Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts des Saarlandes vom 14.10.2015 2 K 1271/13 wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom
27.3.2013 ein mit einem Lebensmittelmarkt, Kfz-Stellplätzen
und einer Tankstelle bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis
von 7.088.750 EUR. Das Grundstück war an eine
Handelsgesellschaft (Mieterin) vermietet.
|
|
|
2
|
In derselben notariellen Urkunde bestellten
die Veräußerin und die Klägerin zugunsten der
Mieterin eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit.
Damit wurde der Mieterin das Recht eingeräumt, das
Grundstück durch Einrichtung, Betrieb und Unterhaltung eines
Einzelhandelsgeschäfts mit Kundenparkplätzen und einer
Tankstelle mit Waschanlage zu nutzen. Dafür hatte die Mieterin
dem jeweiligen Eigentümer statt der Miete ein Entgelt zu
zahlen, das sich wegen der Höhe nach dem zwischen dem
jeweiligen Eigentümer und der Mieterin geschlossenen
Mietvertrag richten sollte.
|
|
|
3
|
Ebenfalls am 27.3.2013 schloss die
Klägerin mit der Mieterin einen neuen Mietvertrag über
die Nutzung des Grundstücks. Als Beginn des
Mietverhältnisses wurde der Tag des Besitzübergangs aus
dem Grundstückskaufvertrag zwischen Veräußerin und
Klägerin bestimmt. Das Mietverhältnis sollte am 31.5.2031
enden. Der Mietzins betrug jährlich 535.000 EUR zzgl.
Umsatzsteuer. Nach § 16 des Mietvertrags sollte die der
Mieterin eingeräumte Dienstbarkeit nach Beendigung des
Mietvertrags erlöschen. Davon ausgenommen war die Beendigung
des Mietvertrags durch Kündigung nach § 111 der
Insolvenzordnung (InsO) oder nach § 57a des
Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG).
|
|
|
4
|
Mit Bescheid vom 24.5.2013 setzte der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die
Grunderwerbsteuer auf 731.711 EUR fest. Für die Berechnung der
Bemessungsgrundlage rechnete das FA dem Kaufpreis von 7.088.750 EUR
den Wert der Mieterdienstbarkeit in Höhe von 6.215.095 EUR als
sonstige Leistung hinzu. Den Wert der Mieterdienstbarkeit
errechnete das FA durch Ansatz des Jahreswertes in Höhe von
535.000 EUR und Multiplikation mit dem sich aus § 13 Abs. 1
des Bewertungsgesetzes (BewG) für zeitlich befristete,
wiederkehrende Leistungen ergebenden Vervielfältiger.
|
|
|
5
|
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG)
hat das FA zu Unrecht den Wert der Mieterdienstbarkeit in die
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen. Das
Urteil ist in EFG 2016, 51 = SIS 15 29 27
veröffentlicht.
|
|
|
6
|
Mit seiner Revision rügt das FA die
fehlerhafte Anwendung des § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1
Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Seiner Ansicht nach
handelt es sich bei der Mieterdienstbarkeit um eine sonstige
Leistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Diese sei
Bestandteil der Gegenleistung. Die Einräumung der
Dienstbarkeit sei Bedingung für den Erwerb des
Grundstücks gewesen. Der Verkauf an die Klägerin habe es
erforderlich gemacht, eine Mieterdienstbarkeit zur dinglichen
Sicherung des Standorts und des Geschäftsbetriebs zu
bestellen. Dass daneben eine entsprechende Verpflichtung im
Mietvertrag vereinbart worden sei, habe wegen der
Selbständigkeit der Verträge keine Bedeutung. Die
Bewertung der eingeräumten Nutzungen habe sich nach den
allgemeinen Regelungen des Bewertungsrechts zu richten. Der
Dienstbarkeit sei ein eigenständiger Wert beizumessen.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
8
|
Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zutreffend ist das FG davon
ausgegangen, dass der Wert der Mieterdienstbarkeit nicht in die
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen
ist.
|
|
|
10
|
1. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
ist nach § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung. Bei einem
Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als
Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom
Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach
gehören alle Leistungen des Erwerbers zur
grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage),
die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um
das Grundstück zu erwerben (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 8.3.2017 II R 38/14, BFHE 257, 368, BStBl II 2017, 1005 = SIS 17 08 57, Rz 26, m.w.N.).
|
|
|
11
|
2. Als sonstige Leistungen i.S. des § 9
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind alle Verpflichtungen des Käufers
anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das
Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber
gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind
(BFH-Urteil vom 10.5.2017 II R 16/14, BFHE 258, 92, BStBl II 2017,
964 = SIS 17 12 37, Rz 11). Der Erwerb des Grundstücks und die
Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein. Dabei ist
nicht ausschlaggebend, was die Vertragschließenden als
Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu
welchen Leistungen sie sich verpflichtet haben (BFH-Urteil in BFHE
258, 92, BStBl II 2017, 964 = SIS 17 12 37, Rz 11, m.w.N.). Danach
gehören alle Leistungen des Käufers zur
grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage),
die dieser als Entgelt für die Veräußerung des
Grundstücks gewährt (BFH-Urteil vom 18.6.2014 II R 12/13,
BFHE 246, 211, BStBl II 2014, 857 = SIS 14 25 68, Rz 9,
m.w.N.).
