Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 22.5.2013 10 K 2866/12 K
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen, soweit das Finanzgericht Münster
ihr nicht mit Urteil vom 14.9.2011 10 K 3755/08 K stattgegeben
hat.
Die Kosten des Rechtsstreits bis zum 14.9.2011 haben die
Klägerin zu 37 % und der Beklagte zu 63 % zu tragen. Die
weiteren Kosten ab dem 15.9.2011 fallen allein der Klägerin
zur Last.
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I. Die Sache befindet sich im zweiten
Rechtsgang.
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Die Geschäftsanteile der Klägerin
und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, wurden
ursprünglich zu 99 % von der T-S.A. gehalten. Diese
veräußerte ihre Beteiligung im Oktober 2003 für 1
EUR an die M-S.A., bei der es sich nach den Feststellungen im
angefochtenen Urteil um die Muttergesellschaft der T-S.A.
handelt.
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Am 14.12.2004 erwarben zwei Mitarbeiter der
Klägerin sämtliche Geschäftsanteile für je 1
EUR.
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Die Klägerin hatte in der Zeit bis
2004 (Streitjahr) erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber den
beiden S.A. Mit Aufsichtsratsbeschluss vom 19.10.2004 erließ
die T-S.A. der Klägerin Verbindlichkeiten in Höhe von
442.276 EUR. Die M-S.A., die der Klägerin im Streitjahr bis
zur Anteilsveräußerung am 14. Dezember
Liquiditätszuschüsse in Höhe von insgesamt 160.000
EUR jeweils mit dem Verwendungszweck „avance en compte
courant“ gezahlt hatte, verzichtete im Rahmen
des Veräußerungsvertrags vom 14.12.2004 auf alle ihr
gegen die Klägerin zustehenden Forderungen. Am 23.12.2004
leistete die M-S.A. eine weitere Zahlung von 95.000 EUR an die
Klägerin mit dem Verwendungszweck „avance en compte
courant“. Mit Schreiben vom 15. April und
24.6.2005 erließ die M-S.A. der Klägerin ihre
Forderungen aus den im Streitjahr gewährten
Liquiditätszuschüssen von insgesamt 235.000 EUR sowie
eine weitere Forderung von 20.000 EUR.
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In ihrem der Steuererklärung für
das Streitjahr zugrundeliegenden Jahresabschluss zum 31.12.2004
erfasste die Klägerin die Forderungsverzichte in Höhe von
442.276 EUR, 235.000 EUR und 20.000 EUR (insgesamt 697.276 EUR) als
außerordentliche Erträge. Die Klägerin beantragte
beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) am
8.11.2005 unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums
der Finanzen (BMF) vom 27.3.2003 (sog. Sanierungserlass, BStBl I
2003, 240 = SIS 03 19 23, später ergänzt durch
BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07) den
Erlass der auf den Verzichten beruhenden Körperschaftsteuer
für das Streitjahr aus sachlichen Billigkeitsgründen
(§ 227 der Abgabenordnung in der im Streitjahr geltenden
Fassung - AO - ).
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Das FA setzte die Körperschaftsteuer
mit bestandskräftig gewordenem Bescheid
erklärungsgemäß fest. Den Antrag auf Steuererlass
lehnte das FA ab, weil es an der nach dem sog. Sanierungserlass
erforderlichen Sanierungsabsicht gefehlt habe. Die Verzichte seien
in erster Linie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
gewesen.
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Die dagegen erhobene Klage hatte im ersten
Rechtsgang teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster
hat den Ablehnungsbescheid des FA mit Urteil vom 14.9.2011 10 K
3755/08 K aufgehoben, soweit der Erlassantrag sich auf den
Forderungsverzicht der T-S.A. über 442.276 EUR bezogen hatte;
das FA wurde verpflichtet, den Erlassantrag insoweit unter
Beachtung der Entscheidungsgründe des FG-Urteils neu zu
bescheiden. Im Übrigen (Forderungsverzichte der M-S.A.) hatte
das FG die Klage im ersten Rechtsgang abgewiesen, weil diese
Verzichte erst mit den Schreiben vom 15. April und vom 24.6.2005
erklärt worden und deshalb nicht im Streitjahr, sondern erst
im Folgejahr 2005 wirksam geworden seien.
