Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16.1.2013 4 K 212/11
= SIS 13 27 09, soweit es die Einkommensteuerfestsetzung 2006
betrifft, aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) und ihr Ehemann (E) wurden im Streitjahr zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt.
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E erzielte gewerbliche Einkünfte aus
dem An- und Verkauf von Schrott und Altmetall. Er zeichnete sowohl
seine Einnahmen wie auch seine Ausgaben in Umsatzsteuerheften auf.
Diese reichten die Eheleute im Streitjahr - wie in den Vorjahren -
als Anlage zu ihrer Einkommensteuererklärung ein. Die Kosten
des Wareneinkaufs betrugen in der Regel zwischen 2.000 EUR und
4.000 EUR, in 20 % der Fälle zwischen 4.000 EUR und 26.000
EUR.
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Die Einkünfte des E wurden ausgehend
von diesen Umsatzsteuerheften an Amtsstelle ermittelt. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) erließ
anschließend u.a. für das Streitjahr 2006 einen nicht
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden
Einkommensteuerbescheid.
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Für die Jahre 2007 bis 2009 reichten
die Klägerin und E mit den Steuererklärungen
Einnahmen-Überschussrechnungen ein, die von einem
Steuerberater erstellt worden waren. Das FA setzte für diese
Veranlagungszeiträume die Einkommensteuern im Wesentlichen
erklärungsgemäß unter dem Vorhalt der
Nachprüfung fest.
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Im Rahmen der für das Streitjahr und
die Folgejahre 2007 bis 2009 durchgeführten
Außenprüfung verlangte der Prüfer die Benennung der
Zahlungsempfänger, bei denen E Schrott eingekauft hatte.
Diesem Benennungsverlangen kam E nicht nach. Der Prüfer
schätzte deshalb 45 % dieses Wareneinkaufs als von
steuerpflichtigen Unternehmen bezogen. Die auf diesen Teil des
Wareneinkaufs entfallenden Kosten ließ er nicht zum
Betriebsausgabenabzug zu.
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Die entsprechenden Änderungsbescheide
ergingen für die Jahre 2007 bis 2009 gemäß §
164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), für das Streitjahr 2006
gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Die Einsprüche
gegen die Änderungsbescheide blieben erfolglos.
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Im Klageverfahren reichte E Auflistungen
ein, die belegen sollten, dass er Metallschrott, Kupfer und
VA-Platten bei drei Unternehmen im Streitjahr und den Jahren 2007
bis 2008 eingekauft habe. Der Abnehmer dieser Waren, den er genau
bezeichnete, habe in diesen Jahren Container bei den entsprechenden
Unternehmen aufgestellt und diese nach seinen Weisungen abgeholt.
Nach der anschließenden Abrechnung mit ihm habe er seine
Lieferanten bezahlt.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der
Klägerin und E für das Streitjahr 2006 als begründet
angesehen, weil die ursprünglich nicht unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung nicht änderbar
sei. Tatsache i.S. des § 173 AO sei der Umstand, dass E dem
Benennungsverlangen des FA nicht nachgekommen sei. Die Benennung
sei allerdings erst nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides
verweigert worden und somit keine nachträglich bekannt
gewordene Tatsache.
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Mit der Revision macht das FA die
Verletzung materiellen Rechts geltend, soweit das FG-Urteil die
Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres betrifft.
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Auch eine bestandskräftige
Steuerfestsetzung sei nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei
nachträglichen Zweifeln an der Identität der
Zahlungsempfänger und Kenntnisnahme von unzureichenden Belegen
änderbar. Sowohl die später eingetretenen Zweifel wie
auch das Wissen um die Beleglage seien die insoweit relevanten
neuen Tatsachen.
