Abfindung, Zahlung in verschiedenen VZ, Steuerfreiheit: Der Freibetrag des § 3 Nr. 9 EStG ist - falls Zahlungen aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses in mehr als einem Veranlagungszeitraum bezogen werden - bei der ersten Zahlung zu berücksichtigen. Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen besteht insoweit nicht. - Urt.; BFH 28.6.2006, XI R 58/05; SIS 06 37 73
I. Am 23.3.1998 schloss der zu diesem
Zeitpunkt 55 Jahre alte Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) mit seinem Arbeitgeber (A) eine schriftliche
Vereinbarung über einen unbezahlten Übergangsurlaub und
die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Danach sollte der
Kläger ab dem 1.4.1998 einen unbezahlten Sonderurlaub
antreten. Bei Beginn des Urlaubs sollte er als finanzielle Hilfe
für die berufliche und private Umorientierung eine
Einmalzahlung in Höhe von 120.322 DM brutto
(Umorientierungshilfe) erhalten. Das Arbeitsverhältnis wurde
zum 31.12.2000 im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben. Der
Kläger sollte aus Anlass der Aufhebung des
Arbeitsverhältnisses und zum Ausgleich hierfür von A eine
Abfindung in Höhe von 36.000 DM brutto erhalten.
Das den Vereinbarungen zwischen A und dem
Kläger zugrunde liegende Vorruhestandsmodell war Gegenstand
einer im Dezember 1997 abgeschlossenen
Lohnsteuer-Außenprüfung des
Betriebsstätten-Finanzamts bei A. Dabei wurden die beiden
Zahlungen - Umorientierungshilfe und Abfindung - als
eigenständige Sachverhalte gewürdigt und die Zahlung der
Umorientierungshilfe nach § 24 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. §
34 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als
ermäßigt zu besteuernde Entschädigung
behandelt.
Mit Schreiben vom 6.11.2000 teilte das
Betriebsstätten-Finanzamt dem A mit, dass an dieser
Einschätzung „ab sofort“ nicht mehr festgehalten
werde und erläuterte dies näher. Sowohl den Klägern
als auch dem Beklagten und Revisionskläger (Wohnsitz-Finanzamt
- FA - ) wurde dieses Schreiben erst später bekannt.
In der mit Hilfe eines Steuerberaters
angefertigten Einkommensteuererklärung 1998 gab der
Kläger in der Zeile 10 der Anlage N
(„Entschädigungen, die ermäßigt zu besteuern
sind“) einen Betrag in Höhe von 120.322 DM an.
Entsprechend der hiermit übereinstimmenden Eintragung auf der
Lohnsteuerkarte 1998 des Klägers unterwarf das FA den Betrag
von 120.322 DM in dem Einkommensteuerbescheid 1998 vom 1.3.2000 dem
ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG. Der
Freibetrag des § 3 Nr. 9 EStG 1998 wurde nicht
berücksichtigt.
In der Einkommensteuererklärung 2000
gab der Kläger als ermäßigt zu besteuernde Zahlung
einen Betrag in Höhe von 12.000 DM an. Dieser Betrag entsprach
der Differenz zwischen der im Jahr 2000 ausgezahlten Abfindung in
Höhe von 36.000 DM und dem im Veranlagungszeitraum 2000
für Fälle, in denen das Dienstverhältnis mindestens
20 Jahre bestanden hatte, gültigen Freibetrag des § 3 Nr.
9 EStG von 24.000 DM.
Am 8.2.2002 erhielt das FA vom Bundesamt
für Finanzen (BfF) bezüglich des Klägers die
Mitteilung, dass sowohl die zeitnah mit dem Beginn des
Übergangsurlaubs als einmalige Umorientierungshilfe in
Höhe von 120.322 DM geleistete erste Zahlung als auch die
zeitnah zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses als Abfindung
geleistete zweite Zahlung in Höhe von 36.000 DM auf ein und
demselben Rechtsgrund, nämlich der bereits im Jahr 1998
vereinbarten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses beruhten und
dass es sich deshalb bei den Zahlungen um eine einheitlich zu
beurteilende Entschädigung handele. Bei der Besteuerung des im
Jahr 1998 zugeflossenen Teilbetrags sei der Freibetrag nach §
3 Nr. 9 EStG 1998 in Höhe von 36.000 DM zu
berücksichtigen und dementsprechend von einem zu versteuernden
Zufluss beim Kläger in Höhe von 84.322 DM im Jahr 1998
und in Höhe von 36.000 DM im Jahr 2000 auszugehen. Damit fehle
es an der für die Anwendung der §§ 34, 24 EStG
erforderlichen „Zusammenballung“ von
Einkünften.
