1
|
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob und bis wann zwischen der Einzelfirma des Klägers und
Revisionsklägers (Kläger) und der Firma H-GmbH eine
umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestanden hat und inwieweit eine
im Zusammenhang mit der Insolvenz der H-GmbH erforderliche
Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1
des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) gegenüber dem Kläger
oder gegenüber der H-GmbH zu erfolgen hat.
|
|
|
2
|
Der Kläger ist Gesellschafter der
H-GmbH und deren einziger Geschäftsführer. An diese hatte
er seinen zuvor als Einzelunternehmen geführten
Dachdeckereibetrieb verpachtet. Die H-GmbH war mit notariellem
Vertrag vom 21.12.1970 gegründet worden. Im Streitjahr 2000
betrug das Stammkapital der H-GmbH 500.000 DM. Hieran waren der
Kläger mit 460.000 DM und seine Ehefrau mit 40.000 DM
beteiligt. Gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrags
gewährten je 100 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme in
der Gesellschafterversammlung; Beschlussfassungen bedurften der
Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
|
|
|
3
|
Bereits seit dem 30.4.1971 bestand ein
Pachtvertrag zwischen der H-GmbH und dem Kläger und seiner
Ehefrau über die in deren Eigentum stehenden Grundstücke
und Gebäude.
|
|
|
4
|
Am 30.5.1990 schloss der Kläger mit
der H-GmbH einen Mietvertrag über gewerbliche Räume
betreffend das Grundstück M-Straße 42. Mietgegenstand
war eine Hoffläche, ein Bürogebäude sowie eine
Werkhalle. Die vermietete Fläche betrug 1.200 qm. Der Mietzins
betrug aufgrund der letzten Vereinbarung zwischen dem Kläger
und der H-GmbH zum 1.1.1993 monatlich 10.000 DM.
|
|
|
5
|
Daneben bestand ein Mietvertrag zwischen
dem Kläger und seiner Ehefrau als Vermietergemeinschaft und
der H-GmbH über das Grundstück M-Straße 40, auf dem
sich eine am 15.11.1995 fertig gestellte Werkhalle befand. Die
Vermietung aufgrund des am 14.11.1995 abgeschlossenen Vertrages
erfolgte ab 15.11.1995 für einen Mietzins von 4.000 DM
monatlich zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 600
DM.
|
|
|
6
|
Mit Beschluss vom 23.3.2000 aufgrund des
Antrags der H-GmbH vom selben Tag ordnete das Amtsgericht B-Stadt
zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur
Aufklärung des Sachverhalts gemäß §§ 21,
22 der Insolvenzordnung (InsO) unter anderem an, dass
Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres
Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen
Insolvenzverwalters gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO
wirksam seien. Im Übrigen war er ermächtigt, Bankguthaben
und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie
eingehende Gelder entgegenzunehmen.
|
|
|
7
|
Mit Beschluss vom 28.4.2000 eröffnete
das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen
der H-GmbH. Ausweislich der Bilanz zum 28.4.2000 betrugen die
Verbindlichkeiten der H-GmbH aus Lieferungen und Leistungen zu
diesem Zeitpunkt 540.477 DM. Es handelte sich dabei um
Verbindlichkeiten aus Leistungen, die dem umsatzsteuerlichen
Regelsteuersatz unterlagen.
|
|
|
8
|
Im Rahmen einer für die Monate Januar
bis April 2000 beim Kläger durchgeführten
Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Prüfer von einer
umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zwischen dem Kläger und
der H-GmbH und davon aus, dass im Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung Verbindlichkeiten der H-GmbH in Höhe
von brutto 450.000 DM beständen. Gemäß § 17
UStG seien daher vom Kläger Vorsteuerbeträge in Höhe
von 62.068,96 DM zurückzufordern. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) folgte dem in einem nach
§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten
Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für den Monat April
2000.
|
|
|
9
|
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2008, 905 = SIS 08 23 49 veröffentlicht.
|
|
|
10
|
Während des Klageverfahrens erging am
3.6.2004 der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2000, in dem die
Vorsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG um 16 v.H. der zum
28.4.2000 noch bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von
insgesamt 540.477 DM, mithin um einen Betrag in Höhe von
86.476,32 DM berichtigt wurde.
