Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 19.11.2015 9 K 3400/13 K, F
aufgehoben, soweit über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den
31.12.2006 entschieden worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 3.2.2017 über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 wird dahin
abgeändert, dass der verbleibende Verlustvortrag um ... EUR
erhöht wird.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine Kapitalgesellschaft, die im Streitjahr (2006)
in der Rechtsform einer AG tätig war, ist die Obergesellschaft
des A-Konzerns. Im Streitjahr hielt die Klägerin alle
Geschäftsanteile der B-GmbH. Die B-GmbH war ihrerseits zu
95,9454 % an der C-GmbH beteiligt, welche wiederum mit einer
Beteiligungsquote von 95,7746 % Gesellschafterin der D-GmbH war.
Aufgrund von Ergebnisabführungsverträgen bestanden im
Streitjahr jeweils körperschaftsteuerrechtliche Organschaften
zwischen der Klägerin und der B-GmbH, zwischen der B-GmbH und
der C-GmbH sowie - als sog. mittelbare Organschaft - zwischen der
B-GmbH und der D-GmbH.
|
|
|
2
|
Die D-GmbH nahm in ihren Handelsbilanzen
zum 31.12.2005 und zum 31.12.2006 Wertberichtigungen auf eine
Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im
Betrag von ... EUR (2005) und ... EUR (2006) vor. Da diese
Wertberichtigungen steuerlich nicht zu berücksichtigen waren,
bildete die B-GmbH als Organträgerin in ihrer Steuerbilanz zum
31.12.2005 einen aktiven steuerlichen Ausgleichsposten in Höhe
von ... EUR und erhöhte diesen zum 31.12.2006 auf ...
EUR.
|
|
|
3
|
Mit Vertrag vom ... 2007 wurde die D-GmbH
unter Auflösung ohne Abwicklung rückwirkend zum
steuerlichen Übertragungsstichtag 31.12.2006 zu Buchwerten auf
die C-GmbH verschmolzen. Im Rahmen der Ermittlung des bei der
C-GmbH eintretenden Verschmelzungsergebnisses löste die
Klägerin den bei der B-GmbH aktivierten steuerlichen
Ausgleichsposten von ... EUR auf und neutralisierte auf diese Weise
die im Vergleich zur Handelsbilanz um den nämlichen Betrag
höheren Buchwerte in der steuerlichen Schlussbilanz der
D-GmbH.
|
|
|
4
|
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) war nach einer Außenprüfung der
Auffassung, der bei der B-GmbH gebildete aktive steuerliche
Ausgleichsposten sei bei der Ermittlung des
Übernahmeergebnisses nicht zu berücksichtigen. Die
Verschmelzung der D-GmbH (Organgesellschaft der mittelbaren
Organschaft) auf die C-GmbH („Zwischengesellschaft“ der
mittelbaren Organschaft) führe bei der B-GmbH
(Organträgerin der mittelbaren Organschaft) nicht zur
Auflösung des Ausgleichspostens; dieser wandele sich vielmehr
zu einem Ausgleichsposten zur Beteiligung der B-GmbH an der C-GmbH
und sei erst im Falle einer Veräußerung jener
Beteiligung aufzulösen. Das FA kam auf diese Weise zum Ansatz
eines um ... EUR höheren Übernahmegewinns. Den
Übernahmegewinn beließ das FA zwar nach § 8b Abs. 2
Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr
geltenden Fassung (KStG) steuerfrei; jedoch setzte es auf der Ebene
der Klägerin 5 % des Übernahmegewinns (... EUR) unter
Berufung auf § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG als nichtabziehbare
Betriebsausgaben an. Auf dieser Grundlage setzte das FA in
Änderungsbescheiden vom 16.9.2014 die Körperschaftsteuer
für das Streitjahr (auf null EUR) und stellte den
verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den
31.12.2006 gesondert fest.
