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I. Streitpunkt ist, ob die Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine GmbH, die ein
Labor für Krankenhäuser betreibt - im Streitjahr 2006 als
gemeinnützig anzuerkennen ist.
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Die Klägerin wurde mit
Gesellschaftsvertrag vom 15.9.2006 mit einem Stammkapital von
50.000 EUR gegründet. Ihre Geschäftsanteile werden zu 50
v.H. vom A e.V., zu 37,5 v.H. von der B GmbH und zu 12,5 v.H. von
der C GmbH gehalten. Die Gesellschafter der Klägerin sind als
gemeinnützig anerkannt und Träger mehrerer katholischer
Krankenhäuser. Die Krankenhäuser sind als
steuerbegünstigte Zweckbetriebe i.S. von § 67 der
Abgabenordnung i.d.F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren
Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom
10.10.2007 (BGBl I 2007, 2332, BStBl I 2007, 815) - AO -
anerkannt.
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Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin
vom 15.9.2006 lautet auszugsweise wie folgt:
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“§ 2 Gegenstand des
Unternehmens
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(1) Gegenstand des Unternehmens ist die
Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens,
insbesondere durch die Erbringung von Laborleistungen für die
Patienten der ... (Krankenhäuser der Gesellschafter). Die
Erbringung von Laborleistungen für Patienten anderer
Krankenhäuser wird angestrebt.
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(2) Die Gesellschaft kann ferner alle
Geschäfte eingehen, die zur Erreichung oder Förderung des
Gesellschaftszweckes dienlich sind, soweit dies
gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig ist. Die Gesellschaft
ist insoweit auch berechtigt, sich an anderen Unternehmen zu
beteiligen.
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§ 3 Gemeinnützigkeit
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(1) Die Gesellschaft strebt nachhaltig die
Anerkennung der Gemeinnützigkeit im Sinne der
steuerrechtlichen Bestimmungen an.
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... Die Gesellschaft verfolgt
ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im
Sinne des Abschnitts ‘Steuerbegünstigte Zwecke’
der Abgabenordnung.
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(2) Die Tätigkeit der Gesellschaft ist
darauf gerichtet, die Allgemeinheit auf dem Gebiet des
Gesundheitswesens zu fördern. Dieser Zweck wird insbesondere
durch die Führung und den Betrieb der in § 1 Abs. 1
genannten Laboreinrichtung verwirklicht. Diese ist als
steuerbefreiter Zweckbetrieb im Sinne des § 66 AO zu
führen.
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(3) Die Gesellschaft ist selbstlos
tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche
Zwecke. ...“
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Die Laborleistungen, die in den von den
Gesellschaftern der Klägerin unterhaltenen Krankenhäusern
anfielen, wurden bis zur Gründung der Klägerin von
Laboren abgewickelt, die in den jeweiligen Krankenhausbetrieb
integriert waren. Nach der Gründung der Klägerin
übernahm diese das für die Erbringung der Laborleistungen
erforderliche Personal (im Streitjahr 2006: 61 Mitarbeiter) im Wege
des Betriebsübergangs gemäß § 613a des
Bürgerlichen Gesetzbuchs von ihren Gesellschaftern. Die
Vergütung der Mitarbeiter erfolgt nach den
Arbeitsvertragsrichtlinien des Caritasverbandes. Die für die
Erbringung der Laborleistungen erforderlichen Räumlichkeiten
mietete die Klägerin von ihren Gesellschaftern an. Die
erforderlichen Analyseautomaten hat die Klägerin von Dritten
angemietet bzw. geleast. Eigene Investitionen der Klägerin im
Streitjahr betrafen ausschließlich die EDV-Ausstattung und
das Mobiliar der Labore.
