Antrag auf Vorsteuer-Vergütung, Bescheinigung: Die behördliche Bescheinigung, die ein im Ausland ansässiger Unternehmer zur Vergütung von Vorsteuerbeträgen vorzulegen hat, muss zum einen den Vergütungszeitraum abdecken und zum anderen die Aussage enthalten, dass der Antragsteller Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist. - Urt.; BFH 18.1.2007, V R 22/05; SIS 07 10 76
I. Streitig ist die Vergütung von
Vorsteuerbeträgen an einen im Ausland (Schweiz)
ansässigen Unternehmer.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1994
gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Sie erbrachte
im Streitjahr 1997 unter der Bezeichnung ... insbesondere Service-
und Beistandsleistungen für Notfallrücktransporte und bot
ihren Kunden in diesem Zusammenhang einen Versicherungsschutz
an.
Am 30.6.1998 beantragte die Klägerin
beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundesamt für Finanzen
- BfF -, jetzt: Bundeszentralamt für Steuern - BZSt - ) die
Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum
Januar bis Dezember 1997 (Vergütungszeitraum) in Höhe von
... DM.
Mit ihrem Antrag reichte sie eine
Bescheinigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung
(Hauptabteilung Mehrwertsteuer) vom 4.6.1998 ein, wonach sie, die
Klägerin, „mit Wirkung ab 01.04.1998“ unter der
Nr. ... in das Verzeichnis für Steuerpflichtige eingetragen
worden und Steuerpflichtige i.S. von Art. 17, 18 und 20 der
Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) sei.
Ferner war dem Antrag beigefügt eine
Bescheinigung des Finanzdepartements des Kantons Basel-Stadt
(Abteilung Juristische Personen) vom 18.11.1997, wonach die
Klägerin eine nach schweizerischem Recht im Handelsregister
eingetragene Gesellschaft und unter der Register-Nr. ... im
Steuerregister des Kantons Basel-Stadt eingetragen sei.
Dem Antrag lagen die Rechnungen, aus denen
die Klägerin die Vergütung beanspruchte, nicht im
Original, sondern nur in Kopie bei. Rechnungsaussteller war im
Wesentlichen die B-GmbH mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland,
die der Klägerin u.a. „Verwaltungskosten für
vermittelte Club-Mitgliedschaften“ sowie sonstige Kosten in
Rechnung gestellt hatte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen
für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren und insbesondere
der Frage, ob sich die Geschäftsleitung der Klägerin
ausschließlich im Ausland befand, forderte das BfF die
Klägerin mit Schreiben vom 30.9.1998 zur Beantwortung
verschiedener Fragen sowie zur Einreichung von Unterlagen und
insbesondere der Original-Rechnungen auf. Da die Klägerin
dieser Bitte nicht nachkam, lehnte das BfF ihren
Vergütungsantrag durch Bescheid vom 15.1.1999 ab.
Gegen diesen Bescheid legte die
Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren ging sie auf
die vom BfF gestellten Fragen ein und reichte verschiedene
Unterlagen - nicht aber die erbetenen Original-Rechnungen -
ein.
Durch Einspruchsentscheidung vom 3.8.2001
wies das BfF den Einspruch als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte es aus, die Klägerin habe nicht
nachweisen können, dass sich der Ort ihrer
Geschäftsleitung ausschließlich im Ausland befunden
habe. Überdies habe sie ihre erhöhte Mitwirkungspflicht
nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) verletzt. Im
Übrigen erbringe die Klägerin zumindest auch typische
Versicherungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 11 des
Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) und habe auch diesbezüglich
nicht an der weiteren Sachaufklärung mitgewirkt.
Das Finanzgericht (FG) wies die daraufhin
erhobene Klage der Klägerin ab. Es führte zur
Begründung aus:
Zwar sei die Voraussetzung für eine
Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG i.V.m.
§ 59 Abs. 1 Nr. 1 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV)
erfüllt, dass der im Ausland ansässige Unternehmer im
Vergütungszeitraum im Inland keine Umsätze i.S. des
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG oder nur steuerfreie Umsätze
i.S. des § 4 Nr. 3 UStG ausgeführt habe. Denn es sei
insoweit auszuschließen, dass die Klägerin im Inland
Umsätze aus Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis
oder der Vermittlung von Sicherungsleistungen ausgeführt
habe.
