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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) führte im Jahr 2004 steuerpflichtige
Lieferungen und sonstige Leistungen an eine GmbH & Co. KG (KG)
aus. Die daraus entstandenen Vorsteuervergütungsansprüche
trat die KG teilweise an die Klägerin ab. Im Rahmen einer
Umsatzsteuerprüfung bei der KG stellte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) fest, dass die KG
gegenüber der Klägerin noch Verbindlichkeiten aus nicht
bezahlten Eingangsrechnungen hatte.
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Im April 2005 wurde die vorläufige
Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG angeordnet.
Das FA sah die offenen Forderungen der Klägerin damit als
uneinbringlich an. Mit Bescheid vom Mai 2005 machte es den von der
KG bereits in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug im Rahmen der
Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005
rückgängig.
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Mit Bescheid vom Juli 2005 forderte das FA
von der Klägerin die verrechneten bzw. vergüteten
Beträge in Höhe von 258.364,56 EUR zurück. Mit der
Vorsteuerberichtigung bei der KG sei der Rechtsgrund für die
aufgrund der Abtretungsanzeigen vorgenommenen Verrechnungen mit
eigenen Umsatzsteuerschulden der Klägerin entfallen. Die
Verrechnungen seien deshalb rückgängig zu machen.
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Der gegen den Rückforderungsbescheid
eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob den
Rückforderungsbescheid auf. Die Rückforderung
vergüteter bzw. verrechneter Vorsteuerbeträge für
die Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni und Juli 2004
sei rechtswidrig. Ein Rückforderungsanspruch setze nach §
37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) voraus, dass der Rechtsgrund
für die Zahlung entweder von vornherein fehle oder später
entfallen sei. Diese Voraussetzung sei aber im Fall der
Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2
Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1999 nicht erfüllt. Zur
Begründung dieser Auffassung bezieht sich das FG auf das
Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 27.9.2007 6 K 5154/04 B (EFG
2008, 102 = SIS 08 03 34) und den Beschluss des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 13.7.2006 V B 70/06 (BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415 =
SIS 06 37 85). Aufgrund der abschnittsweisen Entstehung der
Umsatzsteuer bereits während des Besteuerungszeitraums mit
Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums sei der Rechtsgrund
für die Zahlung an die Klägerin in dem in entsprechender
Höhe bestehenden Vorsteuerüberschuss aus der
Umsatzsteuer-Voranmeldung der KG zu sehen, und dieser sei auch
nicht weggefallen, weil eine Korrektur der Bemessungsgrundlage nach
§ 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999 für den
Besteuerungszeitraum vorzunehmen sei, in dem die Änderung der
Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung führe
nicht zu einer rückwirkenden Änderung der
ursprünglichen Steuerfestsetzung. Das Urteil des FG ist in EFG
2008, 587 = SIS 08 12 91 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision rügt das FA, dass
das Urteil von den Entscheidungen des BFH vom 9.4.2002 VII R 108/00
(BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562 = SIS 02 84 95) abweiche und
meint sinngemäß, dass der Rechtsgrund für die
Auszahlung der an die Klägerin abgetretenen
Umsatzsteuervergütungen aus den in der Senatsentscheidung vom
19.8.2008 VII R 36/07 (BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90 = SIS 08 38 86) genannten Gründen durch den Berichtigungsbescheid
weggefallen sei.
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Die Klägerin rügt die mangelnde
Zuständigkeit des erkennenden Senats und hält
außerdem die Anrufung des Großen Senats des BFH wegen
Divergenz der Senatsrechtsprechung zu der Entscheidung des V.
Senats vom 13.7.2006 V B 70/06 (BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415 =
SIS 06 37 85) für geboten. In der Sache schließt sie
sich - zusammengefasst - den Ausführungen des V. Senats
an.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG (§ 126 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Senat kann
mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht
abschließend beurteilen, ob der Rechtsgrund für die
Auszahlung an die Klägerin als Abtretungsempfängerin
(Zessionarin) mit der Berichtigung des Vorsteuerabzugs der
Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni und Juli 2004
durch Bescheid vom 13.5.2005 über die Festsetzung der
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005 weggefallen und die
Klägerin als Empfängerin der Steuervergütung zur
Rückgewähr verpflichtet ist.
