Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 21.03.2018 - 9 K 3187/16
F = SIS 18 12 88 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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A. Streitig ist, ob das die
Jahresbeiträge nach § 12 Abs. 2 des Gesetzes zur
Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute
(Restrukturierungsfondsgesetz - RStruktFG - ) - sog. Bankenabgabe -
betreffende Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 13 des Einkommensteuergesetzes in der im Jahr 2014 (Streitjahr)
geltenden Fassung (EStG) verfassungsgemäß ist.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, ist infolge
Verschmelzung (Stichtag 01.01.2018) Rechtsnachfolgerin der X-Bank.
Zwischen der X-Bank als Organgesellschaft und der Z-Bank als
Organträgerin bestand im Streitjahr eine
ertragsteuerrechtliche Organschaft. Die Z-Bank ist zwischenzeitlich
auf ihre Rechtsnachfolgerin, die „…“
(Beigeladene) verschmolzen worden.
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Am 07.08.2014 setzte die Bundesanstalt
für Finanzmarktstabilisierung gegenüber der X-Bank den
Jahresbeitrag nach § 12 Abs. 2 des im Rahmen des Gesetzes zur
Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten,
zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für
Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist
der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom
09.12.2010 (BGBl I 2010, 1900) ergangenen RStruktFG in der hier
maßgeblichen Fassung des Dritten Gesetzes zur Umsetzung eines
Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Drittes
Finanzmarktstabilisierungsgesetz) vom 20.12.2012 (BGBl I 2012,
2777; - RStruktFG a.F. - ) für die Zeit vom 01.01.2014 bis
31.12.2014 unter Berücksichtigung der Zumutbarkeitsgrenze i.S.
des § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Erhebung der
Beiträge zum Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute
(Restrukturierungsfonds-Verordnung) i.d.F. vom 26.06.2012
(RStruktFV a.F.) auf … EUR fest. Dieser Bescheid wurde
bestandskräftig.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) stellte im Bescheid vom 11.03.2016 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger
zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit
zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach §
14 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) für 2014
das dem Organträger für das Streitjahr zuzurechnende
Einkommen der Organgesellschaft gesondert und einheitlich fest. Der
Feststellungsbescheid wurde sowohl der X-Bank als auch der Z-Bank
bekannt gegeben. Der Jahresbeitrag nach § 12 Abs. 2 RStruktFG
a.F. wurde bei der Einkommensermittlung als gemäß §
4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG nicht abzugsfähiger Aufwand
behandelt.
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Der Einspruch der X-Bank hatte keinen
Erfolg (Teil-Einspruchsentscheidung vom 09.09.2016). Über den
zugleich eingelegten Einspruch der Beigeladenen hat das FA bisher
nicht entschieden.
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Das Finanzgericht (FG) Münster wies
die Klage mit seinem in EFG 2018, 1350 veröffentlichten Urteil
vom 21.03.2018 - 9 K 3187/16 F = SIS 18 12 88 als unbegründet
ab. Das Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.
13 EStG sei verfassungsgemäß. Es verstoße weder
gegen den Gleichheitssatz i.S. des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
(GG) noch gegen Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 14 GG oder das
Übermaßverbot und verletze ebenso wenig das
unionsrechtliche Beihilfeverbot i.S. des Art. 107 Abs. 1 des
Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV). Die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips werde durch
den spezifischen Lenkungszweck, systemische Risiken im Finanzsektor
zu reduzieren, in einem verfassungsrechtlich ausreichenden
Maße getragen.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung sowohl materiellen als auch formellen
Rechts.
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Sie macht im Wesentlichen geltend, das
Abzugsverbot verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die
Durchbrechung des sog. objektiven Nettoprinzips sei nicht durch
sachliche Gründe, insbesondere nicht durch
außerfiskalische Lenkungsziele, gerechtfertigt. Das
Abzugsverbot entfalte jedenfalls insoweit keine Lenkungswirkung,
als die betroffene Bank - wie sie, die Klägerin, als
Pfandbriefbank - ihr Geschäftsmodell nicht grundlegend
anpassen könne. Es verstoße gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, wenn durch die sog.
Bankenabgabe nur eine minimale Lenkung bewirkt werden könne.
Zudem sei eine Lenkung in den Fällen ausgeschlossen, in denen
die Zumutbarkeitsgrenze i.S. des § 3 Abs. 1 RStruktFV a.F. zu
einer Kappung der sog. Bankenabgabe führe.
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Die Klägerin rügt ferner, das FG
habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und es unterlassen, die
entscheidungserheblichen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der
Lenkungswirkung der sog. Bankenabgabe sachverständig
aufzuklären.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid für 2014 vom
11.03.2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung
des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der
Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer
Besteuerungsgrundlagen nach § 14 Abs. 5 KStG in Gestalt der
Teil-Einspruchsentscheidung vom 09.09.2016 dahingehend zu
ändern, dass die Jahresbeiträge i.S. des § 12 Abs. 2
RStruktFG a.F. in Höhe von … EUR als abzugsfähige
Betriebsausgaben bei der Ermittlung des dem Organträger
zuzurechnenden Einkommens berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist
gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) dem Revisionsverfahren beigetreten. Einen eigenen Antrag hat
es nicht gestellt.
