Beschränkt steuerpflichtige Künstler: 1. Ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Einkünften gemäß § 50 a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG 1990 unterliegt im Veranlagungszeitraum 1996 dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 Satz 3 und 4 EStG 1996 mit seinen Bruttoeinnahmen. Hat der beschränkt Steuerpflichtige jedoch Ausgaben, welche unmittelbar mit der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, und werden diese Ausgaben dem Vergütungsschuldner mitgeteilt, so sind die Ausgaben regelmäßig bereits im Rahmen des Abzugsverfahrens zu berücksichtigen. Soweit § 50 a Abs. 4 Satz 4 EStG 1990 dies ausschließt, verstößt die Vorschrift gegen Gemeinschaftsrecht (Anschluss an EuGH-Urteil vom 3.10.2006 Rs. C-290/04 "Scorpio", BFH/NV 2007, Beilage 1, 36 = SIS 06 44 26). - 2. Wenn und soweit unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängende Aufwendungen im Abzugsverfahren nicht berücksichtigt worden sind, kann der beschränkt Steuerpflichtige deren Erstattung in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1990 (i.d.F. des JStG 1997), ggf. auch des § 50 d Abs. 1 Satz 3 EStG 1990 beantragen. Die wahlweise Beantragung eines Veranlagungsverfahrens scheidet aus. Ein solches Wahlrecht ist weder aus Gründen des Verfassungs- noch des Gemeinschaftsrechts geboten. - 3. Der Mindeststeuersatz gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 1990 von 25 v.H. des Einkommens eines gebietsfremden beschränkt Steuerpflichtigen aus selbständiger Arbeit verstößt weder gegen Gemeinschafts- noch gegen Verfassungsrecht, sofern er nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den betroffenen Steuerpflichtigen tatsächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrages in Höhe des Grundfreibetrages ergeben würde (Bestätigung des Senatsurteils vom 19.11.2003 I R 34/02, BFHE 204 S. 449, BStBl 2004 II S. 773 = SIS 04 13 92; Anschluss an EuGH-Urteil vom 12.6.2003 Rs. C-234/01 "Gerritse", EuGHE 2003 I S. 5933, BStBl 2003 II S. 859 = SIS 03 29 10). - Urt.; BFH 10.1.2007, I R 87/03; SIS 07 15 04
I. Es handelt sich um jenen Sachverhalt,
über den der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften
(EuGH) auf Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts (FG)
Berlin (Beschluss vom 28.5.2001 9 K 9312/99, EFG 2001, 978 = SIS 02 77 61) durch Urteil vom 12.6.2003 Rs. C-234/01
„Gerritse“ (EuGHE I 2003, 5933 = SIS 03 29 10, BStBl II 2003, 859 = SIS 03 29 10) entschieden hat:
Der Kläger, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (Kläger), ein in den Niederlanden wohnhafter
niederländischer Staatsangehöriger, ist Musiker. Er
erzielte im Streitjahr 1996 in den Niederlanden sowie in Belgien
Einkünfte in Höhe von (umgerechnet und nach deutschem
Steuerrecht ermittelt) insgesamt 55.000 DM (netto). Daneben erhielt
er für einen direkt („live“) im
Rundfunk ausgestrahlten Solo-Auftritt als Schlagzeuger bei einem
Radiosender im Inland ein Honorar von 6.007,55 DM. Er erklärte
für diesen Auftritt Betriebsausgaben in Höhe von 968 DM.
Auftraggeber für den Auftritt war eine GmbH, welcher der
Kläger in einem
„Mitwirkendenvertrag“ auch die
umfassenden Senderechte übertragen hatte. Das Honorar wurde
als Gesamtbetrag geleistet; eine vertragliche Aufteilung erfolgte
nicht.
Das Honorar von 6.007,55 DM wurde nach Art.
9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Abkommens vom 16.6.1959 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger
Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete
(DBA-Niederlande) vom 16.6.1959 (BGBl II 1960, 1782) und
gemäß § 50a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in
der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG 1990) im Wege
des Steuerabzugs durch die GmbH einem Steuersatz von 25 v.H.
zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie Umsatzsteuer
unterworfen.