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1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt
sich aus Ziff. 4 Buchst. c des Geschäftsverteilungsplans des
BFH. Danach ist der VII. Senat für Streitigkeiten über
Bescheide im Erhebungsverfahren, u.a. bei
Rückforderungsbescheiden zuständig, außer wenn
zugleich die Steuerfestsetzung streitig ist. Dieser Ausnahmefall
liegt hier nicht vor.
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2. Ist eine Steuervergütung ohne
rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen
Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, einen Anspruch auf
Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies
gilt auch, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung
später wegfällt (§ 37 Abs. 2 AO).
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a) Zu den Steuervergütungen gehören
auch die Ansprüche aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen
März, Mai, Juni und Juli 2004. Da diese Ansprüche
unstreitig (teilweise) an die Klägerin abgetreten und an sie
ausgezahlt bzw. mit ihren Steuerschulden verrechnet worden sind,
richtet sich der Rückzahlungsanspruch, sofern und soweit er
besteht, gegen sie als Abtretungsempfängerin (ständige
Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 5.6.2007 VII R 17/06, BFHE
217, 241, BStBl II 2007, 738 = SIS 07 29 09, m.w.N.).
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b) Der rechtliche Grund für die
Auszahlung der Steuervergütung ist regelmäßig der
der Zahlung zugrunde liegende Steuerbescheid (§ 218 Abs. 1
AO). Für die Leistungen des FA an die Klägerin waren das
die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der KG für März, Mai,
Juni und Juli 2004, in denen jeweils den Abtretungsbetrag tragende
Vergütungsansprüche ausgewiesen waren. Diese
Voranmeldungen stehen nach der - in der Auszahlung liegenden -
Zustimmung durch das FA Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gleich (§§ 168 i.V.m. 164 Abs. 1 AO -
Vorbehaltsfestsetzungen - ).
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c) Ob der rechtliche Grund für die
Auszahlung der Steuervergütungen nachträglich entfallen
ist, wie es § 37 Abs. 2 Satz 2 AO voraussetzt, lässt sich
anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.
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aa) Allerdings sind die
Vorbehaltsfestsetzungen im Streitfall weder durch Aufhebung bzw.
Änderung rückwirkend weggefallen noch ist die Korrektur
in einem Umsatzsteuerjahresbescheid für 2004 vorgenommen
worden, der unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Erledigung
der Voranmeldungen ”auf andere Weise” i.S. des
§ 124 Abs. 2 AO führen kann (vgl. BFH-Urteil vom
29.11.1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370 = SIS 85 09 40).
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bb) Nach den Feststellungen des FG hat das FA
aber in der Voranmeldung für den Zeitraum, in dem die in den
Voranmeldungszeiträumen März, Mai, Juni und Juli 2004
begründeten Forderungen der Klägerin gegen die KG
uneinbringlich geworden sind (Anordnung der vorläufigen
Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG im April
2005), die förmliche Berichtigung des Vorsteuerabzugs
vorgenommen.
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(1) Für diesen Fall einer berichtigenden
Steuerfestsetzung nach § 17 Abs. 2
Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 (bzw. § 17 Abs.
1 Satz 7 UStG 2005) in der im Streitfall maßgeblichen Fassung
des Art. 5 Nr. 14 des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes vom
9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310, BGBl I 2005, 386) hat der Senat
bereits entschieden, dass der umsatzsteuerlichen
Rückabwicklung eines bestimmten Vorgangs durch die
Berichtigung eine vergleichbare Wirkung zukommt, wie dem
Jahressteuerbescheid, der die Feststellungen der Voranmeldungen in
sich aufnimmt oder sie hinsichtlich zu Unrecht in Anspruch
genommener Vorsteuern korrigiert (Senatsurteil in BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562 = SIS 02 84 95).