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Der erkennende Senat hat jenes FG-Urteil
auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin mit Beschluss
vom 17.7.2012 I B 155/11 aufgrund Verfahrensmangels im Umfang der
Klageabweisung aufgehoben und die Sache insoweit an das FG
zurückverwiesen.
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Im zweiten Rechtsgang hat das FG der Klage
auch im Hinblick auf die Forderungsverzichte der M-S.A.
stattgegeben und das FA verpflichtet, den Erlassantrag unter
Beachtung der Entscheidungsgründe des FG-Urteils neu zu
bescheiden (Urteil des FG Münster vom 22.5.2013 10 K 2866/12
K, juris = SIS 15 02 37).
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Gegen das FG-Urteil richtet sich die - vom
Senat zugelassene - Revision des FA. Das FA ist nach wie vor der
Auffassung, die Forderungsverzichte erfüllten nicht die
Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses, weil sie primär
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien. Im
Übrigen müsse der erst nach Verkauf der
Geschäftsanteile geleistete Liquiditätszuschuss der
M-S.A. über 95.000 EUR vom 23.12.2004 als echter Zuschuss
angesehen werden, sodass ein Rückforderungsrecht, auf das die
M-S.A. hätte verzichten können, nie bestanden habe.
Ferner könne sich der im Anteilskaufvertrag vom 14.12.2004
erklärte Forderungsverzicht der M-S.A. zeitlich nicht auf
jenen - erst später ausgereichten - Liquiditätszuschuss
beziehen.
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Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Mit Beschluss vom 13.7.2016 hat der
erkennende Senat auf Antrag der Beteiligten gemäß §
155 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der
Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung
des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) über den
Vorlagebeschluss des X. Senats des BFH vom 25.3.2015 X R 23/13
(BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 = SIS 15 12 88) angeordnet. Der
Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 28.11.2016 GrS 1/15
(BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03) entschieden,
dass das BMF mit dem im sog. Sanierungserlass vorgesehenen
Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden
Steuer gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der
Verwaltung verstößt.
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II. Die Revision erweist sich als im Ergebnis
begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage, soweit das FG dieser nicht bereits
rechtskräftig (mit Urteil vom 14.9.2011 10 K 3755/08 K)
stattgegeben hat. Der sog. Sanierungserlass, auf den die
Klägerin ihren Antrag ausschließlich stützt,
verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und ist keine geeignete
Grundlage für einen Steuererlass aus
Billigkeitsgründen.
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1. Nach § 163 Satz 1 AO können
Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer
nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Unter denselben
Voraussetzungen können gemäß § 227 AO
Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder
teilweise erlassen werden. Die Entscheidung über die
abweichende Steuerfestsetzung oder den Erlass von Steuern ist eine
Ermessensentscheidung. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um
ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende
Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO und der Erlass von
Steuern gemäß § 227 AO voraus, dass die Erhebung
bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig
wäre; der Begriff der Unbilligkeit bestimmt Inhalt und Grenzen
des Ermessens. Die Voraussetzungen der Unbilligkeit, die sich aus
persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben können,
sind im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der
behördlichen Entscheidung uneingeschränkt zu prüfen
(ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen
Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03,
Rz 98 ff., m.w.N.).
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2. Soweit das BMF mit dem sog.
Sanierungserlass die Auffassung vertreten hat, unter den dort
beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen
Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des
§ 163 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich folglich
um eine norminterpretierende - nämlich das Merkmal sachlicher
Unbilligkeit konkretisierende - Verwaltungsvorschrift, welche die
gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern
soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach
ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im
gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer
abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der
allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm
durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat. Sonach
lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die
Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO
nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift
geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf
gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung
begründen (vgl. wiederum den Beschluss des Großen Senats
des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 107
f.).
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3. Nach dem Beschluss des Großen Senats
des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 (Rz 109
ff.) beschreiben die im sog. Sanierungserlass aufgestellten
Voraussetzungen für einen Steuererlass aus
Billigkeitsgründen keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S.
der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass
gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden
Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz
der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der erkennende Senat
schließt sich dem an und verweist zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die Begründung des vorgenannten
BFH-Beschlusses.
