Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Kosten des Verfahrens haben die
Antragsteller zu tragen.
1
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I. Die Antragstellerin und
Beschwerdeführerin (Antragstellerin) zu 1., der Antragsteller
und Beschwerdeführer (Antragsteller) zu 4. sowie der
Rechtsvorgänger der Antragsteller zu 2. und 3., W, waren
Gesellschafter der in Hongkong ansässigen I Ltd. (I), an deren
Vermögen sie jeweils zu 1/3 beteiligt waren.
Geschäftsführer waren der Antragsteller zu 4. und
W.
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Gegenstand des Unternehmens der I sind
Agentur- und Handelsgeschäfte diverser Art. Dazu heißt
es im Schreiben der Steuerberater der Antragstellerin zu 1., des
Antragstellers zu 4. und des W vom 27.08.2020: Der
Geschäftsumfang sei nicht so hoch, dass eine ständige
Anwesenheit eines Geschäftsführers vor Ort erforderlich
sei; das operative Geschäft werde von einem Angestellten als
Sachbearbeiter geführt; das Agenturgeschäft umfasse im
Wesentlichen die Qualitätskontrolle für die I GmbH
(GmbH); der Umfang der Geschäftstätigkeit der I sei
deutlich geringer als der der GmbH in Deutschland.
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Ausweislich einer Bilanz (in englischer
Sprache) erzielte I im Jahr 2016 einen Überschuss von …
HKD (umgerechnet: … EUR). Eine Besteuerung dieser
Einkünfte in Hongkong erfolgte nicht.
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Für das Feststellungsjahr 2016 wurden
keine Steuer- beziehungsweise Feststellungserklärungen in der
Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) abgegeben. Am 09.02.2021
erließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA
- ) gegenüber der Antragstellerin zu 1., dem Antragsteller zu
4. und W den streitgegenständlichen Feststellungsbescheid
2016. Hierin wurde unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen,
ausgehend von einer niedrigen Besteuerung der I (§ 8 Abs. 3
des Außensteuergesetzes in der für das Feststellungsjahr
geltenden Fassung - AStG - ), ein Hinzurechnungsbetrag nach §
10 Abs. 1 AStG von … EUR festgestellt und den
Feststellungsbeteiligten jeweils zu 1/3 zugerechnet.
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Hiergegen legten die Antragstellerin zu 1.,
der Antragsteller zu 4. und W am 19.03.2021 Einspruch ein und
beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diese wurde vom
FA unter dem 22.03.2021 abgelehnt.
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6
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Unter dem 18.03.2021 beziehungsweise
19.03.2021 erließ das Finanzamt Z gegenüber der
Antragstellerin zu 1., dem Antragsteller zu 4. und W geänderte
Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2016, mit denen der
jeweils gesondert festgestellte Hinzurechnungsbetrag von …
EUR bei den der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden
Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt
wurde.
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Unter dem 04.06.2021 haben die
Antragstellerin zu 1., der Antragsteller zu 4. und W hinsichtlich
des Feststellungsbescheids 2016 vor dem Finanzgericht (FG)
Münster AdV beantragt.
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W, der seinen Wohnsitz im Inland hatte, ist
im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorben. Ein Antrag
auf Aussetzung des Verfahrens wurde nicht gestellt.
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Das FG Münster hat mit Beschluss vom
11.02.2022 - 2 V 1478/21 F (EFG 2022, 557 = SIS 22 02 95) den
Antrag auf AdV abgelehnt. Es war der Auffassung, dass weder
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
Feststellungsbescheids 2016 bestünden noch die Vollziehung
für die Betroffenen eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte
zur Folge hätte. Die Beschwerde hat es zugelassen.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der
Antragsteller, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts
rügen. Sie beantragen sinngemäß, den Beschluss des
FG aufzuheben und ihrem Antrag auf AdV des
streitgegenständlichen Bescheids stattzugeben.
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Das FA beantragt sinngemäß, die
Beschwerde der Antragsteller als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen
(Beschluss vom 21.02.2022 - 2 V 1478/21 F).
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II. Die Beschwerde (§ 128 Abs. 3 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ) ist unbegründet und daher
zurückzuweisen. Das FG hat dem AdV-Antrag im Ergebnis zu Recht
nicht entsprochen.
