Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Sächsischen Finanzgerichts vom 22.6.2017 - 6 K 1514/15
aufgehoben.
Die Sache wird an das Sächsische Finanzgericht zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens
übertragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom
9.5.2012 (Kaufvertrag) ein Grundstück vom Verkäufer. Das
als Kulturdenkmal erfasste, parkähnliche Gelände war mit
acht Gebäuden bebaut, von denen drei (Nr. 1a, 2 und 5) genutzt
wurden; die anderen befanden sich in schlechtem baulichen Zustand
und standen leer. In § 2 des Kaufvertrags räumte die
Klägerin dem Verkäufer das Recht ein, seine bisherige
Nutzung der Gebäude 2 und 5 zunächst für 30 Jahre
unentgeltlich fortzusetzen. § 4 des Kaufvertrags
lautet:
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„Kaufpreis, Verpflichtung des
Verkäufers
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Objektiv wird festgestellt, dass das
Grundstück mit einer Vielzahl alter Bausubstanz sowie einer
maroden Erschließung belastet ist und sich im Übrigen zu
großen Teilen in einem schlechten Gesamtzustand befindet. Das
Grundstück ist daher insgesamt mit einem negativen Kaufpreis
zu bewerten. Aus diesem Grunde bestimmen die Vertragsparteien
keinen Kaufpreis.
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Der Verkäufer verpflichtet sich
für die Ablösung aufgezeigter ‘Lasten’ des
Grundstücks zur Zahlung eines einmaligen Geldbetrages in
Höhe von 100.000 Euro … an den Käufer.
…“
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 13.11.2013
Grunderwerbsteuer fest und zog dabei einen nach § 138 des
Bewertungsgesetzes gesondert festgestellten Grundbesitzwert als
Bemessungsgrundlage heran.
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Auf den Einspruch hin legte das FA der
Besteuerung stattdessen den Kapitalwert der dem Verkäufer
vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung zugrunde, den es mit
620.018 EUR bezifferte.
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Im Klageverfahren nahm das FA eine
geringere zur Nutzung überlassene Grundstücksfläche
an. Der Nutzungswert als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
sei daher auf 491.462,20 EUR herabzusetzen.
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Auf den - protokollierten und deshalb
maßgebenden - Antrag der Klägerin, den
Grunderwerbsteuerbescheid dahingehend zu ändern, dass die
Steuer auf 0 EUR festgesetzt wird, hob das Finanzgericht (FG) den
Bescheid auf. Die Steuer sei nach dem Wert der Gegenleistung zu
bemessen. Diese betrage 0 EUR. Die Vertragsparteien hätten
einen Kaufpreis von ./. 100.000 EUR festgelegt, da sie mit
Abbruchkosten gerechnet hätten, die „den Wert des Grund
und Bodens und der noch nutzbaren Gebäudeteile sowie des
30-jährigen Nutzungsrechts“ überstiegen. Von
erwarteten Kosten in Höhe von ca. 500.000 EUR sei lediglich
ein Anteil von 80 % durch Fördermittel gedeckt gewesen.
Deshalb habe sich der Verkäufer „auf einen negativen
Kaufpreis eingelassen …, obwohl er ein 30-jähriges
Nutzungsrecht an den Gebäuden 2 und 5 erhalten hat“. Das
Urteil ist in EFG 2019, 1327 = SIS 19 09 29
veröffentlicht.
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Mit der Revision macht das FA eine
Verletzung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes
(GrEStG) und der §§ 133, 157 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) geltend. Bei der Bestimmung der Gegenleistung
habe das FG das dem Verkäufer vorbehaltene Nutzungsrecht
außer Acht gelassen. Allerdings sei die Zuzahlung des
Verkäufers in Höhe von 100.000 EUR in Abzug zu bringen,
die Bemessungsgrundlage daher mit 391.462,20 EUR
anzusetzen.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage, soweit nicht eine Herabsetzung der
Bemessungsgrundlage auf 391.462,20 EUR zugesagt wurde,
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat § 8 Abs. 1 i.V.m.
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verletzt, indem es die dem
Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen nicht in die
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen
hat.
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1. Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG
bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert
der Gegenleistung.
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a) Was zur Gegenleistung gehört, bestimmt
§ 9 GrEStG, der eine Legaldefinition des Begriffs enthält
und - zusammen mit § 8 Abs. 1 GrEStG - darauf abzielt, die
Gegenleistung so umfassend wie möglich zu erfassen
(Begründung zum GrEStG 1940, RStBl 1940, 387, 405; vgl.
Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 02.03.2011 - II R
23/10, BFHE 232, 358, BStBl II 2011, 932 = SIS 11 13 28, Rz 17, und
vom 02.03.2011 - II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009 = SIS 11 15 97, Rz
21). Dem Grunderwerbsteuergesetz liegt ein eigenständiger,
über das bürgerlich-rechtliche Verständnis
hinausgehender Gegenleistungsbegriff zugrunde (vgl. BFH-Urteile vom
16.2.1977 - II R 89/74, BFHE 122, 338, BStBl II 1977, 671 = SIS 77 03 75, unter 2., und vom 8.9.2010 - II R 28/09, BFHE 231, 244,
BStBl II 2011, 227 = SIS 10 33 57, Rz 14).