|
|
|
11
|
Zur Begründung seiner Entscheidung
führte das FG im Wesentlichen aus, das FA sei zu Recht davon
ausgegangen, dass bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am
28.4.2000 zwischen dem Kläger und der H-GmbH eine
umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestanden habe, die
Uneinbringlichkeit der gegen die H-GmbH gerichteten Forderungen aus
Lieferungen und Leistungen spätestens zu diesem Zeitpunkt
eingetreten sei und dass sich der Vorsteuerberichtigungsanspruch
gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 UStG gegen
den Kläger als Organträger richte.
|
|
|
12
|
Hiergegen wendet sich der Kläger mit
der Revision, mit der er Verletzung formellen und materiellen
Rechts geltend macht.
|
|
|
13
|
Er, der Kläger, sei als
„Holding“ ohne eigene sonstige wirtschaftliche
Tätigkeit kein Unternehmer i.S. des § 2 UStG. Das
bloße Erwerben und Halten von Gesellschaftsbeteiligungen sei
keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Er sei lediglich
Geschäftsführer und Gesellschafter der H-GmbH gewesen;
eine unternehmerische Tätigkeit folge daraus nicht.
|
|
|
14
|
Soweit er ein Grundstück an die H-GmbH
vermietet habe, ergebe sich auch daraus keine unternehmerische
Tätigkeit, weil es sich dabei um eine
vermögensverwaltende Tätigkeit gehandelt habe. Soweit er
gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Grundstück an die H-GmbH
vermietet habe, könne das ohnehin nicht seine
Unternehmereigenschaft begründen, sondern allenfalls die einer
zwischen ihm und seiner Ehefrau bestehenden Gemeinschaft.
|
|
|
15
|
Das in seinem Alleineigentum stehende
Grundstück habe für die Geschäftstätigkeit der
H-GmbH keine wesentliche Bedeutung gehabt. Auch aus der relativen
Höhe des Mietzinses lasse sich hierfür nichts
herleiten.
|
|
|
16
|
Eine organisatorische Eingliederung
scheitere daran, dass es keine „Personenidentität in den
Leitungsgremien“ gegeben habe. Er, der Kläger, sei
lediglich Vermieter bzw. Mitvermieter und Mitgesellschafter
gewesen.
|
|
|
17
|
Schließlich lägen die
Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht vor, weil der
Insolvenzverwalter die H-GmbH i.L. fortgeführt und schwebende
Verträge zumindest partiell erfüllt habe. Von
Uneinbringlichkeit könne deshalb keine Rede sein.
|
|
|
18
|
Soweit das FG auf Entscheidungen des
Bundesfinanzhofs (BFH) zu anderen Fällen Bezug nehme, ersetze
das keine Urteilsbegründung. Insofern sei die Vorentscheidung
nicht i.S. des § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit
Gründen versehen.
|
|
|
19
|
Im Übrigen sei, das Vorliegen einer
Organschaft unterstellt, diese spätestens mit Eintritt des
vorläufigen Insolvenzverfahrens beendet gewesen. Die
Unterscheidung zwischen sog. starken und schwachen vorläufigen
Insolvenzverwaltern sei formalistisch und gehe an der
wirtschaftlichen Realität vorbei.
|
|
|
20
|
Der Kläger beantragt
sinngemäß,die Vorentscheidung und die
Einspruchsentscheidung vom 2.7.2007 aufzuheben und die Umsatzsteuer
2000 um 86.476,32 DM herabzusetzen.
|
|
|
21
|
Das FA beantragt,die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
22
|
Es verteidigt die Vorentscheidung.
|
|
|
23
|
II. Die Revision ist unbegründet; sie war
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
|
|
|
24
|
Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass
die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen der H-GmbH gegen diese bestehenden
Forderungen uneinbringlich geworden sind. Im Ergebnis ebenfalls zu
Recht hat das FG die sich daraus ergebende Vorsteuerberichtigung
beim Kläger als ehemaligen Organträger vorgenommen.
|
|
|
25
|
1. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2,
Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an
den der Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen, wenn das
vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung,
sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen
innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist.
|
|
|
26
|
a) § 17 UStG regelt einen
eigenständigen materiell-rechtlichen Berichtigungstatbestand
gegenüber den Änderungsvorschriften der AO. Liegen die
Voraussetzungen für eine Berichtigung i.S. von § 17 UStG
vor, führt dies nicht zu einer rückwirkenden
Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung. Dieser
Sachverhalt ist vielmehr als unselbständige
Besteuerungsgrundlage (§ 157 Abs. 2 AO) in der
Umsatzsteuerfestsetzung für den maßgeblichen
Besteuerungszeitraum (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG) zu
berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 13.7.2006 V B 70/06,
BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415 = SIS 06 37 85). Der
anfänglich nach
„Soll“-Besteuerungsgrundsätzen vorgenommene
Vorsteuerabzug ist (lediglich) tatbestandliche Voraussetzung der
materiellen Regelung nach § 17 UStG (BFH-Urteil vom 7.12.2006
V R 2/05, BFHE 216, 375, BStBl II 2007, 848 = SIS 07 07 85).
