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EuGH-Vorlage zur Schwimmschule

EuGH-Vorlage zur Schwimmschule: Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: - 1. Umfasst der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL auch die Erteilung von Schwimmunterricht? - 2. Kann sich die Anerkennung einer Einrichtung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung wie bei Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit den Aufgaben der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, des Schul- und Hochschulunterrichts, der Aus- und Fortbildung sowie der beruflichen Umschulung betraut sind, daraus ergeben, dass es sich bei dem von dieser Einrichtung erteilten Unterricht um die Erlernung einer elementaren Grundfähigkeit (hier: Schwimmen) handelt? - 3. Bei Verneinung der zweiten Frage: Setzt die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL voraus, dass der Steuerpflichtige Einzelunternehmer ist? - Urt.; BFH 27.3.2019, V R 32/18; SIS 19 05 53

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 27.03.2019, V R 32/18 (ECLI:DE:BFH:2019:VE.270319.VR32.18.0)
    BStBl 2019 II S. 457
    DStR 2019 S. 986

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 11.7.2019
    M. Brill in DStZ 13/2019 S. 446
    F. Bünnemann in UR 11/2019 S. 418
    J. H. in StuB 11/2019 S. 450
    M. Seifert in StuB 13/2019 S. 522
    W. Tausch in UVR 8/2019 S. 230
    M. Trinks in MwStR 13/2019 S. 555
    Ch. Wäger in BFH/PR 8/2019 S. 185
    -/- in NWB 20/2019 S. 1435
Normen
[UStG] § 4 Nr. 21, § 4 Nr. 22
[RL 2006/112/EG] Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, Art. 132 Abs. 1 Buchst. j
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • nach: EuGH, 21.10.2021, SIS 21 17 23, EG, EU, Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Unterricht, Schwimmunterricht, Steuerbefreiung
  • vor: FG München, 13.09.2018, SIS 18 17 90, Unterricht, Steuerfreiheit, Unionsrecht, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, EG, EU, Schwimmschule
Zitiert in... / geändert durch...
  • OFD Karlsruhe 14.4.2023, SIS 23 07 55, Vorlagen an den EuGH, die seit dem 1.1.2009 ergangen sind: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit ...
  • BFH 15.3.2022, SIS 22 15 18, Zur Umsatzbesteuerung von Leistungen einer Schwimmschule: Umsätze aus Leistungen einer Schwimmschule sind...
  • BFH 16.12.2021, SIS 22 03 25, Umsatzsteuerpflicht für Schwimmunterricht: Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" i.S. von Art. 132...
  • BVerwG 22.9.2021, SIS 21 20 03, Bescheinigung der Landesbehörde nicht für spezialisierten und punktuell erteilten Unterricht: 1. Bei der ...
  • FG Berlin-Brandenburg 5.7.2021, SIS 21 14 72, Umsatzsteuerliche Behandlung von Tennistrainerhonoraren: 1. Der Begriff "die dem Schul- und Bildungszweck...
  • BFH 21.4.2021, SIS 21 17 33, Zur Kleinunternehmerregelung im Jahr der Neugründung und zur Steuerpflicht von Intensivpflegeleistungen e...
  • OFD Karlsruhe 3.3.2021, SIS 21 03 65, Umsatzsteuer, EuGH-Vorlagen: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit dem 1. Januar 2009 eingegangen...
  • Niedersächsisches FG 20.2.2020, SIS 19 22 26, Keine Steuerbefreiung für Umsätze einer Kampfsportschule: 1. Für die Umsätze einer Kampfsportschule kommt...
  • BFH 8.10.2019, SIS 19 18 92, Umsatzsteuerbefreiung für Schul- und Hochschulunterricht, Leistungen, die den Charakter bloßer Freizeitge...
  • OFD Karlsruhe 13.8.2019, SIS 19 13 20, Umsatzsteuer, EuGH-Vorlagen: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit dem 1. Januar 2009 eingegangen...
  • BFH 23.5.2019, SIS 19 11 46, Fahrschulunterricht ist kein steuerfreier Schulunterricht: Fahrunterricht in einer Fahrschule ist ein spe...

