Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Keine Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf Altfälle

Keine Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf Altfälle: 1. Der sog. Sanierungserlass des BMF vom 27.3.2003 (BStBl 2003 I S. 240 = SIS 03 19 23; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl 2010 I S. 18 = SIS 10 00 07) verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Anschluss an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 GrS 1/15, BFHE 255 S. 482, BStBl 2017 II S. 393 = SIS 16 28 03). - 2. Die im BMF-Schreiben vom 27.4.2017 (BStBl 2017 I S. 741 = SIS 17 07 84) vorgesehene Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf alle Fälle, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zum 8.2.2017 endgültig vollzogen worden ist (Altfälle), ist ebenfalls nicht mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vereinbar. (Hinweis aus BStBl 2018 II S. 232 auf BMF-Schreiben vom 29. März 2018 - IV C 6 - S 2140/13/10003 = SIS 18 03 07) - Urt.; BFH 23.8.2017, I R 52/14; SIS 17 18 94

Kapitel:
Verschiedenes > Billigkeitsmaßnahmen
Fundstellen
  1. BFH 23.08.2017, I R 52/14 (ECLI:DE:BFH:2017:U.230817.IR52.14.0)
    BStBl 2018 II S. 232
    BFHE 259 S. 20
    DStR 2017 S. 2322
    BFH/NV 2017 S. 1644