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4. In Reaktion auf den am 8.2.2017
veröffentlichten Beschluss des Großen Senats des BFH in
BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 hat das BMF mit
Schreiben vom 27.4.2017 (BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84, Ziff. 1)
„aus Gründen des
Vertrauensschutzes“ u.a. angeordnet, dass in
den Fällen, in denen - wie im Streitfall - der
Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger
bis zum 8.2.2017 endgültig vollzogen worden ist, der sog.
Sanierungserlass „weiterhin uneingeschränkt
anzuwenden“ sei. Auch auf dieses BMF-Schreiben
lässt sich indessen die Gewährung eines Steuererlasses
gemäß § 227 AO nicht stützen. Es
verstößt ebenfalls gegen den Grundsatz der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.
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a) Wenn sich die bisherige Rechtsprechung
verschärft oder eine höchstrichterliche Entscheidung von
einer bisher allgemein geübten Verwaltungsauffassung abweicht,
kann die Finanzverwaltung allerdings gehalten sein, allgemeine
Übergangsregelungen bzw. Anpassungsregelungen zu erlassen oder
entsprechende Einzelmaßnahmen zu treffen, um den
Steuerpflichtigen im Hinblick auf seine im Vertrauen auf die
bisherige Rechtslage getroffenen Dispositionen nicht zu
enttäuschen (vgl. Senatsurteil vom 31.10.1990 I R 3/86, BFHE
163, 478, BStBl II 1991, 610 = SIS 91 11 18; BFH-Urteil vom
12.1.1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990, 261 = SIS 89 11 47; BFH-Beschluss vom 26.9.2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II
2008, 405 = SIS 08 07 23; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl., §
163 Rz 80 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rz 8; Oellerich in
Beermann/Gosch, AO § 163 Rz 145, 149; Lüdicke in
Lüdicke/Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und
internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung,
Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 261, 274).
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b) Ein schützenswertes Vertrauen des
Steuerpflichtigen im vorstehend beschriebenen Sinne ist indessen
nur dann gegeben, wenn als Vertrauensgrundlage eine gesicherte,
für die Meinung des Steuerpflichtigen sprechende
Rechtsauffassung bestanden hat und die Rechtslage nicht als
zweifelhaft erschien (BFH-Urteil vom 15.1.1986 II R 141/83, BFHE
145, 453, BStBl II 1986, 418 = SIS 86 07 08; BFH-Beschluss in BFHE
219, 245, BStBl II 2008, 405 = SIS 08 07 23). Im Fall des sog.
Sanierungserlasses bestand eine solche zweifelsfreie
Rechtsauffassung nicht. Dessen Legalität ist vielmehr von
Teilen des Schrifttums (vgl. z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 36.
Aufl., § 4 Rz 460
„Sanierungsgewinne“; Kanzler, FR 2003,
480; Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841) und der finanzgerichtlichen
Rechtsprechung (vgl. Urteil des FG München vom 12.12.2007 1 K
4487/06, EFG 2008, 515 = SIS 08 12 84) schon frühzeitig
infrage gestellt worden (vgl. auch Beschluss des Großen
Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03,
Rz 67 ff., m.w.N. zur kontroversen Rezeption des sog.
Sanierungserlasses in Rechtsprechung und Schrifttum).
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Entgegen der in der mündlichen
Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin
vertretenen Auffassung ist auch das Urteil des Bundesgerichtshofs
(BGH) vom 13.3.2014 IX ZR 23/10 (DB 2014, 945 = SIS 14 14 37) zur
haftungsrechtlichen Inanspruchnahme eines Steuerberaters, der es
unterlassen hat, seinen Mandanten auf die Möglichkeit der
steuerlichen Sonderbehandlung nach dem sog. Sanierungserlass
hinzuweisen, nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand im Hinblick
auf die Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses zu
begründen. Vielmehr hat der BGH dort die Frage der
Gesetzmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses
ausdrücklich offen gelassen, weil der Berater auch dann hafte,
wenn sich der sog. Sanierungserlass nachträglich als
gesetzeswidrig herausstelle (BGH-Urteil in DB 2014, 945 = SIS 14 14 37, Rz 31).