|
|
|
27
|
b) „Uneinbringlich“ i.S.
des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist eine Forderung, wenn der
Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und
bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende
die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare
Zeit nicht durchsetzen kann (BFH-Urteile vom 20.7.2006 V R 13/04,
BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22 = SIS 06 37 86; vom 22.4.2004 V R
72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684 = SIS 04 23 48; vom
13.1.2005 V R 21/04, BFH/NV 2005, 928 = SIS 05 22 47). Nach der
Rechtsprechung des Senats werden spätestens im Augenblick der
Insolvenzeröffnung unbeschadet einer möglichen
Insolvenzquote die Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen
Leistungen an den späteren Gemeinschuldner in voller Höhe
i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich (BFH-Urteile
vom 6.6.2002 V R 22/01, BFH/NV 2002, 1352 = SIS 02 94 57; vom
28.6.2000 V R 45/99, BFHE 192, 129, BStBl II 2000, 703 = SIS 00 14 09, m.w.N.). Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist die
Umsatzsteuer des leistenden Unternehmers und dementsprechend der
Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nach § 17 Abs. 1
UStG zu berichtigen. Im Streitfall lagen daher die Voraussetzungen
für die Berichtigung nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1
UStG mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor.
|
|
|
28
|
2. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die
Vorsteuerberichtigung gegenüber dem Kläger als
Organträger der H-GmbH vorzunehmen war. Gemäß
§ 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug
bei dem Unternehmer, an den der Umsatz ausgeführt wurde, zu
berichtigen.
|
|
|
29
|
a) Im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen
Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG hat die
Vorsteuerberichtigung gegenüber dem (bisherigen)
Organträger zu erfolgen, wenn die Uneinbringlichkeit vor der
Organschaftsbeendigung eingetreten ist oder - wie im Streitfall -
durch die Insolvenzeröffnung sowohl die Organschaftsbeendigung
als auch die Uneinbringlichkeit gleichzeitig erfolgen
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 11.4.1991 V R
126/87, BFH/NV 1992, 140; BFH-Beschlüsse vom 5.12.2008 V B
101/07, BFH/NV 2009, 432 = SIS 09 06 45; vom 12.8.1993 V B 230/91,
BFH/NV 1994, 277 = SIS 93 25 26; vom 7.9.1998 V B 34/98, BFH/NV
1999, 226 = SIS 98 56 43; vom 6.6.2002 V B 110/01, BFH/NV 2002,
1267 = SIS 02 84 99). Ob bereits im Zeitpunkt des Antrags auf
Insolvenzeröffnung durch den leistenden Unternehmer
Uneinbringlichkeit vorliegen könnte, ist im Streitfall schon
deshalb unerheblich, weil auch der frühere Zeitpunkt das
Streitjahr 2000 betraf.
|
|
|
30
|
b) Der Kläger war bis zur Eröffnung
des Insolvenzverfahrens Organträger der H-GmbH.
|
|
|
31
|
Eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft
(§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) liegt vor, wenn eine juristische
Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse
finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen
des Organträgers eingegliedert ist (zu den Anforderungen an
die umsatzsteuerrechtliche Organschaft vgl. BFH-Urteil vom 3.4.2008
V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905 = SIS 08 25 80).
|
|
|
32
|
aa) Der Kläger war - entgegen seiner
Auffassung - Unternehmer, wie es § 2 Abs. 1, § 17 Abs. 1
und 2 UStG voraussetzen. Nach § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer,
wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
selbständig ausübt. Der Kläger hat ein bebautes
Grundstück an die H-GmbH vermietet und damit entgeltliche
Leistungen gegenüber der H-GmbH erbracht. Ob diese Leistungen
nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar sind oder ob es sich
aufgrund der Organschaft um nicht steuerbare Innenleistungen
handelt, ist für die zur Begründung einer Organschaft
erforderliche Unternehmerstellung des Organträgers unerheblich
(BFH-Urteile vom 29.1.2009 V R 67/07, BFHE 225, 172, BFH/NV 2009,
1331 = SIS 09 19 65; vom 9.10.2002 V R 64/99, BFHE 200, 119, BStBl
II 2003, 375 = SIS 03 05 87).