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Im November 2006 schloss die Klägerin
einen Kooperationsvertrag mit einer überörtlichen
Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, wonach diese die
ärztliche Leitung und die Wahrnehmung der ärztlichen
Aufgaben der Klägerin umfassend sicherstellen sollte. Die
Klägerin sollte während der Laufzeit des
Kooperationsvertrages keine eigenen Fachärzte für
Laboratoriumsmedizin anstellen und die Gemeinschaftspraxis keine
von ihr angestellten nichtärztlichen Mitarbeiter bei der
Klägerin einsetzen. Die Leistungen für Patienten der von
ihren Gesellschaftern unterhaltenen Krankenhäuser sollten
ausschließlich durch die Klägerin, die Leistungen
für Patienten niedergelassener Ärzte ausschließlich
durch die Gemeinschaftspraxis erbracht werden. Der
Gemeinschaftspraxis sollte für ihre Tätigkeit ein
pauschales Honorar von 180.000 EUR pro Jahr zustehen, mit dem
sämtliche Tätigkeiten und Kosten der Gemeinschaftspraxis
für die Klägerin abgegolten waren. Die Abrechnung von
Leistungen für Patienten der von den Gesellschaftern der
Klägerin unterhaltenen Krankenhäuser sollte
ausschließlich durch die Klägerin erfolgen. Die
Einnahmen hieraus standen der Klägerin auch dann zu, wenn die
Ärzte der Gemeinschaftspraxis gegenüber den
Wahlleistungspatienten dieser Krankenhäuser zur gesonderten
Liquidation berechtigt waren. Für Leistungen der Klägerin
an Patienten anderer als der von ihren Gesellschaftern
unterhaltenen Krankenhäuser stand den Ärzten der
Gemeinschaftspraxis bei Wahlleistungspatienten das
Liquidationsrecht zu.
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Am 4.12.2006 nahm die Klägerin ihre
Geschäftstätigkeit auf. Bei Umsatzerlösen von
363.601 EUR erwirtschaftete sie in der Zeit bis 31.12.2006 einen
Jahresüberschuss von 3.568 EUR. Die Erlöse entfielen auf
ca. 190.000 Laborleistungen und auf die Belieferung zweier der
Krankenhäuser ihrer Gesellschafter mit Blutkonserven. Die
Blutkonserven hatte die Klägerin vom Deutschen Roten Kreuz
bezogen; sie wurden nach Überprüfung der
Verträglichkeit mit dem Blut der jeweiligen Patienten
(„Kreuzen“) an die Krankenhäuser geliefert. Die
Preisgestaltung für die von der Klägerin erbrachten
Leistungen erfolgte bezüglich der Privatpatienten nach der
Gebührenordnung für Ärzte und im Übrigen unter
Berücksichtigung der Kostenstruktur der Gesellschafter der
Klägerin im Jahre 2005. Die Abrechnung der Leistungen wurde in
der Weise vorgenommen, dass die Klägerin bei ambulanten und
stationär durchgeführten Leistungen an gesetzlich
Versicherte ihren Gesellschaftern Rechnungen erteilte; von diesen
wurde gegenüber den Krankenkassen nach Fallpauschalen
abgerechnet. Leistungen an Privatversicherte und Wahlleistungen
wurden direkt gegenüber den betreffenden Patienten
abgerechnet. Im Jahr 2007 erbrachte die Klägerin ihre
Leistungen zu ca. 90 v.H. an ihre Gesellschafter und zu ca. 10 v.H.
an andere Anbieter im Gesundheitswesen (z.B. Krankenhäuser
oder eine Laborgemeinschaft niedergelassener Ärzte).
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Die Klägerin reichte beim Beklagten
und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) für das Streitjahr
eine Erklärung zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer
von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen
oder kirchlichen Zwecken dienen, ein. Das FA erließ auf der
Grundlage des von der Klägerin erklärten
Jahresüberschusses körperschaftsteuerliche Bescheide und
setzte für das Streitjahr eine Körperschaftsteuer von 892
EUR fest. Es war der Auffassung, die Klägerin sei nicht
steuerbefreit, weil es an der Unmittelbarkeit der begünstigten
Leistungen fehle. Dies folge daraus, dass die Leistungen seitens
der Klägerin nicht unmittelbar an die Patienten, sondern an
die jeweiligen Krankenhausträger erbracht würden. Aus dem
gleichen Grund stelle die Tätigkeit der Klägerin auch
keinen Zweckbetrieb i.S. von § 66 AO dar.