    Anmerkungen:
    -/- in NWB 44/2017 S. 3328
    -/- in GmbH-Stpr 4/2018 S. 120
    H. M. Anzinger in EWIR 24/2017 S. 761
    P. Brandis in BFH/PR 1/2018 S. 10
    H.-J. Kanzler in NWB 46/2017 S. 3472
    Ch. Levedag in GmbHR 23/2017 S. R 360
    B. Rätke in BBK 22/2017 S. 1030
    G. Rodermond in WPg 23/2017 S. 1420
    J. Schiffers in DStZ 23/2017 S. 857
    F. Werth in DB 48/2017 S. 2834
Normen
[EStG i.d.F. GSchädSteuPrakt] § 3 a, § 52 Abs. 4 a
[GG] Art. 80
[AO 1977] § 163, § 227
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 22.05.2013, SIS 15 02 37, Sanierungsgewinn, Forderungsverzicht, Billigkeitsmaßnahme, Erlass, Ermessen
  • nach: 2 BvR 2637/17 (BVerfG), Sanierung, Sanierungserlass, Verwaltungsanweisung, Bundesminister der Finanzen, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Stichtag
Zitiert in... / geändert durch...
  • OVG Nordrhein-Westfalen 29.11.2022, SIS 23 07 73, Steuerberater, weitere Beratungsstelle, Leitererfordernis, Gefährdung der Berufspflichten, Zweck der Ermä...
  • FG Münster 14.9.2022, SIS 22 20 47, Keine Billigkeitsmaßnahmen nach Ablehnung der Anwendung des § 3 a EStG auf Sanierungserträge: Wenn das Fi...
  • FG Baden-Württemberg 16.11.2021, SIS 22 02 53, Antrag einer Personengesellschaft auf Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen nach § 3 a EStG bezüglich vo...
  • FG Münster 2.11.2021, SIS 21 21 10, Organschaft, Steuerschuldnerschaft, Bereitstellung von Flüssigfuttermittel als einheitliche Lieferung: 1....
  • FG Rheinland-Pfalz 30.3.2021, SIS 21 07 11, Keine Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in Altfällen aus Billigkeitsgründen: Die gesetzliche Neuregel...
  • BVerwG 5.3.2021, SIS 21 09 79, Steuerbefreiung von Sanierungsmaßnahmen im Festsetzungsverfahren, Rechtswidrigkeit des Sanierungserlasses...
  • FG Köln 23.9.2020, SIS 21 09 66, Örtliche Zuständigkeit für den Billigkeitserlass von zurückgefordertem Kindergeld: 1. Eine Klage ist gemä...
  • FG Hamburg 12.6.2020, SIS 21 05 81, Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei Erlass einer Forderung aus ausschließlich eigennützigem Interesse ...
  • BFH 12.3.2020, SIS 20 11 12, Fehlende Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen: 1. Zur Feststellung von...
  • BFH 12.3.2020, SIS 20 09 23, Kein Vertrauenstatbestand aufgrund der Verwaltungsanweisung im koordinierten Ländererlass vom 17.12.1965 ...
  • BFH 12.2.2020, SIS 20 06 20, Zum Vorsteuerabzug einer Holding (Konzeptionskosten einer Holdingstruktur) bei angeblicher Dienstleistung...
  • BFH 28.11.2019, SIS 20 00 97, Auflösung von Unterschiedsbeträgen bei Ausscheiden eines Gesellschafters: Der Begriff des Ausscheidens in...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 14.11.2019, SIS 20 20 36, Essenszuschüsse des Arbeitgebers in Form von Restaurantschecks als Sachbezug: 1. Ein Sachbezug liegt vor,...
  • BFH 7.11.2019, SIS 20 07 71, Bauabzugsteuer bei Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen: 1. Bauabzugsteuer i.S. des § 48 Abs. 1 Sa...
  • FG Münster 15.5.2019, SIS 19 11 05, Steuererlass auf Sanierungsgewinn, Sanierungserlass, Billigkeitsgründe, Vertrauensschutz: 1. Die Klage ge...
  • BFH 15.11.2018, SIS 18 21 15, Durch Insolvenzplan entstehender Gewinn als Masseverbindlichkeit: Bei der Körperschaftsteuer, die auf ein...
  • FG Düsseldorf 15.10.2018, SIS 19 02 77, Verlustabzug bei Mantelkauf, Beschwer durch Null-Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, Anwendung der ...
  • BFH 11.7.2018, SIS 18 14 48, Keine Billigkeitsmaßnahme wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit der Mindestbesteuerung: 1. Eine für den...
  • FG Bremen 8.5.2018, SIS 18 11 08, Versäumte Antragsfrist für die Anwendung des geänderten Erbschaftsteuerrechts, materiell-rechtliche Aussc...
  • BFH 8.5.2018, SIS 18 08 49, Keine Berücksichtigung des sog. Sanierungserlasses im finanzgerichtlichen Verfahren: 1. Die BMF-Schreiben...
  • BFH 16.4.2018, SIS 18 08 45, Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen: 1. Die im BMF-Schreiben vom 27.4.2017 (BStBl 2017 I ...
  • OFD Frankfurt 6.4.2018, SIS 18 08 33, Sanierungsgewinne, Auswirkungen des BFH-Beschlusses vom 28.11.2016: Im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom...
  • BMF 29.3.2018, SIS 18 03 07, Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen: Die Grundsätze der BFH-Urteile vom 23.8.2017 (SIS 17...
  • FG München 27.2.2018, SIS 18 21 49, Vorfälligkeitsentschädigung, abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen: Zutreffend ...
  • FG Münster 20.2.2018, SIS 18 05 56, Frage der Besteuerung nach allgemeinen Vorschriften des UStG oder nach den Vorschriften der Durchschnitts...
  • OFD Frankfurt 24.1.2018, SIS 18 02 64, Sanierungsgewinne, Auswirkungen des BFH-Beschlusses vom 28.11.2016: Der Bundesfinanzhof hat mit zwei Urte...
  • FG Bremen 15.11.2017, SIS 17 23 81, Werbungskostenabzug im Billigkeitswege für Vorfälligkeitsentschädigung im Zusammenhang mit der nicht eink...
Fachaufsätze
  • LIT 03 77 38 M. H. Gehm, KStZ 1/2019 S. 8: Sanierungsgewinn und Gewerbesteuer - aktuelle Rechtsprechung des BFH zur Behandlung von Altfällen und Neu...
  • LIT 03 55 80 M. Hiller/M. Baschnagel, DStZ 1-2/2018 S. 17: Update zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen - Lit.; M. Hiller/M. Baschnagel, DStZ 1-2/2018 S. 17; EStG ...
  • LIT 03 57 40 M. Weiss, StuB 3/2018 S. 85: Weiterhin Unsicherheit beim Übergang zum neuen Sanierungssteuerrecht - Lit.; M. Weiss, StuB 3/2018 S. 85;...
  • LIT 03 61 26 Ch. Uhländer, DB 15/2018 S. 854: Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen im "Stresstest" - Lit.; Ch. Uhländer, DB 15/2018 S. 854; EStG § 3 ...
  • LIT 03 53 49 J. Weitzmann, DB 47/2017 S. M 4: BFH sorgt für Rechtsklarheit! Jetzt muss der Gesetzgeber endlich für Rechtssicherheit sorgen! - Lit.; J. ...
  • LIT 03 53 50 Ch. Uhländer, DB 47/2017 S. 2761: Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen im Fokus der Gewaltenteilung - Lit.; Ch. Uhländer, DB 47/2017 S. 2...
  • LIT 03 53 67 J. M. Schmittmann, StuB 22/2017 S. 867: Die unendliche Geschichte der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: BMF und BFH erneut im offenen Schlag...
  • LIT 03 53 87 B. Binnewies, AG 23/2017 S. 853: Aktuelles zum Sanierungsgewinn - Lit.; B. Binnewies, AG 23/2017 S. 853; EStG § 3 a; BFH v. 23.8.2017 - I ...
  • LIT 03 54 54 B. Binnewies, AG 23/2017 S. 853: Aktuelles zum Sanierungsgewinn - Lit.; B. Binnewies, AG 23/2017 S. 853; EStG § 3 a; BFH v. 23.8.2017 - X ...
  • LIT 03 55 35 J. Sedlitz, DStR 51-52/2017 S. 2785: Das Ping-Pong um den Sanierungserlass - Lit.; J. Sedlitz, DStR 51-52/2017 S. 2785; EStG § 3 a; BFH v. 23....