|
|
|
12
|
Leistungen des Käufers, die nicht den der
Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen,
insbesondere also für eine andere Leistung aufgewendet werden
als für die Verpflichtung, Besitz und Eigentum an dem
Grundstück zu verschaffen, scheiden demgegenüber aus der
Gegenleistung i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG aus (BFH-Urteil in BFHE 258, 92, BStBl II 2017, 964 = SIS 17 12 37, Rz 12).
|
|
|
13
|
3. Verpflichtet sich der
Grundstückskäufer im Zusammenhang mit dem
Grundstückskaufvertrag, dem Mieter eine beschränkte
persönliche Dienstbarkeit gegen angemessenes Entgelt zu
bestellen, liegt darin keine Gegenleistung für das
Grundstück i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG.
|
|
|
14
|
a) Eine dem Veräußerer des
Grundstücks gegenüber eingegangene Verpflichtung, einen
Vertrag mit einem Dritten abzuschließen, kann
grundsätzlich als sonstige Leistung einzustufen sein und damit
zur Gegenleistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
gehören. Eine solche Gegenleistung liegt bei einer
Verpflichtung des Grundstückskäufers zur Eingehung eines
gegenseitigen Vertrags mit einem Dritten vor, wenn gewichtige
Umstände eine Unausgewogenheit der wechselseitigen
vertraglichen Verpflichtungen zwischen dem
Grundstückskäufer und dem Dritten erkennen lassen und der
Grundstückskäufer die höherwertige Leistung erbringt
(vgl. BFH-Urteil vom 23.2.1977 II R 159/72, BFHE 121, 543, BStBl II
1977, 486 = SIS 77 02 68, betreffend Verpflichtung zum Eintritt in
einen Bierlieferungsvertrag). Demgegenüber ist eine
Verpflichtung des Grundstückskäufers zum Abschluss eines
Vertrags mit einem Dritten keine Gegenleistung, wenn sich die
Verpflichtungen der Vertragspartner in einem ausgewogenen
Verhältnis gegenüberstehen; in diesem Fall findet kein
auf den Erwerbsgegenstand bezogener Wertzufluss oder -abfluss statt
(BFH-Urteil in BFHE 121, 543, BStBl II 1977, 486 = SIS 77 02 68).
|
|
|
15
|
b) Entsprechendes gilt, wenn sich der
Grundstückskäufer im Zusammenhang mit dem
Grundstückskaufvertrag verpflichtet, dem Mieter eine
beschränkte persönliche Dienstbarkeit gegen angemessenes
Entgelt zu bestellen. Der Grundstückskäufer, dem das
Entgelt zusteht und zufließt, erbringt insoweit keine
zusätzliche Leistung für den Erwerb des Grundstücks.
Nur wenn das Entgelt für die Dienstbarkeit unangemessen
niedrig ist, kann die Verpflichtung, die Dienstbarkeit zu
bestellen, eine zusätzliche Gegenleistung darstellen. In einem
solchen Fall wäre der Wert der Dienstbarkeit nicht nach dem
vollen Entgelt, sondern nur nach der Differenz zwischen dem
angemessenen und dem vereinbarten Entgelt zu bemessen.
|
|
|
16
|
4. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen
hat das FG zu Recht entschieden, dass der Wert der
Mieterdienstbarkeit nicht die Bemessungsgrundlage für die
Grunderwerbsteuer erhöht.
|
|
|
17
|
a) Im Streitfall sollte die dingliche
Mieterdienstbarkeit lediglich den schuldrechtlichen Mietvertrag
absichern, und zwar für den Fall der Kündigung durch den
Erwerber nach Veräußerung im Insolvenzverfahren (§
111 InsO) oder im Falle der Zwangsversteigerung nach § 57a
ZVG. Eine weitergehende Bedeutung hatte die Mieterdienstbarkeit
nicht. Sie war eng mit dem Bestand des Mietvertrags verbunden, denn
nach § 16 des Mietvertrags sollte sie mit dessen Beendigung
erlöschen, mit Ausnahme einer Beendigung nach § 57a ZVG
oder § 111 InsO. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat,
sind die gesetzlichen Kündigungsrechte nach § 57a ZVG und
§ 111 InsO schuldrechtlich nicht abdingbar. Für §
111 InsO folgt dies aus § 119 InsO. § 57a ZVG ist eine
gesetzliche Versteigerungsbedingung, von der nur nach Maßgabe
des § 59 ZVG abgewichen werden kann (vgl. Stöber,
Zwangsversteigerungsgesetz, 21. Aufl. 2016, § 57a Anm.
2.2.).
|
|
|
18
|
b) Anhaltspunkte dafür, dass zwischen der
Nutzungsüberlassung und dem Entgelt für die
Dienstbarkeit, das sich im Streitfall nach der jeweils vereinbarten
Miete richtet, ein unangemessenes Verhältnis zu Lasten der
Klägerin besteht, hat das FG nicht festgestellt. Daran ist der
Senat gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Im Ergebnis hat die
Klägerin mit der Bestellung der Dienstbarkeit keine sonstige
Leistung an die Veräußerin für den Erwerb des
Grundstücks erbracht.
|
|
|
19
|
c) Ausgehend davon hat das FG die Beantwortung
der Frage, ob der Verkauf an die Klägerin auch dann erfolgt
wäre, wenn sie sich nicht zur Bestellung der
Mieterdienstbarkeit verpflichtet hätte, zutreffend dahinstehen
lassen. Dies ist für die Entscheidung unerheblich.
|
|
|
20
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|