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Umfasst der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auch die Erteilung von Schwimmunterricht?
2. Kann sich die Anerkennung einer Einrichtung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung wie bei Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit den Aufgaben der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, des Schul- und Hochschulunterrichts, der Aus- und Fortbildung sowie der beruflichen Umschulung betraut sind, daraus ergeben, dass es sich bei dem von dieser Einrichtung erteilten Unterricht um die Erlernung einer elementaren Grundfähigkeit (hier: Schwimmen) handelt?
3. Bei Verneinung der zweiten Frage: Setzt die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem voraus, dass der Steuerpflichtige Einzelunternehmer ist?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine von X und Y gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), betreibt eine Schwimmschule.

 

 

2

Die GbR führte im Wesentlichen Kurse für Kinder („Goldfisch“, „Seepferdchen“ und „Kaulquappe“) durch, die von den Kursteilnehmern oder ihren Eltern vergütet wurden. Beim Schwimmkurs „Kaulquappe“ wurden Kindern ab vier Jahren die Grundlagen der Brust- und Rückenschwimmlage vermittelt. Bei den beiden weiterführenden Kursen „Seepferdchen“ und „Goldfisch“ wurden die erlernten Grundlagen und Techniken des Schwimmens vertieft. Die Klägerin sah ihre Leistungen als umsatzsteuerfrei an.

 

 

3

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) davon aus, die Leistungen der Klägerin nach nationalem Recht weder nach § 4 Nr. 21 noch nach § 4 Nr. 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei seien.

 

 

4

Für die Streitjahre 2007 bis 2009 ergingen dementsprechend Umsatzsteuerjahresbescheide vom 22.11.2011, nach denen die Leistungen der Klägerin als nach dem Regelsteuersatz umsatzsteuerpflichtig behandelt wurden. Ebenso erließ das FA für die Streitjahre 2010 und 2011 am 3.9.2012 und 12.8.2013 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

 

5

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens ergingen am 21.12.2017 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Streitjahre 2007 bis 2011, die nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens wurden. Das FA hielt an der Steuerpflicht der Leistungen fest, berücksichtigte jetzt aber auch einen Vorsteuerabzug.

 

 

6

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Nach seinem in EFG 2018, 1920 = SIS 18 17 90 veröffentlichten Urteil sind die Leistungen der Klägerin zwar nicht nach nationalem Recht, aber nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) steuerfrei. Bei der Vermittlung grundlegender Schwimmtechniken habe es sich um Schulunterricht gehandelt. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL sei zudem nicht nur auf Einzelunternehmer, sondern auch für eine GbR anwendbar.

 

 

7

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, die Leistungen der Klägerin seien auch nach dem Unionsrecht nicht steuerfrei, da die Klägerin keine Privatlehrerin sei. Dem tritt die Klägerin entgegen.

 

 

8

II. Der Senat legt dem EuGH die im Tenor bezeichneten Fragen zur Auslegung der MwStSystRL vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

 

 

9

1. Rechtlicher Rahmen

 

 

10

a) Unionsrecht

 

 

11

Nach Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten insbesondere folgende Umsätze von der Steuer:

 

“i) Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

 

j) von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht;“ .

 

 

12

b) Nationales Recht

 

 

13

Nach § 4 Nr. 21 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:

 

 

 

“a) die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,

 

 

 

aa) wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder

 

bb) wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,

 

 

 

b) die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer

 

 

 

aa) an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder

 

bb) an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen.“

 

 

14

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 22 UStG auch

 

 

 

“a) die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,

 

b) andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;“.