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Die Beigeladene hat im Revisionsverfahren
weder eine Stellungnahme abgegeben noch Anträge
gestellt.
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B. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 FGO
zurückzuweisen.
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Das FG hat die zulässige Klage zu
Recht als unbegründet abgewiesen. Die Einkommensermittlung im
angefochtenen Feststellungsbescheid entspricht - was auch die
Klägerin nicht anders sieht - den gesetzlichen Vorgaben. Wie
schon die Vorinstanz ist auch der erkennende Senat nicht davon
überzeugt, dass die im Streitfall über § 8 Abs. 1
Satz 1 KStG zur Anwendung kommende Regelung des § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 13 EStG, nach der die Jahresbeiträge
gemäß § 12 Abs. 2 RStruktFG das steuerliche
Einkommen nicht mindern dürfen, verfassungswidrig ist. Die
Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens und die
Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
gemäß Art. 100 Abs. 1 GG sind daher nicht
gegeben.
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I. Das FG ist ohne Rechtsfehler davon
ausgegangen, dass die Klage zulässig ist. Denn die
Organgesellschaft einer körperschaftsteuerrechtlichen
Organschaft ist als Adressatin des Bescheides nach § 14 Abs. 5
KStG beschwert i.S. des § 40 Abs. 2 FGO.
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1. Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG werden
das dem Organträger zuzurechnende Einkommen der
Organgesellschaft und damit zusammenhängende andere
Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem Organträger und der
Organgesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt. Die
Feststellungen sind für die Besteuerung des Einkommens des
Organträgers und der Organgesellschaft bindend (§ 14 Abs.
5 Satz 2 KStG).
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2. Zwar wirkt sich die Frage der
Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 13 EStG im Ergebnis allein bei der
Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, der Organträgerin,
aus. Dieser wurde das Einkommen der Klägerin für das
Streitjahr zugerechnet. Es besteht jedoch - wie das FG zutreffend
erkannt hat - eine parallele Rechtsschutzbefugnis von
Organgesellschaft und Organträgerin.
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a) § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG legt
ausdrücklich fest, dass die Feststellungen für die
Besteuerung auch der Organgesellschaft bindend sind, ohne nach dem
Inhalt der Feststellungen zu differenzieren. Die Organgesellschaft
ist Adressatin des Feststellungsbescheids. Sie ist infolge der
Feststellungswirkung selbst durch den Feststellungsbescheid
beschwert und somit berechtigt, Einspruch einzulegen (vgl. R 14.6
Abs. 6 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2015) und
Klage zu erheben (vgl. Dötsch in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 14 Rz 1143;
Dorenkamp in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 14 KStG Rz 380;
Drüen in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz
4.54; Müller in Mössner/Seeger/Oellerich, KStG, 4. Aufl.,
§ 14 Rz 765; Streck/Olbing, KStG, 9. Aufl., § 14 Rz 173;
Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/ Neumann, KStG,
§ 14 Rz 769; Brinkmann, Die steuerliche Betriebsprüfung,
2016, 189, 198; Seer in Tipke/Kruse, § 350 AO Rz 12, m.w.N.;
Frotscher in Frotscher/Drüen, Kommentar zum
KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 946; a.A. Bartone in Gosch,
AO § 350 Rz 15; Gosch/Neumann, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz
529g; Teiche, DStR 2013, 2197).
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b) Eine Rechtsschutzkonzentration auf den
Organträger ist § 14 Abs. 5 KStG nicht zu entnehmen; sie
bedürfte zudem der besonderen gesetzlichen Anordnung durch
Erweiterung von § 352 der Abgabenordnung (AO) und § 48
FGO, um § 350 AO und § 40 Abs. 1 FGO einzuschränken
(vgl. Drüen in Prinz/Witt, a.a.O., Rz 4.54). Daran fehlt es.
Vielmehr steht nach der Begründung des Gesetzentwurfs
(BTDrucks 17/10774, 20) die Möglichkeit, den gesonderten und
einheitlichen Feststellungsbescheid i.S. des § 14 Abs. 5 Satz
1 KStG anzufechten, sowohl dem Organträger als auch der
Organgesellschaft zu. Aus den dort durch den Klammerzusatz
„(vgl. im Übrigen § 352 AO und § 48
[FGO])“ in Bezug genommenen Regelungen über die
Einspruchs- bzw. Klagebefugnis gegen Bescheide über die
einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
ergibt sich nichts Abweichendes. Denn die Voraussetzungen, die eine
Einschränkung der Rechtsbehelfsbefugnis bei gesonderter und
einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
auslösen, sind in einem Fall wie dem vorliegenden jedenfalls
nicht erfüllt; dies gilt auch hinsichtlich der
Einschränkungen im Falle eines gemeinsamen
Empfangsbevollmächtigten.
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II. Die Revision ist jedoch unbegründet.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der von der Klägerin
angefochtene Feststellungsbescheid i.S. des § 14 Abs. 5 Satz 1
KStG rechtmäßig ist.