Die Inanspruchnahme des
Vorsteuer-Vergütungsverfahrens scheitere aber daran, dass die
Klägerin weder eine „Unternehmerbescheinigung“
nach § 61 Abs. 3 UStDV noch innerhalb der in § 18 Abs. 9
Satz 3 UStG genannten Antragsfrist die Original-Rechnungen
vorgelegt habe, die ggf. zu einer Vorsteuervergütung
führen könnten.
Die Bescheinigung der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 4.7.1998 enthalte die Aussage, dass die
Klägerin „ab dem 1.4.1998“ in das Verzeichnis der
Steuerpflichtigen eingetragen worden sei. Damit erstrecke sich
diese Bescheinigung nicht auf den Vergütungszeitraum 1997. Die
Bescheinigung des Kantons Basel vom 18.11.1997 betreffe nur die
direkten Steuern und enthalte nicht die (erforderliche) Aussage,
dass die Klägerin im Sinne der schweizerischen
Mehrwertsteuerverordnung unternehmerisch tätig sei. Ein
Zusammenlesen beider Bescheinigungen scheide schon deshalb aus,
weil sie von unterschiedlichen Behörden ausgestellt worden
seien.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin
unterstellen würde, dass sie noch eine ausreichende
Bescheinigung der Schweizerischen Steuerverwaltung für den
Vergütungszeitraum nachreichen könnte - was sie aber
selbst als unmöglich bezeichnet habe -, könnte ihrem
Vergütungsantrag auch deshalb nicht stattgegeben werden, weil
sie innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG genannten
Antragsfrist, bei der es sich um eine Ausschlussfrist handele,
nicht die Original-Rechnungen eingereicht habe. Die Pflicht hierzu
ergebe sich aus der Zusammenschau von § 18 Abs. 9 Sätze 3
und 4 der „Gesetzeshistorie“ sowie einer
europarechtskonformen Auslegung.
Das FG ließ die Revision wegen der
Frage zu, „ob innerhalb der in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG
geregelten Ausschlussfrist auch die Original-Rechnungen
einzureichen sind“.
Das Urteil ist in EFG 2005, 913 = SIS 05 23 85 veröffentlicht.
Mit der Revision legt die Klägerin im
Einzelnen dar, warum ihrer Ansicht nach die Original-Rechnungen
nicht innerhalb der Antragsfrist in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG
einzureichen sind. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die
Versendung der Original-Rechnungen in das Ausland nach
schweizerischen Vorschriften nicht zulässig sei. Gleichwohl
hat sie - „unter Zurückstellung aller rechtlichen
Bedenken“ - die Rechnungen für das Streitjahr dem BfF
mit Schreiben vom 11.1.2007 zugesandt. Zur Auslegung des § 61
Abs. 3 UStDV trägt die Klägerin vor:
Nach § 61 Abs. 3 UStDV müsse der
Unternehmer durch eine behördliche Bescheinigung des Staates,
in dem er ansässig sei, nachweisen, dass er als Unternehmer
unter einer Steuernummer eingetragen sei. Die Verwaltungsanweisung
in Abschn. 243 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR), wonach
bescheinigt werden müsse, dass es sich um einen
mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmer handle, finde in der
Verordnung keine Grundlage. Folglich sei die Bescheinigung des
Kantons Basel vom 18.11.1997, welche die direkten Steuern betreffe,
ausreichend.
Dies entspreche der Regelung des
Umsatzsteuerrechts. Der Vorsteuererstattungsanspruch sei nicht
davon abhängig, dass das steuerpflichtige Unternehmen unter
einer Umsatzsteuernummer im Zeitpunkt der Ausführung des
Umsatzes registriert sei. Wie der Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) bereits mehrfach entschieden habe, könne
ein Vorsteuererstattungsanspruch bereits vor Beginn oder nach
Beendigung einer unternehmerischen Tätigkeit gegeben
sein.
Aufgrund einer fehlenden
Umsatzsteuerbescheinigung dürfe die Klage daher nicht
abgewiesen werden.
Die Klägerin beantragt, unter
Aufhebung der Vorentscheidung des Ablehnungsbescheids des BfF vom
9.2.1999 und der Einspruchsentscheidung vom 3.8.2001 das BfF (seit
1.1.2006: BZSt) zu verpflichten, ihr, der Klägerin, für
das Jahr 1997 Vorsteuerbeträge in Höhe von ...
zuzüglich Zinsen in Höhe von 1/2 v.H. für jeden
vollen Monat seit dem Tage der Rechtshängigkeit zu
erstatten.