Im September 1998 reichte der Kläger
beim Beklagten, Revisionskläger und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1990 eine
Einkommensteuererklärung ein, um hiernach als
unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt zu werden. Das FA
lehnte dies ab.
Mit der dagegen gerichteten Klage berief
der Kläger sich auf die gemeinschaftsrechtlich verbürgten
Grundfreiheiten. Ein unbeschränkt steuerpflichtiger
Gebietsansässiger müsse in vergleichbarer Situation wegen
des Grundfreibetrags in Höhe von 12.095 DM keine Steuer
entrichten.
Über das im Hinblick auf dieses
Vorbringen vom FG Berlin beschlossene Vorabentscheidungsersuchen
(Beschluss in EFG 2001, 978 = SIS 02 77 61) hat der EuGH durch
Urteil in EuGHE I 2003, 5933, BStBl II 2003, 859 = SIS 03 29 10
entschieden, die Art. 59 des Vertrages zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft - EGV - (nach Änderung durch
den Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über
die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften, sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte - EG -, Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - 1997 Nr. C 340/1, jetzt
Art. 49 EG) und Art. 60 EGV (jetzt Art. 50 EG) stünden einer
nationalen Regelung entgegen, nach der in der Regel bei
Gebietsfremden die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der
Betriebsausgaben, besteuert werden, während bei
Gebietsansässigen die Nettoeinkünfte, nach Abzug der
Betriebsausgaben, besteuert werden. Es widerspreche den
Grundfreiheiten aber nicht, soweit in der Regel die Einkünfte
Gebietsfremder einer definitiven Besteuerung zu einem einheitlichen
Steuersatz von 25 v.H. durch Steuerabzug unterliegen, während
die Einkünfte Gebietsansässiger nach einem progressiven
Steuertarif mit einem Grundfreibetrag besteuert werden, sofern der
Steuersatz von 25 v.H. nicht höher ist als der Steuersatz, der
sich für den Betroffenen tatsächlich aus der Anwendung
des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte
zuzüglich eines Betrages in Höhe des Grundfreibetrags
ergeben würde.
Der Kläger war aufgrund dieser
Entscheidung nach wie vor der Ansicht, eine
Einkommensteuerveranlagung unter Berücksichtigung der geltend
gemachten Betriebsausgaben beanspruchen zu können. Die
Einkommensteuer sei auf 0 DM festzusetzen, da er aus Gründen
der Gleichbehandlung eine sog. Antragsveranlagung unter
Berücksichtigung des in die Einkommensteuer-Grundtabelle
eingearbeiteten Grundfreibetrags in Höhe von 12.095 DM - wie
sie § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 EStG 1990 für
beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit Ansässigkeit
und Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der
Europäischen Union (EU) oder des Europäischen
Wirtschaftsraumes (EWR), die künstlerische Tätigkeiten in
der Bundesrepublik Deutschland ausübten, vorsehe -
durchzuführen sei. Die von ihm in Belgien sowie in den
Niederlanden erzielten Einkünfte könnten nach den
Grundsätzen des Urteils des EuGH vom 27.6.1996 Rs. C-107/94
„Asscher“ (EuGHE I 1996, 3089, 3124) in
Deutschland nicht - auch nicht im Wege eines Progressionsvorbehalts
- in die Einkommensbesteuerung miteinbezogen werden, da ihn
begünstigende Grundfreiheiten nach dem EG-Vertrag durch einen
zweifachen Progressionsvorbehalt (im Tätigkeits- und im
Ansässigkeitsstaat) verletzt würden.
Die so fortgeführte Klage war
teilweise erfolgreich. Das FG Berlin gab ihr durch Urteil vom
25.8.2003 9 K 9312/99 im Hinblick auf das erstrebte Wahlrecht auf
Durchführung einer Veranlagung sowie die Gewährung des
Grundfreibetrags statt und wies sie nur hinsichtlich der
Einbeziehung der im Ausland erwirtschafteten Einkünfte in den
Progressionsvorbehalt ab; das Urteil ist in EFG 2003, 1709 = SIS 04 01 75 veröffentlicht.
Ihre Revisionen stützen Kläger
und FA auf Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer 1996 auf
0 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.
Beide Beteiligte wenden sich wechselseitig
gegen die Revision des Anderen.