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1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
sind die Jahresbeiträge nach § 12 Abs. 2 RStruktFG
Betriebsausgaben, die den Gewinn nicht mindern dürfen.
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a) Mit dem im Rahmen des
Restrukturierungsgesetzes ergangenen RStruktFG verfolgte der
Gesetzgeber die Absicht, den Bankenbereich nach der
Finanzmarktkrise der Jahre 2009 und 2010 zu stabilisieren.
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Das RStruktFG sah dabei die Einrichtung eines
die Restrukturierungsmaßnahmen finanziell abstützenden
Restrukturierungsfonds vor, dessen finanzielle Grundlage durch eine
jährliche Abgabe der Banken geschaffen werden sollte (vgl.
auch Kube, DStR 2016, 572). Die Kreditwirtschaft hatte daher zur
Bekämpfung künftiger Krisen und zur Restrukturierung
systemrelevanter Banken finanzielle Mittel bereitzustellen (vgl.
BTDrucks 17/3024, 42). Mit den Beiträgen sollten ferner
Bankgeschäfte gezielt verteuert werden, die systemische
Risiken bergen, um Banken einen Anreiz zu geben, dieses Risiko zu
senken (vgl. BTDrucks 17/3024, 73 f.). Die beitragspflichtigen
Kreditinstitute waren nach § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F.
verpflichtet, jeweils zum 30.09. eines Kalenderjahres
Jahresbeiträge, erstmalig zum 30.09.2011, an den
Restrukturierungsfonds zu entrichten. Diese Beiträge sind -
verfassungsgemäße - Sonderabgaben mit
Finanzierungsfunktion (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof -
Hess. VGH -, Urteile vom 30.07.2014 - 6 A 1079/13, juris, Rz 57;
vom 19.11.2014 - 6 A 2180/13, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift
für Wirtschafts- und Bankrecht - WM - 2015, 434, Rz 62). Sie
knüpften an die volkswirtschaftliche Relevanz der
Finanzinstitute für ein geordnetes und allen
Wirtschaftssubjekten zu Gute kommendes Finanzsystem an und
beabsichtigen dessen Stabilität (vgl. Hess. VGH, Urteil in WM
2015, 434, Rz 62).
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Die Jahresbeiträge i.S. des § 12
Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. sollten sich nach den systemischen
Risiken des einzelnen Kreditinstituts bemessen. Ihre Höhe
richtete sich gemäß § 12 Abs. 10 Satz 3 RStruktFG
a.F. nach dem Geschäftsvolumen, der Größe und der
Vernetzung des beitragspflichtigen Kreditinstituts im Finanzmarkt;
hierbei war die Summe der eingegangenen Verbindlichkeiten und der
Umfang der noch nicht abgewickelten Termingeschäfte
maßgebend. Diese sog. Bankenabgabe ermittelte sich nach
§ 12 Abs. 10 Satz 2 RStruktFG a.F. i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz
1 RStruktFV a.F. auf der Grundlage des zuletzt festgestellten
Jahresabschlusses des Kreditinstituts aus der Kombination der um
einige risikoarme Posten bereinigten Passivseite der
Institutsbilanz und der Summe der gehaltenen Derivate (vgl. auch
Haarmann, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht -
JbFSt - 2016/2017, 300).
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b) Das zugleich (mit Wirkung für nach dem
30.09.2010 beginnende Wirtschaftsjahre) eingeführte
Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG,
das die Wirkung der sog. Bankenabgabe verstärken sollte (vgl.
BTDrucks 17/3024, 83; Schön/Hellgardt/Osterloh-Konrad, WM
2010, 2193; s.a. HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1895;
Blümich/Drüen, § 4 EStG Rz 924a), erfasste die
Jahresbeiträge nach § 12 Abs. 2 RStruktFG a.F. Die nur
anlassbezogen zu entrichtenden Sonderbeiträge i.S. des §
12 Abs. 3 RStruktFG a.F. fielen dagegen nicht unter dieses
Abzugsverbot; diese Beiträge konnten als Betriebsausgaben
abgezogen werden (vgl. z.B. Schmidt/Loschelder, EStG, 39. Aufl.,
§ 4 Rz 615; Blümich/Drüen, § 4 EStG Rz
924b).
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c) Der Streitfall betrifft § 12 Abs. 2
RStruktFG a.F. und damit die inzwischen überholte Rechtslage
einer ausschließlich nationalrechtlich ausgestalteten sog.
Bankenabgabe. Das Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13
EStG gilt nach Wortlaut und Systematik aber auch für die - den
Streitfall nicht betreffende und ab dem Jahr 2015 nunmehr
unionsrechtlich determinierte - sog. Bankenabgabe i.S. des §
12 Abs. 2 RStruktFG n.F. (vgl. nur Schmidt/Loschelder, a.a.O.,
§ 4 Rz 615; Blümich/Drüen, § 4 EStG Rz 924a;
Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300; Kube, DStR 2016, 572; Oellerich,
EFG 2018, 1355).