|
|
|
33
|
bb) Die finanzielle Eingliederung setzt
voraus, dass der Organträger seinen Willen in der
Organgesellschaft durch Mehrheitsbeschluss durchsetzen kann
(BFH-Urteile in BFHE 225, 172, BFH/NV 2009, 1331 = SIS 09 19 65;
vom 19.5.2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671 = SIS 05 31 27). Die finanzielle Eingliederung der H-GmbH folgt daraus, dass
der Kläger 92 v.H. der Stimmrechtsanteile an der H-GmbH
innehatte.
|
|
|
34
|
cc) Die organisatorische Eingliederung
erfordert, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene
Möglichkeit der Beherrschung der Organgesellschaft durch den
Organträger in der laufenden Geschäftsführung der
Organgesellschaft wirklich wahrgenommen wird. Es kommt darauf an,
dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und
Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest
nach den zwischen Organträger und Organgesellschaft
bestehenden Beziehungen sichergestellt ist, dass eine vom Willen
des Organträgers abweichende Willensbildung bei der
Organtochter nicht möglich ist (BFH-Urteile in BFHE 225, 172,
BFH/NV 2009, 1331 = SIS 09 19 65; in BFHE 221, 443, BStBl II 2008,
905 = SIS 08 25 80; vom 5.12.2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl
II 2008, 451 = SIS 08 11 75). Die organisatorische Eingliederung
ergibt sich daraus, dass der Kläger alleiniger
Geschäftsführer der H-GmbH war. Als solcher konnte er
eine von seinem Willen abweichende Willensbildung bei der H-GmbH
verhindern.
|
|
|
35
|
Die organisatorische Eingliederung ist auch
nicht, wie der Kläger meint, durch die Bestellung eines
vorläufigen Insolvenzverwalters, beendet worden. Die
Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters steht der
Annahme der organisatorischen Eingliederung regelmäßig
nicht entgegen, wenn der Organträger - wie hier - weiterhin
als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten
Organgesellschaft tätig und die Verwaltungsbefugnis und
Verfügungsbefugnis über das Vermögen der
Organgesellschaft noch nicht auf den vorläufigen
Insolvenzverwalter übergegangen ist (BFH-Urteil in BFHE 225,
172, BFH/NV 2009, 1331 = SIS 09 19 65; BFH-Beschluss vom 10.3.2009
XI B 66/08, BFH/NV 2009, 977 = SIS 09 16 03, m.w.N.).
|
|
|
36
|
dd) Für die wirtschaftliche Eingliederung
genügt es, dass zwischen der Organgesellschaft und dem
Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger
wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen
Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die
Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft
müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei
fördern und ergänzen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 225,
172, BFH/NV 2009, 1331 = SIS 09 19 65; vom 3.4.2003 V R 63/01, BFHE
202, 79, BStBl II 2004, 434 = SIS 03 29 16; vom 25.6.1998 V R
76/97, BFH/NV 1998, 1534). Hierfür reicht das Bestehen von
mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger
und Organgesellschaft aus; insbesondere braucht die
Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger
abhängig zu sein (BFH-Urteile in BFHE 225, 172, BFH/NV 2009,
1331 = SIS 09 19 65; in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434 = SIS 03 29 16, m.w.N.).
|
|
|
37
|
Allerdings lässt sich - im Gegensatz zur
Auffassung des FG - die wirtschaftliche Eingliederung nicht mit der
Vermietung des im gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten
stehenden Grundstückes begründen. Die zwischen dem
Kläger und seiner Ehefrau bestehende Vermietergemeinschaft
ist, soweit sie Vermietungsleistungen gegen Entgelt erbringt, ein
vom Kläger unabhängiger selbständiger Unternehmer,
dessen Leistungen keine Eingliederung der H-GmbH in das von der
Vermietergesellschaft zu unterscheidende Unternehmen des
Klägers bewirken kann (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.2007 V R
5/06, BFHE 219, 442, BStBl II 2008, 448 = SIS 08 11 76, unter
II.3.).
