Betriebsprüfung, Datenzugriff, eingescannte Unterlagen: 1. Der Steuerpflichtige ist gehalten, der Außenprüfung im Original in Papierform erstellte und später durch Scannen digitalisierte Ein- und Ausgangsrechnungen über sein Computersystem per Bildschirm lesbar zu machen. Er kann diese Verpflichtung nicht durch das Angebot des Ausdruckens auf Papier abwenden. - 2. Der Datenzugriff der Finanzverwaltung gemäß § 147 Abs. 6 AO erstreckt sich u.a. auf die Finanzbuchhaltung. Der Steuerpflichtige ist nicht berechtigt, gegenüber der Außenprüfung bestimmte Einzelkonten (hier: Drohverlustrückstellungen, nicht abziehbare Betriebsausgaben, organschaftliche Steuerumlagen) zu sperren, die aus seiner Sicht nur das handelsrechtliche Ergebnis, nicht aber die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflusst haben. - Urt.; BFH 26.9.2007, I B 53, 54/07; SIS 08 00 17
A. Die Antragstellerin und
Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine AG, begehrt die
Aussetzung der Vollziehung (AdV) zweier Anordnungen des
Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA - ) im
Zusammenhang mit dem Zugriff auf von der Antragstellerin
gespeicherte Daten im Rahmen einer Außenprüfung.
Das FA ordnete im Juli 2005 eine
Außenprüfung betreffend die Jahre 2001 bis 2003 bei der
Antragstellerin an. Diese war im Prüfungszeitraum
Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen und
gewerbesteuerlichen Organschaft mit ihrer Muttergesellschaft als
Organträgerin. Sie wickelte ihre handelsrechtliche
Finanzbuchhaltung über ein elektronisches
Datenverarbeitungssystem ab. Eine eigenständige steuerliche
Buchführung bestand nicht. Abweichende Buchungsansätze
leitete die Antragstellerin in eine Steuerbilanz und in eine
steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung über.
Die in Papierform eingegangenen Rechnungen
(Eingangsrechnungen) archivierte sie im Zeitraum vom 1.1.2001 bis
30.6.2001 durch Aufheben der Originale. Im Zeitraum 1.7.2001 bis
31.12.2001 scannte sie die Eingangsrechnungen zusammen mit
steuerlich nicht relevanten Unterlagen auf elektronische
Datenträger, ohne dass das System nachträglich zwischen
steuerlich relevanten und nicht relevanten Unterlagen unterscheiden
könnte; nach dem Einscannen vernichtete sie die Originale der
Eingangsrechnungen. Ab dem 1.1.2002 implementierte die
Antragstellerin ein System, welches technisch eine Trennung
zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten Unterlagen
ermöglichte, und erfasste auf diese Weise ca. 90 % der
eingehenden Rechnungen. Den restlichen Teil der Eingangsrechnungen
erfasste sie auch nach dem 1.1.2002 auf die bis dahin praktizierte,
keine Trennung ermöglichende Art und Weise. Die von ihr
erstellten Rechnungen (Ausgangsrechnungen) archivierte die
Antragstellerin zunächst durch Aufbewahrung von Duplikaten. Ab
dem 1.2.2003 speicherte sie die Ausgangsrechnungen elektronisch in
Form so genannter pdf-Dateien.
Die Antragstellerin verweigerte dem FA den
unmittelbaren Zugriff auf die ohne Trennungsmöglichkeit
gescannten und digital gespeicherten Belege und bot stattdessen an,
die nicht freigegebenen Belege auf Wunsch des FA auszudrucken.
Außerdem verweigerte die Antragstellerin den Datenzugriff auf
folgende, ihrer Auffassung nach nur handelsrechtlich, nicht aber
auch steuerlich relevanten Konten der handelsrechtlichen
Finanzbuchhaltung:
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die Drohverlustrückstellungen aus
schwebenden Geschäften,
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die nichtabzugsfähigen
Betriebsausgaben,
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die Aufwendungen für handelsrechtliche
Steuerumlagen der körperschaftsteuerlichen und der
gewerbesteuerlichen Organschaft.