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 22.5.2013 10 K 2866/12 K aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen, soweit das Finanzgericht Münster ihr nicht mit Urteil vom 14.9.2011 10 K 3755/08 K stattgegeben hat.
Die Kosten des Rechtsstreits bis zum 14.9.2011 haben die Klägerin zu 37 % und der Beklagte zu 63 % zu tragen. Die weiteren Kosten ab dem 15.9.2011 fallen allein der Klägerin zur Last.

 

1

I. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

 

 

2

Die Geschäftsanteile der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, wurden ursprünglich zu 99 % von der T-S.A. gehalten. Diese veräußerte ihre Beteiligung im Oktober 2003 für 1 EUR an die M-S.A., bei der es sich nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil um die Muttergesellschaft der T-S.A. handelt.

 

 

3

Am 14.12.2004 erwarben zwei Mitarbeiter der Klägerin sämtliche Geschäftsanteile für je 1 EUR.

 

 

4

Die Klägerin hatte in der Zeit bis 2004 (Streitjahr) erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber den beiden S.A. Mit Aufsichtsratsbeschluss vom 19.10.2004 erließ die T-S.A. der Klägerin Verbindlichkeiten in Höhe von 442.276 EUR. Die M-S.A., die der Klägerin im Streitjahr bis zur Anteilsveräußerung am 14. Dezember Liquiditätszuschüsse in Höhe von insgesamt 160.000 EUR jeweils mit dem Verwendungszweck „avance en compte courant“ gezahlt hatte, verzichtete im Rahmen des Veräußerungsvertrags vom 14.12.2004 auf alle ihr gegen die Klägerin zustehenden Forderungen. Am 23.12.2004 leistete die M-S.A. eine weitere Zahlung von 95.000 EUR an die Klägerin mit dem Verwendungszweck „avance en compte courant“. Mit Schreiben vom 15. April und 24.6.2005 erließ die M-S.A. der Klägerin ihre Forderungen aus den im Streitjahr gewährten Liquiditätszuschüssen von insgesamt 235.000 EUR sowie eine weitere Forderung von 20.000 EUR.

 

 

5

In ihrem der Steuererklärung für das Streitjahr zugrundeliegenden Jahresabschluss zum 31.12.2004 erfasste die Klägerin die Forderungsverzichte in Höhe von 442.276 EUR, 235.000 EUR und 20.000 EUR (insgesamt 697.276 EUR) als außerordentliche Erträge. Die Klägerin beantragte beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) am 8.11.2005 unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.3.2003 (sog. Sanierungserlass, BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23, später ergänzt durch BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07) den Erlass der auf den Verzichten beruhenden Körperschaftsteuer für das Streitjahr aus sachlichen Billigkeitsgründen (§ 227 der Abgabenordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung - AO - ).

 

 

6

Das FA setzte die Körperschaftsteuer mit bestandskräftig gewordenem Bescheid erklärungsgemäß fest. Den Antrag auf Steuererlass lehnte das FA ab, weil es an der nach dem sog. Sanierungserlass erforderlichen Sanierungsabsicht gefehlt habe. Die Verzichte seien in erster Linie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen.