|
|
|
38
|
Der für die wirtschaftliche Eingliederung
erforderliche vernünftige wirtschaftliche Zusammenhang ergibt
sich aber aus der Vermietung des Grundstücks M-Straße 42
durch den Kläger an die GmbH. Die Vermietung eines
Betriebsgrundstücks genügt, wenn es - wie vorliegend -
für die Organgesellschaft von nicht nur geringfügiger
Bedeutung ist, weil es eine wesentliche räumliche und
funktionale Grundlage der Unternehmenstätigkeit der
Organgesellschaft bildet (BFH-Urteil in BFHE 225, 172, BFH/NV 2009,
1331 = SIS 09 19 65; in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434 = SIS 03 29 16, m.w.N.). Nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2
FGO) Feststellungen des FG hat das im Alleineigentum des
Klägers stehende Grundstück eine erhebliche
wirtschaftliche Bedeutung für die Unternehmenstätigkeit
der H-GmbH gehabt, weil sich auf diesem Grundstück nicht nur
das von der H-GmbH genutzte Bürogebäude, sondern auch
eine Werkhalle befunden hat, in der die vorproduzierten Teile
zwischengelagert worden sind und die Vorkommission stattgefunden
hat, sowie des Weiteren ein Magazin, in dem Kleinteile gelagert
worden sind. Das genügt für die erforderliche
wirtschaftliche Verknüpfung.
|
|
|
39
|
c) Gegen die Vorsteuerberichtigung beim
Organträger spricht - entgegen der Auffassung des Klägers
- nicht das BFH-Urteil in BFHE 216, 375, BStBl II 2007, 848 = SIS 07 07 85. In dieser Entscheidung ist der BFH von dem Rechtssatz
ausgegangen, dass eine Vorsteuerberichtigung nicht gegenüber
dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem
früheren Organ durchzuführen ist, wenn das Entgelt
für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene
Leistung erst nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich
geworden ist. Das ist vorliegend aber nicht der Fall.
|
|
|
40
|
d) Der Vorsteuerberichtigung gegenüber
dem Kläger steht auch nicht entgegen, dass das FG keine
Feststellungen dazu getroffen hat, ob und ggf. in welchem Umfang
der Insolvenzverwalter die Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin
erfüllt hat und ob er dies im Rahmen der
Wahlrechtsausübung nach § 103 InsO getan hat.
|
|
|
41
|
Wird ein uneinbringlich gewordenes Entgelt
nachträglich vereinnahmt, sind der Umsatzsteuerbetrag und der
Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2
UStG). Das gilt auch für den Fall, dass der Insolvenzverwalter
die durch die Eröffnung uneinbringlich gewordene Forderung
erfüllt. Soweit der Senat im Urteil in BFHE 192, 129, BStBl II
2000, 703 = SIS 00 14 09 (zum Konkursverwalter und § 17 der
Konkursordnung) entschieden hat, dass keine Uneinbringlichkeit
vorliegt, wenn dem Umsatz ein zweiseitiger Vertrag zugrunde liegt,
der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem
Gemeinschuldner und von dem anderen Teile nicht oder nicht
vollständig erfüllt war und der Insolvenzverwalter
gemäß § 103 InsO an Stelle des Gemeinschuldners den
Vertrag erfüllt und die Erfüllung von dem anderen Teile
verlangt, hält der Senat hieran nicht mehr fest (Änderung
der Rechtsprechung).
|
|
|
42
|
Führt bereits die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens zur Uneinbringlichkeit (s. oben II.1.b), ist
die sich hieraus ergebende Änderung nach § 17 UStG aus
Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bereits
für den Voranmeldungszeitraum der Verfahrenseröffnung zu
vollziehen und kann nicht von erst später eintretenden
Umständen wie einer Erfüllungswahl durch den
Insolvenzverwalter nach § 103 InsO abhängen. Darüber
hinaus spricht für die Uneinbringlichkeit bereits mit
Verfahrenseröffnung auch im Anwendungsbereich des § 103
InsO, dass noch ausstehende Erfüllungsansprüche aufgrund
der Verfahrenseröffnung nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH) ihre Durchsetzbarkeit verlieren
(BGH-Urteile vom 25.4.2002 IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, unter
II.2.b bb zu § 9 InsO; vom 17.11.2005 IX ZR 162/04, NJW 2006,
915, unter III.1.b cc zu § 103 InsO, und vom 1.3.2007 IX ZR
81/05, NJW 2007, 1594, unter II.1.b aa zu § 103 InsO).
|
|
|
43
|
3. Der Senat entscheidet im Einvernehmen der
Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§
121 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).
|