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2. Das Betriebsausgabenabzugsverbot in §
4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG ist nicht verfassungswidrig. Es
verstößt insbesondere nicht gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; er gilt für
ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche
Begünstigungen (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom
15.01.2008 - 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = SIS 08 25 65, Rz 81; vom
08.05.2013 - 1 BvL 1/08, BVerfGE 134, 1, Rz 55; vom 19.11.2019 - 2
BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2
BvL 27/14, BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 95; jeweils
m.w.N.).
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aa) Zwar ist es grundsätzlich Sache des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er
dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich
gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht
treffen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 95, m.w.N.). Genauere Maßstäbe und Kriterien
dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den
Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein,
sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen
Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss
in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 96, m.w.N.). Dabei ergeben
sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen aus
dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen am
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten
Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den
Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer
strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl.
z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 96,
m.w.N.). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung
durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem
Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. z.B.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 96,
m.w.N.).
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bb) Nach ständiger Rechtsprechung des
BVerfG hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der
Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des
Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. z.B.
BVerfG-Beschlüsse vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1
= SIS 09 16 45, Rz 55; vom 18.07.2012 - 1 BvL 16/11, BVerfGE 132,
179 = SIS 12 29 52, Rz 32; in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz
100; jeweils m.w.N.). Die grundsätzliche Freiheit des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das
Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als
rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng
miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: Durch das Gebot der
Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen
Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit.
Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener
steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden,
Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich
hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit; vgl. z.B.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 99; Urteile
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.12.2019 - I R 29/17, BFHE 268,
21, BStBl II 2020, 690 = SIS 20 11 32, Rz 12; jeweils m.w.N.; vom
27.05.2020 - XI R 9/19, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt, DStR 2020, 2063 = SIS 20 11 58, Rz 35).
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cc) Die für die Lastengleichheit im
Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle
Leistungsfähigkeit bemisst der Gesetzgeber nach dem objektiven
und dem subjektiven Nettoprinzip (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom
09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08,
BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 57, m.w.N.). Die
Grundsätze der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit
und damit das objektive Nettoprinzip gelten gleichermaßen im
Bereich der Körperschaftsteuer (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom
12.10.2010 - 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = SIS 10 36 57, Rz 57,
m.w.N.; BFH-Urteile vom 22.08.2012 - I R 9/11, BFHE 238, 419, BStBl
II 2013, 512 = SIS 12 30 99, Rz 14; in BFHE 268, 21, BStBl II 2020,
690 = SIS 20 11 32, Rz 12). Bei der Ausgestaltung des
steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene
Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der
Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen
folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 21.06.2006 - 2 BvL
2/99, BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60, Rz 70; in BVerfGE 123, 1 =
SIS 09 16 45, Rz 55; BVerfG-Urteil vom 10.04.2018 - 1 BvR 1236/11,
BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303 = SIS 18 04 72, Rz 105;
BFH-Urteil in DStR 2020, 2063 = SIS 20 11 58, Rz 35). Als besondere
sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen
Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher
Belastungsentscheidungen erkennt das BVerfG in ständiger
Rechtsprechung neben außerfiskalischen Förderungs- und
Lenkungszwecken (vgl. dazu BFH-Urteil in DStR 2020, 2063 = SIS 20 11 58, Rz 36, m.w.N.) auch Typisierungs- und
Vereinfachungserfordernisse an, nicht jedoch den rein fiskalischen
Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung (vgl. z.B. BVerfG-Urteil
in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 58 ff.; BFH-Urteil in BFHE
268, 21, BStBl II 2020, 690 = SIS 20 11 32, Rz 12; jeweils
m.w.N.).
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dd) Der Steuergesetzgeber ist
grundsätzlich nicht gehindert, außerfiskalische
Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls
zu verfolgen (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 59, m.w.N.). Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote,
sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft
und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird
dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten
verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines
unerwünschten Verhaltens oder durch steuerliche Verschonung
eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv,
sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden
(vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 59,
m.w.N.). Förderungs- und Lenkungsziele sind jedoch nur dann
geeignet, rechtfertigende Gründe für steuerliche
Belastungen oder Entlastungen zu liefern, wenn solche
Förderungs- und Lenkungsziele von erkennbaren
gesetzgeberischen Entscheidungen getragen werden (vgl.
BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 59, m.w.N.).
Weiterhin muss der Förderungs- und Lenkungszweck
gleichheitsgerecht ausgestaltet sein (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE
122, 210 = SIS 08 43 42, Rz 59, m.w.N.).
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34
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b) Das Betriebsausgabenabzugsverbot des §
4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG schränkt das objektive
Nettoprinzip ein. Denn der systematischen Grundentscheidung des
Gesetzgebers, dass betrieblich veranlasste Aufwendungen steuerlich
abzugsfähig sein müssen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 127, 224 = SIS 10 36 57, Rz 57; BFH-Beschluss vom
14.10.2015 - I R 20/15, BFHE 252, 44, BStBl II 2017, 1240 = SIS 16 01 39, Rz 15; jeweils m.w.N.), entspricht es nicht, wenn aufgrund
des Betriebsausgabenabzugsverbots in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13
EStG betrieblicher Aufwand - die an die betriebliche Tätigkeit
eines Kreditinstituts anknüpfende sog. Bankenabgabe - als zur
Einkommensermittlung nicht abziehbar qualifiziert und damit
insoweit nicht das Nettoeinkommen des Unternehmens besteuert
wird.
