Fortsetzungsfeststellungsklage, Rechtsschutzinteresse: 1. Ein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO besteht nicht, wenn der Kläger die Erhebung einer Schadensersatzklage gegen die Behörde allein wegen der durch den Finanzrechtsstreit und das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren verursachten Kosten beabsichtigt. - 2. Die kostenrechtlichen Bestimmungen der FGO dürfen durch eine nachfolgende Schadensersatzklage vor den Zivilgerichten nicht unterlaufen werden. - Urt.; BFH 22.7.2008, VIII R 8/07; SIS 08 36 23
I. Streitig ist, ob ein berechtigtes
Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage
besteht.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) ordnete mit Verwaltungsakt vom 25.6.2003 den
dinglichen Arrest in das Vermögen der Klägerin und
Revisionsbeklagten (Klägerin) zur Sicherung von
Einkommensteueransprüchen an. Hintergrund der
Arrestverfügung war ein im Februar 2003 eingeleitetes
Steuerstrafverfahren, das sich unter anderem gegen die
Klägerin richtete.
Letztere wandte sich mit Klage vom
24.7.2003 mit dem Antrag an das Finanzgericht (FG), die
Arrestanordnung aufzuheben und die Zuziehung eines
Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu
erklären. Sie bestritt im Wesentlichen das Vorliegen eines
Arrestgrundes.
Aufgrund eines Zwischenberichts der
Steuerfahndung erließ das FA am 19. und 23.9.2003
Einkommensteueränderungsbescheide. Dadurch war die
Arrestanordnung nach Meinung des FA gegenstandslos geworden,
weshalb es am 27.4.2004 den Rechtsstreit in der Hauptsache für
erledigt erklärte. Die Klägerin schloss sich der
Erledigungserklärung nicht an. Sie stellte ihren Klageantrag
gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) um und begehrte nunmehr, die Rechtswidrigkeit der
Arrestanordnung festzustellen. Ihr Interesse an der Feststellung
begründete sie mit ihrer Absicht, einen Schadensersatzanspruch
geltend machen zu wollen. Dieser Anspruch folge zunächst aus
der analog anwendbaren Vorschrift des § 945 der
Zivilprozessordnung (ZPO). Außerdem gedenke sie, das Land
unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung gemäß § 839
Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Anspruch zu
nehmen. Da offensichtlich kein Arrestgrund bestanden habe, sei dem
handelnden Beamten zumindest bedingt vorsätzliches Verhalten
vorzuwerfen. Ihr Schaden bestehe in Rechtsverfolgungskosten. Im
Zusammenhang mit den notwendigen Rechtsbehelfen gegen die
Arrestanordnung seien Verfahrenskosten von über 14.000 EUR
entstanden.
Im weiteren Verlauf des finanzgerichtlichen
Verfahrens teilte die Klägerin mit, zwischenzeitlich eine
Amtshaftungsklage vor dem Landgericht eingereicht zu haben. In der
beigefügten Kopie der Klageschrift vom 21.6.2006 war zur Frage
des Schadens ausgeführt, dass allein die bislang entstandenen
Rechtsverfolgungskosten im Rahmen des Einspruchsverfahrens und des
anschließenden Klageverfahrens vor dem FG 33.855,13 EUR
betrügen.
Das FG gab der Klage statt. Die
Arrestanordnung sei durch den Erlass der vollstreckbaren
Einkommensteueränderungsbescheide gegenstandslos geworden. Das
berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des
erledigten Arrests sei gegeben, weil die Klägerin eine nicht
offensichtlich aussichtslose Schadensersatzklage gegen den
Freistaat Bayern erhoben habe, um ihre Rechtsanwaltskosten zu
liquidieren. Die Klage sei auch begründet, da das Vorliegen
eines Arrestgrundes nicht überwiegend wahrscheinlich gewesen
sei.