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In jedem Stadium des Verwaltungsverfahrens
sei das FA deshalb berechtigt, einen Steuerpflichtigen
gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO zur Ergänzung
seiner Abrechnungspapiere aufzufordern, um den Empfänger
bestimmter Ausgaben genau zu bezeichnen. Dies betreffe auch eine
später durchgeführte Betriebsprüfung. Es sei die
Eigenart des steuerrechtlichen Ermittlungs- und
Prüfungsverfahrens, dass Geschäftsvorfälle durch die
Finanzämter nachträglich, bei Betrieben, die der
Außenprüfung unterlägen, unter Umständen erst
nach Ablauf mehrerer Jahre aufgegriffen würden.
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Das Benennungsverlangen führe deshalb
nicht zu einer nachträglich entstandenen Tatsache, sondern zur
Aufdeckung einer neuen Tatsache. Denn die Verweigerung der
Empfängerbenennung nach erstmaliger Aufforderung während
einer Betriebsprüfung habe seine Ursache in der fehlenden
Beweisvorsorge zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt. Insoweit gleiche
diese Situation der nachträglich bekannt gewordenen oder
festgestellten Schätzungsunterlage, bei deren rechtzeitiger
Bekanntgabe das FA die Schätzung in anderer Weise vorgenommen
hätte.
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Das FA beantragt sinngemäß, das
FG-Urteil, soweit es die Einkommensteuerfestsetzung 2006 betrifft,
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit der
Einkommensteuerbescheid des Streitjahres 2006 betroffen ist. Die
Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG ist zwar zu Recht davon ausgegangen,
dass der Umstand, dass E dem Benennungsverlangen des FA nicht
nachgekommen ist, keine Änderung der Steuerfestsetzung des
Jahres 2006 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
ermöglicht (unten 1.). Eine Änderung gemäß
§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO könnte indes in Betracht kommen,
wenn dem FA das Fehlen eines ordnungsgemäß
geführten Wareneingangs erst nachträglich bekannt
geworden wäre (unten 2.). Mangels entsprechender
Feststellungen des FG ist die Sache zurückzuverweisen.
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1. Voraussetzung für die
Änderungsmöglichkeit ist eine nachträglich bekannt
gewordene, nicht dagegen eine nachträglich entstandene
Tatsache. Eine erst nachträglich entstandene Tatsache ist das
Benennungsverlangen des FA - wie das FG zu Recht entschieden hat -
. Denn das FA hat die Benennung der Empfänger erst zu einem
Zeitpunkt vom Kläger verlangt, als die Bescheide des Jahres
2006 bereits bestandskräftig gewesen sind. Auch die
Verweigerung der Auskunft auf ein solches Benennungsverlangen
geschieht erst nach Erlass des zu ändernden Bescheides und
kann für sich genommen schon deshalb keine nachträglich
bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 AO darstellen.
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2. Als nachträglich bekannt gewordene
Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO kommt jedoch die nicht
ordnungsgemäße Aufzeichnung des Wareneinkaufs und damit
des Wareneingangs in Betracht.
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a) Die Art und Weise, in der der
Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat,
insbesondere die nicht den Vorschriften des § 143 AO
entsprechende Aufzeichnung, ist eine Tatsache.
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aa) Eine Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1
Nr. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines
gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann. Dies meint
Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften
materieller oder immaterieller Art (so etwa Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.8.1997 II R 33/95, BFH/NV 1998, 12 =
SIS 98 03 25). Keine Tatsachen i.S. des § 173 AO sind
Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen
(BFH-Urteil vom 24.7.1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II
1984, 785 = SIS 84 21 39, m.w.N.).
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bb) Etwas anderes gilt auch nicht, wenn - wie
hier behauptet - der Steuerpflichtige (hier: E), obwohl als
Gewerbetreibender tätig, nicht des Lesens und/oder Schreibens
mächtig ist.
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§ 143 Abs. 1 AO sieht bereits von seinem
Wortlaut her keine Ausnahme vor. Vielmehr verlangt die Norm die
Aufzeichnung des Wareneingangs von allen gewerblichen Unternehmern.
