinnen C und S Betreuungsleistungen und Arbeitstrainingsmaßnahmen gegen Entgelt erbracht hat, liegt kein Betrieb der Wohlfahrtspflege i.S. des § 66 AO vor.

 

 

16

aa) Nach dieser Vorschrift ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbes wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 AO). Nach Abs. 3 der Vorschrift dient eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zugute kommen.

 

 

17

bb) Die Voraussetzungen des § 66 AO liegen deshalb nicht vor, weil die Klägerin ihre Leistungen nicht gegenüber den in § 53 AO genannten Personen, sondern gegenüber ihren Gesellschafterinnen C und S erbracht hat, die sie ihrerseits nutzen, um ihren eigenen Verpflichtungen gegenüber den betreuten Personen nachzukommen. Die Klägerin war mithin lediglich als Erfüllungsgehilfin ihrer Gesellschafterinnen in deren Leistungsbeziehungen zu den jeweiligen Auftraggebern eingeschaltet. Ihre Leistungen dienten damit nicht den in § 53 AO genannten Personen, sondern ihren Gesellschafterinnen. Sie kamen den in § 53 AO genannten Personen allenfalls mittelbar zugute. Dies reicht für die Annahme eines Zweckbetriebes nach § 66 AO nicht aus (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.3.2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798 = SIS 04 22 16; vom 18.10.1990 V R 76/89, BFHE 162, 510, BStBl II 1991, 268 = SIS 91 04 26; vom 18.10.1990 V R 35/85, BFHE 162, 502, BStBl II 1991, 157 = SIS 91 04 25).

 

 

18

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, die zitierten Urteile seien im Streitfall nicht einschlägig, weil sie nur Vor- und Nebenleistungen für die eigentlich steuerbefreite Tätigkeit beträfen; demgegenüber habe ihr Personal tatsächlich Betreuungsleistungen gegenüber hilfsbedürftigen Personen erbracht. Zum einen lässt sich jenen Urteilen diese Einschränkung nicht entnehmen; zum andern würde eine derartige Unterscheidung zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Letztlich könnten auch die Nachtdienste, die das Personal der Klägerin in den Einrichtungen ihrer Gesellschafterinnen erbringt, als Nebenleistungen zu der eigentlichen Therapie, die von ihren Gesellschafterinnen geleistet wird, angesehen werden.

 

 

19

cc) Die Versagung der Steuerbefreiung nach § 66 AO verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Einerseits liegt ein Betrieb der Wohlfahrtspflege nur vor, wenn der Betrieb nicht um des „Erwerbes willen“ ausgeübt wird, was von ähnlichen Voraussetzungen abhängt, unter denen auch ein Zweckbetrieb bejaht werden kann (vgl. Senatsurteil vom 18.9.2007 I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126 = SIS 08 10 20). Andererseits steht es dem Gesetzgeber frei, Leistungen, die hilfsbedürftige Personen nur mittelbar begünstigen, anders zu behandeln als Leistungen, die unmittelbar diesem Personenkreis gegenüber erbracht werden, zumal die mittelbare Erbringung von Leistungen gegenüber dem in § 66 AO genannten Personenkreis unter den Voraussetzungen des § 65 AO ebenfalls steuerbefreit sein kann.

 

 

20

c) Nach den Feststellungen des FG kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin mit ihren Leistungen gegenüber ihren Gesellschafterinnen einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO unterhalten hat.

 

 

21

aa) Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten Zwecke zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

 

 

22

bb) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dient in seiner Gesamtrichtung dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO).

 

 

23

aaa) Satzungsmäßiger Zweck der Klägerin ist die Erbringung von Betreuungsleistungen für entwicklungsgestörte und behinderte Menschen. Die Klägerin unterstützt durch ihre Tätigkeit zwar ihre Gesellschafterinnen bei der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke. Sie verwirklicht damit jedoch zugleich eigene satzungsmäßige Ziele, indem sie den nach ihrer Satzung begünstigten Personenkreis selbstlos durch Betreuungsleistungen unterstützt.

 

 

24

bbb) Kein Zweckbetrieb liegt allerdings vor, wenn eine Körperschaft ihre Arbeitskräfte anderen Personen, Unternehmen, Einrichtungen oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Denn die bloße Überlassung von Arbeitskräften dient nicht der Verwirklichung eigener satzungsmäßiger Zwecke i.S. des § 65 Nr. 1 AO. Eine unentgeltliche oder teilentgeltliche Überlassung von Arbeitskräften an andere Körperschaften für steuerbegünstigte Zwecke steht zwar trotz des damit verbundenen Mittelabflusses (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO) einer Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht entgegen, weil § 58 Nr. 3 AO sie ausdrücklich erlaubt (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 58 AO Rz 47). Die bloße Überlassung von Arbeitskräften gegen Bezahlung ist jedoch unabhängig davon, ob kostendeckende Entgelte verlangt werden oder nicht, kein Zweckbetrieb, weil sie nicht der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke dient (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2008, § 4 Rz 64; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2. Aufl., § 6 Rz 128, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 30.11.1995 V R 29/91, BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189 = SIS 96 09 53).