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1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1
i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die
Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise
aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine
Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte
zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts liegen bereits dann
vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids
neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden
Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die
Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von
Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung
entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige
Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschlüsse vom 18.05.2021 - I B
75/20 (AdV), BFH/NV 2021, 1489 = SIS 21 15 36 und I B 76/20 (AdV),
BFH/NV 2021, 1491 = SIS 21 15 37; vom 24.11.2021 - I B 44/21 (AdV),
BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431 = SIS 22 02 79). Die Entscheidung
hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen
summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus
dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt, wobei es
nicht erforderlich ist, dass die für die Rechtswidrigkeit
sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit
überwiegen (z.B. Senatsbeschluss vom 07.09.2011 - I B 157/10,
BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590 = SIS 11 37 51, Rz 12, m.w.N.).
Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel
hinsichtlich einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde
liegenden Norm sein (z.B. Senatsbeschluss vom 12.04.2023 - I B
74/22 (AdV) = SIS 23 10 78, zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt) oder sich aus einem
möglichen Verstoß des Steuergesetzes gegen eine
unionsrechtliche Bestimmung ergeben (z.B. Beschluss des
Bundesfinanzhofs vom 12.12.2013 - XI B 88/13, BFH/NV 2014, 550 =
SIS 14 07 34, Rz 15).
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2. Unter diesen Maßgaben konnte das FG
rechtsfehlerfrei unter Hinweis auf den zu den Feststellungsjahren
2005 bis 2007 ergangenen Senatsbeschluss vom 30.09.2020 - I R 12/19
(I R 78/14) (BFHE 271, 135, BStBl II 2021, 511 = SIS 21 04 56)
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Feststellung ablehnen; ungeachtet der
rechtstatsächlichen Entwicklung bestehen auch im
Feststellungsjahr 2016 in der streitgegenständlichen
Konstellation einer ausländischen Ertragsteuerbelastung der
Zwischengesellschaft von 0 % und der Zuordnung der
Hinzurechnungsbeträge an natürliche Personen und
ebenfalls ungeachtet der gegen den Senatsbeschluss I R 12/19 (I R
78/14) erhobenen Verfassungsbeschwerde (Aktenzeichen des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - : 2 BvR 923/21) keine
ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Bescheids.
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a) Sind unbeschränkt Steuerpflichtige an
einer Körperschaft, Personenvereinigung oder
Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes,
die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Geltungsbereich dieses
Gesetzes hat und die nicht gemäß § 3 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes in der für das
Feststellungsjahr geltenden Fassung (KStG) von der
Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische
Gesellschaft), zu mehr als der Hälfte beteiligt, so sind die
Einkünfte, für die diese Gesellschaft
Zwischengesellschaft ist, bei jedem von ihnen mit dem Teil
steuerpflichtig, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am
Nennkapital der Gesellschaft entfällt (§ 7 Abs. 1 AStG).
Zu mehr als der Hälfte beteiligt sind unbeschränkt
Steuerpflichtige im Sinne von § 7 Abs. 1 AStG unter anderem
dann, wenn ihnen allein oder zusammen mit Personen im Sinne des
§ 2 AStG am Ende des Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, in dem
diese die Einkünfte nach § 7 Abs. 1 AStG bezogen hat
(maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als 50 % der Anteile oder
Stimmrechte an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen sind
(§ 7 Abs. 2 Satz 1 AStG).
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Eine ausländische Gesellschaft ist im
Sinne von § 7 Abs. 1 AStG Zwischengesellschaft für
Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung durch eine
Ertragsteuerbelastung von weniger als 25 % (ohne dass dies auf
einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht,
§ 8 Abs. 3 Satz 1 AStG) unterliegen und nicht aus jenen
Einkünften stammen, die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 AStG
aufgelistet sind (§ 8 Abs. 1 Halbsatz 1 AStG). Die hiernach
steuerpflichtigen Einkünfte sind bei dem unbeschränkt
Steuerpflichtigen mit dem Betrag, der sich nach Abzug der Steuern
ergibt, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von
diesen Einkünften sowie von dem diesen Einkünften
zugrunde liegenden Vermögen erhoben worden sind, anzusetzen
(Hinzurechnungsbetrag, § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG). Der
Hinzurechnungsbetrag gehört zu den Einkünften im Sinne
des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und
gilt unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahrs
der ausländischen Gesellschaft als zugeflossen (§ 10 Abs.