Aufgrund dieser Mitteilung des BfF
erließ das FA am 27.2.2002 gemäß § 173 Abs. 1
Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) entsprechend geänderte
Einkommensteuerbescheide 1998 und 2000.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage gegen
den Einkommensteuerbescheid 1998 nach erfolglosem Einspruch statt
und hob den geänderten Einkommensteuerbescheid 1998 in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.1.2003 mit folgender
Begründung auf (vgl. SIS 06 32 78):
Die Voraussetzungen für eine
Änderung des Einkommensteuerbescheids 1998 nach § 173
Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 hätten nicht vorgelegen. Das FA habe
seine Ermittlungspflicht verletzt, denn es sei ihm angesichts der
Höhe des vom Kläger als ermäßigt zu
besteuernde Entschädigung erklärten Betrags zumutbar
gewesen, die zugrunde liegende Vereinbarung anzufordern.
Demgegenüber könne dem Kläger ein Verstoß
gegen seine Mitwirkungspflicht nicht angelastet werden. Er habe die
Einkommensteuererklärung 1998 aus seiner damaligen Sicht
zutreffend ausgefüllt und keinen Anlass gehabt, die
Vereinbarung mit A unaufgefordert vorzulegen. Der im Jahr 2000 zu
zahlenden Abfindung in Höhe von 36.000 DM habe er keine
Bedeutung beigemessen, weil er sie für eine
eigenständige, gemäß § 3 Nr. 9 EStG 1998
steuerfreie Leistung ohne Auswirkung auf die Progression gehalten
habe.
Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH)
zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von §
173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen
sinngemäß, die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ).
1. Zu Unrecht hat das FG den nach § 173
Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid 1998
als rechtswidrig beurteilt und aufgehoben. Entgegen der Auffassung
des FG haben die Voraussetzungen für eine Änderung nach
§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 vorgelegen.
a) Nach dieser Vorschrift können
Steuerbescheide geändert werden, soweit Tatsachen oder
Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer
höheren Steuer führen. Die Änderung eines Bescheids
ist nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem FA die
nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei
ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht
nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der
Steuerpflichtige dann seinerseits seine Mitwirkungspflicht
erfüllt haben. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das
FA es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in
der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge,
dass der Steuerbescheid geändert werden kann.
Eindeutigen Steuererklärungen braucht das
FA nicht mit Misstrauen zu begegnen; es kann regelmäßig
von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen. Nur wenn
sich Unklarheiten oder Zweifelsfragen in Bezug auf den
verwirklichten Sachverhalt aufdrängen, ist das FA zu
Ermittlungen verpflichtet.
Der Umfang der beiderseitigen Pflichten
richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die
Erklärung einer „Entschädigung“ allein
löst noch nicht die Verpflichtung des FA aus, die dieser
Zahlung zugrunde liegenden Vereinbarungen, Betriebsvereinbarungen
o. Ä. anzufordern. Zwar können mit der Frage, ob im
Einzelfall eine ermäßigt zu besteuernde
Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vorliegt,
schwierige rechtliche Fragen verknüpft sein; zwingend ist dies
jedoch nicht. Selbst wenn die tatsächliche oder rechtliche
Beurteilung schwierig sein kann, verstärkt sich die
Ermittlungspflicht im Allgemeinen nur bei Unklarheiten und
Zweifeln, die sich aus der Erklärung ergeben (vgl. BFH-Urteile
vom 3.7.2002 XI R 27/01, BFH/NV 2003, 19 = SIS 03 06 36; vom
7.7.2004 XI R 10/03, BFHE 206, 303, BStBl II 2004, 911 = SIS 04 35 25; vom 23.2.2005 XI R 3/04, BFH/NV 2005, 1269 = SIS 05 31 81, alle
m.w.N.; BFH-Beschluss vom 17.1.2005 VI B 4/04, BFH/NV 2005, 834 =
SIS 05 21 82).
b) Im Streitfall ist nach den Feststellungen
des FG dem FA erst nach Erlass des Einkommensteuerbescheids 1998
vom 1.3.2000 - nämlich erst im Februar 2002 aufgrund einer
Mitteilung des BfF - bekannt geworden, dass die bislang
ermäßigt besteuerte Entschädigung in Höhe von
120.322 DM Gegenstand einer im Jahr 1998 zwischen dem Kläger
und seinem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung war und diese
Vereinbarung außerdem die Zahlung von weiteren 36.000 DM
vorsah, welche dem Kläger im Jahr 2000 zugeflossen sind.