II. Das durch Beschluss des Senats vom
15.9.2004 I R 87/03 gemäß § 121 Satz 1 i.V.m.
§ 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzte
Revisionsverfahren ist durch Senatsbeschluss vom 22.11.2006
fortgeführt worden. Der Aussetzungsgrund war entfallen,
nachdem der EuGH durch Urteil vom 3.10.2006 Rs. C-290/04
„Scorpio“ (BFH/NV 2007, Beilage 1, 36 =
SIS 06 44 26) über die ihm vom Senat durch den Beschluss vom
28.4.2004 I R 39/04 (BFHE 206, 120, BStBl II 2004, 878 = SIS 04 27 01) nach Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vorgelegten
Rechtsfragen entschieden hat.
III. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
gänzlichen Klageabweisung. Die Vorinstanz hat dem Kläger
zu Unrecht eine Antragsveranlagung zugestanden. Die Revision des
Klägers ist unbegründet.
1. Der in den Niederlanden wohnende
Kläger war im Streitjahr in Deutschland (nur) mit seinen
Einnahmen aus der selbständig ausgeübten Tätigkeit
als Musiker beschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 i.V.m.
§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1990). Er ist mit den hieraus erzielten
Einkünften im Inland dem Steuerabzug zu unterwerfen, sei es -
wie das FA meint - gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
EStG 1990 für Einkünfte aus der Ausübung oder
Verwertung der künstlerischen Tätigkeit, sei es - wovon
der Kläger ausgeht - gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1
Nr. 3 EStG 1990 für Einkünfte aus der Überlassung
von Urheberrechten gegenüber dem Rundfunksender. Der
Steuerabzug beträgt gemäß § 50a Abs. 4 Satz 2
und 3 EStG 1990 25 v.H. des vollen Betrags der Einnahmen.
Abzüge, z.B. für Betriebsausgaben, Werbungskosten,
Sonderausgaben und Steuern, sind nach Satz 4 der Vorschrift nicht
zulässig.
2. Damit könnte der Kläger
schlechter gestellt sein als ein vergleichbarer unbeschränkt
Steuerpflichtiger und auch als ein vergleichbarer beschränkt
Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit erzielt. Denn bei solchen Personen bestimmt sich der
Steuersatz für die Einkommensteuer unter Abzug von
Ausgabenpositionen sowie unter Berücksichtigung des
progressiven Steuertarifs gemäß § 32a Abs. 1 EStG
1990 und damit auch unter Gewährung des sog. Grundfreibetrages
gemäß § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 1990. Eine
Mindestbesteuerung scheidet dort aus (vgl. für beschränkt
steuerpflichtige Arbeitnehmer § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 EStG
1990).
3. Wie der EuGH auf Vorabentscheidungsersuchen
des FG (Beschluss in EFG 2001, 978 = SIS 02 77 61) in seinem Urteil
in EuGHE I 2003, 5933, BStBl II 2003, 859 = SIS 03 29 10
entschieden hat, verträgt sich eine daraus resultierende
Ungleichbehandlung teilweise nicht mit der gemeinschaftsrechtlich
verbürgten Niederlassungsfreiheit: Art. 59 EGV (nach
Änderung jetzt Art. 49 EG) und Art. 60 EGV (jetzt Art. 50 EG)
stehen einer nationalen Regelung entgegen, nach der in der Regel
bei Gebietsfremden die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der
Betriebsausgaben, besteuert werden, während bei
Gebietsansässigen die Nettoeinkünfte, nach Abzug der
Betriebsausgaben, besteuert werden.
Allerdings widerspricht es den
gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen nicht, wenn nach dem
nationalen Recht die Einkünfte Gebietsfremder einer
definitiven Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz von 25
v.H. durch Steuerabzug unterliegen, während die Einkünfte
Gebietsansässiger nach einem progressiven Steuertarif mit
einem Grundfreibetrag besteuert werden. Voraussetzung ist insofern
allein, dass der Steuersatz von 25 v.H. nicht höher ist als
der Steuersatz, der sich für den Betroffenen tatsächlich
aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die
Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrages in Höhe des
Grundfreibetrags ergeben würde. Der Steuersatz, dem der
beschränkt Steuerpflichtige unterworfen ist, ist hiermit zu
vergleichen; seine inländischen Einkünfte dürfen nur
dem niedrigeren der beiden Steuersätze unterworfen werden
(vgl. auch Senatsurteile vom 19.11.2003 I R 34/02, BFHE 204, 449,
BStBl II 2004, 773 = SIS 04 13 92; vom 28.1.2004 I R 73/02, BFHE
205, 174, BStBl II 2005, 550 = SIS 04 17 30; Bundesministerium der
Finanzen - BMF -, Schreiben vom 10.9.2004, BStBl I 2004, 860 = SIS 04 35 51; vgl. auch Erkenntnis des Österreichischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 19.10.2006 Zl. 2006/14/0109, Beilage
zur Österreichischen Steuer-Zeitung 2007, 117).