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Die dagegen erhobene Klage blieb ohne
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat sie als
unbegründet abgewiesen; sein Urteil vom 30.5.2011 9 K 73/09
K,F ist in EFG 2012, 437 = SIS 11 34 87 abgedruckt.
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Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der
Klägerin. Sie beantragt, das FG-Urteil und die angefochtenen
Bescheide aufzuheben und das FA zu verpflichten, zu ihren Gunsten
einen Freistellungsbescheid für das Jahr 2006 wegen der
ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung
steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 51 ff. AO zu
erlassen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zu Recht
entschieden, dass die Klägerin nicht als gemeinnützig
anzuerkennen ist, die angefochtenen Bescheide mithin
rechtmäßig sind und der beantragte Freistellungsbescheid
nicht zu erteilen ist.
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1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) sind
Körperschaften, die nach der Satzung und nach der
tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich
und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder
kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), von der
Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist jedoch
nach Satz 2 der Vorschrift insoweit ausgeschlossen, als ein
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. § 64
Abs. 1 AO wiederum sieht vor, dass dieser
Begünstigungsausschluss nicht zum Tragen kommt - und damit die
Steuerbefreiungen zu gewähren sind -, soweit der
wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein Zweckbetrieb i.S. der
§§ 65 bis 68 AO ist.
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2. Das FG hat angenommen, die Klägerin
fördere zwar mit ihren Laborleistungen selbstlos und
unmittelbar das öffentliche Gesundheitswesen
(gemeinnütziger Zweck gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2
AO - vgl. jetzt § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO i.d.F. des
Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen
Engagements [AO n.F.] - ) und verfolge mildtätige Zwecke i.S.
des § 53 AO. Jedoch sei ihr wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb nicht als Zweckbetrieb i.S. der §§
65 bis 68 AO anzusehen.
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3. Entgegen der Sichtweise der Vorinstanz
fehlt es der Betätigung der Klägerin schon an dem Merkmal
einer unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger oder
mildtätiger Zwecke.
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a) Die Laborleistungen der Klägerin
fördern nicht das öffentliche Gesundheitswesen i.S. des
§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO. Unter den Begriff der Förderung des
öffentlichen Gesundheitswesens fallen Tätigkeiten, die
der Gesundheit der Bürger dienen, insbesondere durch
Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten (vgl.
Senatsurteil vom 7.3.2007 I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007,
628 = SIS 07 16 74; Gutachten der Unabhängigen
Sachverständigenkommission zur Prüfung des
Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, Schriftenreihe des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF -, Heft 40, 1988, S. 110).
Die Tätigkeiten müssen indes eine von der individuellen
Hilfe gegenüber dem einzelnen Patienten losgelöste, auf
das öffentliche Gesundheitswesen bezogene, übergreifende
Funktion haben; die Hilfe in individuellen Krankheitsfällen
gehört deshalb nicht dazu (vgl. Seer in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 52 AO Rz 22;
Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl.,
§ 3 Rz 92; Fischer, jurisPR-SteuerR 26/2009, Anm. 3; anderer
Ansicht Leisner-Egensperger in Hübschmann/Hepp/ Spitaler,
§ 52 AO Rz 124 ff.; Wallenhorst in Wallenhorst/ Halaczinsky,
Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der
juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., Kap.
D Rz 72a). Da nicht ersichtlich ist, dass die von der Klägerin
durchgeführten individuellen Laborleistungen auch eine auf die
Allgemeinheit bezogene Funktion - etwa die der vorbeugenden
Gesundheitspflege, wie man sie einem Krankenhaus in seiner
Gesamtheit zubilligen könnte (vgl. Hüttemann, a.a.O.,
§ 3 Rz 92) - erfüllen, unterfallen sie nicht § 52
Abs. 2 Nr. 2 AO.
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b) Die Hilfe in individuellen
Krankheitsfällen kann jedoch als Förderung des
Wohlfahrtswesens gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO - s.
jetzt § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO n.F. - gemeinnützig
sein (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 52 AO Rz 32;
Hüttemann, a.a.O., § 3 Rz 105). Die Wohlfahrtspflege ist
in § 66 Abs. 2 AO als die planmäßige, zum Wohle der
Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge
für notleidende oder gefährdete Mitmenschen definiert.