 

 

15

2. Zur ersten Vorlagefrage

 

 

16

a) Schwimmunterricht als Unterricht

 

 

17

Nach Auffassung des Senats handelt es bei einem Unterricht, mit der die Fähigkeit des Schwimmens erlernt werden soll, um Unterricht im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL. Der von der Klägerin erteilte Unterricht dient der Erlernung einer elementaren Grundfähigkeit, über die jeder Mensch - insbesondere zur Bewältigung von Notsituationen beim Kontakt mit Gewässern - verfügen sollte. Es handelt sich nicht um eine Bildungsmaßnahme mit Freizeitcharakter. Dementsprechend hat der Senat die Steuerfreiheit des Schwimmunterrichts, der von Einzelunternehmern erteilt wird, auf der Grundlage von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL bereits bejaht (BFH-Urteil vom 5.6.2014 V R 19/13 = SIS 14 21 81, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 245, 433).

 

 

18

b) Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung

 

 

19

Dem steht nach Auffassung des Senats das EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie GmbH vom 14.3.2019 C-449/17 = SIS 19 01 90 (EU:C:2019:202) nicht entgegen. Denn danach „verweist der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts ... allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen“ (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie GmbH, EU:C:2019:202, Rz 26). Insoweit ist im Streitfall zu beachten, dass die einzelnen Schwimmkurse ineinandergreifen und aufeinander aufbauen.

 

 

20

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, „dass der Fahrunterricht in einer Fahrschule ..., wenn er sich überhaupt auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art bezieht, gleichwohl ein spezialisierter Unterricht bleibt, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie GmbH, EU:C:2019:202, Rz 29). Denn der Streitfall unterscheidet sich hiervon dadurch, dass an der Erlernung der elementaren Grundfähigkeit des Schwimmens ein ausgeprägtes Gemeininteresse besteht, dass sich für den „Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126“ (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie GmbH, EU:C:2019:202, Rz 30) wohl nicht bejahen lässt. Zudem ist im Hinblick auf die Steuerfreiheit von Privatlehrern nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL zu beachten, dass sich diese bei ihrer Tätigkeit - wie etwa als Nachhilfelehrer - häufig auf einzelne Unterrichtsbereiche spezialisiert haben.

 

 

21

3. Zur zweiten Vorlagefrage

 

 

22

Der EuGH hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Erfordernis der Anerkennung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL im Sozialbereich geäußert. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte gehören danach das Bestehen spezifischer Vorschriften, seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und dass die Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15.11.2012 C-174/11, EU:C:2012:716, Rz 26).

 

 

23

Zur Frage der für die Anerkennung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL maßgeblichen Kriterien hat sich der EuGH demgegenüber in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht geäußert. Damit stellt sich die vom EuGH zu beantwortende Frage, ob es hier entsprechend dem EuGH-Urteil Zimmermann (EU:C:2012:716) auf die gleichen oder vergleichbare Kriterien wie bei Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ankommt. Der erkennende Senat neigt dazu, die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich grundsätzlich auf die Anerkennung im Unterrichtsbereich zu übertragen (vgl. BFH-Urteil vom 10.8.2016 V R 38/15 = SIS 16 21 07, BFHE 254, 448, Rz 18, m.w.N.).

 

 

24

Danach könnte sich im Streitfall eine Anerkennung der Klägerin aus dem mit den Tätigkeiten der Klägerin verbundenen Gemeinwohlinteresse ergeben. Denn Ziel des von ihr erteilten Unterrichts ist die Erlernung einer elementaren Grundfähigkeit, über die jeder Mensch - insbesondere zur Bewältigung von Notsituationen beim Kontakt mit Gewässern - verfügen sollte.