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35
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c) Das FG hat aber zu Recht dahin erkannt,
dass diese Einschränkung des objektiven Nettoprinzips (als
Abweichung vom steuerrechtlichen Grundsatz der Folgerichtigkeit)
sachlich hinreichend begründet ist (so im Ergebnis auch HHR/
Stapperfend, § 4 EStG Rz 1895; Watrin in Frotscher/Geurts,
EStG, § 4 Rz 879a; Meurer in Lademann, EStG, § 4 EStG Rz
770k; Spilker in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz
T 4; Kirchhof/Kulosa/Ratschow/Meyer, EStG, § 4 Rz 2833; Nacke
in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §
4 Rz 2063; Oellerich, EFG 2018, 1355; Vortmann,
Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht - WuB -
2018, 645; eher unentschieden Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 4
Rz 615; Maetz in Bordewin/Brandt, § 4 EStG Rz 3080; Bode in
Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 4 Rz 234a; zweifelnd bis
ablehnend Blümich/Drüen, § 4 EStG Rz 924a;
Schön/Hellgardt/Osterloh-Konrad, WM 2010, 2193;
Feyerabend/Behnes/Helios, Der Betrieb, Beilage 4/2011, 38, 44;
Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300; Kube, DStR 2016, 572, 575).
Jedenfalls liegt eine rein fiskalisch begründete
Einschränkung des objektiven Nettoprinzips, die keinen
verfassungsrechtlich zulässigen Rechtfertigungsgrund darstellt
(vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, Rz
58), nicht vor.
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aa) Der Begründung des Gesetzentwurfs zu
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG (vgl. BTDrucks 17/3024, 83) ist
ausdrücklich zu entnehmen, dass das
Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
dazu beitragen soll, „systemische Risiken im Finanzsektor
zu reduzieren“. Es würden
„Bankgeschäfte, von denen systemische Risiken
ausgehen können, [...] gezielt belastet und damit verteuert
(Internalisierung externer Effekte). Die Abgabe erhöht den
Anteil der Refinanzierungskosten, der in besonderem Maße von
der Bonitätseinschätzung der Marktteilnehmer
abhängig ist. Dadurch wird die tatsächliche
Risikotragfähigkeit des Kreditinstituts realistischer
eingepreist und die Möglichkeit zur Geschäftsausweitung
begrenzt. Diese Begrenzung der Möglichkeit zur Ausweitung des
Geschäfts internalisiert einen Teil der Kosten der
Risikovorsorge für das systemische Risiko. Durch eine
Änderung der Geschäftspolitik können Kreditinstitute
ihre Abgabenlast reduzieren. Damit wird durch die Beiträge
eine vorsichtigere Geschäftspolitik gefördert. Die
Jahresbeiträge können nur dann diese Lenkungswirkung, die
über eine reine Finanzierungsfunktion hinausgeht, in vollem
Umfang erreichen, wenn sie den Gewinn nicht als Betriebsausgaben
mindern (Abzugsverbot). Die Sonderbeiträge nach § 12
Absatz 3 des Restrukturierungsfondsgesetzes haben hingegen
vorrangig Finanzierungsfunktion.“
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bb) Danach wird das
Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
von der erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen, eine
steuerliche Zusatzbelastung für Geschäftsmodelle der
Banken zu schaffen, die vom Gesetzgeber als risikobehaftet
angesehen werden und die die Wahrscheinlichkeit einer
„für den Steuerzahler teuren Bankenrettung“
erhöhen. Der Gesetzgeber differenziert hinsichtlich des
Betriebsausgabenabzugs außerdem zwischen den
Sonderbeiträgen, die nach § 12 Abs. 3 Satz 2 RStruktFG
a.F. nur erhoben werden sollten, soweit die in dem
Restrukturierungsfonds angesammelten Mittel nicht zur Deckung der
Kosten für die vorgesehenen Maßnahmen,
Ausgleichsverpflichtungen und zu erstattenden Kosten ausreichten -
die daher vorrangig Finanzierungsfunktion hatten, und den Gewinn
als Betriebsausgaben mindern konnten -, sowie den
Jahresbeiträgen, die i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1
RStruktFG a.F. als jährliche Abgabe nicht allein eine
Finanzierungsfunktion zum Aufbau des Restrukturierungsfonds hatten,
sondern auch dazu dienten, risikobehaftete Geschäftsmodelle zu
minimieren. Hätten die Kreditinstitute die Jahresbeiträge
i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. durch eine
steuerliche Entlastung teilweise gegenfinanzieren können,
wäre hierdurch der Lenkungsdruck entschärft worden.
Dieser dem Lenkungszweck entgegenwirkende Ausgleich wäre umso
höher ausgefallen, je höher diese Beiträge und damit
das systemische Risiko der Bank gewesen wären. Der Gesetzgeber
ist damit davon ausgegangen, dass das außerfiskalische
Lenkungsanliegen nur in vollem Umfang erreicht werden kann, wenn
die sog. Bankenabgabe den steuerlichen Gewinn nicht mindert. Soweit
dieser dem Betriebsausgabenabzug in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13
EStG zugrunde liegende Lenkungszweck in der Literatur als
„vorgeschoben“, in sich
„widersprüchlich“ und
„unglaubwürdig“ gesehen wird (vgl.
Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300, 311), vermag der Senat keine
Anhaltspunkte zu erkennen, die diese Einordnung rechtfertigen
würde.
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cc) Der mit dem Betriebsausgabenabzugsverbot
verfolgte Lenkungszweck ist außerdem gleichheitsgerecht und
verhältnismäßig ausgestaltet; § 4 Abs. 5 Satz
1 Nr. 13 EStG ist zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet,
erforderlich und angemessen.
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(1) Das Betriebsausgabenabzugsverbot ist
geeignet, die vom Gesetzgeber intendierte Lenkungswirkung zu
entfalten (a.A. Kube, DStR 2016, 572; Haarmann, JbFSt 2016/2017,
300).
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(aa) Die Jahresbeiträge i.S. des §
12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. waren für das jeweilige
Kreditinstitut nicht unausweichlich. Ihre Bemessungsgrundlage
knüpfte an die Passivpositionen in den Bilanzen der Banken an
(§ 12 Abs. 10 Satz 3 RStruktFG a.F.), nahm aber bestimmte
Positionen, u.a. Verbindlichkeiten gegenüber Kunden und
Eigenkapital (§ 12 Abs. 10 Satz 4 Nr. 1 und Nr. 4 RStruktFG
a.F.), wieder aus. Das FG hat zutreffend erkannt, dass eine Bank
durch Ausweitung der abgabenunschädlichen Positionen die
Jahresbeiträge i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F.
reduzieren konnte. Der Umstand, dass Kreditinstitute nach ihrem
konkreten Zuschnitt nicht in der Lage waren oder aus
wirtschaftlichen Gründen kein Interesse daran hatten, ihr
Geschäftsmodell wegen der Jahresbeiträge i.S. des §
12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. umzugestalten, ändert daran
nichts. Denn eine Lenkung mit Hilfe des Steuerrechts nimmt in Kauf,
dass das Lenkungsziel nicht in jedem Fall erreicht wird; sie ist
ein Instrument zur Annäherung an ein Ziel (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 07.11.2006 - 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 = SIS 07 06 26, Rz 99, m.w.N.). Daher kommt es auf die in der Praxis
tatsächlich erreichte Lenkungswirkung nicht an, selbst wenn
sie nur marginal gewesen wäre. Der Gesetzgeber wirkte
zumindest auf die einzelnen Kreditinstitute ein, im Sinne einer
Kosten-Nutzenrechnung zu erwägen, inwieweit als problematisch
betrachtete Geschäftsfelder weiter betrieben oder ausgebaut
werden sollten. Die durch das Betriebsausgabenabzugsverbot in ihrer
Lenkungswirkung verstärkten Jahresbeiträge i.S. des
§ 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. veranlassten die Banken
entweder zu einer Modifikation ihres Geschäftsmodells und
hierdurch zu einer Risikominimierung, oder sie mussten durch die
Erhöhung der eigenen Steuerlast selbst wirtschaftlich für
Risiken einstehen, falls ihr Geschäftsmodell unverändert
fortgeführt wurde. Jedenfalls ist es für die
grundsätzliche Geeignetheit der Maßnahme, durch die
intendierte Lenkungswirkung systemische Risiken zu minimieren,
unerheblich, ob die tatsächliche Lenkungswirkung eingetreten
ist oder die betroffenen Kreditinstitute die höhere
Abgabenlast in Kauf nahmen.
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(bb) Der vom Gesetzgeber mit dem
Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
bezweckten Lenkungswirkung steht auch nicht entgegen, dass nach
§ 5 RStruktFV i.d.F. vom 20.07.2011 die Möglichkeit
bestand, die Höhe der zu erhebenden Jahresbeiträge i.S.
des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. anzupassen, soweit der
Restrukturierungsfonds Mittel in Höhe von mehr als 70 Mrd. EUR
angesammelt hatte. Wären danach keine Jahresbeiträge i.S.
des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. mehr zu entrichten
gewesen, weil genügend Mittel zur Absicherung systemischer
Risiken angesammelt worden wären, wäre das
Bedürfnis, systemische Risiken zu vermeiden, entfallen.
Zugleich hätte in einem solchen Fall das
Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
mangels grundsätzlich abziehbarer Betriebsausgaben in Gestalt
der sog. Bankenabgabe i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG
a.F. ohnehin keine Lenkungswirkung mehr entfalten können. Im
Übrigen spricht die vom Gesetzgeber hiernach eröffnete
Möglichkeit der Beitragsanpassung nicht - wie es in der
Literatur vertreten wird (vgl. Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300) -
für eine vorrangige Finanzierungsfunktion der
Jahresbeiträge i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG
a.F.