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(2) Hieran hält der Senat fest. Er folgt
nicht der Auffassung, die der V. Senat des BFH in einem Verfahren
des vorläufigen Rechtsschutzes vertreten hat (BFHE 214, 467,
BStBl II 2007, 415 = SIS 06 37 85), ohne dass es deswegen einer
Vorlage der Sache an den Großen Senat des BFH bedürfte
(BFH-Urteil vom 2.7.1997 I R 25/96, BFHE 183, 33, BStBl II 1997,
714 = SIS 97 24 31).
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Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 UStG wird dem nach vereinbarten Entgelten besteuerten
Unternehmer, dem die Rechnung gestellt wurde, unter dem
stillschweigenden Vorbehalt gewährt, dass der Umsatz
tatsächlich ausgeführt wird. Führt der
Vorsteuerabzug zu einer Steuervergütung, so steht diese -
unausgesprochen - unter der auflösenden Bedingung, dass der
Unternehmer das der Steuerberechnung zugrunde gelegte Entgelt
später tatsächlich an den Lieferanten zahlt. Deshalb hat
der Senat den Anspruch, dass dem Steuerpflichtigen eine Steuer zu
erstatten oder zu vergüten oder in anderer Weise wieder
gutzubringen ist, als eine im Zeitpunkt der Steuerentstehung
aufschiebend bedingt begründete Forderung unabhängig von
der Art des die Erstattung bzw. Vergütung auslösenden
Ereignisses angesehen, insbesondere bei Uneinbringlichwerden des
Entgelts für eine umsatzbesteuerte Leistung (vgl. Senatsurteil
vom 4.8.1987 VII R 11/84, BFH/NV 1987, 707, und Senatsbeschluss vom
6.10.2005 VII B 309/04, BFH/NV 2006, 369 = SIS 06 08 71). Der Senat
hat in diesem Zusammenhang der steuertechnischen Frage keine
Bedeutung beigemessen, ob das betreffende Ereignis als
rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AO zu einer Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung
und zu einem Erstattungsanspruch führt oder wie in den
Fällen des § 17 UStG zu einem steuerverfahrensrechtlich
selbständigen Anspruch, der jedoch gleichsam kompensatorischen
Charakter hat, indem er die ursprünglich vorgenommene
Besteuerung ausgleicht und die damals für ein bestimmtes
Ereignis erhobene Steuer aufgrund eines späteren,
entgegengesetzten Ereignisses zurückführt (Senatsurteil
vom 17.4.2007 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589 = SIS 07 19 23; vgl. auch Senatsurteile vom 4.2.2005 VII R 20/04, BFHE 209,
13 = SIS 05 21 68, und in BFH/NV 1987, 707).
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Diese zu § 96 Abs. 1 der Insolvenzordnung
entwickelte Rechtsprechung gilt auch für den umgekehrten Fall
der Kompensation einer Steuervergütung, sei es dass diese
durch Rückforderung des Vergütungsbetrags, sei es dass
sie steuertechnisch in anderer Weise verwirklicht wird. In dem
Rechtsverhältnis zwischen dem Finanzamt und dem Unternehmer
wird dies zwar in den Fällen einer Vorsteuerberichtigung nach
§ 17 UStG nicht praktisch, weil insoweit das in § 17 UStG
vorgesehene Verfahren - Hinzurechnung des zu berichtigenden
Vorsteuerbetrags bei der Umsatzsteuerfestsetzung in dem
Veranlagungszeitraum, in dem das die Berichtigung auslösende
Ereignis eintritt - Vorrang hat. §
17 UStG ist jedoch lediglich eine aus Gründen
umsatzsteuerrechtlicher Systematik und Praktikabilität
geschaffene verfahrensrechtliche Sonderregelung gegenüber den
ohne die Regelungen in § 17 Abs. 2
Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 eingreifenden
Änderungsvorschriften des § 164 Abs. 2 bzw. des §
175 Abs. 1 Nr. 2 AO, die zu einer Berücksichtigung
später eintretender Ereignisse durch Änderung der
ursprünglichen Steuerfestsetzung führen würden. In
seiner Entscheidung in BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90 = SIS 08 38 86 hat der Senat dargelegt, dass § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999
lediglich zwischen dem steuerpflichtigen Unternehmer und dem Fiskus