Bei Erlass des Einkommensteuerbescheids 1998
vom 1.3.2000 hat das FA seine Ermittlungspflicht nicht verletzt. In
der mit Hilfe eines Steuerberaters angefertigten
Einkommensteuererklärung 1998 war in der Zeile 10 der Anlage N
(„Entschädigungen, die ermäßigt zu
besteuern sind“) ein Betrag in Höhe von 120.322 DM
eingetragen. Diese Angabe war eindeutig, entsprach der Eintragung
auf der mit der Einkommensteuererklärung vorgelegten
Lohnsteuerkarte und enthielt keinen Hinweis auf vereinbarte weitere
Zahlungen. Das FA war daher nicht gehalten, von sich aus weitere
Ermittlungen anzustellen. Die Angaben des Klägers gaben auch
nicht allein deswegen Anlass zu weiterer Sachaufklärung, weil
das Betriebsstätten-Finanzamt dem Arbeitgeber des Klägers
Auskünfte über die steuerliche Behandlung der
vereinbarten Zahlungen erteilt hatte. Denn nach den - für den
Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) - Feststellungen des FG
hatte das FA von diesen Auskünften bei Erlass des
Einkommensteuerbescheids 1998 am 1.3.2000 keine Kenntnis. Entgegen
der Ansicht des FG ergab sich aus dem Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18.12.1998 IV A 5 - S
2290 - 18/98 (BStBl I 1998, 1512 = SIS 99 03 10) ebenfalls keine
Ermittlungspflicht des FA. Dieses BMF-Schreiben enthält nur
allgemeine Grundsätze über die ertragsteuerliche
Behandlung von Entlassungsentschädigungen vor dem Hintergrund
der neueren BFH-Rechtsprechung, ohne sich zum Umfang der
Ermittlungspflichten der Finanzbehörden zu äußern.
Allein die Erklärung einer
„Entschädigung“ löst nach der
Rechtsprechung des Senats (zuletzt in BFH/NV 2005, 1269 = SIS 05 31 81, m.w.N.) jedenfalls nicht die Verpflichtung der
Finanzbehörden aus, die diesen Zahlungen zugrunde liegenden
Vereinbarungen anzufordern.
Die Kläger können sich auch nicht
mit Erfolg darauf berufen, das FA sei aufgrund der Behandlung des
Lohnsteuerabzugs bei Lohnsteuer-Außenprüfungen durch das
für A zuständige Betriebsstätten-Finanzamt gehindert
gewesen, im Rahmen der Veranlagung ihrer
Einkommensteuererklärung eine abweichende einkommensteuerliche
Behandlung der Entschädigungszahlungen für das Streitjahr
vorzunehmen. Denn eine Lohnsteuer-Außenprüfung richtet
sich nur gegen den Arbeitgeber und erstreckt sich nur darauf, ob
dieser als Lohnsteuerentrichtungsschuldner seine Pflicht zur
Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer
ordnungsgemäß erfüllt hat. Das
Rechtsverhältnis der Finanzbehörde zum Arbeitnehmer wird
hiervon nicht berührt, so dass für diesen kein
Vertrauensschutz eingreifen kann (BFH-Urteil vom 27.3.1991 VI R
126/87, BFHE 164, 266, BStBl II 1991, 720 = SIS 91 15 33; vgl. auch
BFH-Urteil vom 14.5.2003 XI R 16/02, BFHE 202, 486, BStBl II 2003,
881 = SIS 03 42 85).
2. Im Rahmen der vom FA vorgenommenen
Änderung des Einkommensteuerbescheids 1998 wurde von dem im
Streitjahr zugeflossenen Betrag von 120.322 DM zu Recht ein
Teilbetrag von 36.000 DM nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei
belassen und der Rest nicht mehr nach §§ 34, 24 EStG
ermäßigt besteuert.
Sind in dem zu versteuernden Einkommen
außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach §
34 Abs. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung die darauf
entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten
Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als
außerordentliche Einkünfte u. a. Entschädigungen
i.S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Nach der ständigen
Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil vom 6.9.2000 XI R 19/00, BFH/NV
2001, 431 = SIS 01 58 19, m.w.N.; Beschlüsse vom 2.2.2001 XI B
93/00, BFH/NV 2001, 1020 = SIS 01 67 03; vom 4.12.2001 X B 112/01,
BFH/NV 2002, 346 = SIS 02 53 41, m.w.N.) sind
außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und
Abs. 2 EStG grundsätzlich nur gegeben, wenn die zu
begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu
erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften
erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Der
zusammengeballte Zufluss wird dabei nur für die zu
begünstigenden Leistungen gefordert.