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(cc) Ebenfalls schadet nicht, dass - wie hier
bei der bestandskräftig gewordenen Festsetzung der vom
Betriebsausgabenabzugsverbot erfassten Jahresbeiträge i.S. des
§ 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. - unter näher
bezeichneten Voraussetzungen die Zumutbarkeitsgrenze i.S. des
§ 3 Abs. 1 RStruktFV a.F., die der Verordnungsgeber mit
Zustimmung des Bundesrates unter Orientierung an der Rechtsprechung
des BVerfG zur Verhältnismäßigkeit von
Grundrechtseingriffen im Kontext der Erhebung von Sonderabgaben
eingeführt hatte (vgl. BTDrucks 18/2130, 3), zu einer Kappung
der sog. Bankenabgabe führte. Die dahingehende
Lenkungswirkung, bei der betroffenen Bank systemische Risiken zu
minimieren, war auch bei einer solchen Kappung nicht gemindert.
Denn nach § 3 Abs. 3 Satz 1 RStruktFV a.F. war für diesen
Fall sowie für den Fall, dass nur der Mindestbeitrag nach
§ 3 Abs. 2 RStruktFV a.F. festgesetzt worden war, die
rechnerische Differenz zwischen dem festgesetzten Beitrag und dem
errechneten Jahresbeitrag in den folgenden fünf Beitragsjahren
nachzuerheben und dem Jahresbeitrag hinzuzurechnen.
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(dd) Das Betriebsausgabenabzugsverbot
entfaltete auch in Verlustfällen die intendierte
Lenkungswirkung. Es ist nicht deshalb fehlerhaft ausgestaltet, weil
es sich in einem konkreten Veranlagungszeitraum nur bei denjenigen
Kreditinstituten auswirken konnte, die einen Gewinn erzielt hatten,
nicht jedoch bei solchen, die einen Verlust erwirtschafteten, und
bei denen das Verbot, Jahresbeiträge i.S. des § 12 Abs. 2
Satz 1 RStruktFG a.F. gewinnmindernd abziehen zu können, mit
keiner zusätzlichen Belastung verbunden war (a.A. Schön/
Hellgardt/Osterloh-Konrad, WM 2010, 2193, 2203; Haarmann, JbFSt
2016/2017, 300, 310). Im Verlustfall mindert das Abzugsverbot den
steuerlichen Verlust, der damit über Vor- und
Rückträge nicht genutzt werden kann, und erhöht
folglich jahresübergreifend die Steuerlast. Soweit sich die
Konstellation ergeben konnte, in der das Abzugsverbot aufgrund des
Wegfalls der Verlustvorträge in der Totalperiode nicht mehr
zur Auswirkung kam, liegen diese Ausnahmefälle im Rahmen der
zulässigen Typisierung durch den Gesetzgeber. Denn dieser darf
keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss
realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde
legen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 102, m.w.N.).
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(ee) Der Lenkungswirkung stand auch nicht
entgegen, dass durch das Betriebsausgabenabzugsverbot den
Kreditinstituten zusätzlich Liquidität entzogen wurde.
Dieser Umstand führte nicht dazu, dass der Lenkungszweck von
vornherein in sich widersprüchlich und unschlüssig
gewesen wäre (a.A. Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300, 310 f.).
Denn das Betriebsausgabenabzugsverbot sollte dazu beitragen,
systemische Risiken im Finanzsektor zu reduzieren, indem die Banken
zu einer Änderung risikobehafteter Geschäftsmodelle
veranlasst werden sollten. Der steuerbedingte Kapitalabzug wurde im
Umfang der Änderung des Geschäftsmodells reduziert.
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(ff) Aus dem Vergleich mit
Forderungsausfallversicherungsbeiträgen, die als
Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4 EStG einkommensmindernd
anzusetzen sind, folgt schließlich nichts anderes. Mit diesen
Beiträgen sichert sich ein Unternehmen für den Fall ab,
dass es bei Kunden zu Zahlungsausfällen kommt; es handelt sich
hierbei ausschließlich um die Gegenleistung zur Erlangung von
Versicherungsschutz. Dagegen ist der von den Kreditinstituten
jeweils erhobene Jahresbeitrag für den Restrukturierungsfonds
i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F., der nach den
systemischen Risiken der betreffenden Bank bemessen wurde, eine
Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion (vgl. Hess. VGH, Urteile vom
30.07.2014 - 6 A 1079/13, juris, Rz 57; in WM 2015, 434, Rz 62).
Danach ist es folgerichtig, dass zwar
Forderungsausfallversicherungsbeiträge, nicht jedoch die
Jahresbeiträge i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F.
von der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden
können.
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(2) Das Betriebsausgabenabzugsverbot war auch
zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich. Anderenfalls
hätten die Kreditinstitute die Jahresbeiträge i.S. des
§ 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. durch eine steuerliche
Entlastung teilweise gegenfinanzieren können. Dies hätte
den Lenkungsdruck entschärft.