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Unter dem 31.3.2006 forderte das FA die
Antragstellerin daraufhin unter Berufung auf ein Einsichtsrecht
nach § 147 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) auf, ihm den Zugriff
auf die digitalisierten Belege (Ein- und Ausgangrechnungen) des
gesamten Prüfungszeitraums zu ermöglichen. Außerdem
forderte das FA die Antragstellerin auf, ihm den Datenzugriff auch
im Hinblick auf die drei gesperrten Konten der Finanzbuchhaltung zu
gewähren.
Hiergegen hat die Antragstellerin beim FA
jeweils Einspruch erhoben und die AdV hinsichtlich der getroffenen
Anordnungen beantragt. Nach Ablehnung der AdV-Anträge durch
das FA hat die Antragstellerin die entsprechenden Begehren an das
Finanzgericht (FG) Düsseldorf gerichtet, welches die
Anträge ebenfalls abgelehnt hat. Seine Beschlüsse vom
5.2.2007 16 V 3454/06 A(AO) = SIS 07 18 69 und 16 V 3457/06 A(AO) =
SIS 07 18 70 sind in EFG 2007, 890 und 892 abgedruckt.
Gegen diese Beschlüsse richten sich
die Beschwerden der Antragstellerin, denen das FG nicht abgeholfen
hat.
Die Antragstellerin beantragt, die
angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die AdV
anzuordnen.
Das FA beantragt, die Beschwerden
zurückzuweisen.
B. Die vom Senat gemäß § 73
Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer
Entscheidung verbundenen Beschwerden sind unbegründet. Das FG
hat die AdV zu Recht abgelehnt.
I. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die
Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise
aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts
bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei
summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige
Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der
Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder
Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen
bewirken (Senatsbeschlüsse vom 22.2.2006 I B 145/05, BFHE 213,
29, BStBl II 2006, 546 = SIS 06 19 81; vom 3.2.2005 I B 208/04,
BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351 = SIS 05 15 22, m.w.N.).
Bei summarischer Prüfung der Sach- und
Rechtslage bestehen im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte des
FA.
II. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass
die Antragstellerin im Rahmen der Außenprüfung
verpflichtet ist, dem FA das Lesen der eingescannten Ein- und
Ausgangsrechnungen des Prüfungszeitraums über ihr
Computersystem per Bildschirm zu gestatten. Dabei bedarf es keiner
Entscheidung, ob - entsprechend der Auffassung von FA und FG - die
diesbezügliche Befugnis des FA aus § 147 Abs. 6 Satz 1 AO
abgeleitet werden kann, wonach das FA im Rahmen des Datenzugriffs
u.a. Einsicht in gespeicherte Daten nehmen kann, wenn die
betreffenden Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems
erstellt worden sind. Jedenfalls folgt eine Verpflichtung der
Antragstellerin zur Lesbarmachung der Rechnungen aus § 200
Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 147 Abs. 5 Halbsatz 1 AO.
1. Nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO
sind die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe und die
Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe vom
Steuerpflichtigen aufzubewahren. Aufbewahrungspflichtig sind danach
- was auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht - die Ein-
und Ausgangrechnungen von Handelsgesellschaften. Als
aufbewahrungspflichtige Unterlagen gehören die Ein- und
Ausgangrechnungen zudem zu jenen Urkunden, die der Steuerpflichtige
gemäß § 200 Abs. 1 Satz 2 AO im Rahmen der
Außenprüfung vorzulegen hat (vgl. Tipke in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 200 AO Rz 8).
2. Das im Streitfall von der Antragstellerin
vor der Vernichtung der Originale praktizierte Einscannen und
Digitalisieren der in Papierform erstellten Rechnungen, d.h. die
Speicherung von Abbildern der Rechnungen in Form so genannter pdf-
oder tif-Dateien auf Festplatten, CD-ROM oder sonstigen
Speichermedien ist eine zulässige Form der Aufbewahrung.