Mit seiner - vom Bundesfinanzhof (BFH)
zugelassenen - Revision rügt das FA die Verletzung des §
100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Das FG habe den Begriff des berechtigten
Feststellungsinteresses verkannt. In der höchstrichterlichen
Rechtsprechung sei zwar allgemein anerkannt, dass dieses Interesse
gegeben sei, wenn ein nicht völlig aussichtsloser
Schadensersatzprozess geführt werden solle oder bereits
geführt werde. Doch gelte dies nicht für eine
Schadensersatzklage, die nur auf den Ersatz der Prozesskosten
ausgerichtet sei. Der BFH verlange daher, dass der
Fortsetzungsfeststellungskläger bis zum Ende der
mündlichen Verhandlung substantiiert darlege, welchen
über die Verfahrenskosten hinausgehenden Schaden er erlitten
habe.
Das FG habe überdies auch einen
Verfahrensfehler begangen. Denn es habe das besondere
Feststellungsinteresse und damit eine
Sachentscheidungsvoraussetzung zu Unrecht bejaht. Anstatt das
gebotene Prozessurteil zu fällen, habe es eine Entscheidung in
der Sache getroffen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
München vom 21.7.2006 13 K 3079/03 = SIS 07 25 68 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Das FG-Urteil stehe nicht im Widerspruch
zur höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die vom FA zitierten
BFH-Entscheidungen beträfen Sachverhalte, die mit dem
vorliegenden nicht zu vergleichen seien. Der Bundesgerichtshof
(BGH) habe im Übrigen wiederholt klargestellt, dass der
materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch als Gegenstand eines
Schadensersatzprozesses nicht von vornherein durch die Vorschriften
der §§ 91 ff. ZPO ausgeschlossen sei. Es gäbe auch
keine Kongruenz zwischen dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch
der §§ 135 ff. FGO und dem materiell-rechtlichen
Kostenerstattungsanspruch als Folge einer schadensersatzpflichtigen
Handlung. Der materiell-rechtliche Anspruch des Geschädigten
auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten sei anerkanntermaßen
nicht auf den Umfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs
begrenzt. Ausschlaggebend sei, dass sie, die Klägerin, im
Streitfall sehr wohl einen weiter gehenden Schaden geltend gemacht
habe. Bei den im Schadensersatzprozess verlangten Kosten handele es
sich nämlich um sämtliche Kosten, die ihr im Rahmen der
Verteidigung gegen die rechtswidrige Arrestanordnung entstanden
seien. Diese Kosten seien gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3
FGO nur dann Teil des prozessualen Erstattungsanspruchs, wenn das
Gericht die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für
notwendig erklärt habe. Eine solche Erklärung habe das FG
im angegriffenen Urteil nicht ausgesprochen, sodass die prozessuale
Ersatzpflicht des FA gemäß §§ 135 ff. FGO
nicht gegeben sei. Sie sei daher zwingend darauf angewiesen, diese
Kosten in einem Schadensersatzprozess geltend zu machen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage als unzulässig (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
Das FG hat das Vorliegen eines berechtigten Interesses i.S. des
§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zu Unrecht bejaht und dadurch
verfahrensfehlerhaft durch Sachurteil entschieden.
1. Hat das FG eine Sachentscheidung getroffen,
obgleich die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen, dann
liegt darin ein Verfahrensfehler, der auch ohne Rüge zur
Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage als
unzulässig führt. Einer Zurückverweisung der Sache
bedarf es nicht (BFH-Urteil vom 21.1.1999 IV R 40/98, BFHE 188,
523, BStBl II 1999, 563 = SIS 99 19 52; Grüber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 126 Rz 12).
Eine solche - besondere -
Sachentscheidungsvoraussetzung stellt das berechtigte Interesse
i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO dar. Es muss vorliegen, damit
das Gericht auf Antrag die Feststellung ausspricht, dass ein
Verwaltungsakt, der sich vor Entscheidung über die
Anfechtungsklage durch Zurücknahme oder anders erledigt hat,
rechtswidrig gewesen ist.
Nach der Rechtsprechung des BFH genügt
jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende
schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder
ideeller Art, um einen Antrag nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO
stellen zu können. Die begehrte Feststellung muss geeignet
sein, in einem der genannten Bereiche zu einer
Positionsverbesserung des Klägers zu führen (BFH-Urteil
vom 2.6.1992 VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46).