Hinsichtlich der Kosten beantragt die
Klägerin, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
Das BZSt beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Es meint, für die Zulassung der
Revision sei kein Raum gewesen, weil die Klägerin schon wegen
der fehlenden Unternehmerbescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV
von der Teilnahme am Vorsteuer-Vergütungsverfahren
ausgeschlossen sei. Auf die Frage, wegen derer das FG die Revision
zugelassen habe, komme es deshalb nicht mehr an.
In materiell-rechtlicher Hinsicht
schließt sich das BZSt der Vorentscheidung an und meint, die
Revision sei auch deswegen als unbegründet
zurückzuweisen, weil die Klägerin im Streitjahr -
entgegen der Auffassung des FG - in der Bundesrepublik Deutschland
Versicherungsleistungen erbracht oder zumindest Versicherungsschutz
vermittelt habe, so dass auch die Voraussetzungen des § 59
Abs. 1 Nr. 1 UStDV nicht vorlägen.
II. Die Revision der Klägerin ist
zulässig, aber unbegründet.
1. Die Revision ist statthaft, weil sie vom FG
zugelassen worden ist (§ 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ).
Wie das BZSt zu Recht geltend macht,
hätte zwar das FG die Revision nicht zulassen dürfen.
Denn es hat sein klageabweisendes Urteil kumulativ auf zwei
selbständige Gründe (zum einen: Nichtvorliegen einer
ausreichenden Bescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV; zum
anderen: Nichtvorlage der Original-Rechnungen innerhalb der
Antragsfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG) gestützt und
nur für einen dieser Gründe einen
Revisionszulassungsgrund angenommen (vgl. z.B. Beschlüsse des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30.8.2005 V B 62/05, BFH/NV 2006, 90 =
SIS 06 02 92; vom 27.1.2006 II B 6/05, BFH/NV 2006, 908 = SIS 06 17 09; vom 6.3.2006 X B 102/05, BFH/NV 2006, 1134 = SIS 06 21 61).
Der Senat ist jedoch gemäß §
115 Abs. 3 FGO an die Zulassung der Revision durch das FG gebunden.
Durch diese am 1.1.2001 in Kraft getretene Vorschrift ist die
frühere Rechtsprechung des BFH, wonach keine Bindung an eine
offensichtlich gesetzwidrige Zulassung der Revision bestand,
überholt (vgl. etwa BFH-Urteile vom 27.3.1991 VI R 51/88, BFHE
164, 75, BStBl II 1991, 575 = SIS 91 16 95, sowie vom 21.11.2002
VII R 57/01, BFH/NV 2003, 525 = SIS 03 18 23, unter II. 1.; Seer in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar,
§ 115 FGO Rz 129; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung,
6. Aufl., § 115 Rz 116; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler
- HHSp -, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, §
115 FGO Rz 305 ff.; a.A. Dürr in Schwarz, Kommentar zur
Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz 64).
2. Die - mithin den Senat bindende - Zulassung
der Revision durch das FG eröffnet nach dem Grundsatz der
Vollrevision das Rechtsmittel in vollem Umfang (vgl. BFH-Urteile
vom 18.8.2005 V R 42/03, BFHE 211, 537, BStBl II 2006, 44 = SIS 05 49 03, unter II. 1.; vom 2.3.2006 II R 47/04, BFH/NV 2006, 1509 =
SIS 06 30 93; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6.
Aufl., § 115 Rz 115). Der Senat hat deshalb die
Vorentscheidung - unabhängig von dem Zulassungsgrund - in
vollem Umfang zu überprüfen.
3. Die Revision ist unbegründet. Das FG
hat zutreffend entschieden, dass die Vergütung der streitigen
Vorsteuerbeträge (bereits) daran scheitert, dass die
Klägerin die nach § 61 Abs. 3 UStDV erforderliche
Bescheinigung nicht vorgelegt hat.
a) Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur
Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der
Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrates durch
Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge
(§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer,
abweichend von § 16 UStG und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG,
in einem besonderen Verfahren regeln. Der Vergütungsantrag ist
gemäß § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten
nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der
Vergütungsanspruch entstanden ist. Der Unternehmer hat die
Vergütung selbst zu berechnen und die Vorsteuerbeträge
durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original
nachzuweisen (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG). Der
Vergütungsantrag ist vom Unternehmer eigenhändig zu
unterschreiben (§ 18 Abs. 9 Satz 5 UStG).
b) Von der Ermächtigung in § 18 Abs.