Ausgehend vom Sinn und Zweck der Vorschrift, es gerade der
Finanzbehörde zu ermöglichen, das Betriebsergebnis zu
überprüfen und Daten für eine Nachkalkulation
bereitzustellen (vgl. nur Drüen in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 143 AO Rz 1, m.w.N.),
ist allein auf die Tätigkeit des Steuerpflichtigen und nicht
auf seine Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
abzustellen. Sollte der Gewerbetreibende selbst nicht in der Lage
sein, den Aufzeichnungspflichten nachzukommen, hat er sich anderer
Personen zu bedienen. Diese Hilfe sachgerecht zu organisieren,
gehört zu seinen Pflichten als gewerblich Tätiger.
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b) Die Tatsache, dass der Wareneingang nicht
ordnungsgemäß aufgezeichnet worden ist, muss
nachträglich bekannt geworden sein.
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aa) Eine Tatsache wird nachträglich
bekannt, wenn sie das FA im Zeitpunkt der abschließenden
Zeichnung des Eingabewertbogens für den Erlass des
ursprünglichen Steuerbescheids noch nicht kannte (BFH-Urteil
vom 18.3.1987 II R 226/84, BFHE 149, 141, BStBl II 1987, 416 = SIS 87 13 53). Maßgebend hierfür ist die Kenntnis der zur
Bearbeitung des Steuerfalls organisatorisch berufenen Dienststelle
(BFH-Urteil vom 23.3.1983 I R 182/82, BFHE 138, 313, BStBl II 1983,
548 = SIS 83 14 43). Bekannt ist der zuständigen Dienststelle
der Inhalt der dort geführten Akten, ohne dass insoweit auf
die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters abzustellen
ist (BFH-Urteil vom 20.6.1985 IV R 114/82, BFHE 143, 520, BStBl II
1985, 492 = SIS 85 18 44).
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Im vorliegenden Fall ist es mangels geeigneter
Feststellungen des FG dem Senat nicht möglich zu beurteilen,
ob der Veranlagungssachbearbeiter, der an Amtsstelle für die
Klägerin und E die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des
Streitjahres ermittelte, die fehlende Ordnungsmäßigkeit
des aufgezeichneten Wareneingangs kannte. Folglich wird das FG im
zweiten Rechtszug feststellen müssen, ob bei der Ermittlung
der Einkünfte aus Gewerbebetrieb an Amtsstelle im Streitjahr
bekannt war, dass der Wareneingang von E nicht
ordnungsgemäß aufgezeichnet worden war. Soweit die
Klägerin behauptet, ihr Ehemann habe dies dem FA mitgeteilt,
hat sie substantiiert vorzutragen, wann und wie er welchen
Veranlagungssachbearbeiter darüber informiert hatte. Zu
beachten ist insoweit, dass die Klägerin bereits mehrere
Sachbearbeiter in ihrem Schriftsatz vom 4.10.2011 benannt hat.
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Allein aus dem Umstand, dass E zum Zwecke der
Gewinnermittlung (nur) die Umsatzsteuerhefte im FA vorgelegt hatte,
lässt sich jedenfalls noch nicht schließen, dass das FA
die unzureichende Erfüllung der Aufzeichnungspflichten kannte.
Auch wenn diese Hefte trotz der darin enthaltenen Angaben zu
Ausgaben und damit zum Wareneinkauf noch nicht den Vorgaben des
§ 143 AO entsprechen, bedeutet das nicht, dass E die nach
§ 143 AO gebotenen Aufzeichnungen nicht daneben in anderer
Form geführt haben könnte und der
Veranlagungssachbearbeiter deshalb wusste, dass es daran
fehlte.