4. Eine sich hiernach errechnende Mindersteuer
kann der Kläger allerdings nur im Wege eines
Erstattungsverfahrens, nicht einer Antragsveranlagung
beanspruchen.
a) Wie der EuGH in seinem Urteil in BFH/NV
2007, Beilage 1, 36 = SIS 06 44 26 entschieden hat, bleibt das
Steuerabzugsverfahren, dem beschränkt steuerpflichtige
Künstler unterworfen sind, jedenfalls bis zur Geltung der
Richtlinie 2002/94/EG der Kommission vom 9.12.2002 zur Festlegung
ausführlicher Durchführungsbestimmungen zu bestimmten
Artikeln der Richtlinie 76/308/EWG über die gegenseitige
Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im
Zusammenhang mit bestimmten Abgaben, Zöllen, Steuern und
sonstigen Maßnahmen - EG-Beitreibungsrichtlinie - (ABlEG Nr.
L 337, 41) i.V.m. dem Gesetz zur Durchführung der
EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-Beitreibungsgesetz) i.d.F. vom
3.5.2003 (BGBl I 2003, 654) und damit auch für das Streitjahr
aus Sicht des EG-Rechts unbeanstandet. Der EuGH hat das
Abzugsverfahren - als „angemessene Weise (...), (um) die
Effizienz dieser Erhebung zu
gewährleisten“ (Tz. 35 und 38 des
Urteils) - ausdrücklich als
„verhältnismäßiges Mittel zur Beitreibung
steuerlicher Forderungen des
Besteuerungsstaates“ angesehen und als
solches nicht in Frage gestellt (Tz. 37 des Urteils).
b) Der Steuerabzug bezieht sich zwar -
prinzipiell und im Einklang mit der deutschen Regelungslage - auf
die vereinnahmte Bruttovergütung. Hatte der beschränkt
Steuerpflichtige jedoch Ausgaben, welche unmittelbar mit der
betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen,
aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, so
sind diese regelmäßig bereits im Rahmen dieses
Abzugsverfahrens zu berücksichtigen, vorausgesetzt, sie wurden
dem Vergütungsschuldner mitgeteilt. Eine nationale Regelung,
die dem entgegensteht, verstößt ebenfalls gegen Art. 59
und Art. 60 EG. Weitere - nur mittelbar mit jener Tätigkeit
zusammenhängende - Betriebsausgaben sind hingegen
„gegebenenfalls in einem anschließenden
Erstattungsverfahren“ zu
berücksichtigen (Tz. 52 des Urteils). Dasselbe muss im
Hinblick auf unmittelbar mit der Tätigkeit
zusammenhängende Aufwendungen gelten, wenn und soweit diese im
Abzugsverfahren nicht berücksichtigt worden sind.