Werden in einer Vereinbarung zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung
eines Arbeitsverhältnisses mehrere in sachlicher und/oder
zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Entschädigungsleistungen
zugesagt, sind diese nach der ständigen Rechtsprechung des
Senats (z.B. Urteil vom 16.6.2004 XI R 55/03, BFHE 206, 544, BStBl
II 2004, 1055 = SIS 04 39 12, m.w.N.) grundsätzlich
einheitlich zu beurteilen. Sie müssen zum Zwecke der
Tarifvergünstigung grundsätzlich in einem
Veranlagungszeitraum zufließen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV
2001, 431 = SIS 01 58 19, und vom 14.5.2003 XI R 12/00, BFHE 203,
38, BStBl II 2004, 449 = SIS 03 45 40, beide m.w.N.;
BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2001, 1020 = SIS 01 67 03, und in
BFH/NV 2002, 346 = SIS 02 53 41, m.w.N.). Eine Ausnahme von diesem
Grundsatz hält der Senat nur in solchen Fällen für
geboten, in denen neben einer Hauptentschädigungsleistung aus
Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse
Übergangszeit ergänzende
Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden, die auch
betragsmäßig nur einen ergänzenden Zusatz zur
Hauptleistung bilden, diese also bei weitem nicht erreichen
(BFH-Urteile vom 14.8.2001 XI R 22/00, BFHE 196, 500, BStBl II
2002, 180 = SIS 02 04 51, und vom 24.1.2002 XI R 2/01, BFHE 197,
526, BStBl II 2004, 444 = SIS 02 06 65).
a) Im Streitfall handelt es sich bei den in
den Jahren 1998 und 2000 geleisteten Zahlungen in Höhe von
120.322 DM bzw. 36.000 DM um Entschädigungsleistungen i.S. des
§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. A hatte mit der im Jahr 1998 an den
Kläger gezahlten finanziellen Hilfe für die berufliche
und private Umorientierung keine Gehaltsansprüche des
Klägers erfüllt. Zwar wurde das Arbeitsverhältnis
des Klägers durch den Vertrag vom 23.3.1998 zivilrechtlich
erst zum 31.12.2000 beendet. Dem Kläger stand jedoch bereits
ab dem 1.4.1998 kein Gehaltsanspruch mehr zu, denn er trat zu
diesem Zeitpunkt einen unbezahlten Übergangsurlaub
(„Sonderurlaub ohne Fortzahlung der
Bezüge“) an. Damit haben die Vertragsparteien ein
Fortbestehen von Gehaltsansprüchen in der Zeit vom 1.4.1998
bis zum 31.12.2000 ausgeschlossen.
b) Die Zahlungen sind als eine einheitliche
Entschädigung im Zusammenhang mit der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses zu beurteilen. Sie wurden in demselben
Vertrag festgelegt. Die Abfindung in Höhe von 36.000 DM wurde
ausdrücklich als Ausgleich für die Aufhebung des
Arbeitsverhältnisses gezahlt. Da die Umorientierungshilfe
nicht der Erfüllung von Gehaltsansprüchen gedient hat,
ist auch sie eine Entschädigung für den Verlust des
Arbeitsplatzes. Dass sie - gleichsam als Vorschuss - vor
zivilrechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistet
wurde, steht ihrer Einordnung als Entschädigung i.S. des
§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht entgegen (vgl. BFH-Urteile in
BFH/NV 2001, 431 = SIS 01 58 19, und in BFHE 202, 486, BStBl II
2003, 881 = SIS 03 42 85).
c) Die einheitlich als Entschädigung zu
beurteilenden Zahlungen in Höhe von 120.322 DM und 36.000 DM
verteilten sich auf zwei Veranlagungszeiträume. Damit fehlt es
an einem zusammengeballten Zufluss als Voraussetzung für eine
ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG.