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c) In der vorliegenden Konstellation ist eine
allgemeine verwaltungsseitige
„Übergangsregelung“ in Form der
Anordnung der schlichten Fortgeltung des Sanierungserlasses
für alle Altfälle ausgeschlossen, weil eine solche
Maßnahme dem Gesetzgeber vorbehalten ist.
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aa) Der Große Senat des BFH hat in dem
Beschluss in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 (Rz
112 f.) ausgeführt: „Eine sachliche
Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und
ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar
nicht, dass sie allein für singulär auftretende
Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch
besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen
gewährt werden. Die Voraussetzungen einer
Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen
Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der
Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss
gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO „nach
Lage des einzelnen Falls“ unbillig sein. Eine
Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel
einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden,
doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die
Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile
vom 9.7.1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696 = SIS 70 03 82, und vom 25.11.1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II
1981, 204 = SIS 81 25 23). Typisierende Billigkeitsregelungen in
Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in
Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen
Regelung sein (...).“
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bb) Unter Zugrundelegung dieser
Maßstäbe handelt es sich bei der unterschiedslosen
Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf sämtliche noch
offene „Altfälle“ gemäß
Ziffer 1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 um
eine dem Gesetzgeber vorbehaltene typisierende
Vertrauensschutzregelung, die nicht auf eine Unbilligkeit
„nach Lage des Einzelfalls“ abstellt.
Denn es besteht kein Anhalt dafür, dass in jedem der
Altfälle das Vertrauen auf die steuerliche Begünstigung
des Sanierungsgewinns durch den sog. Sanierungserlass
ursächlich für die jeweiligen Forderungsverzichte der
Gläubiger gewesen ist und dass alle Gläubiger bei
Kenntnis des Fehlens einer Steuerbegünstigung von ihren
Forderungserlassen abgesehen und anderweitig disponiert
hätten. So hat der Große Senat des BFH die Regelungen
des sog. Sanierungserlasses u.a. auch deshalb nicht als vornehmlich
auf die Beseitigung sachlicher Unbilligkeit ausgerichtet angesehen,
weil er keine Einzelfallprüfung vorsieht, sondern typisierende
Regelungen enthält, welche die sachliche Unbilligkeit unter
den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die
Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer
sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der
Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen. Gerade bei der vom
sog. Sanierungserlass geforderten vorrangigen Verlustverrechnung
kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering
sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der
Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt; gleichwohl
gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines
verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass (Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 =
SIS 16 28 03, Rz 120 f.).
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cc) Der Verstoß der Ziffer 1 des
BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 gegen das
Legalitätsprinzip ergibt sich des Weiteren daraus, dass das
BMF-Schreiben parallel zu dem Gesetzgebungsverfahren ergangen ist,
in dem die ertragsteuerliche Begünstigung von
Sanierungsgewinnen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden
ist.
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aaa) Zeitgleich mit der Abfassung des
BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 am 27.4.2017 hat
der Deutsche Bundestag das Gesetz gegen schädliche
Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (vom
27.6.2017, BGBl I 2017, 2074, BStBl I 2017, 1202) beschlossen,
durch dessen Art. 2 und 4 u.a. die Vorschriften des § 3a des
Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 7b des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) geschaffen worden sind. Diese
enthalten nunmehr antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände
für Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus
einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen
Sanierung. Die Steuerbefreiungen sind gemäß § 52
Abs. 4a EStG und § 36 Abs. 2c GewStG i.d.F. des vorgenannten
Gesetzes erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die
Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 - dem Zeitpunkt der
Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des
BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 - erlassen
wurden. Für „Altfälle“, d.h.
für jene Sanierungsgewinne, die auf einem Erlass von Schulden
beruhen, der zeitlich bis zum 8.2.2017 vereinbart wurde, enthalten
die Gesetze keine Übergangsregelungen.