 

 

7

Die dagegen erhobene Klage hatte im ersten Rechtsgang teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat den Ablehnungsbescheid des FA mit Urteil vom 14.9.2011 10 K 3755/08 K aufgehoben, soweit der Erlassantrag sich auf den Forderungsverzicht der T-S.A. über 442.276 EUR bezogen hatte; das FA wurde verpflichtet, den Erlassantrag insoweit unter Beachtung der Entscheidungsgründe des FG-Urteils neu zu bescheiden. Im Übrigen (Forderungsverzichte der M-S.A.) hatte das FG die Klage im ersten Rechtsgang abgewiesen, weil diese Verzichte erst mit den Schreiben vom 15. April und vom 24.6.2005 erklärt worden und deshalb nicht im Streitjahr, sondern erst im Folgejahr 2005 wirksam geworden seien.

 

 

8

Der erkennende Senat hat jenes FG-Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 17.7.2012 I B 155/11 aufgrund Verfahrensmangels im Umfang der Klageabweisung aufgehoben und die Sache insoweit an das FG zurückverwiesen.

 

 

9

Im zweiten Rechtsgang hat das FG der Klage auch im Hinblick auf die Forderungsverzichte der M-S.A. stattgegeben und das FA verpflichtet, den Erlassantrag unter Beachtung der Entscheidungsgründe des FG-Urteils neu zu bescheiden (Urteil des FG Münster vom 22.5.2013 10 K 2866/12 K, juris = SIS 15 02 37).

 

 

10

Gegen das FG-Urteil richtet sich die - vom Senat zugelassene - Revision des FA. Das FA ist nach wie vor der Auffassung, die Forderungsverzichte erfüllten nicht die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses, weil sie primär durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien. Im Übrigen müsse der erst nach Verkauf der Geschäftsanteile geleistete Liquiditätszuschuss der M-S.A. über 95.000 EUR vom 23.12.2004 als echter Zuschuss angesehen werden, sodass ein Rückforderungsrecht, auf das die M-S.A. hätte verzichten können, nie bestanden habe. Ferner könne sich der im Anteilskaufvertrag vom 14.12.2004 erklärte Forderungsverzicht der M-S.A. zeitlich nicht auf jenen - erst später ausgereichten - Liquiditätszuschuss beziehen.

 

 

11

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

12

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

13

Mit Beschluss vom 13.7.2016 hat der erkennende Senat auf Antrag der Beteiligten gemäß § 155 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) über den Vorlagebeschluss des X. Senats des BFH vom 25.3.2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 = SIS 15 12 88) angeordnet. Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 28.11.2016 GrS 1/15 (BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03) entschieden, dass das BMF mit dem im sog. Sanierungserlass vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

 

 

14

II. Die Revision erweist sich als im Ergebnis begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, soweit das FG dieser nicht bereits rechtskräftig (mit Urteil vom 14.9.2011 10 K 3755/08 K) stattgegeben hat. Der sog. Sanierungserlass, auf den die Klägerin ihren Antrag ausschließlich stützt, verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und ist keine geeignete Grundlage für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen.

 

 

15

1. Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen können gemäß § 227 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise erlassen werden. Die Entscheidung über die abweichende Steuerfestsetzung oder den Erlass von Steuern ist eine Ermessensentscheidung. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO und der Erlass von Steuern gemäß § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; der Begriff der Unbilligkeit bestimmt Inhalt und Grenzen des Ermessens. Die Voraussetzungen der Unbilligkeit, die sich aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben können, sind im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Entscheidung uneingeschränkt zu prüfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 98 ff., m.w.N.).

 

 

16

2. Soweit das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertreten hat, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich folglich um eine norminterpretierende - nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende - Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat. Sonach lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (vgl. wiederum den Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 107 f.).

 

 

17

3. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 (Rz 109 ff.) beschreiben die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der erkennende Senat schließt sich dem an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des vorgenannten BFH-Beschlusses.

 

 

18

4. In Reaktion auf den am 8.2.2017 veröffentlichten Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 hat das BMF mit Schreiben vom 27.4.2017 (BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84, Ziff. 1) „aus Gründen des Vertrauensschutzes“ u.a. angeordnet, dass in den Fällen, in denen - wie im Streitfall - der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zum 8.2.2017 endgültig vollzogen worden ist, der sog. Sanierungserlass „weiterhin uneingeschränkt anzuwenden“ sei. Auch auf dieses BMF-Schreiben lässt sich indessen die Gewährung eines Steuererlasses gemäß § 227 AO nicht stützen. Es verstößt ebenfalls gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

 

 