den Besteuerungszeitraum der Korrektur festlegt, wenn sie wegen der
erst späteren Rückgängigmachung des Geschäfts
nicht bereits im laufenden Besteuerungszeitraum vollzogen werden
konnte. Diese spezielle Verfahrensregelung erklärt sich aus
der materiell-rechtlichen Besonderheit des Umsatzsteuerrechts, der
zeitraumbezogenen Besteuerung nach dem Sollprinzip, d.h. der
Berücksichtigung von Umsatzsteuer und Vorsteuer im Zeitpunkt
der Ausführung der in Rechnung gestellten Leistung ohne
Rücksicht auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung der
Gegenleistung (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
1999). Daraus folgt aber auch, dass sich die Wirkung dieser Norm
auf die Bestimmung des Korrekturzeitraums im
Steuerrechtsverhältnis zwischen Steuerpflichtigem und Fiskus
beschränkt. Nur in diesem Verhältnis rechtfertigen die
materiell-rechtlichen Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts eine
Abweichung von den allgemeinen abgabenrechtlichen Aufhebungs- und
Änderungsvorschriften. Der Zessionar der vormaligen
Umsatzsteuervergütung kann sich
nicht darauf berufen, dass die Berichtigung ex nunc nach
§ 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 17
Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 (bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG 2005)
die Wirksamkeit der vormaligen Festsetzung der
Umsatzsteuervergütung nicht berührt. Denn im Rahmen
des Schuldverhältnisses zwischen dem FA und dem
Zessionar, das durch die Leistung auf einen abgetretenen
Umsatzsteuervergütungsanspruch begründet worden ist,
spielen die Besonderheiten des materiellen Umsatzsteuerrechts keine
Rolle. Schuldverhältnisse zwischen Zessionar und Fiskus
unterscheiden sich nicht durch die Steuerart, aus der der
abgetretene Anspruch herrührt. Deshalb ist es nicht
gerechtfertigt, die Voraussetzung für die Rückforderung,
den Wegfall des rechtlichen Grundes, gegenüber dem Zessionar
einer später berichtigten Umsatzsteuervergütung anders
als im Fall der Rückforderung vom Zessionar einer anderen
Steuererstattung allein wegen der verfahrensrechtlichen
Sonderregelung des § 17 UStG grundsätzlich zu verneinen.
Bei Berichtigung der Vorsteuer gegenüber dem Steuerpflichtigen
tritt im Rechtsverhältnis des FA zu einem Zessionar die
auflösende Bedingung ein, die der auf dem Vorsteuerabzug
beruhenden Steuervergütung von Anfang an anhaftete, so dass
der Berichtigung gegenüber dem Zessionar die Wirkung einer
Erledigung der vormaligen Umsatzsteuervergütung ”auf
andere Weise” i.S. des § 124 Abs. 2 AO - insoweit
ähnlich wie dem Jahressteuerbescheid - innewohnt.
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Wie der Senat bereits ausgeführt hat,
gebietet auch das Prinzip der Umsatzsteuerneutralität, dass
nach Abtretung und Auszahlung einer Umsatzsteuervergütung und
nachfolgender Insolvenz des Vorsteuerabzugsberechtigten die
berichtigte Vorsteuer dem Fiskus unabhängig davon
zurückerstattet wird, in welchem Voranmeldungszeitraum die
Berichtigung vorgenommen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 222, 205,
BStBl II 2009, 90 = SIS 08 38 86). Denn es gilt, so umfassend wie
möglich zu verhindern, dass zwar der leistende Unternehmer die
bereits an das FA abgeführte Umsatzsteuer im Wege der
Berichtigung, nicht aber das FA die seinerzeit berücksichtigte
Vorsteuer - mangels Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen -
zurückbekommt.
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Diese Situation kennzeichnet auch den
Streitfall. Nach den Feststellungen des FG ergab sich die
Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung, die die Berichtigung
rechtfertigt, daraus, dass über das Vermögen der KG die
vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet war (vgl.