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bb) Kannte das FA die mangelhafte
Erfüllung der Aufzeichnungspflicht nicht, hat es also
tatsächlich erst nachträglich Kenntnis erlangt, so
könnte lediglich der Grundsatz von Treu und Glauben die
Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
einschränken. Dies setzt voraus, dass einerseits dem FA die
Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner
Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre, dass
andererseits der Steuerpflichtige entweder seiner
Mitwirkungspflicht in vollem Umfang genügt hat (BFH-Urteil vom
13.11.1985 II R 208/82, BFHE 145, 487, BStBl II 1986, 241 = SIS 86 06 49), oder aber sich aus der Abwägung der beiderseitigen
Pflichtverletzungen ergibt, dass die Verletzung der
Ermittlungspflicht im konkreten Einzelfall die Verletzung der
Mitwirkungspflicht deutlich überwiegt (BFH-Urteil vom
11.11.1987 I R 108/85, BFHE 151, 333, BStBl II 1988, 115 = SIS 88 05 48, unter II.2.; Senatsurteil vom 18.5.2010 X R 49/08, BFH/NV
2010, 2225 = SIS 10 35 46, unter II.2.a). In der Regel aber trifft
bei beidseitigen Versäumnissen den Steuerpflichtigen die
Verantwortung, mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert
werden kann (BFH-Urteile vom 20.12.1988 VIII R 121/83, BFHE 156,
339, BStBl II 1989, 585 = SIS 89 16 44, unter II.6.; vom 28.6.2006
XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835 = SIS 06 37 73, unter
II.1.a).
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3. Die Sache ist zur Nachholung der
erforderlichen Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.
Sollte danach die nicht ordnungsgemäße Aufzeichnung des
Wareneingangs eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache
i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO darstellen und einer
Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 auch der Grundsatz
von Treu und Glauben nicht entgegenstehen, sind die zutreffenden
rechtlichen Folgerungen über die Höhe der
Betriebsausgaben zu ziehen.
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a) Zunächst ermöglicht die
Erkenntnis über die fehlende Ordnungsmäßigkeit der
Buchführung die zu einer höheren Steuer führende
Schätzung der Höhe der Betriebsausgaben nach § 162
Abs. 2 Satz 2 AO. Die Schätzung nach § 162 AO ist
grundsätzlich unabhängig von der Prüfung eines
Abzugsverbots nach § 160 AO durchzuführen (vgl.
BFH-Urteil vom 24.6.1997 VIII R 9/96, BFHE 183, 358, BStBl II 1998,
51 = SIS 98 03 32, unter 2. der Entscheidungsgründe). Diese
Befugnis stünde zunächst dem FA, im Gerichtsverfahren
innerhalb der Grenzen des Verböserungsverbots nach § 96
Abs. 1 Satz 1, 2 FGO dem FG zu.
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b) Aber auch die Erkenntnisse des FA aus den
Ermittlungsmaßnahmen der Betriebsprüfung
einschließlich des Benennungsverlangens können im Rahmen
der Prüfung der Höhe der Betriebsausgaben verwertbar
sein.
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Die Berücksichtigung des in der
Betriebsprüfung gewonnenen Wissens in diesem Sinne beruht
nicht auf § 160 AO und ist unabhängig von den
Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieser Vorschrift möglich und
geboten. Es handelte sich um Sachverhaltsermittlungen, die bereits
durch § 88 Abs. 1 Satz 1 AO gerechtfertigt sind. § 160
Abs. 1 Satz 1 AO sperrt diese nicht, was § 160 Abs. 1 Satz 2
AO ausdrücklich klarstellt. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen
können im Rahmen des Festsetzungsverfahrens auch nach
Bestandskraft eines Bescheids verarbeitet werden, wenn und soweit
dies durch die entsprechenden Änderungsvorschriften gedeckt
ist. Allein der Umstand, dass die entsprechenden Nachfragen
ihrerseits auch als Benennungsverlangen nach § 160 AO
qualifiziert werden können, ändert hieran nichts.
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c) Es ist jedoch nicht möglich, die nach
diesen Maßstäben anzusetzenden Betriebsausgaben aufgrund
des nicht erfüllten Benennungsverlangens nach § 160 Abs.
1 Satz 1 AO weiter zu reduzieren, mithin auf Grundlage dieser
Vorschrift zu einer weiteren Steuererhöhung zu gelangen.
