Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 3.11.2014 10 K
2655/13 = SIS 15 04 16 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war seit 1971 bei demselben Arbeitgeber
nichtselbständig beschäftigt. Im Kalenderjahr 2009 betrug
sein Bruttoarbeitslohn ca. 34.500 EUR. Das Arbeitsverhältnis
endete durch Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 30.9.2010. Für
den Verlust des Arbeitsplatzes sagte der Arbeitgeber dem
Kläger eine betriebliche Abfindung in Höhe von 104.800
EUR zu sowie eine Tarifabfindung in Höhe von 10.200 EUR. Die
Tarifabfindung floss dem Kläger im Jahr 2010 zu und wurde in
voller Höhe besteuert. Der Bruttoarbeitslohn belief sich
einschließlich der Tarifermäßigung im Jahr 2010
auf ca. 44.300 EUR. Die betriebliche Abfindung floss dem
Kläger im Streitjahr (2011) zu. Der Arbeitgeber führte
die Lohnsteuer ohne Berücksichtigung der
Tarifermäßigung ab.
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In seiner Einkommensteuererklärung
für 2011 machte der Kläger geltend, die betriebliche
Abfindung sei als Entschädigung für entgangene Einnahmen
mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) unterwarf die
betriebliche Abfindung davon abweichend dem vollen Steuersatz. Der
Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) hat der Klage
stattgegeben. Zwar seien die vereinbarten Leistungen Teile einer
einheitlichen Abfindung und komme die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes grundsätzlich nicht in
Betracht, wenn eine einheitliche Abfindung in Teilbeträgen
ausgezahlt werde. Die Auszahlung des Teilbetrags von 10.200 EUR im
Jahr 2010 hindere hier jedoch ausnahmsweise nicht die
ermäßigte Besteuerung der betrieblichen Abfindung von
104.800 EUR im Streitjahr. Der Zweck des Gesetzes, bei
zusammengeballten Zahlungszuflüssen die Progression zu
mildern, gebiete in diesem Fall die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes. Die gesondert ausgezahlte
Tarifabfindung sei im Verhältnis zu der betrieblichen
Abfindung unter Berücksichtigung der individuellen
Steuerbelastung noch als geringfügig anzusehen und deshalb
unschädlich.
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Mit der dagegen gerichteten Revision
rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 34 Abs.
1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ).
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist dem
Rechtsstreit beigetreten, hat sich jedoch nicht zur Sache
geäußert.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Ergebnis zu Recht hat das FG
der Klage stattgegeben. Die im Streitjahr vom Kläger
vereinnahmte betriebliche Abfindung von 104.800 EUR führt
unter Berücksichtigung seiner individuellen Steuerbelastung zu
außerordentlichen Einkünften.
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1. Sind in dem zu versteuernden Einkommen
außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach §
34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem
ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2
Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a.
Entschädigungen in Betracht, die gemäß § 24
Nr. 1 Buchst. a EStG als Ersatz für entgangene oder entgehende
Einnahmen gewährt werden.
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a) Zu Recht gehen das FG und die Beteiligten
übereinstimmend davon aus, dass die vom Kläger für
den Verlust seines Arbeitsplatzes erhaltene einheitliche Abfindung
eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG
darstellt.
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b) Außerordentliche Einkünfte i.S.
des § 34 EStG setzen weiter voraus, dass die
Entschädigung grundsätzlich in einem Veranlagungszeitraum
zufließt und geeignet ist, zu einer einmaligen und
außergewöhnlichen Progressionssteigerung zu führen.
Diese abzumildern ist der Zweck der Billigkeitsregelung des §
34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG (vgl. ständige Rechtsprechung,
z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.3.1998 XI R 46/97,
BFHE 185, 429, BStBl II 1998, 787 = SIS 98 14 04, m.w.N.). Dass die
Auszahlung der betrieblichen Abfindung beim Kläger im
Streitjahr zu einer einmaligen außergewöhnlichen
Progressionsspitze geführt hat, steht außer Frage.
Fraglich ist allein, ob die Auszahlung in zwei verschiedenen
Veranlagungszeiträumen der Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes entgegensteht.
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c) Grundsätzlich steht die Auszahlung
einer einheitlichen Abfindung in zwei Veranlagungszeiträumen
der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entgegen; denn
Teilauszahlungen bewirken stets eine Progressionsmilderung. Dies
schließt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes
grundsätzlich aus und zwar auch dann, wenn die Teilzahlungen
jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und
sich daraus ein (nicht bloß einmaliger) Progressionsnachteil
ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2006
XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835 = SIS 06 37 73,
m.w.N.). Andernfalls könnte die Grenze zwischen
außerordentlichen Einkünften i.S. des § 34 EStG und
den nach dem Regeltarif zu versteuernden Einkünften nicht
hinreichend trennscharf gezogen werden (BFH-Urteil vom 2.9.1992 XI
R 63/89, BFHE 171, 416, BStBl II 1993, 831 = SIS 93 18 39).