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kann
insbesondere dann anzuerkennen sein, wenn die Feststellung des FG
dazu dienen soll, die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen
vor den Zivilgerichten zu erleichtern. Voraussetzung ist, dass die
Schadensersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit
zu erwarten ist, dass die finanzgerichtliche Entscheidung für
das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und die
Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich
aussichtslos ist (BFH-Urteil vom 27.7.1994 II R 109/91, BFH/NV
1995, 322 = SIS 94 26 04).
Hingegen fehlt das berechtigte Interesse an
der Fortsetzungsfeststellungsklage, wenn die Erhebung einer
Schadensersatzklage gegen die Behörde allein wegen der durch
den Finanzrechtsstreit verursachten Kosten beabsichtigt ist. Denn
die Frage, ob der Kläger im Falle der Erledigung des
Rechtsstreits Ersatz seiner durch den Rechtsstreit verursachten
Kosten vom Gegner verlangen kann, wird durch die Kostenentscheidung
des zuständigen FG beantwortet und ist nicht Gegenstand eines
anschließenden Schadensersatzprozesses.
Die Voraussetzungen für das besondere
Feststellungsinteresse müssen bis zum Ende der mündlichen
Verhandlung vor dem FG substantiiert dargelegt werden (BFH-Urteil
in BFH/NV 1995, 322 = SIS 94 26 04; BFH-Beschlüsse vom
17.5.2001 I S 2/01, BFH/NV 2001, 1426 = SIS 01 77 60; vom 14.1.2003
V R 93/01, BFH/NV 2003, 643 = SIS 03 22 36).
Dazu gehört auch, dass der Kläger
den Schaden, den er durch das behauptete rechtswidrige
Behördenverhalten erlitten haben will, schlüssig
konkretisiert (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2001, 1426 = SIS 01 77 60; vom 20.9.2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458 = SIS 01 58 49). Hieran fehlt es, wenn der Kläger als Schaden lediglich
die durch das finanzgerichtliche Verfahren verursachten
Rechtsverfolgungskosten geltend macht. Es muss somit dargelegt
werden, dass ein über die Verfahrenskosten hinausgehender
Schaden entstanden ist (BFH-Beschlüsse vom 4.8.2004 VII B
240, 241/03, BFH/NV 2005, 218 = SIS 05 07 80, und in BFH/NV 2001,
1426 = SIS 01 77 60).
2. Danach besteht im Streitfall kein
berechtigtes Interesse der Klägerin für die
Fortsetzungsfeststellungsklage. Sie macht als Schaden
ausschließlich die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens
und des Einspruchsverfahrens geltend.
a) Mit dem Erlass vollstreckbarer
Einkommensteuerbescheide ist das Arrestverfahren in das normale
Vollstreckungsverfahren übergeleitet worden. Der
Anfechtungsrechtsstreit gegen die gegenstandslos gewordene
Arrestanordnung hat damit in der Hauptsache seine Erledigung
gefunden und das Rechtsschutzbedürfnis für den
ursprünglichen Sachantrag ist entfallen. Die Klägerin
konnte grundsätzlich zur Fortsetzungsfeststellungsklage
gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO übergehen und
den Antrag stellen, die Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung
festzustellen (vgl. BFH-Urteile vom 30.7.1975 I R 153/73, BFHE 116,
459, BStBl II 1975, 857 = SIS 75 04 97; vom 7.7.1987 VII R 167/84,
BFH/NV 1987, 702 = SIS 87 25 13; BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 458
= SIS 01 58 49).
b) Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist
jedoch nicht erkennbar. Die Klägerin hat zwar substantiierte
Angaben zu ihrem angeblich erlittenen Schaden gemacht. Ihre
Darlegungen betreffen jedoch ausschließlich die Kosten des
finanzgerichtlichen Klageverfahrens und des Einspruchsverfahrens.
Den Ersatz eines über die Verfahrenskosten
hinausgehenden Schadens begehrt die Klägerin nicht, was
sich auch aus der bereits erhobenen Amtshaftungsklage ergibt.