19

a) Wenn sich die bisherige Rechtsprechung verschärft oder eine höchstrichterliche Entscheidung von einer bisher allgemein geübten Verwaltungsauffassung abweicht, kann die Finanzverwaltung allerdings gehalten sein, allgemeine Übergangsregelungen bzw. Anpassungsregelungen zu erlassen oder entsprechende Einzelmaßnahmen zu treffen, um den Steuerpflichtigen im Hinblick auf seine im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage getroffenen Dispositionen nicht zu enttäuschen (vgl. Senatsurteil vom 31.10.1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610 = SIS 91 11 18; BFH-Urteil vom 12.1.1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990, 261 = SIS 89 11 47; BFH-Beschluss vom 26.9.2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405 = SIS 08 07 23; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl., § 163 Rz 80 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rz 8; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 163 Rz 145, 149; Lüdicke in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 261, 274).

 

 

20

b) Ein schützenswertes Vertrauen des Steuerpflichtigen im vorstehend beschriebenen Sinne ist indessen nur dann gegeben, wenn als Vertrauensgrundlage eine gesicherte, für die Meinung des Steuerpflichtigen sprechende Rechtsauffassung bestanden hat und die Rechtslage nicht als zweifelhaft erschien (BFH-Urteil vom 15.1.1986 II R 141/83, BFHE 145, 453, BStBl II 1986, 418 = SIS 86 07 08; BFH-Beschluss in BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405 = SIS 08 07 23). Im Fall des sog. Sanierungserlasses bestand eine solche zweifelsfreie Rechtsauffassung nicht. Dessen Legalität ist vielmehr von Teilen des Schrifttums (vgl. z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 36. Aufl., § 4 Rz 460 „Sanierungsgewinne“; Kanzler, FR 2003, 480; Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841) und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil des FG München vom 12.12.2007 1 K 4487/06, EFG 2008, 515 = SIS 08 12 84) schon frühzeitig infrage gestellt worden (vgl. auch Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 67 ff., m.w.N. zur kontroversen Rezeption des sog. Sanierungserlasses in Rechtsprechung und Schrifttum).

 

 

21

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vertretenen Auffassung ist auch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13.3.2014 IX ZR 23/10 (DB 2014, 945 = SIS 14 14 37) zur haftungsrechtlichen Inanspruchnahme eines Steuerberaters, der es unterlassen hat, seinen Mandanten auf die Möglichkeit der steuerlichen Sonderbehandlung nach dem sog. Sanierungserlass hinzuweisen, nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses zu begründen. Vielmehr hat der BGH dort die Frage der Gesetzmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses ausdrücklich offen gelassen, weil der Berater auch dann hafte, wenn sich der sog. Sanierungserlass nachträglich als gesetzeswidrig herausstelle (BGH-Urteil in DB 2014, 945 = SIS 14 14 37, Rz 31).

 

 

22

c) In der vorliegenden Konstellation ist eine allgemeine verwaltungsseitige „Übergangsregelung“ in Form der Anordnung der schlichten Fortgeltung des Sanierungserlasses für alle Altfälle ausgeschlossen, weil eine solche Maßnahme dem Gesetzgeber vorbehalten ist.

 

 

23

aa) Der Große Senat des BFH hat in dem Beschluss in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 (Rz 112 f.) ausgeführt: „Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO „nach Lage des einzelnen Falls“ unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9.7.1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696 = SIS 70 03 82, und vom 25.11.1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204 = SIS 81 25 23). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (...).“

 

 

24

bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe handelt es sich bei der unterschiedslosen Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf sämtliche noch offene „Altfälle“ gemäß Ziffer 1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 um eine dem Gesetzgeber vorbehaltene typisierende Vertrauensschutzregelung, die nicht auf eine Unbilligkeit „nach Lage des Einzelfalls“ abstellt. Denn es besteht kein Anhalt dafür, dass in jedem der Altfälle das Vertrauen auf die steuerliche Begünstigung des Sanierungsgewinns durch den sog. Sanierungserlass ursächlich für die jeweiligen Forderungsverzichte der Gläubiger gewesen ist und dass alle Gläubiger bei Kenntnis des Fehlens einer Steuerbegünstigung von ihren Forderungserlassen abgesehen und anderweitig disponiert hätten. So hat der Große Senat des BFH die Regelungen des sog. Sanierungserlasses u.a. auch deshalb nicht als vornehmlich auf die Beseitigung sachlicher Unbilligkeit ausgerichtet angesehen, weil er keine Einzelfallprüfung vorsieht, sondern typisierende Regelungen enthält, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen. Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt; gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 120 f.).