2 Satz 1 AStG). Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung
der §§ 7 bis 14 AStG werden nach Maßgabe des §
18 AStG gesondert festgestellt.
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18
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b) Zutreffend - und zwischen den Beteiligten
außer Streit - ist das FG zunächst davon ausgegangen,
dass die Voraussetzungen einer Hinzurechnung insoweit erfüllt
sind, als es sich bei I um eine Körperschaft im Sinne des
§ 2 Nr. 1 KStG handelt, die weder Geschäftsleitung noch
Sitz im Inland gehabt hat und an der im Jahr 2016 mit der
Antragstellerin zu 1., dem Antragsteller zu 4. und W als in
Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der
Hälfte beteiligt gewesen sind.
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19
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c) Auch die weiteren tatbestandlichen
Voraussetzungen für die Hinzurechnung der in Rede stehenden
Einkünfte der I hat das FG zutreffend als erfüllt
angesehen. Die von I im Jahr 2016 erzielten
Dienstleistungseinkünfte sind Einkünfte, die in Hongkong
einer niedrigen Ertragsteuerbelastung im Sinne von § 8 Abs. 1
i.V.m. Abs. 3 AStG - einer solchen von unter 25 % (hier: 0 %) -
unterlegen haben. Zudem handelt es sich bei den Einkünften um
„passive“ Einkünfte, die nicht
unter einen der Aktivitätstatbestände des § 8 Abs. 1
AStG zu subsumieren sind. Die (Ausschluss-)Voraussetzungen des
§ 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG sind nicht erfüllt, was
unter den Beteiligten nicht mehr in Streit steht. Der Senat sieht
deshalb von weiteren Ausführungen dazu ab.
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d) Allerdings werden im Schrifttum
verfassungsrechtliche und unter Hinweis auf die
Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des
Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die
Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen
Union - ABlEU - 2008, Nr. C 115, 47) und das Vollanrechnungsgebot
des Art. 8 Abs. 7 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom
12.07.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von
Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das
Funktionieren des Binnenmarkts - ATAD - (ABlEU 2016, Nr. L 193, 1)
unionsrechtliche Zweifel hinsichtlich der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß
§§ 7 ff. AStG daraus abgeleitet, dass bei
unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1
Nr. 1 bis 3 KStG für das Jahr 2016 die niedrigste
Gesamtsteuerbelastung in Deutschland - unter Einbeziehung der
Gewerbesteuer - bei 22,825 % (15 % Körperschaftsteuer
gemäß § 23 Abs. 1 KStG, 0,825 %
Solidaritätszuschlag gemäß § 4 Satz 1 des
Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 in der für das
Feststellungsjahr geltenden Fassung und 7 % Gewerbesteuer bei einem
nach § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes gesetzlich
angeordneten „Mindesthebesatz“ von 200
%) liegt, während die Niedrigsteuerschwelle des § 8 Abs.
1 i.V.m. Abs. 3 AStG bei 25 % ansetzt und damit signifikant
höher ist (s. nur Wassermeyer/Schönfeld in
Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht,
§ 8 AStG Rz 701 ff.; J. Lüdicke in
Lüdicke/Schnitger/Spengel [Hrsg.], Besteuerung internationaler
Unternehmen, Festschrift für Dieter Endres, 2016, S. 219 ff.;
Köhler/Staats, Internationale Steuer-Rundschau - ISR - 2021,
295, 298 f. [Köhler]). Diese Zweifel sind allerdings nicht
geeignet, die Rechtsstellung der Antragsteller im Hinblick auf die
Ertragsbesteuerung der ihnen zugerechneten
Hinzurechnungsbeträge zu verbessern.