|
|
|
5
|
In erster Instanz stritten die Beteiligten
des Weiteren darüber, in welchem Umfang die im Zusammenhang
mit der Veräußerung einer Unternehmensgruppe (M-Gruppe)
vom A-Konzern im Streitjahr vereinnahmten Gelder als
Veräußerungsgewinne der Steuerbefreiung nach § 8b
Abs. 2 Satz 1 KStG unterfallen. Als Gesamtvergütung für
die Unternehmensgruppe waren in dem am ...9.2006 - unter der
aufschiebenden Bedingung kartellrechtlicher Genehmigungen -
abgeschlossenen Kaufvertrag ... EUR „zuzüglich eines
Betrags entsprechend einer Verzinsung hierauf mit einer
jährlichen Rate in Höhe des Euro-LIBOR ... ab und
einschließlich 1.7.2006 bis einschließlich dem
Settlement Date“ vereinbart worden. Der Festbetrag und der
nach den vorstehenden Maßgaben für den Zeitraum bis zum
15.12.2006 berechnete Zusatzbetrag wurden am 15.12.2006 von der
Erwerberin an den A-Konzern gezahlt. Die Klägerin erfasste die
Gesamtvergütung einheitlich als nach § 8b Abs. 2 Satz 1
KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn und rechnete ihrem
Gewinn gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 5 % jenes
Betrags als nichtabziehbare Betriebsausgaben hinzu. Das FA war der
Auffassung, das wirtschaftliche Eigentum an der M-Gruppe sei
bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags am ...9.2006
auf die Erwerberin übergegangen; daher sei der vereinbarte
Zusatzbetrag, soweit er auf die Zeit nach dem ...9.2006 entfalle -
d.h. in Höhe von ... EUR - wirtschaftlich als
steuerpflichtiger Zinsertrag und nicht als Bestandteil des
steuerfreien Veräußerungserlöses zu
erfassen.
|
|
|
6
|
Die Klage hatte in Bezug auf den Bescheid
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 in
beiden Streitpunkten Erfolg; das Finanzgericht (FG) Münster
hat den Feststellungsbescheid mit Urteil vom 19.11.2015 9 K 3400/13
K, F (EFG 2016, 594 = SIS 16 06 46) entsprechend geändert.
Hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheids 2006 hat das FG
die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es an der
erforderlichen Beschwer der Klägerin fehle (Nullbescheid).
|
|
|
7
|
Gegen das FG-Urteil richtet sich die Revision
des FA. Mit am 16.8.2017 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen
Schriftsatz hat das FA die Revision im Hinblick auf den
Körperschaftsteuerbescheid 2006 zurückgenommen. In der
Sache wendet sich das FA mit seiner Revision nur noch gegen die
Auflösung des organschaftlichen Ausgleichspostens.
|
|
|
8
|
Während des Revisionsverfahrens hat das
FA die angefochtenen Bescheide zweimal - zuletzt am 3.2.2017 -
geändert. Den verbleibenden Verlustvortrag zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 hat das FA dabei um ...
EUR erhöht (von ... EUR auf ... EUR). Dieser Betrag entspricht
dem Klagebegehren zum Streitpunkt Veräußerungsgewinn
hinsichtlich der M-Gruppe.
|
|
|
9
|
Das FA beantragt, das FG-Urteil, soweit es
über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 entschieden hat,
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
10
|
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom
3.2.2017 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006
dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag um ...
EUR erhöht wird.
|
|
|
11
|
II. Das angefochtene Urteil ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil der nach
Ergehen des FG-Urteils erlassene Bescheid über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 vom 3.2.2017 an die
Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist.
Dem FG-Urteil liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender
Bescheid zugrunde und das angefochtene Urteil kann deswegen keinen
Bestand mehr haben. Da die vom FG festgestellten tatsächlichen
Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung des
angefochtenen Bescheids unberührt geblieben sind, bedarf es
keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127
der Finanzgerichtsordnung - FGO - (z.B. Senatsurteil vom 26.2.2014
I R 56/12, BFHE 245, 143, BStBl II 2014, 703 = SIS 14 18 36). Das
finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem
Verfahrensmangel, so dass die vom FG insoweit getroffenen
tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils
nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage
für die Entscheidung des Senats.
|
|
|
12
|
III. Die sonach gegen den
Änderungsbescheid vom 3.2.2017 gerichtete Klage ist
begründet. Das FA hat den verbleibenden Verlustvortrag zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 um ... EUR (5 % von ...