Anstatt einer Aufbewahrung im Original lässt § 147 Abs. 2
AO u.a. für Handels- oder Geschäftsbriefe die
Aufbewahrung als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf
einem anderen Datenträger zu, wenn dies den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und
sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten bei
Lesbarmachung mit den Originaldokumenten bildlich
übereinstimmen (§ 147 Abs. 2 Nr. 1 AO) und wenn sie
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit
verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und
maschinell ausgewertet werden können (§ 147 Abs. 2 Nr. 2
AO).
Das Erfordernis der maschinellen
Auswertbarkeit steht der Zulässigkeit der Aufbewahrung von
ursprünglich in Papierform erstellten Rechnungen in Form von
Bilddateien im pdf- oder tif-Format nicht entgegen. Zwar mögen
derartige graphische Dateien zur Weiterverarbeitung in
DV-gestützten Buchführungssystemen grundsätzlich
nicht geeignet sein (vgl. Burchert, INF 2006, 699, 703). Jedoch ist
zu berücksichtigen, dass auch die in Papierform erstellten
Originale der Rechnungen nicht zur maschinellen Weiterverarbeitung
geeignet waren und § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO den Steuerpflichtigen
nicht verpflichten soll, bei der Archivierung auf einen
Datenträger eine höhere Datenverarbeitungsfähigkeit
herzustellen, als sie dem Original anhaftete. Nicht digitalisierte
Belege dürfen deshalb auch in Ansehung von § 147 Abs. 2
Nr. 2 AO in graphischen Formaten gespeichert werden (ebenso
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - betreffend
die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit
digitaler Unterlagen - GDPdU -, BStBl I 2001, 415 = SIS 01 10 02,
Gliederungspunkte III.1. Abs. 2, III.2.; BMF, Fragen und Antworten
zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung - Stand: 15.1.2007 -,
www.bundesfinanzministerium.de, dort die Links
„Service“ und „Downloads“, Gliederungspunkt
III.5.; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 147 Rz 41d;
Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 147 Rz 6; Schaumburg, DStR
2002, 829, 831).
3. Die Aufbewahrung auf einem Datenträger
begründet nach § 147 Abs. 5 Halbsatz 1 AO die
Verpflichtung des Steuerpflichtigen, auf seine Kosten diejenigen
Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind,
um die Unterlagen lesbar zu machen. Hiermit wird die allgemeine
Vorlegungspflicht nach § 200 Abs. 1 Satz 2 AO für auf
Datenträgern gespeicherte Unterlagen dahin konkretisiert, dass
die Vorlegung in Form der Lesbarmachung auf der beim
Steuerpflichtigen hierfür vorhandenen technischen Einrichtung
zu geschehen hat. Bei Speicherung von vorlegungspflichtigen Belegen
in Form graphischer Dateien auf Festplatten, CD-ROM oder sonstigen
Speichermedien hat die Lesbarmachung somit in der Weise zu
erfolgen, dass der Steuerpflichtige dem Prüfer die bei ihm
vorhandene Hard- und Software zur Verfügung stellt, damit
dieser die gespeicherten Abbildungen der Belege unmittelbar am
Bildschirm einsehen kann.
Soweit die Antragstellerin demgegenüber
meint, die Lesbarmachung gemäß § 147 Abs. 5
Halbsatz 1 AO könne auch durch Ausdrucken der Unterlagen
erfolgen, weshalb dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zustehe, ob
er dem Prüfer die Einsicht per Bildschirm gewähre oder
ihm Ausdrucke der Unterlagen beschaffe, widerspricht das Wortlaut
und Systematik des § 147 Abs. 5 AO. Während § 147
Abs. 5 Halbsatz 1 AO die Verpflichtung zur Lesbarmachung
begründet, statuiert § 147 Abs. 5 Halbsatz 2 AO eine
(weitere) Pflicht des Steuerpflichtigen zum Ausdrucken der
Unterlagen, falls die Behörde dies verlangt. Das Ausdrucken
wird mithin nicht als eine Form der Lesbarmachung, sondern als
zusätzliche Pflicht des Steuerpflichtigen behandelt, welcher
er auf Verlangen der Behörde nachzukommen hat.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der
Gesetzesgeschichte. Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur
Lesbarmachung und - auf Verlangen der Behörde - zum Ausdruck
von auf Datenträgern gespeicherten Unterlagen war bereits mit
Inkrafttreten der Abgabenordnung in § 147 Abs. 5 AO enthalten.