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aa) Die in der Literatur formulierten Zweifel
sind allerdings gewichtig, da sich eine Niedrigsteuerschwelle, die
höher ist als die niedrigste Gesamtsteuerbelastung bei
unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1
Nr. 1 bis 3 KStG in Deutschland, offenkundig nicht mehr mit der
„Erzielung ungerechtfertigte[r]
Steuervorteile“ durch das Fehlen einer
„ausgleichende[n] Auslandsbesteuerung“
(Begründung des Gesetzentwurfs zum Außensteuergesetz
1972, BT-Drucks. VI/2883, S. 26 f.) oder der Sicherstellung einer
„notwendige[n] Vorbelastung niedrig besteuerte[r] Gewinn[e]
ausländischer Gesellschaften“ nach dem
Systemwechsel zum Halb-/Teileinkünfteverfahren durch das
sogenannte Steuersenkungsgesetz (BT-Drucks. 14/2683, S. 133)
sachlich rechtfertigen lässt. Zu Recht wird dabei darauf
hingewiesen, dass das Festhalten an dieser Niedrigsteuerschwelle
geeignet ist, den „Charakter der
Hinzurechnungsbesteuerung“ von einer
Maßnahme zur Bekämpfung der Gewinnverlagerung in niedrig
besteuerte Gebiete in die Richtung eines generellen
Anrechnungssystems zu ändern, in dem alle betroffenen
ausländischen Einkünfte einer inländischen
Besteuerung unterworfen werden sollen und dabei insbesondere dann,
wenn der (im Ausland schon besteuerte) Hinzurechnungsbetrag einer
inländischen (und damit gewerbesteuerpflichtigen)
Kapitalgesellschaft zugeordnet wird, Anrechnungsdefizite entstehen
(„extraterritoriale Gewerbesteuer“ - so
Köhler/Staats, ISR 2021, 295, 298 [Köhler]; ähnlich
Brandis/Heuermann/Vogt, § 8 AStG Rz 485), die auch
unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 8 Abs. 7 ATAD, der eine
Vollanrechnung (Abzug von der inländischen Steuerschuld) bei
Körperschaften vorsieht, widersprechen (eher zweifelnd
Köhler/Staats, ISR 2021, 295, 299 [Staats]).
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bb) Die Beschwerde der Antragsteller bleibt
dennoch ohne Erfolg. Denn die vorgenannten verfassungsrechtlichen
Zweifel könnten sich zwar auf der Grundlage einer
verfassungsgerichtlichen Entscheidung zu den Voraussetzungen einer
niedrigen Besteuerung und einem Auftrag an den Gesetzgeber, die
Beseitigung eines Verfassungsverstoßes zu bewirken (s. zur
sog. Unvereinbarkeitserklärung des BVerfG z.B. Seer in
Tipke/Kruse, AO/FGO, VerfRS Rz 58, m.w.N.), dahin auflösen,
dass der Gesetzgeber die Niedrigsteuergrenze auf 22,825 % (unter
Berücksichtigung der Gewerbesteuer) beziehungsweise 15,825 %
(ohne Gewerbesteuer) absenkt. Angesichts der
streitgegenständlichen Situation einer
„Nullbesteuerung“ der Einkünfte der
Zwischengesellschaft in Hongkong könnten die Antragsteller
allerdings hiervon nicht profitieren. Dem Senat erscheint es als
schlechthin ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber eine die
Antragsteller im Streitfall begünstigende neue Rechtslage (im
Sinne einer vollständigen Abschaffung der
Hinzurechnungsbesteuerung) schaffen könnte (vgl. zum
Erfordernis einer Entscheidungserheblichkeit Müller-Terpik in
Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethke, Bundesverfassungsgerichtsgesetz,
Art. 80 Rz 173, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG).
Entsprechendes gilt für die angeführten unionsrechtlichen
Zweifel. Denn auch ein vom Gerichtshof der Europäischen Union
(EuGH) erkannter Unionsrechtsverstoß der
Hinzurechnungsbesteuerung würde nicht zu einer
vollständigen Unanwendbarkeit oder Nichtigkeit der nationalen
Vorschriften führen; vielmehr würde nach der vom Senat in
ständiger Rechtsprechung vertretenen sogenannten
geltungserhaltenden Reduktion unter Beachtung des
Anwendungsvorrangs des Primärrechts vor nationalem Recht der
Unionsrechtswidrigkeit durch das
„Hineinlesen“ der vom EuGH verbindlich
formulierten unionsrechtlichen Erfordernisse in die betroffene Norm
Rechnung getragen (z.B. Senatsurteile vom 03.02.2010 - I R 21/06,
BFHE 228, 259, BStBl II 2010, 692 = SIS 10 12 82; vom 15.01.2015 -
I R 69/12, BFHE 249, 99 = SIS 15 11 53, m.w.N.; s.a. Senatsurteil
vom 09.08.2006 - I R 31/01, BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838
[Körperschaftsteuerbelastung des Betriebsstättengewinns
einer EU-Kapitalgesellschaft - Steuersatz - unter
Berücksichtigung der Bindungswirkung einer Vorabentscheidung
des EuGH] = SIS 06 45 43). Auch insoweit würden die
Antragsteller hiervon nicht profitieren können.