EUR) zu niedrig angesetzt.
|
|
|
13
|
1. Die Klägerin ist nicht
gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010
(JStG 2010) vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394 =
SIS 10 40 34) i.V.m. § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung
gehindert, im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Bescheid über
die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur
Körperschaftsteuer Einwendungen vorzubringen, die die
Höhe ihres im Streitjahr zu versteuernden Einkommens
betreffen. Denn § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010
gilt gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG
2010 erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010
eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags abgegeben wird und ist mithin auf die
Verlustfeststellung der Klägerin zum 31.12.2006 nicht
anzuwenden.
|
|
|
14
|
2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der
verbleibende Verlustvortrag der Klägerin zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 nicht um 5 % eines
steuerfreien Übertragungsgewinns der C-GmbH aus der
Verschmelzung der D-GmbH zu mindern ist. Dabei muss nicht
darüber entschieden werden, inwiefern bei der Berechnung des
Übertragungsergebnisses nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des
Umwandlungssteuergesetzes 2006 (UmwStG 2006) in der vorliegenden
Konstellation der mittelbaren Organschaft (zwischen der B-GmbH und
der D-GmbH) bei der B-GmbH gebildete aktive steuerliche
Ausgleichsposten saldierend einzubeziehen sind. Denn von einem
etwaigen Übertragungsgewinn würden weder auf der Ebene
der Einkommensermittlung der C-GmbH noch auf jener der B-GmbH oder
derjenigen der Klägerin 5 % als Betriebsausgaben gelten, die
nicht abgezogen werden dürfen.
|
|
|
15
|
a) Verpflichtet sich eine Europäische
Gesellschaft, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf
Aktien mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland
(Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S.
des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes, ihren ganzen Gewinn an
ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so
ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG das Einkommen der
Organgesellschaft unter den dort beschriebenen Voraussetzungen dem
Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen.
Entsprechendes gilt gemäß § 17 Satz 1 KStG, wenn
eine andere als die in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG bezeichnete
Kapitalgesellschaft - beispielsweise eine GmbH - mit
Geschäftsleitung und Sitz im Inland sich wirksam verpflichtet,
ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S. des § 14
KStG abzuführen und die in § 17 Satz 2 KStG benannten
weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
|
|
|
16
|
Bei Organgesellschaft und Organträger
handelt es sich unbeschadet der Abführungsverpflichtung zivil-
wie steuerrechtlich um unterschiedliche Rechtsträger, die ihr
jeweiliges Einkommen selbständig ermitteln (sog. gebrochene
oder eingeschränkte Einheitstheorie; s. zur insoweit
ständigen BFH-Rechtsprechung z.B. Senatsurteil vom 4.6.2003 I
R 100/01, BFHE 203, 171, BStBl II 2004, 244 = SIS 03 46 53,
m.w.N.).
|
|
|
17
|
b) Nach den von den Beteiligten nicht in
Zweifel gezogenen Feststellungen der Vorinstanz bestanden im
Streitjahr körperschaftsteuerrechtliche Organschaften im
vorstehend beschriebenen Sinne u.a. zwischen der C-GmbH (als
Organgesellschaft) und der B-GmbH (als Organträgerin) und
zwischen der B-GmbH (als Organgesellschaft) und der Klägerin
(als Organträgerin). Dies hat gemäß § 14 Abs.
1 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 KStG zur Folge, dass das Einkommen
der C-GmbH der B-GmbH und das Einkommen der B-GmbH wiederum der
Klägerin zuzurechnen ist.
|
|
|
18
|
c) Zutreffend sind die Beteiligten und das FG
davon ausgegangen, dass nach der für das Streitjahr geltenden
Rechtslage die Einwendungen gegen die Höhe des dem
Organträger gemäß § 14 i.V.m. § 17 KStG
zugerechneten Einkommens der Organgesellschaft vom Organträger
im Rechtsbehelfsverfahren gegen dessen eigene Steuerfestsetzung
geltend zu machen sind. Der die Organgesellschaft betreffende
Steuerbescheid ist in diesem Zusammenhang kein Grundlagenbescheid
(vgl. Senatsurteil vom 6.7.2016 I R 25/14, BFHE 254, 326, BStBl II
2018, 124 = SIS 16 21 04). Das mit dem Gesetz zur Änderung und
Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen
Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013,
188 = SIS 13 05 18) in § 14 Abs. 5 KStG 2002 verankerte
Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung gilt erst
für die nach dem 31.12.2013 beginnenden
Feststellungszeiträume (§ 34 Abs. 9 Nr. 9 KStG 2002
i.d.F. des vorgenannten Gesetzes).