BFH-Urteil vom 20.7.2006 V R 13/04, BFHE
214, 471, BStBl II 2007, 22 = SIS 06 37 86). In dieser Situation
durfte sich das FA an die Klägerin halten, da es nicht
damit rechnen konnte, mit der Berichtigung gegenüber der KG
die Vorsteuern auf den nun uneinbringlich gewordenen Kaufpreis im
wirtschaftlichen Ergebnis in absehbarer Zeit ganz oder teilweise
zurückzubekommen.
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cc) Die Erledigung und damit der Wegfall des
rechtlichen Grundes für eine vormalige Umsatzsteuererstattung
tritt allerdings durch den Berichtigungsbescheid nur ein, wenn
dieser die Anforderungen erfüllt, die der Senat an einen zur
(Teil-)Erledigung eines Vorbehaltsbescheids führenden
Jahressteuerbescheid gestellt hat.
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(1) Nur wenn sich aus dem
Jahresumsatzsteuerbescheid zweifelsfrei ergibt, dass ein
Vergütungsanspruch in einem Voranmeldungszeitraum nicht
bestand - etwa wenn die Jahressteuer mangels Unternehmereigenschaft
bzw. fehlender Vorsteuerabzugsberechtigung auf 0 DM festgesetzt
worden war -, bewirkt der Jahresbescheid den Wegfall des
Rechtsgrundes für die Auszahlung der seinerzeit aus den
geltend gemachten Vorsteuern resultierenden
Umsatzsteuervergütung.
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Allein die Festsetzung einer positiven
Umsatzsteuerjahresschuld oder die Festsetzung einer geringeren
negativen Umsatzsteuerschuld für das Kalenderjahr, als sich
bei Zusammenrechnung der in den Voranmeldungen ausgewiesenen
Beträge ergibt, lässt jedoch nicht ohne Weiteres den
Schluss auf eine Änderung der betreffenden Bemessungsgrundlage
und damit auch den Wegfall des Vorbehaltsbescheids als
gegenüber einem Zessionar wirksamer Rechtsgrund für den
Vergütungsanspruch zu. Denn es ist daraus nicht zweifelsfrei
erkennbar, in welchem Vorbehaltsbescheid eine
berichtigungsbedürftige Besteuerungsgrundlage
berücksichtigt worden ist und in welcher Höhe sich die
zutreffende Berücksichtigung auf die seinerzeit ausgewiesene
(negative) Umsatzsteuer auswirkt (Senatsurteil vom 2.2.1995 VII R
42/94, BFH/NV 1995, 853).
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(2) Übertragen auf einen
Berichtigungsbescheid bedeutet das, dass durch die spätere
Berichtigung ein für einen Voranmeldungszeitraum ergangener
Vorbehaltsbescheid seine formelle Wirksamkeit als Behaltensgrund
für die ausgezahlte Steuervergütung nur verlieren kann,
wenn sich die Berichtigung auf eine bestimmte, in jenem
Vorbehaltsbescheid erfasste Lieferung bezieht, so dass der Bezug zu
der berichtigten Voranmeldung und die berichtigte
Bemessungsgrundlage zweifelsfrei feststehen (Senatsurteile in BFHE
198, 294, BStBl II 2002, 562 = SIS 02 84 95; in BFHE 222, 205,
BStBl II 2009, 90 = SIS 08 38 86, m.w.N.).