Ein zusammengeballter Zufluss kann hier nicht
deshalb angenommen werden, weil nach der Vorstellung der
Vertragsparteien bei Abschluss der Vereinbarung im März 1998
die im Jahr 2000 auszuzahlende Abfindung in Höhe von 36.000 DM
steuerfrei gemäß § 3 Nr. 9 EStG sein sollte und es
danach bei einer einzigen steuerpflichtigen, aber gemäß
§ 34 EStG ermäßigt zu besteuernden
zusammengeballten Zahlung in Höhe von 120.322 DM im Jahr 1998
geblieben wäre. Zwar hat nach der Rechtsprechung des Senats
(z.B. Urteile vom 2.9.1992 XI R 44/91, BFHE 169, 98, BStBl II 1993,
52 = SIS 92 22 46, und vom 14.4.2005 XI R 11/04, BFH/NV 2005, 1772
= SIS 05 40 30) die Aufsplittung einer vereinbarten Zuwendung
anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses in
einen zuerst auszuzahlenden steuerbefreiten Abfindungs- und einen
in einem späteren Veranlagungszeitraum auszuzahlenden weiteren
Entschädigungsteil zur Folge, dass bei der Prüfung der
Frage, ob hinsichtlich des in dem späteren
Veranlagungszeitraum auszuzahlenden Entschädigungsteils eine
tarifbegünstigte Entschädigung i.S. des § 34 EStG
vorliegt, der erste Teilbetrag, der nach § 3 Nr. 9 EStG in
voller Höhe steuerfrei ist, nicht berücksichtigt werden
darf. Die hier von den Vertragsparteien für möglich
gehaltene umgekehrte Auszahlungsreihenfolge, d.h. Auszahlung der
Entschädigung zuerst und Auszahlung der steuerbefreiten
Abfindung in einem späteren Veranlagungszeitraum, scheitert
hingegen bereits daran, dass die Freibetragsregelung des § 3
Nr. 9 EStG stets auf die zuerst erbrachten Zahlungen anzuwenden
ist. Denn im Gesetz ist kein Wahlrecht des Arbeitnehmers
vorgesehen, ob die Zahlungen bis zum Erreichen des in § 3 Nr.
9 EStG normierten Höchstbetrags voll steuerfrei und danach
steuerpflichtig sind oder ob ein bestimmter Teilbetrag aller
Zahlungen im Rahmen des in § 3 Nr. 9 EStG normierten
Höchstbetrags steuerfrei ist (im Ergebnis ebenso Offerhaus, DB
1991, 2456 f.; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.1.1994 1 K
1346/90, EFG 1994, 600 = SIS 94 20 59; FG Münster, Urteil vom
22.7.2003 2 K 1081/99 E, EFG 2003, 1593 = SIS 03 47 92; Abschn. 9
Abs. 3 Satz 4 der Lohnsteuer-Richtlinien 1996; von Bornhaupt, BB
1980, Beilage 7, S. 10; Gehrmann, Die steuerliche
Betriebsprüfung 1994, 258; von Beckerath in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 9 Rdnr. B 9/110
„Teilbeträge“, „Raten“
und B 9/94; Altehoefer in Lademann, EStG, § 3 EStG Anm. 77,
82a; von Beckerath in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 3 Rn 38;
Bergkemper in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 3 Nr. 9 EStG Anm. 18;
Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz. 26; Hartz/Meeßen/Wolf,
Lohnsteuer-ABC, Entlassungsabfindungen, Rz. 79; Heuermann/Wagner,
LohnSt, E 107; Kuhlmann in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998
ff., § 3 Nr. 9 Rz. 57b; Ross in Dankmeyer/Giloy,
Einkommensteuer, § 3 Rdnr. 62; Scholtz in Bordewin/Brandt,
§ 3 EStG Rz. 19a; Stache in Horowski/Altehoefer, Kommentar zum
Lohnsteuer-Recht, § 3 Nr. 9 Rn. 49; Tormöhlen in Korn,
§ 3 EStG Rz. 41; a.A. nur Beckermann, DB 1986, 1427 f., und
Handzik in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 3 Rn 333).
d) Eine Ausnahme von dem Erfordernis eines
zusammengeballten Zuflusses der Entschädigung greift hier
nicht ein. Die im Jahr 2000 gezahlte Abfindung in Höhe von
36.000 DM wurde laut Vertrag vom 23.3.1998 ausdrücklich und
von vornherein (nur) als Ausgleich für die Aufhebung des
Arbeitsverhältnisses vereinbart und entsprechend geleistet.
Sie war damit keine neben einer Hauptentschädigungsleistung
aus Gründen der sozialen Fürsorge gezahlte
Entschädigungszusatzleistung im Sinne der o.g. Rechtsprechung
des Senats.
e) Da die Voraussetzungen des § 3 Nr. 9
EStG hinsichtlich der vom Kläger für den Verlust seines
Arbeitsplatzes im Streitjahr 1998 bezogenen Teilzahlung in
Höhe von 120.322 DM vorliegen, hat das FA bei der
vorgenommenen Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr.
1 AO 1977 zu Recht den Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG 1998 in
Höhe von 36.000 DM im Veranlagungszeitraum 1998
berücksichtigt und jene Teilzahlung nur in Höhe von
84.322 DM als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der
tariflichen Einkommensteuer unterworfen.