USt-Berichtigung bei Uneinbringlichkeit, Voraussetzungen: 1. Eine Entgeltsforderung ist uneinbringlich i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann. - 2. Eine Berichtigung kommt in Betracht, wenn der Leistungsempfänger zwar nicht die Entgeltsforderung selbst bestreitet, sondern mit einer vom Gläubiger (dem leistenden Unternehmer) substantiiert bestrittenen Gegenforderung aufrechnet, und wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (Fortführung des BFH-Urteils vom 22.4.2004 V R 72/03, BFHE 205 S. 525, BStBl 2004 II S. 684 = SIS 04 23 48). - Urt.; BFH 20.7.2006, V R 13/04; SIS 06 37 86
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ihr
Unternehmen auf einem ihr - vom Vermieter unter Verzicht auf die
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des
Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) steuerpflichtig - vermieteten
Grundstück. Die Klägerin ließ an dem Gebäude
umfangreiche Instandhaltungsarbeiten durchführen, die sie auch
bezahlte. Da diese Instandhaltungsmaßnahmen ihrer Auffassung
nach dem Vermieter oblagen und deshalb ihre Aufwendungen dafür
von ihm zu erstatten waren, kürzte sie in der Zeit zwischen
Januar 1993 bis Dezember 1995 ihre Mietzahlungen und erklärte
insoweit die Aufrechnung mit dem von ihr behaupteten
Erstattungsanspruch. Erst nachdem schließlich der Vermieter
mit seiner Klage gegen die Aufrechnung Erfolg hatte, bezahlte die
Klägerin die ausstehende Miete. Die Mietforderung selbst hatte
die Klägerin nicht bestritten.
Die Klägerin machte die ihr für
die Vermietung berechnete Umsatzsteuer in ihren
Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1993 bis 1995
ohne Rücksicht auf die Kürzung der Mietzahlungen
geltend.
Aufgrund entsprechender Feststellungen
anlässlich einer im Jahr 1996 durchgeführten
Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) die Auffassung, in Höhe des Einbehalts
sei nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG der
Vorsteuerabzug zu berichtigen, weil das vereinbarte Entgelt - das
auch beim Abschluss der Prüfung noch nicht vollständig
entrichtet worden war - insoweit „uneinbringlich“
geworden sei. Das FA erhöhte deshalb in den geänderten
Bescheiden für die Streitjahre vom 11.3.1998 die Umsatzsteuer
für 1993 um 19.305,28 DM, für 1994 um 55.186,87 DM und
für 1995 um 20.903,82 DM.
Die Sprungklage der Klägerin, mit der
sie geltend machte, sie habe die Mietforderungen durch Aufrechnung
mit Schadenersatzforderungen erfüllt, hatte keinen Erfolg. Das
Urteil ist in EFG 2004, 939 = SIS 04 19 35 abgedruckt.
Das Finanzgericht (FG) führte im
Wesentlichen aus, uneinbringlich i.S. des § 17 UStG sei das
Entgelt, wenn der Leistungsempfänger das Bestehen und/oder die
Höhe des Entgelts substantiiert bestreite und nicht zahle. Ein
solches substantiiertes Bestreiten der Forderung liege auch dann
vor, wenn mit bestrittenen Gegenforderungen - wie hier im Endeffekt
erfolglosen, angeblichen Schadenersatzforderungen - aufgrund
desselben Rechtsverhältnisses aufgerechnet werde.
Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision
rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Sie trägt im Wesentlichen vor, sie
habe die Mietzahlung nie bestritten. Die Mietforderung sei deshalb
nicht „uneinbringlich“ gewesen. Erst das rechtliche
Unvermögen des Gläubigers, seine Forderung durchzusetzen,
löse die Berichtigung aus.
Sie beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Umsatzsteuer in den Änderungsbescheiden vom
11.3.1998 für 1993 um 19.305,28 DM, für 1994 um 55.186,87
DM und für 1995 um 20.903,82 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG
hat zu Recht entschieden, dass eine Forderung i.S. des § 17
Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich ist, wenn der Schuldner (der
Leistungsempfänger) mit einer Forderung aufrechnet, deren
Bestehen der Gläubiger (der leistende Unternehmer)
substantiiert bestreitet.
1. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m.