c) Im Streitfall sind die vom Kläger
geltend gemachten Betriebsausgaben nach den tatrichterlichen
Feststellungen nicht bereits bei dem gemäß § 50a
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder 3 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1990
durchgeführten Steuerabzug durch die GmbH berücksichtigt
worden. Sie waren dem Steuerabzugsverpflichteten bei Vornahme des
Abzugs womöglich nicht einmal bekannt; tatrichterliche
Feststellungen dazu fehlen. Vorausgesetzt, er unterfällt im
Ergebnis einem höheren Steuersatz als ein
Gebietsansässiger, steht dem Kläger deswegen nach der -
aufgrund des Vorrangs von Gemeinschaftsrecht verbindlichen -
Auslegung von Art. 59 und Art. 60 EGV durch den EuGH in dessen
Urteil in BFH/NV 2007, Beilage 1, 36 ein entsprechender
Erstattungsanspruch zu, der sich auf diejenigen - von ihm nunmehr
nachzuweisenden - Ausgaben erstreckt, die in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Auftritt im Inland zusammenhängen und
sich gegebenenfalls auch auf solche Ausgaben erstrecken kann, die
mit jenem Auftritt nur mittelbar zusammenhängen (vgl. zu
Letzterem allerdings das zwischenzeitlich ergangene Urteil des EuGH
vom 15.2.2007 Rs. C-345/04 = SIS 07 08 92 „Centro Equestre
da Lezíria“). Die Rechtsgrundlage
für einen derartigen Erstattungsanspruch folgt für den
Personenkreis u.a. der Künstler und Sportler, dem auch der
Kläger angehört, entweder in unmittelbarer (vgl. dazu
BMF-Schreiben vom 3.11.2003, BStBl I 2003, 553 = SIS 03 46 68) oder
aber, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift
nicht erfüllt sind, in entsprechender Anwendung des -
rückwirkend auch im Streitjahr anzuwendenden, vgl. § 52
Abs. 31 Satz 2 EStG 1990 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 (JStG
1997) vom 20.12.1996 (BGBl I 1996, 2049, BStBl I 1996, 1523) -
§ 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1990 i.d.F. des JStG 1997. Die
einschränkenden tatbestandlichen Voraussetzungen dieser
Vorschrift, insbesondere das Erfordernis höherer Aufwendungen
als die Hälfte der Einnahmen, sind in gemeinschaftsrechtlich
konformer und normerhaltender Weise zu reduzieren. Unabhängig
davon stand dem Kläger im Streitjahr ein auf § 50d Abs. 1
Satz 3 EStG 1990 gestützter Erstattungsanspruch für den
Fall zu, dass Deutschland für die in Rede stehenden Honorare
nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Niederlande ein Besteuerungsrecht ganz oder
teilweise (vgl. BMF-Schreiben vom 23.1.1996, BStBl I 1996, 89 = SIS 96 10 49, unter Tz 5.4) nicht zustehen sollte.
d) Eine Steuerveranlagung kann daneben oder
stattdessen vom Kläger nicht beansprucht werden. Eine solche
Antragsveranlagung sieht das Einkommensteuergesetz bei
beschränkt Steuerpflichtigen mit Einkünften aus der
Ausübung oder Verwertung einer Tätigkeit als
Künstler gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1990
nicht vor. Sie ist auch weder aus gemeinschafts- noch aus
verfassungsrechtlichen Gründen geboten (s. auch z.B.
Schnitger, FR 2003, 745, 755; Gosch in Kirchhof, EStG, 6. Aufl.,
§ 50d Rz 12; anders z.B. Reuter/Klein, IStR 2003, 634,
636).
aa) Es genügen vielmehr in Einklang mit
den Vorgaben in dem EuGH-Urteil in BFH/NV 2007, Beilage 1, 36 die
aufgezeigten Möglichkeiten einer (nachträglichen)
Erstattung. Soweit der Kläger dagegen Tz. 58 des EuGH-Urteils
vom 14.2.1995 Rs. C-279/93
„Schumacker“ (EuGHE I 1995, 225 =
SIS 95 06 47) anführt, folgt daraus nichts anderes. Der EuGH
verlangt darin zwar die auch verfahrensrechtliche Gleichbehandlung
gebietsfremder und gebietsansässiger Arbeitnehmer im Hinblick
auf die Durchführung eines Lohnsteuer-Jahresausgleichs- ebenso
wie eines Einkommensteuerveranlagungsverfahrens, dies aber vor dem
Hintergrund des seinerzeit gänzlichen Ausschlusses solcher
beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer von den genannten
Verfahren, die ihr überwiegendes Einkommen im Inland erzielen
und die deswegen im Tätigkeitsstaat wie vergleichbare
unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer zu behandeln
sind.