Sie bestand nach der damaligen Gesetzesfassung allerdings nur, wenn
eine Vorlage der Unterlagen (mangels Vorhandenseins des Originals)
„nur“ in Form der Wiedergabe auf dem Datenträger
möglich war. Mit Einführung des Datenzugriffs der
Finanzbehörden durch den mit dem Steuersenkungsgesetz
(StSenkG) vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428)
neu angefügten § 147 Abs. 6 AO ist diese
„nur“-Einschränkung in § 147 Abs. 5 Halbsatz
1 AO gestrichen worden, so dass die Verpflichtung zur Lesbarmachung
nicht etwa entfallen, sondern auf die Fälle ausgedehnt worden
ist, in denen die Originalunterlagen noch vorgelegt werden
könnten.
Dass mit Einführung des Datenzugriffs
durch § 146 Abs. 6 AO die Verpflichtung zur Lesbarmachung von
auf Datenträgern gespeicherten Unterlagen nach § 147 Abs.
5 AO nicht beeinträchtigt werden sollte (ebenso Eller,
Elektronische Rechnungsstellung und digitale Betriebsprüfung,
2003, Rz 68), zeigt auch die Gesetzesbegründung des StSenkG.
Dort wird die Einführung des § 147 Abs. 6 AO damit
begründet, dass das damit geschaffene Recht der
Finanzbehörde auf Zugriff auf die in einem DV-System erzeugten
Daten des Steuerpflichtigen von dem bis dato bestehenden Recht auf
Lesbarmachung von Unterlagen nicht umfasst werde (vgl.
Begründung des Regierungsentwurfs zum StSenkG vom 15.2.2000,
BTDrucks 14/2683, S. 129 f.). Der Datenzugriff nach § 147 Abs.
6 AO sollte mithin die Rechte der Finanzbehörde erweitern,
nicht aber deren bisher schon bestehenden Befugnisse
einschränken.
4. Ein Verstoß des FA gegen das
Übermaßverbot liegt nicht vor. Dass das FA auf der
unmittelbaren Einsichtnahme besteht, obwohl die Antragstellerin
ihrem Vorbringen nach die betreffenden Daten nicht durchgängig
getrennt von nicht steuerrelevanten Daten archiviert hat, ist nicht
unverhältnismäßig. Wie das FG zutreffend
ausgeführt hat, ist dieser allein in den Verantwortungsbereich
der Antragstellerin fallende Umstand nicht geeignet, das
zulässige Maß der Prüfungsintensität zu
begrenzen. Soweit sich die Antragstellerin in der
Beschwerdebegründung darauf beruft, das FA sei von den in den
GDPdU niedergelegten Verwaltungsgrundsätzen abgewichen,
bezieht sich dies offenkundig nur auf die Frage der Anwendbarkeit
des § 147 Abs. 6 AO auf erst nachträglich digitalisierte
Belege, nicht aber auf die aus § 147 Abs. 5 AO resultierende
Pflicht zur Lesbarmachung.
III. Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft,
dass die Antragstellerin gemäß § 200 Abs. 1 Satz 2
i.V.m. § 147 Abs. 6 Satz 1 AO verpflichtet ist, dem FA im
Rahmen der Außenprüfung den Datenzugriff auf die bislang
gesperrten Konten der Finanzbuchhaltung zu gestatten.
1. Gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO
hat der Steuerpflichtige u.a. seine Bücher gesondert
aufzubewahren. Unter „Büchern“ in diesem
Sinne sind solche Bücher zu verstehen, die für
steuerliche Zwecke geführt werden (vgl. Drüen in
Tipke/Kruse, a.a.O., § 147 AO Rz 4). Im Falle der
Antragstellerin, die als Handelsgesellschaft gemäß
§ 238 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zur Rechnungslegung
nach den handelsrechtlichen Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) verpflichtet ist,
sind dies die Handelsbücher, deren Führung über
§ 140 AO auch zur steuerrechtlichen Pflicht erhoben wird.
Damit gehört zu den
aufbewahrungspflichtigen Büchern auch die Finanzbuchhaltung
der Antragstellerin, die Aufschluss über das durch
Bilanzierung nach den GoB zu ermittelnde Betriebsergebnis in Form
des Unterschiedsbetrages zwischen dem Betriebsvermögen am
Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am
Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres gibt. Dieser
Unterschiedsbetrag ist gemäß § 8 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz
1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Ausgangspunkt auch für
die steuerliche Gewinnermittlung. Die von der Antragstellerin
gesperrten Konten sind unbestritten solche der Finanzbuchhaltung,
die zur Ermittlung der Unterschiedsbeträge des
Prüfungszeitraums beigetragen haben, so dass sich die
Aufbewahrungspflicht gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO
auch auf diese Konten erstreckt.
2. Mit der steuerlichen Aufbewahrungspflicht
korrespondiert die Vorlegungspflicht gemäß § 200
Abs. 1 Satz 2 AO (vgl. oben, B.II.1.; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O.,
§ 200 AO Rz 8), die dem Steuerpflichtigen aufgibt, im Rahmen
der Betriebsprüfung u.a. seine Bücher vorzulegen. Auch
die Vorlegungspflicht erstreckt sich mithin auf die gesamte
Finanzbuchhaltung.
3. Führt der Steuerpflichtige - wie die
Antragstellerin im Prüfungszeitraum - seine Bücher
über ein elektronisches Datenverarbeitungssystem, tritt an die
Stelle der Vorlage körperlicher Handelsbücher der
Datenzugriff der Finanzbehörde gemäß § 147
Abs. 6 AO. Der Steuerpflichtige hat hieran gemäß §
200 Abs. 1 Satz 2 AO im Rahmen der Außenprüfung
unterstützend mitzuwirken.
Der Datenzugriff erstreckt sich ausweislich
der Bezugnahme in § 147 Abs. 6 Satz 1 AO auf die Unterlagen
nach Abs. 1 der Vorschrift, mithin über Abs. 1 Nr. 1 wiederum
auch auf die Daten der Finanzbuchhaltung (vgl. BMF-Schreiben
betreffend die GDPdU in BStBl I 2001, 415 = SIS 01 10 02,
Gliederungspunkt I.1.; Schaumburg, DStR 2002, 829, 832; Apitz, Die
steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 2002, 33, 41;
Intemann/Cöster, DStR 2004, 1981, 1982;
Groß/Kampffmeyer/Eller, DStR 2005, 1214, 1215).
4. Den von der Antragstellerin gesperrten drei
Konten der Finanzbuchhaltung fehlt es entgegen deren Sicht nicht an
steuerlicher Relevanz. Sowohl die von der Antragstellerin in ihrer
Handelsbilanz passivierten Drohverlustrückstellungen (§
249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 HGB) als auch der von ihr als
steuerlich nicht abziehbare Betriebsausgaben bzw. als
Organschaftsumlagen behandelte Aufwand haben den nach den GoB zu
ermittelnden handelsrechtlichen Gewinn reduziert und sich damit auf
den jeweiligen Unterschiedsbetrag, der gemäß § 4
Abs. 1 Satz 1 EStG Ausgangspunkt für die steuerliche
Gewinnermittlung ist, ausgewirkt.