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D.h., der Ansatz eines Berichtigungsbetrags in
einem nachfolgenden Voranmeldungszeitraum kann für sich
genommen den in einer früheren Vorbehaltsfestsetzung liegenden
Rechtsgrund für eine Vergütungsauszahlung nicht in Frage
stellen. Wenn nämlich die Berichtigung mehrere Umsätze
erfasst, die in verschiedenen Voranmeldungen zum Ausweis von
Vorsteuern geführt haben, oder wenn ein teilweise - etwa in
Höhe der Vorsteuer aus einem bestimmten Umsatz - abgetretener
Vergütungsanspruch aus einer Voranmeldung auch auf Vorsteuern
beruht, die von der Berichtigung nicht erfasst sind, fehlt es an
dem konkreten Bezug der Berichtigung zu dem abgetretenen
Vergütungsanspruch. Aus der Berichtigung ergibt sich dann
nicht, dass der an den Zessionar ausgezahlte Betrag auf der
korrekturbedürftigen Vorsteuer beruht. Daran ändert auch
nichts, wenn - wie im Streitfall - ausweislich der
Abtretungserklärung nicht der
Umsatzsteuervergütungsanspruch aus einer bestimmten
Voranmeldung, sondern der ”Vorsteueranspruch”
aus einem bestimmten Umsatz abgetreten worden ist. Denn es gibt
keinen abtretbaren
”Vorsteuervergütungsanspruch”, die
Vorsteuern bilden lediglich unselbständige
Bemessungsgrundlagen bei der Ermittlung der Umsatzsteuer.
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dd) Dem FA obliegt es, den Zusammenhang
zwischen der Berichtigung und den davon betroffenen
Vorbehaltsfestsetzungen aufzuzeigen. Es muss den Nachweis
führen, dass der abgetretene Vergütungsanspruch in
Höhe des dem Zessionar ausgezahlten Betrags
ausschließlich auf berichtigten Vorsteuern beruht. Gelingt
dieser Nachweis nicht oder nicht vollständig, verbleibt also
nach Abzug der berichtigten Vorsteuer noch ein negativer
Umsatzsteuerbetrag in dem jeweiligen Voranmeldungszeitraum, hat
sich der Vorbehaltsbescheid als Rechtsgrund der Zahlung an den
Zessionar insoweit nicht erledigt. In Höhe dieses Restbetrags
ist die Rückforderung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht
gerechtfertigt.
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3. Den Feststellungen im FG-Urteil ist nicht
zu entnehmen, aufgrund welcher Positionen und in welcher Höhe
im Einzelnen sich die Steuervergütungen aus den Voranmeldungen
März, Mai, Juni und Juli 2004 der KG ergeben haben. Ebenso
wenig ist festgestellt, auf welchen Besteuerungsgrundlagen der
Berichtigungsbescheid vom Mai 2005 beruht.
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Aus dem der Berichtigung zugrunde liegenden
Umsatzsteuerprüfungsbericht ergibt sich allerdings, dass sich
die Vorsteuerberichtigung für April 2005 auf 309.830,19 EUR
belief. Das entspricht dem Betrag sämtlicher Vorsteuern aus
Verbindlichkeiten, die nach Feststellung der
Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei Anordnung der
Insolvenzverwaltung offen und damit uneinbringlich waren. Da aber
die Summe der sich aus den angemeldeten Vorsteuern ergebenden
Steuervergütungen in den Monaten März, Mai, Juni und Juli
2004 deutlich höher ist (1.273.979,99 EUR) als der
Berichtigungsbetrag, lassen sich die erforderlichen konkreten
Bezüge zu den die abgetretenen Vergütungsansprüche
feststellenden Vorbehaltsbescheiden nicht herstellen. Insbesondere
bleibt offen, wie sich der Berichtigungsbetrag auf die einzelnen
Vergütungen verteilt und ob in diese Vergütungen auch
nicht von der Berichtigung betroffene Vorsteuern eingeflossen
sind.
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4. Dem FG obliegt es im zweiten Rechtsgang
aufzuklären, aus welchen einzelnen
Geschäftsvorfällen sich die Berichtigungssumme
zusammensetzt, in welchen Voranmeldungen sich diese Geschäfte
mit welchem Vorsteuerbetrag ausgewirkt hatten und ob rechnerisch
nach Abzug der berichtigten Vorsteuern jeweils noch ein
Vergütungsanspruch verbleibt, der den abgetretenen und
ausgezahlten Betrag ganz oder teilweise deckt. Die
Feststellungslast dafür, dass der Rechtsgrund für die
Auszahlungen an die Klägerin ganz oder teilweise entfallen
ist, trägt das FA.
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