 

 

25

4. Zur dritten Vorlagefrage

 

 

26

a) Bisherige Rechtsprechung

 

 

27

Der Senat kann nicht entscheiden, welche Anforderungen an das Merkmal des Privatlehrers als unternehmerbezogener Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL zu stellen sind. Bei Anwendung dieser Bestimmung ging es bislang um Steuerpflichtige, die Einzelunternehmer waren (vgl. EuGH-Urteile Haderer vom 14.6.2007 C-445/05, EU:C:2007:344; Eulitz vom 28.1.2010 C-473/08, EU:C:2010:47; BFH-Urteile vom 27.9.2007 V R 75/03, BFHE 219, 250 = SIS 08 02 00, Bundessteuerblatt, Teil II - BStBl II - 2008, 323; vom 20.3.2014 V R 3/13, BFHE 245, 391 = SIS 14 15 62; in BFHE 245, 433).

 

 

28

b) Mögliche Auslegung

 

 

29

Sprachlich legt der Begriff des „Lehrers“ nahe, dass es sich um eine natürliche Person handelt. Allerdings könnte es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbieten, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, bei der Steuererhebung unterschiedlich behandelt werden (so z.B. EuGH-Urteile Kügler vom 10.9.2002 C-141/00, EU:C:2002:473, erster Leitsatz sowie Rz 30; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd. vom 26.5.2005 C-498/03, EU:C:2005:322, Rz 41; vgl. auch EuGH-Urteil Lajver vom 2.6.2016 C-263/15, EU:C:2016:392).

 

 

30

Nach Maßgabe des Neutralitätsgrundsatzes ist keine sachliche Rechtfertigung ersichtlich, weshalb X und Y, falls sie selbst als Einzelunternehmer Schwimmunterricht erteilen, steuerfreie Leistungen erbringen, während die gleichen Leistungen bei einer gemeinsamen Unterrichtstätigkeit in der Rechtsform einer Personengesellschaft (hier: GbR) steuerpflichtig sein sollten.

 

 

31

c) Sonstige Kriterien

 

 

32

Soweit der EuGH darauf abgestellt hat, dass der Privatlehrer für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln muss (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 30 f.), weist der erkennende Senat darauf hin, dass diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist. Denn die Klägerin hat auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung gehandelt. Zudem stand der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Unterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen.

 

 

33

Dem Merkmal „Privatlehrer“ steht es im Übrigen auch nicht entgegen, wenn die Unterrichtseinheiten mehreren Schülern gleichzeitig erteilt werden. Denn durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass es der Anerkennung einer Tätigkeit als Privatlehrer nicht entgegensteht, wenn der Unterrichtende mehreren Personen gleichzeitig Unterricht erteilt (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 31).

 

 

34

5. Zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen

 

 

35

Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Die Klägerin erfüllt nicht die nach nationalem Recht bestehenden Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit. Es handelt sich bei ihr weder um eine Ersatzschule noch verfügt sie über eine Bescheinigung, nach der sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet (§ 4 Nr. 21 Buchst. a UStG). Die Klägerin ist auch nicht als Hochschule, private Schule oder sonstige Einrichtung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG tätig. Die Klägerin ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts, keine Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie, keine Volkshochschule und keine Einrichtung, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes im Sinne von § 4 Nr. 22 UStG dient.

 

 

36

6. Zur Erforderlichkeit der Vorlagefragen

 

 

37

Die Erforderlichkeit der Vorlage ergibt sich zum einen daraus, dass der in seinem EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie (EU:C:2019:202) eine einschränkende Auslegung des Unterrichtsbegriffs vorgenommen hat, die seiner bisherigen Rechtsprechung (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344) nicht zu entnehmen war. Zum anderen hat der EuGH auf eine Frage des erkennenden Senats (BFH-Beschluss vom 16.3.2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017 = SIS 17 12 71, dritte Frage) mangels Entscheidungserheblichkeit nicht geantwortet (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie, EU:C:2019:202).

 

 

38

7. Zum Rechtsgrund der Vorlage

 

 

39

Die Vorlage beruht auf Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

 

 

40

8. Zur Verfahrensaussetzung

 

 

41

Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 FGO.