|
|
|
19
|
d) Entgegen der dem angefochtenen Bescheid
zugrunde liegenden Auffassung des FA enthält das der B-GmbH
zuzurechnende Einkommen der C-GmbH - und folglich auch das der
Klägerin zuzurechnende Einkommen der B-GmbH - keinen (nach
§ 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien) Übernahmegewinn aus
der Verschmelzung der D-GmbH auf die C-GmbH, von dem
gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 5 % als Ausgaben
gelten könnten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen
werden dürfen (pauschales Betriebsausgaben-Abzugsverbot).
|
|
|
20
|
aa) Bei der Verschmelzung der D-GmbH auf die
C-GmbH hat es sich um eine Verschmelzung auf eine andere
Körperschaft gehandelt, deren spezielle steuerlichen Folgen im
dritten Teil (§§ 11 ff.) des UmwStG 2006 geregelt sind.
Für die übernehmende Körperschaft (hier: C-GmbH)
bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006, dass diese die auf
sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der
steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft
(hier: D-GmbH) enthaltenen Wert i.S. des § 11 UmwStG 2006 zu
übernehmen hat. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 bestimmt
weiter, dass bei der übernehmenden Körperschaft ein
Gewinn oder ein Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem
Buchwert der Anteile an der übernehmenden Körperschaft
und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter
zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den
Vermögensübergang - mit anderen Worten: der jeweilige
Übertragungsgewinn oder -verlust - „außer
Ansatz“ bleibt. Das Übertragungsergebnis ist daher
bei der Einkommensermittlung der aufnehmenden Körperschaft
außerbilanziell zu neutralisieren (vgl. Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 11.11.2011 - sog.
Umwandlungssteuererlass 2011 -, BStBl I 2011, 1314 = SIS 11 41 63,
Rz 12.05).
|
|
|
21
|
Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 ist
§ 8b KStG anzuwenden, soweit der Gewinn i.S. des Satzes 1
abzüglich der anteilig darauf entfallenden Kosten für den
Vermögensübergang, dem Anteil der übernehmenden
Körperschaft an der übertragenden Körperschaft
entspricht. Damit wird im Hinblick auf einen etwaigen
Übertragungsgewinn auf der Ebene der aufnehmenden
Körperschaft grundsätzlich auch die Anwendung des §
8b Abs. 3 Satz 1 KStG angeordnet, dem zufolge 5 % des jeweiligen
Veräußerungsgewinns (hier: Übertragungsgewinn i.S.
des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006) als Ausgaben gelten, die
nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.
|
|
|
22
|
Die Regelungen in § 12 Abs. 2 Satz 1 und
2 UmwStG 2006 sollen für den hier vorliegenden Fall der
Aufwärtsverschmelzung der Tochtergesellschaft auf die
Muttergesellschaft bewirken, dass das verschmelzungsbedingte
Übertragungsergebnis auf der Ebene der übernehmenden
Körperschaft wie der Gewinn aus der Veräußerung
einer Beteiligung i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG behandelt
wird (vgl. die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum
Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur
Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur
Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften in BTDrucks
16/2710, S. 41 und dem dazu gegebenen Bericht des Finanzausschusses
in BTDrucks 16/3369, S. 10; s.a. Senatsurteil vom 9.1.2013 I R
24/12, BFHE 240, 115, BStBl II 2018, 509 = SIS 13 08 05).
|
|
|
23
|
bb) Bei isolierter Anwendung der vorstehenden
Bestimmungen auf den Streitfall ergäbe sich somit, dass ein
etwaiger Übertragungsgewinn aus der Verschmelzung der D-GmbH
auf die C-GmbH in der Steuerbilanz der C-GmbH außer Ansatz zu
bleiben hätte, dass jedoch infolge der durch § 12 Abs. 2
Satz 2 UmwStG 2006 angeordneten Geltung des § 8b Abs. 3 Satz 1
KStG dem Ergebnis der C-GmbH ein Betrag in Höhe von 5 % dieses
Gewinns als nichtabziehbare Betriebsausgabe hinzuzurechnen
wäre.
|
|
|
24
|
cc) Jedoch besteht im Streitfall die
Besonderheit, dass es sich bei dem aufnehmenden Rechtsträger
(C-GmbH) um eine Organgesellschaft im Rahmen der mit der B-GmbH als
Organträgerin bestehenden Organschaft handelt und
gemäß § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG bei der
Ermittlung des Einkommens bei Organschaft abweichend von den
allgemeinen Vorschriften § 8b Abs. 1 bis 6 KStG und § 4
Abs. 6 UmwStG 2006 - mithin auch die Bestimmung des § 8b Abs.