 

 

25

Im Streitfall hat sich nach den Feststellungen des FG die Tätigkeit der Klägerin jedoch nicht darin erschöpft, ihren Gesellschafterinnen Personal für die Erfüllung deren steuerbegünstigter Zwecke zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin hat vielmehr selbständig und eigenverantwortlich entwicklungsgestörte und behinderte Personen betreut. Sie war damit zwar auch in die Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke ihrer Gesellschafterinnen eingebunden. Dies steht der Annahme eines Zweckbetriebes jedoch nicht entgegen, wenn sie mit dieser Tätigkeit zugleich eigene satzungsmäßige Zwecke verwirklicht hat.

 

 

26

ccc) Das Handeln als Hilfsperson allein begründet allerdings keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit; denn die Hilfsperson verwirklicht fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers (Senatsurteil vom 7.3.2007 I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628 = SIS 07 16 74). Sie fördert damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO, was für die Steuerbefreiung nicht ausreicht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt (Hüttemann, a.a.O., § 4 Rz 55; Schauhoff, a.a.O., § 6 Rz 128 a.E.; Hüttemann/Schauhoff, FR 2007, 1133; Holland, DStR 2006, 1783; Heger in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 5 Rz 197b, 200b; wohl auch Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 57 Nr. 2; Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 15.8.2005 S 2729 A - St 132; a.A. Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., S. 176; Jost in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nF Rz 113). Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn mehrere nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken. Dies betrifft nicht nur Zusammenschlüsse auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern auch Fälle, in denen z.B. die öffentliche Hand eine steuerbefreite Organisation mit der Erbringung der steuerbegünstigten Tätigkeit beauftragt, die Auftragnehmerin aber einzelne Tätigkeiten an andere steuerbefreite Körperschaften vergibt. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Sozialverwaltung zunehmend nur noch eine steuerbegünstigte Körperschaft als Leistungsträger bestimmt, die den Hilfeeinsatz verantwortlich gestaltet und zur Ergänzung ihres Leistungsspektrums erforderlichenfalls spezialisierte Partner beauftragt. Auch wenn die Partner hierbei als Erfüllungsgehilfen des von der Sozialverwaltung beauftragten Leistungsträgers anzusehen sind, verwirklichen sie mit den Hilfeleistungen gleichwohl, soweit sie ihren Beitrag selbständig und eigenverantwortlich erbringen und die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, zugleich eigene satzungsmäßige Zwecke.

 

 

27

Das Senatsurteil in BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628 = SIS 07 16 74 steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Denn in dem dort entschiedenen Sachverhalt hatte die Klägerin bereits ihrer Satzung nach keinen steuerbegünstigten Zweck verfolgt, so dass allein über die Hilfstätigkeit für ihre steuerbefreiten Gesellschafter eine Steuerbefreiung nicht erlangt werden konnte.

 

 

28

cc) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb war auch zur Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin erforderlich (§ 65 Nr. 2 AO), da er sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798 = SIS 04 22 16) und es sich nicht bloß um eine Tätigkeit zur Mittelbeschaffung handelt. In ihm verwirklichte die Klägerin ihre satzungsmäßigen Ziele. Anhand der Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht abschließend beurteilen, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

 

 

29

Die Frage, ob der Wettbewerb unvermeidbar i.S. von § 65 Nr. 3 AO ist, ist vor dem Hintergrund der von Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen staatlichen Wettbewerbsneutralität zu beantworten. Ein steuerlicher Eingriff in den Wettbewerb ist vor Art. 3 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt. Es ist zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar (BFH-Urteil vom 15.12.1993 X R 115/91, BFHE 173, 254, BStBl II 1994, 314 = SIS 94 12 47; Senatsurteil vom 27.10.1993 I R 60/91, BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573 = SIS 94 15 88, m.w.N.). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nicht allein deswegen ein Zweckbetrieb, weil er kostendeckende Entgelte erhebt (BFH-Urteil in BFHE 173, 254, BStBl II 1994, 314 = SIS 94 12 47; Senatsurteil in BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573 = SIS 94 15 88, jeweils m.w.N.).

 

 

30

Der Wettbewerbsgedanke tritt dagegen zurück, wenn die gemeinnützige Körperschaft ihre Dienstleistungen oder Waren einem Personenkreis anbietet, der das Waren- oder Dienstleistungsangebot der steuerpflichtigen Unternehmen überwiegend nicht in Anspruch nimmt. Gleiches gilt, wenn die Leistungen notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen (Senatsurteil vom 26.4.1995 I R 35/93, BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767 = SIS 95 19 19).

 

 

31

Ob die Klägerin mit ihren entgeltlichen Betreuungsleistungen und Arbeitsmaßnahmen einen Zweckbetrieb unterhalten hat, hängt demnach davon ab, ob private Unternehmen gegenüber behinderten und entwicklungsgestörten Personen vergleichbare Leistungen zu ähnlichen Bedingungen erbringen können. Wird der von der Klägerin geförderte Personenkreis in gleicher Weise auch durch steuerpflichtige Unternehmen betreut und gefördert oder wäre dies zu ähnlichen Bedingungen möglich, bedarf es keiner Steuerbefreiung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin. Vielmehr ist für diesen Fall der Wettbewerbsneutralität der Vorzug zu geben. Entgegen der Auffassung des FA kann anhand der Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob der von der Klägerin unterhaltene Betrieb diese Voraussetzungen erfüllt.

 

 

32

4. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen zurückzuverweisen.