Des Weiteren kann die individuelle Hilfe in Krankheitsfällen
unter dem Aspekt der Mildtätigkeit dem
Steuerbefreiungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG
2002 unterfallen. Gemäß § 53 Nr. 1 AO verfolgt eine
Körperschaft mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit
darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die
infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands
auf die Hilfe anderer angewiesen sind.
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c) Eine Voraussetzung der Steuerbefreiung ist
jedoch gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002, dass die
Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar
erfüllt. Das ist gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AO
der Fall, wenn sie die steuerbegünstigten Zwecke selbst
erfüllt, gegebenenfalls und nach Maßgabe von § 57
Abs. 2 Satz 2 AO unter Hinzuziehung von Hilfspersonen. An dieser
Voraussetzung fehlt es im Streitfall, weil die Hilfeleistungen
gegenüber den Patienten ausschließlich von den
Krankenhäusern erbracht werden und die Klägerin mit ihren
Laborleistungen lediglich die Krankenhäuser bei deren
Hilfeleistungen unterstützt.
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Das FG hat diesen Dienstleistungscharakter der
Laborleistungen der Klägerin, die noch dazu ganz
überwiegend - nämlich soweit es die gesetzlich
krankenversicherten Patienten betrifft - aufgrund von
Verträgen zwischen der Klägerin und dem jeweiligen
Krankenhaus erbracht werden, nicht verkannt. Es war jedoch der
Auffassung, dies stehe nach den Grundsätzen des Senatsurteils
vom 17.2.2010 I R 2/08 (BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006 = SIS 10 14 75) dem Unmittelbarkeitserfordernis nicht entgegen. Dem liegt
jedoch eine zu weitgehende Interpretation dieses Urteils
zugrunde.
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Der Senat hat dort an dem Grundsatz
festgehalten, dass das Handeln als Hilfsperson allein keine eigene
steuerbegünstigte Tätigkeit begründet; denn die
Hilfsperson verwirklicht fremde gemeinnützige Zwecke ihres
Auftraggebers (s. auch Senatsurteil in BFHE 217, 413, BStBl II
2007, 628 = SIS 07 16 74). Sie fördert damit nur mittelbar
steuerbefreite Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO, was
für die Steuerbefreiung nicht ausreicht. Eine Ausnahme
hält der Senat nur für gerechtfertigt, wenn die
Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die
steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen
Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene
steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt (dem folgend der sog.
Anwendungserlass des BMF zur AO - AEAO - zu § 57, Nr. 2 i.d.F.
vom 17.1.2012, BStBl I 2012, 83 = SIS 12 03 38; vgl. auch
Hüttemann, a.a.O., § 4 Rz 55 ff.; Fischer,
jurisPR-SteuerR 33/2010, Anm. 2). Hiervon ist jedenfalls dann
auszugehen, wenn mehrere nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002
steuerbefreite Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung
eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken. Dies betrifft
nicht nur Zusammenschlüsse auf gesellschaftsrechtlicher
Grundlage, sondern auch Fälle, in denen z.B. die
öffentliche Hand eine steuerbefreite Organisation mit der
Erbringung der steuerbegünstigten Tätigkeit beauftragt,
die Auftragnehmerin aber einzelne Tätigkeiten an andere
steuerbefreite Körperschaften vergibt.
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Voraussetzung für die Steuerbefreiung der
Hilfsperson bleibt aber nach der Senatsrechtsprechung, dass deren
Tätigkeit bei isolierter Betrachtung ihrerseits die
„übrigen Voraussetzungen“, d.h. auch das
Unmittelbarkeitserfordernis des § 57 AO, erfüllt. Es kann
sich deshalb zwar um eine Leistung handeln, die im zivilrechtlichen
Vertragsverhältnis einem Dritten geschuldet ist. Doch muss die
Leistung, wenn es um die steuerbegünstigten Zwecke der
Wohlfahrtspflege bzw. der Mildtätigkeit geht, zumindest
faktisch unmittelbar gegenüber dem Hilfsbedürftigen
erbracht werden, wie es z.B. bei den im Senatsurteil in BFHE 228,
388, BStBl II 2010, 1006 = SIS 10 14 75 zu beurteilenden
Betreuungsleistungen gegenüber entwicklungsgestörten und
behinderten Personen der Fall war.