3 Satz 1 KStG zum pauschalen Betriebsausgaben-Abzugsverbot - nicht
anzuwenden sind. Stattdessen bestimmt § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2
KStG, dass dann, wenn in dem dem Organträger zugerechneten
Einkommen der Organgesellschaft Gewinne oder Gewinnminderungen i.S.
des § 8b Abs. 1 bis 3 KStG oder mit solchen Beträgen
zusammenhängende Ausgaben i.S. des § 3c Abs. 2 EStG oder
ein Übernahmeverlust i.S. des § 4 Abs. 6 UmwStG 2006
enthalten sind, § 8b KStG, § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 sowie
§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG bei der Ermittlung des
Einkommens des Organträgers anzuwenden sind.
|
|
|
25
|
aaa) Für Beteiligungserträge der
Organgesellschaft i.S. von § 8b Abs. 1 und 2 KStG
(Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne) hat die
durch § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG angeordnete Nichtanwendung des
§ 8b Abs. 1 bis 6 KStG zur Folge, dass diese
Beteiligungserträge bei der Einkommensermittlung der
Organgesellschaft berücksichtigt werden (sog. Bruttomethode)
und erst auf der Ebene des Organträgers - abhängig von
dessen persönlichem Status - dem Regime des § 8b KStG
oder dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG
unterliegen (vgl. zur Bruttomethode z.B. Senatsurteile vom
14.1.2009 I R 47/08, BFHE 224, 126, BStBl II 2011, 131 = SIS 09 09 86, und vom 17.12.2014 I R 39/14, BFHE 248, 179, BStBl II 2015,
1052 = SIS 15 05 90).
|
|
|
26
|
bbb) Inwiefern die Bruttomethode auch
hinsichtlich eines Übertragungsgewinns aus einer
Aufwärtsverschmelzung auf eine Organgesellschaft zur Anwendung
kommen kann, ist umstritten. Ein Teil der Literatur (Rödder in
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 12 Rz
91 f.; Rödder/Liekenbrock in Rödder/ Herlinghaus/Neumann,
KStG, § 15 Rz 60; Wisniewski in Haritz/ Menner,
Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 12 Rz 60;
Blümich/Klingberg, § 12 UmwStG 2006 Rz 54; Knöller
in Eisgruber, UmwStG, 2. Aufl., § 12 Rz 52; Edelmann in Kraft/
Edelmann/Bron, Umwandlungssteuergesetz, § 12 Rz 142; Walter in
Ernst & Young, KStG, § 15 Rz 35; Erle/Heurung in Erle/Sauter,
KStG, 3. Aufl., § 15 KStG Rz 44; Dallwitz in Schnitger/
Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 15 Rz 92) lehnt die Anwendung
der Bruttomethode in dieser Konstellation ab, weil der
Übertragungsgewinn gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1
UmwStG 2006 bei dem aufnehmenden Rechtsträger
(Organgesellschaft) außer Ansatz bleibe und demnach nicht -
wie es § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG für die Anwendung
z.B. des § 8b Abs. 1 bis 3 KStG auf der Ebene des
Organträgers voraussetze - in dem dem Organträger
gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnenden
Einkommen der Organgesellschaft „enthalten“ sei.
Nach dieser Auffassung - für die auch die Klägerin in
ihrer Revisionserwiderung streitet - kommt es im Hinblick auf den
Übertragungsgewinn weder auf der Ebene der übernehmenden
Organgesellschaft noch auf der Ebene des Organträgers zur
Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG.
|
|
|
27
|
Die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I
2011, 1314 = SIS 11 41 63, Rz 12.07) und Teile der Literatur
(Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG
Rz 267.39; Gosch/Neumann, KStG, 3. Aufl., § 15 Rz 24;
Heinemann, GmbHR 2012, 133, 137) halten demgegenüber § 15
Satz 1 Nr. 2 KStG auch in dieser Konstellation für
einschlägig und kommen daher zu einer Anwendung des § 8b
Abs. 3 Satz 1 KStG auf der Ebene des Organträgers.