Die steuerliche Relevanz ist nicht dadurch
entfallen, dass die Klägerin die betreffenden
Minderungsbeträge im Rahmen der Überleitungsrechnung dem
steuerlich maßgeblichen Gewinn wieder hinzugerechnet hat.
Denn diese Hinzurechnung ist ein Teilakt der steuerlichen
Ergebnisermittlung und unterliegt als solcher der
uneingeschränkten Prüfung durch das FA. Hieran
ändert es nichts, dass nach dem Vorbringen der Antragstellerin
durch die Prüfung etwa aufgedeckte Fehler im Zusammenhang mit
der Hinzurechnung sich ausschließlich ergebnis- und damit
steuermindernd auswirken könnten. Auch eine Ergebniskorrektur
nach unten und die dementsprechende Festsetzung einer niedrigeren
Steuer wären steuerrelevante Maßnahmen, die vom Zweck
der Außenprüfung gedeckt wären. Diese soll
nämlich gemäß § 199 Abs. 1 AO der Prüfung
der Besteuerungsgrundlagen zugunsten sowie zuungunsten des
Steuerpflichtigen dienen.
Es steht nicht im Belieben des
Steuerpflichtigen, diesen gesetzlich vorgegebenen Zweck der
Außenprüfung durch Unterlassen der Vorlage bzw. die
Sperrung einzelner Konten beim Datenzugriff faktisch dahin zu
reduzieren, dass das FA nur noch auf eine Steuererhöhung
gerichtete Prüfungsmaßnahmen durchführen kann.
Für die von der Antragstellerin in Anspruch genommene
„Option“ zur Festsetzung einer
„höchstmöglichen Steuerbemessung, d.h. zur
Höchststeuer“ besteht keine Rechtsgrundlage. Die
Finanzverwaltung darf keine „Höchststeuer“
festsetzen, sondern hat im Rahmen der Außenprüfung die
gesetzliche Steuer zu ermitteln.
Im Übrigen erscheint es nicht zwingend,
dass etwaige Fehler im Zusammenhang mit der Hinzurechnung sich
ausschließlich zuungunsten der Antragstellerin auswirken
könnten. So wäre es beispielsweise denkbar, dass die
Antragstellerin handelsrechtlich zu Unrecht eine
Drohverlustrückstellung gebildet hat, für die
richtigerweise - etwa weil es an den Voraussetzungen eines
schwebenden Geschäfts fehlt - eine
Verbindlichkeitsrückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1
Alternative 1 HGB zu bilden gewesen wäre, die auch
steuerbilanziell zu passivieren ist. Dann würde zwar im
betreffenden Wirtschaftsjahr eine Steuerminderung eintreten; in dem
späteren Wirtschaftsjahr, in dem die Verbindlichkeit
erfüllt wird, wäre die Erfüllung demgegenüber
ergebnisneutral zu behandeln, während ohne die zuvor gebildete
Verbindlichkeitsrückstellung eine Ergebnisminderung - und
damit eine Steuerreduzierung - eintreten würde. Das Beispiel
zeigt, dass die von der Antragstellerin praktizierte teilweise
Kontensperrung dem FA eine Prüfung der Bilanzkontinuität
erschwert und deshalb dem Zweck der Außenprüfung
zuwiderläuft.
5. Der vom FA angestrebte Datenzugriff auch
auf die von der Antragstellerin gesperrten Konten der
Finanzbuchhaltung ist nicht unverhältnismäßig. Wie
das FG zutreffend ausgeführt hat, gehört die Prüfung
der Finanzbuchhaltung zum Kern der
Außenprüfungstätigkeit, so dass die Wahrnehmung der
insoweit bestehenden Zugriffsbefugnisse ein geeignetes und
angemessenes Mittel zur Erreichung des Prüfungszwecks ist. Das
FA braucht sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf die von der
Antragstellerin vorgeschlagenen indirekten Kontrollverfahren
(Gegenkonten- und Belegnummernanalyse) verweisen zu lassen.