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Handelt es sich demgegenüber auch bei
Außerachtlassung der zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen um
Handlungen, die nicht als unmittelbare Hilfeleistungen
gegenüber dem Bedürftigen, sondern vielmehr als
Dienstleistung gegenüber dem „eigentlichen“
Leistungserbringer zu charakterisieren sind, fehlt es an der
erforderlichen Unmittelbarkeit (vgl. auch Schauhoff, Handbuch der
Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 7 Rz 138). So liegt die
Sache im Streitfall: Die in Rede stehenden Laborleistungen
mögen zwar ärztlichen Charakter haben, sind aber der
Sache nach als Dienstleistungen gegenüber den unmittelbar
behandelnden Ärzten zu beurteilen. Nur die behandelnden
Ärzte haben Kontakt zu den Patienten, nur sie ziehen die
medizinischen Schlüsse aus den von der Klägerin
gelieferten Befunden und entscheiden z.B., welche Heil- oder
Vorsorgemaßnahmen jeweils geboten sind. Die Laborleistungen
sind - wie auch das FG an anderer Stelle festgestellt hat -
Vorbereitungsleistungen, die die Krankenhäuser dabei
unterstützen sollen, ihre Patienten medizinisch zu betreuen,
sind aber selbst keine unmittelbaren Behandlungs- oder
Betreuungsleistungen „am Patienten“. Das gilt
entgegen der Sichtweise der Klägerin auch angesichts des
Umstands, dass die Klägerin die Laborbefunde anhand des Blutes
bzw. der Körpersekrete der Patienten trifft. Denn die der
Klägerin von den Krankenhäusern zur Verfügung
gestellten Proben sind reine Untersuchungsobjekte; sie haben ihre
körperliche Verbindung zum Patienten verloren und an ihnen
werden von der Klägerin keine Heil- oder
Behandlungsmaßnahmen vorgenommen.
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d) Da es somit bereits aus diesem Grund an
einer unmittelbaren Erfüllung der gemeinnützigen bzw.
mildtätigen Zwecke in Person der Klägerin fehlt, bedarf
es keiner Erörterung, ob die Voraussetzungen des § 57 AO
auch deshalb nicht gegeben sein könnten, weil die
Klägerin nach den Bedingungen des Kooperationsvertrags mit der
überörtlichen Gemeinschaftspraxis keine eigenen
Fachärzte für Laboratoriumsmedizin einsetzen durfte und
sie sich demnach offenbar für die Wahrnehmung ihrer
ärztlichen Aufgaben der Fachärzte der Gemeinschaftspraxis
bedient hat. Ebenso kann offenbleiben, ob die Steuerbefreiung auch
mit Blick auf das Erfordernis der Selbstlosigkeit gemäß
§ 55 AO zu versagen wäre, weil die Tätigkeit der
Klägerin sich darin erschöpft, einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb zu unterhalten, der nach den Feststellungen
der Vorinstanz die gleichen Leistungen zu vergleichbaren
Bedingungen anbietet, wie nicht steuerbefreite, mit
Gewinnerzielungsabsicht agierende Anbieter (vgl. zur verwandten
Problematik im Zusammenhang mit Krankentransporten einerseits
Senatsbeschluss vom 18.9.2007 I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II
2009, 126 = SIS 08 10 20; andererseits
„Nichtanwendungsschreiben“ des BMF vom
20.1.2009, BStBl I 2009, 339 = SIS 09 00 62 und AEAO zu § 66,
Nr. 6). Und schließlich ist bei dieser Sachlage nicht
darüber zu befinden, ob der wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb der Klägerin die Voraussetzungen eines
Zweckbetriebs nach § 66 oder § 65 AO erfüllen
würde.
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