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23
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3. Keine ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Feststellung folgen aus den weiteren
unionsrechtlichen Darlegungen der Antragsteller.
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24
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a) So hat der Senat bereits entschieden, dass
die Hinzurechnung der Zwischeneinkünfte mit den
unionsrechtlichen Grundfreiheiten vereinbar ist. Er hat insoweit
die Erwägungen des EuGH in seinem Urteil X zur Hinzurechnung
von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter im Sinne von
§ 7 Abs. 6, 6a AStG (Urteil vom 26.02.2019 - C-135/17,
EU:C:2019:136, IStR 2019, 347 = SIS 19 01 87, nachfolgend
Senatsurteil vom 22.05.2019 - I R 11/19 (I R 80/14), BFHE 265, 322,
BStBl II 2021, 265 = SIS 19 15 64) auf Fälle betreffend die
„allgemeinen“ Zwischeneinkünfte im
Sinne von § 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 AStG
übertragen (Senatsurteil vom 18.12.2019 - I R 59/17, BFHE 268,
30, BStBl II 2021, 270 = SIS 20 13 08 und Senatsbeschluss vom
30.09.2020 - I R 12/19 (I R 78/14), BFHE 271, 135, BStBl II 2021,
511 = SIS 21 04 56). Es ist angesichts der für das
Feststellungsjahr unveränderten Gesetzeslage nicht
ersichtlich, aus welchen noch nicht erwogenen Gründen davon
abzurücken wäre.
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b) Der sinngemäße Einwand der
Antragsteller, das FA könne bei „inländischen
Erklärungsverpflichteten“ den Sachverhalt
aus eigener Kenntnis und ohne Auskunftsersuchen gegenüber den
ausländischen Behörden beurteilen, führt zu keinem
anderen Ergebnis. Denn nach dem EuGH-Urteil X (EU:C:2019:136, IStR
2019, 347 = SIS 19 01 87) kommt es für die
Rechtfertigungsprüfung (allein) darauf an, ob ein
„rechtlicher Rahmen“ besteht, der
insbesondere vertragliche Verpflichtungen vorsieht, die es den
Steuerbehörden des Ansässigkeitsstaats ermöglichen
können, die Richtigkeit der Informationen in Bezug auf die
betreffende Gesellschaft zu überprüfen (Senatsurteil vom
18.12.2019 - I R 59/17, BFHE 268, 30, BStBl II 2021, 270 = SIS 20 13 08 und Senatsbeschluss vom 30.09.2020 - I R 12/19 (I R 78/14),
BFHE 271, 135, BStBl II 2021, 511 = SIS 21 04 56). Der Vortrag der
Antragsteller lässt diesen Umstand unberücksichtigt.
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c) Schließlich vermag der Senat auch
nicht den Erwägungen der Antragsteller im Hinblick auf die
gesetzgeberische Unterscheidung zwischen passiven und aktiven
Tätigkeiten zu folgen. Denn im Rahmen einer unionsrechtlichen
Prüfung der Hinzurechnungsbesteuerung ist keine
Vergleichspaarbildung zwischen Gesellschaften mit aktiven und
passiven Tätigkeiten maßgebend. Bei einer derartigen
Vergleichspaarbildung wäre das für eine unionsrechtliche
Prüfung erforderliche grenzüberschreitende Element nicht
abgebildet.
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4. Gründe für die Annahme einer
unbilligen Härte der Vollstreckung als Aussetzungsgrund haben
die Antragsteller weder geltend gemacht noch sind diese
ersichtlich. Im Übrigen ist auch bei Vorliegen einer
unbilligen Härte der Vollstreckung eine AdV nur möglich,
wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Steuerbescheids nicht ausgeschlossen werden können (z.B.
Senatsbeschluss vom 26.10.2011 - I S 7/11, BFH/NV 2012, 583 = SIS 12 06 77, m.w.N.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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