3. Die Einwendungen der Klägerin gegen
diese rechtliche Beurteilung greifen nicht durch. Der Senat
hält die in der bisherigen Rechtsprechung des BFH entwickelten
Rechtsgrundsätze für zutreffend. Allein das Interesse der
Klägerin am Ersatz der durch den Finanzrechtsstreit
ausgelösten Kosten kann die Fortsetzung eines an sich
erledigten Anfechtungsprozesses nicht rechtfertigen. Denn weder
darf die bei Eintritt erledigender Ereignisse vorgesehene
Kostenentscheidung durch den Erlass eines Sachurteils unterlaufen
werden (nachfolgend unter II.3.a der Gründe dieses Urteils)
noch dürfen generell die Kostenregelungen der FGO durch eine
nachfolgende Schadensersatzklage vor den Zivilgerichten in Frage
gestellt werden (nachfolgend unter II.3.b der Gründe dieses
Urteils).
a) Das Gesetz macht den Erlass eines
Fortsetzungsfeststellungsurteils von der zusätzlichen
Voraussetzung abhängig, dass ein berechtigtes
Feststellungsinteresse vorliegt. Für eine gerichtliche
Sachentscheidung besteht regelmäßig kein Bedürfnis,
wenn sich der Verwaltungsakt bereits erledigt hat. Es ist dann nur
noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese
Entscheidung ergeht, wenn die Beteiligten die gebotenen
prozessualen Folgerungen aus dem Eintritt des erledigenden
Ereignisses ziehen und Erledigungserklärungen abgeben, durch
Beschluss gemäß § 138 Abs. 1 FGO. In
Erledigungssituationen erkennt es die FGO demnach
grundsätzlich nicht an, dass über die Verfahrenskosten
durch anfechtbares Sachurteil entschieden wird, gegebenenfalls nach
Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme. Vielmehr ist
die Kostenentscheidung, die allein noch aussteht, ohne
Beweisaufnahme aufgrund summarischer Prüfung unter
maßgeblicher Berücksichtigung des bisherigen Sach- und
Streitstandes zu treffen (§ 138 Abs. 1 FGO; vgl. Gräber/
Ruban, a.a.O., § 138 Rz 26 und 27, m.w.N.). Eine
Anfechtungsmöglichkeit besteht nicht (§ 128 Abs. 4 Satz 1
FGO, vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz 12, m.w.N.).
Beurteilt das FG ohne Beweisaufnahme aufgrund der Aktenlage die
Arrestanordnung als rechtswidrig, so wie im Streitfall - allerdings
in Form eines Sachurteils - geschehen, so muss dies in der Regel
dazu führen, dass dem Steuerpflichtigen die erforderlichen
Rechtsverfolgungskosten sämtlich erstattet werden (vgl.
Gräber/ Ruban, a.a.O., § 138 Rz 27, m.w.N.).
Um diese bei Erledigungssituationen geltenden
kostenrechtlichen Bestimmungen nicht zu unterlaufen, muss es dem
Kläger, wenn er nach eigenem Vorbringen keinen über die
finanzgerichtlichen Verfahrenskosten hinausgehenden Schaden
erlitten hat, verwehrt werden, eine Kostenentscheidung durch
Sachurteil anzustreben. Er kann keine Fortsetzung des an sich
erledigten Anfechtungsprozesses allein wegen der Erstattung der
Verfahrenskosten verlangen. Ihm ist auch nicht schon deswegen das
Recht auf eine Sachentscheidung zuzusprechen, um ihn vor der
„summarisch“ getroffenen Kostenentscheidung
gemäß § 138 Abs. 1 FGO zu bewahren (vgl. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 9.10.1959 V C 165.57, V C 166.57,
BVerwGE 9, 196; Urteil des Hessischen FG vom 24.2.1987 6 K 313/85,
nicht veröffentlicht - n.v. - ).
b) Der Verweis der Klägerin auf die
Rechtsprechung des BGH zum Verhältnis des prozessualen und des
materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs rechtfertigt keine
andere Beurteilung des Streitfalles. Die vom BGH entwickelten
Rechtsgrundsätze bestätigen vielmehr im Wesentlichen das
hier gefundene Ergebnis.
aa) Die prozessuale Kostenerstattungspflicht
und der Ersatz von Rechtsverfolgungskosten aufgrund
materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlagen bestehen nach der
Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nebeneinander (vgl.