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b) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als
Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der
vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem
Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Nutzungen sind
gemäß § 100 BGB u.a. die Vorteile, welche der
Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Sie gebühren
nach § 446 Satz 2 BGB von der Übergabe der Sache an dem
Käufer. Wird die Norm vertraglich abbedungen, belässt der
Grundstückskäufer also die Nutzungen dem Verkäufer
über diesen Zeitpunkt hinaus, liegt darin ein geldwerter
Vorteil, den der Käufer für den Erwerb der Sache hingibt.
Dies rechtfertigt die Einbeziehung der dem Verkäufer
vorbehaltenen Nutzungen in die Gegenleistung (vgl. Begründung
zum GrEStG 1940, RStBl 1940, 387, 406; FG Baden-Württemberg,
Urteil vom 13.11.1981 - IX 153/81, IX 154/81, EFG 1982, 428; Loose
in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 19. Aufl., § 9 Rz 231;
Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 9 Rz
104; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., §
9 Rz 28; Konrad in Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz, §
9 Rz 154; Jochum in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 9
GrEStG Rz 64; im Ergebnis auch BFH-Urteil vom 06.12.1989 - II R
95/86, BFHE 159, 255, BStBl II 1990, 186 = SIS 90 05 08, unter
1.c).
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c) Wenn jedoch der
Grundstücksverkäufer die vorbehaltenen Nutzungen
angemessen vergütet, liegt in der Nutzungsüberlassung
keine Gegenleistung für das Grundstück i.S. von § 8
Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (ähnlich BFH-Urteil vom
6.12.2017 - II R 55/15, BFHE 261, 58, BStBl II 2018, 406 = SIS 18 02 26, Rz 13).
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d) Für die Bestimmung der Gegenleistung
ist nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als
Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu
welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben
(BFH-Urteil in BFHE 231, 244, BStBl II 2011, 227 = SIS 10 33 57, Rz
14). Ob sich der Verkäufer Nutzungen ohne angemessenes Entgelt
vorbehalten hat, ist durch Auslegung des Kaufvertrags zu ermitteln.
Die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen
gehört zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und
bindet den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den
Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht
gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt,
d.h. jedenfalls möglich ist. Das Revisionsgericht prüft,
ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze
und Erfahrungssätze beachtet und die für die
Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und
rechtlich zutreffend gewürdigt hat. Dagegen ist die rechtliche
Einordnung des von den Vertragspartnern Gewollten am Maßstab
der jeweils einschlägigen Normen für das Revisionsgericht
nicht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, sondern in vollem Umfang
nachprüfbare Rechtsanwendung (ständige Rechtsprechung,
z.B. BFH-Urteil vom 30.01.2019 - II R 26/17, BFHE 264, 47 = SIS 19 06 69, Rz 31).
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2. Nach diesen Maßstäben tragen die
Feststellungen des FG nicht den Schluss, dass die dem
Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen nicht in die
Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 1 GrEStG i.V.m. § 9
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einzubeziehen seien.
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a) Gemäß § 4 des Kaufvertrags
hat die Klägerin als Käuferin des Grundstücks keinen
Kaufpreis zu entrichten; stattdessen hat der Verkäufer eine
Zuzahlung in Höhe von 100.000 EUR zu leisten. Hieraus ergibt
sich der von der Vorinstanz angenommene Kaufpreis von ./. 100.000
EUR.
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b) Daneben hat die Klägerin aber in
§ 2 des Kaufvertrags dem Verkäufer das Recht
eingeräumt, seine bisherige Nutzung der Gebäude 2 und 5
für 30 Jahre unentgeltlich fortzusetzen. Sie hat Nutzungen des
Grundstücks, die mit dessen Übergabe ihr als
Käuferin zustünden, dem Verkäufer überlassen,
ohne von diesem eine Vergütung zu erhalten.
„Unentgeltlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang,
dass die Klägerin vom Verkäufer kein gesondertes Entgelt
für die Überlassung der Gebäude fordert. Der Wert
der Nutzungen stellt vielmehr eine - grunderwerbsteuerrechtliche -
Gegenleistung der Klägerin für den Erhalt des
Grundstücks dar. Soweit die Klägerin einwendet, das
Nutzungsrecht des Verkäufers sei in den Leistungsaustausch
einbezogen worden, bestätigt sie in der Sache gerade diese
Beurteilung.
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Sollte das FG angenommen haben, das
Nutzungsrecht sei wertlos, bestehen dafür keine Anhaltspunkte.
Nach den im Urteil getroffenen Feststellungen gehören die dem
Verkäufer überlassenen Gebäude gerade nicht zu
denen, die sich zum Zeitpunkt des Erwerbs in schlechtem Zustand
befanden.
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c) Bemessungsgrundlage i.S. von § 8 Abs.
1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist demgemäß der Wert
der Nutzungen abzüglich der Zuzahlung des Verkäufers in
Höhe von 100.000 EUR.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird
im zweiten Rechtsgang Feststellungen zum Umfang der dem
Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen zu treffen und das
Nutzungsrecht zu bewerten haben.
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4. Die Übertragung der Entscheidung
über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 143 Abs. 2
FGO.
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