9 Satz 1 UStG hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV
Gebrauch gemacht. Zum Vergütungsverfahren bestimmt § 61
Abs. 3 UStDV, dass der Unternehmer der zuständigen
Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des
Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen muss, dass er als
Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.
aa) Diese Bescheinigung muss zum einen den
Vergütungszeitraum abdecken und zum anderen die Aussage
enthalten, dass der Antragsteller Unternehmer im Sinne des
Umsatzsteuerrechts ist.
Das ergibt sich aus dem Zweck der
Bescheinigung. Die Vergütung von Vorsteuerbeträgen nach
§ 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV setzt u.a.
voraus, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge
gemäß § 15 UStG abziehbar sind (vgl. BFH-Urteil vom
10.4.2003 V R 35/01, BFHE 202, 187, BStBl II 2003, 782 = SIS 03 36 34, unter II. 1.). Denn diese Vorschriften sehen für im
Ausland ansässige Unternehmer die Vergütung von
Vorsteuerbeträgen abweichend von den für die im Inland
ansässigen Unternehmer geltenden § 16, § 18 Abs. 1
bis 4 UStG (lediglich) ein besonderes Vergütungsverfahren vor
(vgl. § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG); sie lassen aber die
materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs unberührt.
Deshalb muss der die Vergütung von Vorsteuerbeträgen
begehrende Steuerpflichtige bereits bei Leistungsbezug Unternehmer
i.S. des § 2 UStG sein (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG).
Angesichts dieses offenkundigen Zwecks der von
§ 61 Abs. 3 UStDV geforderten Bescheinigung beruft sich die
Klägerin ohne Erfolg darauf, dass in dieser Vorschrift
lediglich von „Unternehmer“ und
„Steuernummer“ - und nicht etwa von
„Unternehmer i.S. des Umsatzsteuergesetzes“ bzw.
von „Mehrwertsteuerpflichtiger“ oder von
„Umsatzsteuernummer“ bzw.
„Mehrwertsteuernummer“ die Rede ist.
bb) Auch aus dem hier einschlägigen
Gemeinschaftsrecht folgt, dass ein im Drittland - wie der Schweiz -
ansässiger Unternehmer die Erstattung von
Vorsteuerbeträgen nur verlangen kann, wenn er nachweist, dass
er eine wirtschaftliche Tätigkeit entsprechend Art. 4 Abs. 1
der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) ausübt.
Nach Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG
erfolgen Mehrwertsteuererstattungen an nicht im Gemeinschaftsgebiet
ansässige Steuerpflichtige - wie die Klägerin -
entsprechend den in der Dreizehnten Richtlinie des Rates vom
17.11.1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 86/560 EWG - Richtlinie
86/560/EWG - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -
ABlEG - Nr. L 326/40) festgelegten Bestimmungen.
Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie
86/560/EWG erfolgt die Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im
Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige auf Antrag
des Steuerpflichtigen. Die Mitgliedstaaten bestimmen die
Modalitäten für die Antragstellung einschließlich
der Antragsfristen, des Zeitraums, auf den der Antrag sich beziehen
muss, der für die Einreichung zuständigen Behörden
und der Mindestbeträge, für die die Erstattung beantragt
werden kann (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 86/560/EWG). Sie
legen auch die Einzelheiten für die Erstattung,
einschließlich der Fristen, fest (Art. 3 Abs. 1 Satz 3 der
Richtlinie 86/560/EWG). Sie legen dem Antragsteller die Pflichten
auf, die erforderlich sind, um die Begründetheit des Antrags
beurteilen zu können und um Steuerhinterziehungen zu
vermeiden, und verlangen insbesondere den Nachweis, dass er eine
wirtschaftliche Tätigkeit entsprechend Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG ausübt (Art. 3 Abs. 1 Satz 4 der
Richtlinie 86/560/EWG).
Die in Bezug genommene Vorschrift des Art. 4
Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG definiert den
„Steuerpflichtigen“ im Sinne des
Mehrwertsteuerrechts. Danach gilt als Steuerpflichtiger, wer eine
der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG genannten
wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und
unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu
welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
Aus Art. 3 Abs. 1 Satz 4 der Richtlinie
86/560/EWG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG folgt
mithin, dass ein außerhalb des Gebiets der Gemeinschaft
ansässiger Steuerpflichtiger die Erstattung von
Mehrwertsteuerbeträgen nur dann erlangen kann, wenn er durch
eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Staates,
in dem er ansässig ist, den Nachweis erbringt, dass er eine
wirtschaftliche Tätigkeit entsprechend Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG ausübt.
cc) Eine Diskriminierung von Unternehmern, die
im Ausland ansässig sind, gegenüber in der Bundesrepublik
Deutschland ansässigen Unternehmern liegt hierin - entgegen
der Ansicht der Klägerin - nicht.