|
|
|
28
|
Eine weitere in der Literatur vertretene
Auffassung (Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG,
§ 12 UmwStG Rz 77a und § 15 KStG Rz 66 ff.; Dötsch
in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer,
§ 15 KStG Rz 64) hält zwar - wie die erstgenannte
Auffassung - die Bruttomethode für nicht anwendbar, zieht
daraus jedoch den Schluss, dass über die Steuerfreiheit des
Übernahmegewinns und die Frage der nicht abziehbaren
Betriebsausgaben endgültig auf der Ebene der Organgesellschaft
zu entscheiden sei, bei der die Steuerfreiheit des
Übernahmegewinns nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 aber
nach Satz 2 der Vorschrift durch die Anwendung des § 8b KStG
eingeschränkt sei. Danach wäre im Streitfall § 8b
Abs. 3 Satz 1 KStG bei der Ermittlung des der Organträgerin
B-GmbH zuzurechnenden Einkommens der C-GmbH anzuwenden und
würde mittelbar zu einer Einkommensminderung auf der Ebene der
Klägerin führen.
|
|
|
29
|
ccc) Nach Auffassung des erkennenden Senats
lässt sich aus den bestehenden gesetzlichen Regelungen nur das
Ergebnis der erstgenannten Auffassung ableiten, der zufolge in der
vorliegenden Konstellation auf den Übertragungsgewinn aus der
Verschmelzung der D-GmbH die Bestimmung des § 8b Abs. 3 Satz 1
KStG weder auf der Ebene der C-GmbH noch auf derjenigen der B-GmbH
oder der Klägerin zur Anwendung kommt. Die in § 12 Abs. 2
Satz 2 UmwStG 2006 vorgesehene Anwendung (auch) des § 8b Abs.
3 Satz 1 KStG auf das Einkommen der aufnehmenden Körperschaft
wird dann, wenn es sich dabei um eine Organgesellschaft handelt,
durch § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG vorbehaltlos suspendiert
(im Ergebnis a.A. Frotscher in Frotscher/Drüen, a.a.O., §
12 UmwStG Rz 77a, und Dötsch in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 15 KStG Rz 64).
Und bei der Ermittlung des der Organträgerin B-GmbH
zuzurechnenden Einkommens der C-GmbH ist der
Übertragungsgewinn gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1
UmwStG 2006 außer Ansatz zu lassen, sodass die Bestimmung des
§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG, die die Anwendbarkeit des
§ 8b KStG in Bezug auf Beteiligungserträge der
Organgesellschaft bei der Ermittlung des Einkommens des
Organträgers davon abhängig macht, dass die betreffenden
Erträge in dem diesem nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG
zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft
„enthalten“ sind, den Übertragungsgewinn
nicht erfasst.
|
|
|
30
|
Die Anwendung der Bruttomethode auf den
Übertragungsgewinn kann nicht daraus abgeleitet werden, dass
es sich bei § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 um eine den Satz 1
der Norm „konkretisierende Spezialregelung“
handele (so die Argumentation von Schießl in Widmann/Mayer,
a.a.O., § 12 UmwStG Rz 267.39, und Heinemann, GmbHR 2012, 133,
137). Denn soweit der schon nach Maßgabe von § 12 Abs. 2
Satz 1 UmwStG 2006 steuerfrei bleibende Übertragungsgewinn aus
einer Aufwärtsverschmelzung betroffen ist, besteht die
Bedeutung des Verweises in § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 auf
§ 8b KStG in einer Einschränkung der Steuerfreistellung
des Übertragungsgewinns durch § 8b Abs. 7 und Abs. 8 KStG
(Frotscher in Frotscher/Drüen, a.a.O., § 12 UmwStG Rz
77a; Herlinghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 KStG Rz 50;
Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 15
KStG Rz 64; vgl. auch Senatsurteile in BFHE 240, 115, BStBl II
2018, 509 = SIS 13 08 05, Rz 14, und vom 30.7.2014 I R 58/12, BFHE
246, 453, BStBl II 2015, 199 = SIS 14 28 02, Rz 22) und in der
Anwendung des pauschalen Betriebsausgaben-Abzugsverbots
gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG (Dötsch/Stimpel
in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 12 UmwStG Rz
60). Die Steuerfreistellung des Übertragungsgewinns beruht
aber weiterhin auf § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 und nicht
auf § 8b Abs. 2 KStG. Die Anwendung der Bruttomethode auf den
Übertragungsgewinn würde es mithin erfordern, dass §
15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG nicht nur die Anwendung des § 8b
Abs. 1 bis 6 KStG und des § 4 Abs. 6 UmwStG 2006, sondern auch
die Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 auf die
Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft ausschlösse,
was indessen nicht der Fall ist.