So liegen die Dinge bei dem selbständig
tätigen Kläger jedoch nicht. Er wohnte im Streitjahr in
den Niederlanden und hatte außer dem in Rede stehenden
Honorar für das Rundfunkkonzert im Inland keine weiteren
Einnahmen erzielt. Ihm stehen deswegen keine weiteren
personenbezogenen Steuervergünstigungen im Inland zu, welche
im Rahmen einer Steuerveranlagung zu berücksichtigen
wären. Insbesondere betrifft dies den vom Kläger
begehrten vollständigen Abzug der Sonderausgabenpauschale
gemäß § 10c EStG 1990 sowie die vom Kläger
ebenfalls beanspruchte Gewährung des Grundfreibetrags
gemäß § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 1990. Der
Senat hat bereits durch Urteile in BFHE 204, 449, BStBl II 2004,
773 = SIS 04 13 92 sowie vom 19.11.2003 I R 57, 58/02 (BFH/NV 2004,
766 = SIS 04 29 25) entschieden, dass dieser Freibetrag einem
beschränkt Steuerpflichtigen auch bei Durchführung einer
Steuerveranlagung weder aus Gründen des Gemeinschaftsrechts
noch aus verfassungsrechtlichen Gründen einer Gleichbehandlung
(gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) mit
Arbeitnehmern, die eine entsprechende künstlerische
Tätigkeit ausüben, einzuräumen wäre. An beidem
ist festzuhalten (s. auch Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz
36).
bb) Im Übrigen trägt im deutschen
Recht den durch das EuGH-Urteil in EuGHE I 1995, 225 verlangten
gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen zwischenzeitlich § 1
Abs. 3 EStG 1990 und die hiernach gegebene Möglichkeit
Rechnung, auf Antrag als fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtiger
behandelt und als solcher im Wege der Veranlagung mit den
Einkünften i.S. des § 49 Abs. 1 EStG 1990 besteuert
werden zu können. Der Umstand, dass der Kläger die -
gemeinschaftsrechtlich unbeanstandeten (vgl. EuGH-Urteil vom
14.9.1999 Rs. C-391/97
„Gschwind“, EuGHE I 1999, 5491,
BStBl II 1999, 841 = SIS 99 21 09) - einschränkenden
Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG 1990 im Streitjahr nicht
erfüllte, rechtfertigt eine darüber hinausgehende
Antragsveranlagung derzeit nicht (so eindeutig EuGH-Urteil in
BFH/NV 2007, Beilage 1, 36 = SIS 07 08 92, dort Tz. 50; s. zur
Abgrenzung auch die Schlussanträge des Generalanwalts
Léger vom 6.5.2006 in jener Rechtssache, dort Tz. 64
ff.).
cc) Schließlich verträgt sich eine
Antragsveranlagung nicht ohne weiteres mit den tatsächlichen
Besonderheiten eines nur gelegentlich oder einmalig im Inland
auftretenden Künstlers, wie dies der Kläger ist. Denn
veranlagt wird die Einkommensteuer als Jahressteuer. Für einen
Steuerpflichtigen, der nur kurzfristig und sporadisch im Inland
tätig wird, wird es oftmals an entsprechenden Einkünften
in jenem Kalenderjahr fehlen, in dem ihm für diese
Tätigkeit Aufwendungen entstehen. In einem solchen Fall
(vorweggenommenen oder nachträglichen) Aufwandes wird dessen
Berücksichtigung im Wege der vorfallbezogenen Erstattung
gegenüber einer Veranlagung erleichtert, was wiederum dem
Grundsatz einer verhältnismäßigen und schonenden
Beachtung der Liquidität des Steuerpflichtigen Rechnung
trägt.
5. Die Rechtsfolge, eine Antragsveranlagung
unter den Gegebenheiten des Streitfalls nicht beanspruchen zu
können, richtet sich in erster Linie nach nationalem Recht.
Sie ergibt sich überdies unmittelbar aus den EuGH-Urteilen in
EuGHE I 2003, 5933, BStBl II 2003, 859 = SIS 03 29 10 sowie in
BFH/NV 2007, Beilage 1, 36. Sie ist damit auch aus Sicht des
Gemeinschaftsrechts geklärt, so dass es einer abermaligen
Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG nicht
bedarf (vgl. EuGH-Urteil vom 6.10.1982 Rs. 283/81
„C.I.L.F.I.T.“, EuGHE 1982,
3415).
6. Da die Vorinstanz eine abweichende
Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die
Klage war insgesamt abzuweisen.