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(3) Außerdem kam dem
Betriebsausgabenabzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
keine überschießende und damit
unverhältnismäßige Wirkung zu; es war auch
angemessen (a.A. Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300, 309 f.). Eine
Doppelbelastung durch die Jahresbeiträge i.S. des § 12
Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. einerseits und das Abzugsverbot
andererseits vermag der Senat - wie auch schon die Vorinstanz -
nicht zu erkennen. Die finanzielle Belastung auf der Ebene der
Kreditinstitute trat nur einmal ein. Nur mithilfe des Abzugsverbots
für die Jahresbeiträge i.S. des § 12 Abs. 2 Satz 1
RStruktFG a.F., deren Verhältnismäßigkeit als
solche vorliegend nicht zu beurteilen ist, konnte eine einmalige
vollständige wirtschaftliche Belastung der Kreditinstitute mit
dem Bruttobetrag der sog. Bankenabgabe erreicht werden. Das
Abzugsverbot sollte verhindern, dass die Belastungswirkung auf den
Nettobetrag steuerlich abgemildert und dadurch für die
Kreditinstitute „erträglicher gestaltet“
werden konnte. Diese Belastungswirkung hätte im Übrigen
auch durch eine entsprechende Erhöhung der sog. Bankenabgabe
bei gleichzeitigem Betriebsausgabenabzug erreicht werden
können. Am wirtschaftlichen Ergebnis hätte dies jedoch
nichts geändert.
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d) Der Senat vermag keinen Verstoß gegen
das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) darin zu erkennen, dass
alle Banken im Hinblick auf die Banken- und Finanzmarktkrise mit
der Nichtabzugsfähigkeit der Jahresbeiträge i.S. des
§ 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. belastet wurden (a.A.
Haarmann, JbFSt 2016/2017, 300, 310 f.). Darin liegt keine dem
Steuerrecht fremde Sanktionierung im Sinne einer
„Branchenbestrafung“, wie ebenfalls nicht
maßgebend sein kann, dass es rechtsfolgenbetroffene Banken
gab, die in keiner Weise für die Bankenkrise verantwortlich
gemacht werden konnten. Denn das in Rede stehende Abzugsverbot
stellt nicht auf die Sanktionierung eines schädlichen
Verhaltens in der Vergangenheit ab, sondern trägt als
spezifische Lenkungsnorm dazu bei, Bankgeschäfte, von denen
bezogen auf das jeweilige Beitragsjahr systemische Risiken ausgehen
können, gezielt zu belasten und damit zu verteuern. Soweit
Banken nicht risikobehaftete Geschäfte tätigen, wird dem
im Rahmen der Bemessung der Jahresbeiträge Rechnung
getragen.
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e) Einer verfassungskonformen Reduktion des
Betriebsausgabenabzugsverbots in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 13 EStG
bedarf es auch in Fällen nicht, in denen die betroffene Bank
im jeweiligen Beitragsjahr aus rechtlichen oder tatsächlichen
Gründen nicht in der Lage war, ihr schädliches
Geschäftsmodell zur Reduzierung der Jahresbeiträge i.S.
des § 12 Abs. 2 Satz 1 RStruktFG a.F. umzustellen. Denn die
Kreditinstitute sollten die Mittel, die sie in den
Restrukturierungsfonds eingezahlt hatten, um ihrer
Gruppenverantwortung nachzukommen, nicht durch eine steuerliche
Entlastung teilweise gegenfinanzieren können. Anderes
hätte den Lenkungsdruck reduziert und wäre dem
Lenkungsziel zuwidergelaufen. Insofern besteht kein
verfassungsrechtlich geschützter Anspruch darauf, ein
Geschäftsmodell ohne finanzielle Zusatzbelastung
unverändert fortführen zu dürfen.
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3. Soweit die Klägerin rügt, das
Betriebsausgabenabzugsverbot verstoße auch gegen Art. 12 Abs.
1 GG (Berufsfreiheit), Art. 14 Abs. 1 GG (Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb) und Art. 2 Abs. 1 GG (Freiheit
im wirtschaftlichen Verkehr als Ausfluss der allgemeinen
Handlungsfreiheit), ist dem nicht zu folgen. Denn ein etwaiger
Eingriff in das jeweilige Recht wäre - wie schon das FG zu
Recht erkannt hat - jedenfalls durch den mit ihm verfolgten
Lenkungszweck insoweit ebenfalls gerechtfertigt.
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4. Das Betriebsausgabenabzugsverbot begegnet
auch keinen unionsrechtlichen Bedenken. Eine Verletzung des
unionsrechtlichen Beihilfeverbots nach Art. 107 Abs. 1 AEUV liegt
nicht vor, weil das Abzugsverbot keine Beihilfe ist (s. Vortmann,
WuB 2018, 645, 646).
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5. Das angefochtene Urteil ist
schließlich nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben.
Der erkennende Senat hat den von der Klägerin gerügten
Verfahrensverstoß wegen Verletzung der
Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) geprüft. Er
erachtet diese Rüge indes nicht für durchgreifend; sie
ist jedenfalls unbegründet. Der Senat sieht insoweit von einer
Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO; vgl. allgemein
und zur Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör z.B. BFH-Urteile vom 15.01.2015 - I R 69/12, BFHE 249,
99 = SIS 15 11 53, Rz 44; vom 10.11.2016 - VI R 55/08, BFHE 256,
280, BStBl II 2017, 715 = SIS 17 04 06, Rz 29).
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 und § 135 Abs. 3, § 139 Abs. 4 FGO.
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