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Ursprünglich hatte der Bundesrat zwar
noch vorgeschlagen, dass die Befreiung von der Einkommensteuer
„in allen offenen Fällen“ und die
Befreiung von der Gewerbesteuer „auch für
Erhebungszeiträume vor 2017“ anzuwenden
sein sollten (BTDrucks 18/11531, S. 9 und 11). Auf eine solche
Rückwirkung ist aber in der endgültigen Gesetzesfassung
auf Vorschlag des Finanzausschusses des Bundestags verzichtet
worden. In der Begründung der Entwurfsfassung des
Finanzausschusses heißt es dazu: „Für
Steuerfälle, in denen der Schuldenerlass bis zum 8.2.2017
ausgesprochen wurde oder in denen bis zum Stichtag eine
verbindliche Auskunft erteilt wurde, ist nach dem zur
Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil I vorgesehenen
BMF-Schreiben vom 27.4.2017 ... der Sanierungserlass aus
Vertrauensschutzgründen weiterhin
anwendbar“ (BTDrucks 18/12128, S. 33).
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bbb) Führt der Gesetzgeber eine
steuerliche Begünstigungsregelung ein, nachdem sich durch eine
Gerichtsentscheidung herausgestellt hat, dass eine bislang im
Billigkeitsweg durchgeführte Verwaltungspraxis gegen das
Legalitätsprinzip verstößt, obliegt ihm auch die
Entscheidung darüber, ob und auf welche Weise die gesetzliche
Begünstigung auf Altfälle anzuwenden ist. Bezieht der
Gesetzgeber die Altfälle nicht durch eine
Übergangsregelung mit in die Neuregelung ein, steht es der
Finanzverwaltung nicht zu, die bisherige Verwaltungspraxis unter
Berufung auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Billigkeitsweg
fortzusetzen. Verwaltungsanweisungen, mit denen zur Vermeidung
unbilliger Ergebnisse generelle Unzulänglichkeiten des
Gesetzes - hier: das Fehlen einer Übergangsregelung für
Altfälle - korrigiert werden sollen, sind unzulässig
(vgl. Lüdicke, a.a.O., S. 274; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O.,
§ 163 AO Rz 8, § 227 AO Rz 54a; Oellerich in
Beermann/Gosch, AO § 163 Rz 7).
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Dass der Finanzausschuss des Deutschen
Bundestags sich in der Begründung seines Regelungsvorschlags
explizit auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84
bezogen hat, führt vorliegend zu keiner anderen Beurteilung.
Eine derartige Äußerung eines am Gesetzgebungsverfahren
beteiligten Organs im Rahmen der Begründung eines
Gesetzentwurfs ist kein geeigneter Ersatz für eine gesetzliche
Ermächtigungsgrundlage für das entsprechende
Verwaltungshandeln (a.A. Uhländer, DB 2017, 1224:
„abgestimmtes Vorgehen zwischen parlamentarischer
Verantwortung einerseits und dem BMF bzw. den obersten
Steuerbehörden in den Bundesländern
andererseits“). Hierfür wäre
vielmehr die Schaffung einer gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage (Verordnungsermächtigung
gemäß Art. 80 des Grundgesetzes - GG - ) erforderlich
gewesen.
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Ebenso wenig ändert es an dieser
Erkenntnis etwas, dass sich die gesetzlichen Neuregelungen
(Steuerbefreiungstatbestände) auf der Ebene der
Steuerfestsetzung auswirken, während über die
Begünstigungen nach dem sog. Sanierungserlass im
Billigkeitsverfahren zu entscheiden war. Insbesondere hätte
nichts dagegen gesprochen, auch jene Altfälle in eine
gesetzliche Übergangsregelung einzubeziehen, in denen - wie im
Streitfall - die Billigkeitsverfahren noch offen, die Steuern
(unter Einbeziehung der Sanierungsgewinne) aber bereits
bestandskräftig festgesetzt worden sind.
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5. Nach alldem muss der Revision des FA
stattgegeben werden, ohne dass es für die Entscheidung auf die
zwischen den Beteiligten streitigen Fragen zur Sanierungsabsicht
und zum Umfang der verzichtsbedingten Vermögensmehrungen
ankommt. Da die Klägerin ihren Antrag nicht mit
persönlichen oder einzelfallbezogenen sachlichen
Unbilligkeitsgründen begründet hat, ist die Klage in dem
noch anhängigen Umfang abzuweisen.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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