Abs. 1 UStG haben der leistende Unternehmer den für seine
Leistung geschuldeten Umsatzsteuerbetrag und der
Leistungsempfänger den entsprechenden Vorsteuerabzug zu
berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für die
steuerpflichtige Lieferung uneinbringlich geworden ist. Wird das
Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind der Umsatzsteuerbetrag
und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr.
1 Satz 2 UStG).
a) „Uneinbringlich“ ist
eine Forderung nicht schon, wenn der Leistungsempfänger die
Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der
Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und
bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende
die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf
absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (Urteile des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 22.4.2004 V R 72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684
= SIS 04 23 48; vom 13.1.2005 V R 21/04, BFH/NV 2005, 928 = SIS 05 22 47). Uneinbringlichkeit in diesem Sinn hat der erkennende Senat
deshalb bejaht, wenn und ggf. soweit der Leistungsempfänger
das Bestehen dieser Forderung ganz oder teilweise substantiiert
bestreitet und damit erklärt, dass er die Entgeltsforderung
(ganz oder teilweise) nicht bezahlen werde. Damit entfällt
seine Berechtigung für den Abzug der Vorsteuer und
dementsprechend ist die Umsatzsteuerschuld des Leistenden nach
§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu korrigieren (BFH-Urteile in BFHE
205, 525, BStBl II 2004, 684 = SIS 04 23 48; vom 31.5.2001 V R
71/99, BFHE 196, 330, BStBl II 2003, 206 = SIS 02 01 49,
m.w.N.).
b) Nicht uneinbringlich (§ 17 Abs. 2 Nr.
1 Satz 1 UStG) ist eine Forderung, wenn deren Schuldner, der
Leistungsempfänger, mit einer ihm gegenüber dem
Leistenden, dem Gläubiger, zustehenden unbestrittenen
Forderung aufrechnet, denn die Aufrechnung (§ 387 des
Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - ) bewirkt, dass die
Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen
gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander
gegenübergetreten sind (§ 389 BGB), d.h. beide
Forderungen erlöschen durch entsprechende Tilgung.
Uneinbringlich ist die Entgeltsforderung jedoch, wenn der Schuldner
mit einer Forderung aufrechnet, die der Gläubiger (der
leistende Unternehmer) substantiiert bestreitet; denn auch in
diesem Fall muss der Gläubiger, der Leistende, damit rechnen,
dass der Schuldner auf absehbare Zeit das vereinbarte Entgelt unter
Hinweis auf die Aufrechnung mit der angeblichen Gegenforderung
nicht bezahlen wird. Dass der Schuldner, der
Leistungsempfänger - wie hier die Klägerin -, die
Entgeltsforderung selbst nicht in Frage stellt und diese nach
Obsiegen des Gläubigers im Streit um die Gegenforderung
tatsächlich schließlich bezahlt, ist entgegen der
Auffassung der Klägerin ohne Bedeutung; dies ergibt sich ohne
weiteres aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG, wonach bei
nachträglicher Vereinnahmung des Entgelts der
Umsatzsteuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen
sind. Entscheidend ist vielmehr allein, ob der Gläubiger der
Forderung auf Zahlung des Entgelts (hier: der Vermieter der
Klägerin) mit dem Bestehen einer aufrechenbaren Gegenforderung
des Schuldners rechnen und deshalb davon ausgehen muss, dass beide
Forderungen durch Aufrechnung erfüllt werden (vgl.
BFH-Beschluss vom 15.4.2004 V B 162/03, BFH/NV 2004, 1122 = SIS 04 30 49). Ob dies der Fall ist, ist im Wesentlichen eine Tatfrage.
Das FA kann durch Hinzuziehung oder Beantragung der Beiladung
sicherstellen, dass die Uneinbringlichkeit beim Leistenden und beim
Leistungsempfänger gleich beurteilt wird (BFH in BFHE 205,
525, BStBl II 2004, 684 = SIS 04 23 48).
2. Im Streitfall ist das FG angesichts dessen,
dass der Vermieter die Gegenforderung und deshalb eine wirksame
Aufrechnung bestritten hatte und seine Entgeltsforderung einklagen
musste, und weil schließlich die Klägerin ihren
angeblichen Schadenersatzanspruch gegen den Vermieter gerichtlich
nicht hatte durchsetzen können, davon ausgegangen, dass der
Gläubiger (der Vermieter) mit der Erfüllung seiner
Entgeltsforderung durch wirksame Aufrechnung nicht rechnen musste.
Diese auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.