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aa) Der Umfang einer Änderung nach §
173 Abs. 1 Nr. 1 AO ergibt sich aus den steuerlichen Auswirkungen
der nachträglich bekannt gewordenen Tatsache(n). Wie sich
bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift „soweit Tatsachen
...“ ergibt, kann der Steuerbescheid nur punktuell
berichtigt werden, nämlich durch die zutreffenden
Schlussfolgerungen nur aus dieser Tatsache (vgl. nur von
Wedelstädt in Beermann/Gosch, § 173 AO Rz 153). Anders
als unter § 222 der Reichsabgabenordnung, wonach die neue
Steuerfestsetzung grundsätzlich so vorzunehmen war, als
handele es sich um die erste Veranlagung (vgl. BFH-Urteil vom
30.1.1969 V 149/64, BFHE 95, 236, BStBl II 1969, 409 = SIS 69 02 61), findet eine Wiederaufrollung der Veranlagung nicht statt (so
schon BFH-Urteil vom 12.8.1981 I R 78/78, BFHE 134, 3, BStBl II
1982, 100 = SIS 82 09 38, Rz 11).
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bb) Es wäre eine unzulässige
Wiederaufrollung der Veranlagung in diesem Sinne, wenn
Betriebsausgaben, die im Rahmen der Ermittlung und ggf.
Schätzung nach Maßgabe von II.3.a, b zu
berücksichtigen sind, nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nicht
berücksichtigt würden und so die Steuerfestsetzung
über den Korrekturrahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO hinaus
weiter zuungunsten des E geändert würde. Wie bereits
unter II.1. dargestellt und wie das FG zu Recht erkannt hat,
begründet weder das Benennungsverlangen selbst noch die
(fehlende) Antwort hierauf für sich die
Tatbestandsvoraussetzungen einer selbständigen
Änderungsvorschrift.
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Die Rechtsfolgen des § 160 Abs. 1 Satz 1
AO sind aber auch keine Umstände, die i.S. des § 162 Abs.
1 Satz 2 AO für die Schätzung von Bedeutung sind. Sie
dürfen also in die Schätzungshöhe nicht einbezogen
werden. § 160 AO ist keine Schätzungsnorm, sondern setzt
erst an, soweit Ausgaben nach anderen steuerlichen Regelungen, ggf.
auch aufgrund einer Schätzung, abziehbar sind bzw. wären,
bei denen also davon auszugehen ist, dass der Aufwand entstanden
ist und daher im Rahmen einer Schätzung an sich zu
berücksichtigen wäre (BFH-Urteil in BFHE 183, 358, BStBl
II 1998, 51 = SIS 98 03 32, unter 2.a; Senatsbeschluss vom
25.7.2012 X B 175/11, BFH/NV 2013, 44 = SIS 12 32 98, unter
II.1.b). In Schätzungsfällen knüpft die Vorschrift
mithin erst an das Ergebnis der Schätzung an. Das
schließt es aus, ihre Anwendung gleichzeitig über §
162 Abs. 1 Satz 2 AO zur Voraussetzung der Schätzung zu
machen.
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Hintergrund ist der Umstand, dass § 160
AO mögliche Steuerausfälle verhindern will, die dadurch
eintreten, dass der Empfänger der bei dem Leistenden geltend
gemachten Betriebsausgaben die Einnahmen nicht erfasst. Auch wenn
sie dies formell durch die Minderung des Betriebsausgabenabzugs
leistet, handelt es sich materiell-rechtlich um eine
Inanspruchnahme des Leistenden als Haftender für die fremde
Steuerschuld des Empfängers (vgl. BFH-Urteile in BFHE 183,
358, BStBl II 1998, 51 = SIS 98 03 32, unter 2.b cc, sowie vom
10.3.1999 XI R 10/98, BFHE 188, 280, BStBl II 1999, 434 = SIS 99 12 31, unter II.1.), die im Rahmen der Schätzung ein
Fremdkörper wäre. Die bei Anwendung des § 160 AO
gebotene Schätzung des mutmaßlichen Steuerausfalls beim
Empfänger findet erst auf der Ebene des § 160 AO statt
und hat daher mit der Schätzung der Betriebsausgaben nach
§ 162 AO nichts zu tun (vgl. dazu Trzaskalik in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 162 AO Rz 31).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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