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d) Davon abweichend kann eine Teilauszahlung
ausnahmsweise unschädlich sein, wenn andernfalls der Zweck des
Gesetzes verfehlt würde. Liegen keine besonderen Umstände
vor, die die Teilleistung bedingen oder prägen (z.B. soziale
Motivation, persönliche Notlage), kommt es allein auf die
Höhe der Teilleistung an. Die Auszahlung einer einheitlichen
Abfindung in zwei Teilbeträgen steht danach der Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes ausnahmsweise nicht entgegen,
wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig
als Haupt- und Nebenleistung darstellen und wenn die Nebenleistung
geringfügig ist (grundlegend BFH-Urteil vom 25.8.2009 IX R
11/09, BFHE 226, 265, BStBl II 2011, 27 = SIS 09 30 59).
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e) Unter welchen Umständen von einer
geringfügigen Teilleistung auszugehen ist, bestimmt sich nach
dem Vorliegen einer Ausnahmesituation in der individuellen
Steuerbelastung des einzelnen Steuerpflichtigen. Eine starre
Prozentgrenze (im Verhältnis der Teilleistungen zueinander
oder zur Gesamtabfindung) sieht das Gesetz weder vor noch kann eine
solche die gesetzlich geforderte Prüfung der
Außerordentlichkeit im Einzelfall ersetzen (BFH-Urteile vom
26.1.2011 IX R 20/10, BFHE 232, 471, BStBl II 2012, 659 = SIS 11 13 63; vom 8.4.2014 IX R 28/13, BFH/NV 2014, 1514 = SIS 14 24 35;
BFH-Beschluss vom 20.6.2011 IX B 59/11, BFH/NV 2011, 1682 = SIS 11 29 41).
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2. Nach diesen Grundsätzen ist die
Teilauszahlung von 10.200 EUR im Vorjahr unter den besonderen
Bedingungen des Streitfalls noch als geringfügige
Nebenleistung anzusehen.
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Die Teilauszahlung beläuft sich im
Streitfall auf 8,87 % der Gesamtabfindung oder 9,73 % der
Hauptleistung. Eine geringfügige Nebenleistung hat der Senat
nicht mehr angenommen, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung
beträgt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 1514 = SIS 14 24 35).
Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Nebenleistung
niedriger ist als die Steuerentlastung der Hauptleistung. Mit
dieser Begründung hat der BFH zwar bislang nur eine sozial
motivierte, nachträgliche Zusatzleistung des Arbeitgebers der
Höhe nach als unschädlich erachtet (vgl.
BFH-Urteil vom 24.1.2002 XI R 43/99,
BFHE 197, 522, BStBl II 2004, 442 = SIS 02 06 70). Der Maßstab lässt sich jedoch
zur Konkretisierung der bloßen Geringfügigkeit
gleichermaßen heranziehen. Müsste unter diesen
Umständen die Tarifermäßigung versagt werden,
stünde der Steuerpflichtige besser da, wenn er die
Teilauszahlung nicht erhalten hätte. Die Teilauszahlung
würde (vor Steuern) noch nicht einmal den steuerlichen
Nachteil ausgleichen, den sie verursacht hat. Dieses Ergebnis
würde zu wirtschaftlich unsinnigen Gestaltungen Veranlassung
geben. Dies verdeutlicht, dass die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes nach dem Zweck des Gesetzes
trotz der Teilzahlung zur Abmilderung der einmaligen individuellen
Progressionssteigerung im Streitjahr noch geboten ist. Zu
berücksichtigen ist ferner auch, dass der Kläger auf die
Höhe der Abfindung und die Modalitäten ihrer Auszahlung
offenbar keinen entscheidenden Einfluss hatte.
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3. Das Urteil des FG erweist sich damit im
Ergebnis als zutreffend (§ 126 Abs. 4 FGO).
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Das FA hat zur Ermittlung des Streitwerts
für das Streitjahr eine Probeberechnung der Einkommensteuer
unter Anwendung der Tarifermäßigung durchgeführt.
Danach ermäßigt sich die Einkommensteuer im Streitfall
bei Anwendung des § 34 EStG von derzeit 37.273 EUR um 10.806
EUR auf 26.467 EUR. Daraus ergibt sich zugleich, dass die
Tarifermäßigung im Streitfall anzuwenden ist, denn die
vom Kläger im Vorjahr vereinnahmte Teilzahlung von 10.200 EUR
ist niedriger als die streitige Steuerermäßigung der
Hauptleistung (10.806 EUR).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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