BGH-Urteile vom 18.5.1966 Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251; vom 11.12.1986
III ZR 268/85, WM 1987, 247; vom 24.4.1990 VI ZR 110/89, BGHZ 111,
168; vom 12.12.2006 VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458; Stein/Jonas/Bork,
ZPO, 22. Aufl., Vor § 91 Rz 16 ff.). Daher kann der durch
rechtswidriges Behördenhandeln geschädigte Bürger
Kosten, die nicht in Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung
stehen, über einen materiell-rechtlichen
Schadensersatzanspruch liquidieren. Die beabsichtigte
Geltendmachung solcher Aufwendungen durch eine Schadensersatzklage
kann unstreitig ein berechtigtes Interesse für eine
finanzgerichtliche Fortsetzungsfeststellungsklage begründen.
Dass ihr derartige Kosten - etwa Gebühren für eine
Bankbürgschaft zur Abwendung der Arrestvollziehung (vgl.
Urteil des Hessischen FG vom 10.1.1996 6 K 1804/90, EFG 1996, 414 =
SIS 96 25 10) - entstanden wären, hat die Klägerin aber
nicht vorgetragen. Ihr Schaden besteht nur aus
Rechtsverfolgungskosten.
bb) Diesbezüglich ist aber der
materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch gerade auch nach der
Rechtsprechung des BGH in zweierlei Hinsicht beschränkt. Der
Geschädigte kann nach materiellem Recht grundsätzlich nur
solche Rechtsverfolgungskosten ersetzt verlangen, die i.S. des
§ 91 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig
waren (vgl. Stein/ Jonas/Bork, a.a.O., § 91 Rz 20, m.w.N.).
Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch kann zudem erst
dann durch selbstständige Leistungsklage geltend gemacht
werden, wenn das den Ersatz der Rechtsverfolgungskosten
ermöglichende prozessuale Kostenfestsetzungsverfahren als das
weniger aufwändige Verfahren zuvor ausgeschöpft wurde
(BGH-Urteil in BGHZ 111, 168).
Deshalb ist für einen
materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich
kein Raum, wenn es um Kosten geht, die durch Einleitung und
Führung eines Prozesses ausgelöst werden (Kosten des
gerichtlichen Verfahrens). Deren Erstattung richtet sich
ausschließlich nach prozessrechtlichen
Grundsätzen. Maßgeblich sind die Kostenentscheidungen
des zuständigen Gerichts (Kostengrundentscheidung und
Kostenfestsetzungsentscheidung), also im Streitfall des FG. Die
Kosten des finanzgerichtlichen Klageverfahrens, deren Erstattung
die Klägerin im Streitfall begehrt, können demnach nicht
Gegenstand eines anschließenden Schadensersatzprozesses sein
(vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 218 = SIS 05 07 80 mit Verweis
auf das Urteil des BGH in BGHZ 45, 251, 257; BGH-Urteil in WM 1987,
247).
cc) Dagegen können vorgerichtliche
(Rechtsanwalts-)Kosten nach der BGH-Rechtsprechung
grundsätzlich durch selbstständige Leistungsklage geltend
gemacht werden (vgl. BGH-Urteil in WM 1987, 247). Die Klägerin
hat nach eigenem Vorbringen Rechtsanwaltskosten des
Einspruchsverfahrens und damit vorgerichtliche Kosten zum
Gegenstand der Amtshaftungsklage gemacht. Auch bei diesen Kosten
handelt es sich allerdings entgegen der Meinung der Revision nicht
um einen weiter gehenden Schaden, der das berechtigte
Interesse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage begründen
könnte. Die Klägerin ist diesbezüglich nicht auf
eine Schadensersatzklage angewiesen, um die Erstattung der
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erlangen zu können. Aus
der BGH-Rechtsprechung kann die Klägerin insoweit keine
für sie günstigen Rechtsfolgen ableiten. Denn im Hinblick
auf die Erstattung der vorgerichtlichen Kosten gibt es zwischen den
Regelungen der ZPO und der FGO gravierende Unterschiede, die es zu
beachten gilt.