|
|
|
31
|
ddd) Die sonach offenbar vorhandene
Gesetzeslücke kann seitens der Rechtsprechung nicht durch
Rückgriff auf übergeordnete systematische Gesichtspunkte
oder durch Gesetzesanalogie geschlossen werden. Dem steht zum einen
entgegen, dass sowohl die Regelungen des UmwStG 2006 zur
Verschmelzung als auch die körperschaftsteuerlichen Regeln zur
Bruttomethode bei der Organschaft in hohem Maße
„technischer“ Natur sind und an im Einzelnen
beschriebenen (detaillierten) Merkmalen anknüpfen; daher
besteht für die Anwendung über den Gesetzeswortlaut
hinausgehender Prinzipien von vornherein wenig Spielraum. Zum
anderen hat der Senat bereits entschieden, dass für die
Annahme einer umfassenden und systemkonsequenten Umsetzung der
Bruttomethode sowohl die gesetzliche Grundlage als auch eine aus
dem Wesen der Organschaft eindeutig abzuleitende Pflicht fehlt
(Senatsurteil in BFHE 224, 126, BStBl II 2011, 131 = SIS 09 09 86,
zur Unanwendbarkeit der Bruttomethode auf abkommensrechtliche
Schachtelprivilegien im Veranlagungszeitraum 2002). Dies gilt auch
für die im Streitfall zu beurteilende Situation.
|
|
|
32
|
3. Die sich aus den vorstehenden
Maßgaben ergebende Erhöhung des verbleibenden
Verlustvortrags ist nicht saldierend mit einer Verringerung des
Verlustvortrags in Bezug auf den in erster Instanz streitigen
Komplex des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der
M-Gruppe zu kompensieren.
|
|
|
33
|
a) Auch wenn das FA die Klagestattgabe in
diesem Punkt akzeptiert und den Feststellungsbescheid entsprechend
angepasst hat, ist der Senat verpflichtet, die
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Rahmen des
Klagebegehrens umfassend, d.h. auch unter Berücksichtigung der
mit diesem Sachverhaltskomplex zusammenhängenden Fragen zu
prüfen. Das prozessuale Verböserungsverbot hindert das
Gericht nicht, innerhalb des vom FA festgestellten Verlustbetrags
einzelne Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher oder
rechtlicher Hinsicht für den Steuerpflichtigen
ungünstiger zu beurteilen, als dies in dem angefochtenen
Steuerbescheid geschehen ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27.9.2017
I R 53/15, BFHE 260, 45, BStBl II 2018, 702 = SIS 17 25 66, zur
vergleichbaren Situation bei der Steuerfestsetzung).
|
|
|
34
|
b) Die vorinstanzliche Entscheidung zur
Höhe des gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG
steuerfreien Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der
M-Gruppe hält der revisionsrechtlichen Prüfung indessen
stand. Das gilt sowohl für die Annahme des FG, die vereinbarte
Verzinsung sei Teil des Kaufpreises, soweit sich die Verzinsung auf
Zeiträume bis zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums
an den veräußerten Anteilen beziehe als auch für
die Feststellung des FG, das wirtschaftliche Eigentum an den in
Rede stehenden Geschäftsanteilen der M-Gruppe sei jedenfalls
nicht vor der Kaufpreiszahlung am 15.12.2006 auf die Erwerberin
übergegangen. Zu Recht ist das FG insbesondere davon
ausgegangen, dass die ausstehende kartellrechtliche Genehmigung des
Verkaufs der M-Gruppe durch die Europäische Kommission, deren
Erteilung aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des
Verkaufs gewesen ist, einem Übergang des wirtschaftlichen
Eigentums an den Geschäftsanteilen auf die Erwerberin
entgegengestanden hat.
|
|
|
35
|
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 FGO.
|