Auch ein Unternehmer, der in der
Bundesrepublik Deutschland ansässig ist und der in einem
anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft die Erstattung von
Mehrwertsteuer verlangt, muss einen entsprechenden Nachweis
vorlegen. Er muss nach Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG
i.V.m. Art. 3 Buchst. b Satz 1 der Achten Richtlinie des Rates vom
6.12.1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 79/1072/EWG -
Richtlinie 79/1072/EWG - (abgedruckt z.B. bei
Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, B. 120) durch eine
Bescheinigung der zuständigen Behörde des Staates, in dem
er ansässig ist, den Nachweis erbringen, dass er
„Mehrwertsteuerpflichtiger“ dieses Staates ist.
Dementsprechend sieht auch das Muster dieser Bescheinigung (Anhang
B zur Richtlinie 79/1072/EWG) vor, dass der Steuerpflichtige
„als Mehrwertsteuerpflichtiger“ eingetragen
ist.
Überdies darf nach Art. 3 Abs. 2 der
Richtlinie 86/560/EWG die Erstattung von Mehrwertsteuer an im
Drittland ansässige Unternehmer nicht zu günstigeren
Bedingungen erfolgen als für in der Gemeinschaft
ansässige Steuerpflichtige. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber
die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Antragsteller
nicht günstiger stellen darf als Antragsteller, die im
(übrigen) Gemeinschaftsgebiet ansässig sind (vgl.
BFH-Urteil vom 23.10.2003 V R 49/01, BFH/NV 2004, 673 = SIS 04 18 12, unter 2. b).
Zur Vereinbarkeit des
Vorsteuer-Vergütungsverfahrens im Übrigen mit dem
Gemeinschaftsrecht (Diskriminierungsverbot, Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit) verweist der Senat auf seinen
Beschluss vom 4.7.2005 V B 195/04 (BFH/NV 2005, 2064 = SIS 05 45 63, mit Nachweisen).
c) Im Streitfall hat die Klägerin den ihr
obliegenden Nachweis nicht erbracht.
aa) Die von ihr vorgelegte Bescheinigung der
Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 4.6.1998 reicht - wie das
FG zu Recht ausgeführt hat - deswegen nicht aus, weil sie sich
nicht auf den Vergütungszeitraum 1997 erstreckt, sondern die
Aussage enthält, dass die Klägerin „ab dem
01.04.1998“ in das Verzeichnis der Steuerpflichtigen
eingetragen worden ist. Eine Bescheinigung, aus der sich - wie im
Streitfall - ausdrücklich ergibt, dass der Unternehmer erst
nach Ablauf des Vergütungszeitraums unter einer bestimmten
Steuernummer als Mehrwertsteuerpflichtiger eingetragen ist,
genügt den Anforderungen nicht.
Insoweit weist die Klägerin ohne Erfolg
darauf hin, dass bei richtlinienkonformer Auslegung des § 15
UStG als (vorsteuerabzugsberechtigter) Unternehmer bereits gilt,
wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine
unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste
Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 8.3.2001 V
R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430 = SIS 01 06 76). Denn um
eine derartige Fallgestaltung geht es im vorliegenden Streitfall
nicht. Die 1994 gegründete Klägerin war nach den
Feststellungen des FG ausweislich der von ihr in diesem Jahr
abgeschlossenen Verträge bereits lange vor dem
Vergütungszeitraum 1997 als Unternehmerin tätig.
bb) Die ferner von der Klägerin
vorgelegte Bescheinigung des Kantons Basel vom 18.11.1997 - die
zumindest einen Teil des Vergütungszeitraums 1997 abdeckt -
entspricht den Anforderungen deshalb nicht, weil sie, wie das FG
ebenfalls zu Recht entschieden hat, nur die direkten Steuern
betrifft und nicht die Aussage enthält, dass die Klägerin
als Unternehmer im Sinne des Mehrwertsteuerrechts unter einer
bestimmten Steuernummer eingetragen ist.