(1) Vorgerichtliche Kosten können zum
Gegenstand des zivilprozessualen Kostenfestsetzungsverfahrens
gemacht werden, soweit sie der Vorbereitung eines konkreten
bevorstehenden Rechtsstreits gedient haben. Waren die Aufwendungen
primär zur Abwendung des Rechtsstreits bestimmt, dann ist Raum
für eine Leistungsklage (BGH-Urteil in WM 1987, 247,
m.w.N.).
(2) Für derartige Differenzierungen
bietet die FGO keinen Anlass. Nach dem klaren Wortlaut des §
139 Abs. 1 FGO („einschließlich der Kosten des
Vorverfahrens“) gehören die Vorverfahrenskosten
stets zu den erstattungsfähigen Kosten, über die durch
finanzgerichtliche Entscheidungen (Kostengrundentscheidung und
Entscheidung im Festsetzungsverfahren) befunden wird. Dies
erklärt sich aus dem Umstand, dass das Vorverfahren dem
Anfechtungsprozess zwingend vorgeschaltet ist. Dass die Klage gegen
eine Arrestanordnung ausnahmsweise auch ohne Vorverfahren
zulässig ist (§ 45 Abs. 4 FGO), ändert nichts daran,
dass, wenn ein Vorverfahren tatsächlich durchgeführt
wurde, die dort angefallenen Kosten Gegenstand der
finanzgerichtlichen Kostenentscheidung sind. Auch über die
Erstattungsfähigkeit der im Vorverfahren angefallenen
Rechtsanwaltsgebühren entscheidet - allein - das FG
gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Der erforderliche
Antrag kann ohne Rücksicht auf den Ablauf von
Rechtsmittelfristen nachgeholt werden (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 18.7.1967 GrS 5-7/66, BFHE 90, 150,
BStBl II 1968, 56 = SIS 68 00 36).
(3) Vor diesem Hintergrund ist das Interesse
des Fortsetzungsfeststellungsklägers, die Vorverfahrenskosten
mit einer zivilrechtlichen Schadensersatzklage im Anschluss an den
Finanzprozess geltend machen zu können, nicht
schützenswert.
Führt die finanzgerichtliche
Kostenentscheidung zum vollen Kostenersatz, weil das FG
klägergünstige Kostengrund- und
Kostenfestsetzungsentscheidungen trifft und hierbei auch die
Erstattungsfähigkeit der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten
auf Antrag des Klägers hin anerkennt, dann stellt sich die
Frage nach Sinn und Zweck eines nachfolgenden
Schadensersatzprozesses. Der Kläger hat bereits alles
erhalten, was er begehrt, wenn auch auf prozessrechtlicher
Grundlage.
Fallen die finanzgerichtlichen
Kostenentscheidungen dagegen negativ aus, etwa weil das FG die
Hinzuziehung eines Anwalts für das Vorverfahren für nicht
notwendig erklärt hat, dann läuft die zivilrechtliche
Schadensersatzklage darauf hinaus, diese negative Entscheidung des
zuständigen FG zu revidieren. Die aufgrund der
kostenrechtlichen Bestimmungen der FGO vorgesehene Rechtsfolge der
Nicht-Erstattung der Kosten soll durch eine Schadensersatzklage in
ihr Gegenteil verkehrt werden. Ob eine derartige Klage Aussicht auf
Erfolg hätte, erscheint dem Senat sehr zweifelhaft. Die Frage
kann aber offenbleiben, weil sie allein die Zulässigkeit und
Begründetheit dieser Klage betrifft, über die die
ordentlichen Gerichte zu befinden haben. Die im Streitfall allein
zur Entscheidung stehende Frage nach der Zulässigkeit der
Fortsetzungsfeststellungsklage beantwortet der Senat jedenfalls
dahin, dass das FG nicht berechtigt ist, ein an sich erledigtes
Anfechtungsverfahren allein deswegen fortzusetzen, um dem
Kläger die Führung eines Schadensersatzprozesses zu
erleichtern, der entweder auf die bloße Wiederholung der
klägergünstigen oder aber auf die von der FGO nicht
vorgesehene isolierte Anfechtung der klägerungünstigen
Kostenentscheidung des FG hinausläuft (vgl. § 128 Abs. 4
Satz 1, § 145 FGO).