 

 

25

cc) Der Verstoß der Ziffer 1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 gegen das Legalitätsprinzip ergibt sich des Weiteren daraus, dass das BMF-Schreiben parallel zu dem Gesetzgebungsverfahren ergangen ist, in dem die ertragsteuerliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden ist.

 

 

26

aaa) Zeitgleich mit der Abfassung des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 am 27.4.2017 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (vom 27.6.2017, BGBl I 2017, 2074, BStBl I 2017, 1202) beschlossen, durch dessen Art. 2 und 4 u.a. die Vorschriften des § 3a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 7b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) geschaffen worden sind. Diese enthalten nunmehr antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände für Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung. Die Steuerbefreiungen sind gemäß § 52 Abs. 4a EStG und § 36 Abs. 2c GewStG i.d.F. des vorgenannten Gesetzes erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 - dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03 - erlassen wurden. Für „Altfälle“, d.h. für jene Sanierungsgewinne, die auf einem Erlass von Schulden beruhen, der zeitlich bis zum 8.2.2017 vereinbart wurde, enthalten die Gesetze keine Übergangsregelungen.

 

 

27

Ursprünglich hatte der Bundesrat zwar noch vorgeschlagen, dass die Befreiung von der Einkommensteuer „in allen offenen Fällen“ und die Befreiung von der Gewerbesteuer „auch für Erhebungszeiträume vor 2017“ anzuwenden sein sollten (BTDrucks 18/11531, S. 9 und 11). Auf eine solche Rückwirkung ist aber in der endgültigen Gesetzesfassung auf Vorschlag des Finanzausschusses des Bundestags verzichtet worden. In der Begründung der Entwurfsfassung des Finanzausschusses heißt es dazu: „Für Steuerfälle, in denen der Schuldenerlass bis zum 8.2.2017 ausgesprochen wurde oder in denen bis zum Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt wurde, ist nach dem zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil I vorgesehenen BMF-Schreiben vom 27.4.2017 ... der Sanierungserlass aus Vertrauensschutzgründen weiterhin anwendbar“ (BTDrucks 18/12128, S. 33).

 

 

28

bbb) Führt der Gesetzgeber eine steuerliche Begünstigungsregelung ein, nachdem sich durch eine Gerichtsentscheidung herausgestellt hat, dass eine bislang im Billigkeitsweg durchgeführte Verwaltungspraxis gegen das Legalitätsprinzip verstößt, obliegt ihm auch die Entscheidung darüber, ob und auf welche Weise die gesetzliche Begünstigung auf Altfälle anzuwenden ist. Bezieht der Gesetzgeber die Altfälle nicht durch eine Übergangsregelung mit in die Neuregelung ein, steht es der Finanzverwaltung nicht zu, die bisherige Verwaltungspraxis unter Berufung auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Billigkeitsweg fortzusetzen. Verwaltungsanweisungen, mit denen zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse generelle Unzulänglichkeiten des Gesetzes - hier: das Fehlen einer Übergangsregelung für Altfälle - korrigiert werden sollen, sind unzulässig (vgl. Lüdicke, a.a.O., S. 274; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 163 AO Rz 8, § 227 AO Rz 54a; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 163 Rz 7).

 

 

29

Dass der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags sich in der Begründung seines Regelungsvorschlags explizit auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2017, 741 = SIS 17 07 84 bezogen hat, führt vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Eine derartige Äußerung eines am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organs im Rahmen der Begründung eines Gesetzentwurfs ist kein geeigneter Ersatz für eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für das entsprechende Verwaltungshandeln (a.A. Uhländer, DB 2017, 1224: „abgestimmtes Vorgehen zwischen parlamentarischer Verantwortung einerseits und dem BMF bzw. den obersten Steuerbehörden in den Bundesländern andererseits“). Hierfür wäre vielmehr die Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (Verordnungsermächtigung gemäß Art. 80 des Grundgesetzes - GG - ) erforderlich gewesen.

 

 

30

Ebenso wenig ändert es an dieser Erkenntnis etwas, dass sich die gesetzlichen Neuregelungen (Steuerbefreiungstatbestände) auf der Ebene der Steuerfestsetzung auswirken, während über die Begünstigungen nach dem sog. Sanierungserlass im Billigkeitsverfahren zu entscheiden war. Insbesondere hätte nichts dagegen gesprochen, auch jene Altfälle in eine gesetzliche Übergangsregelung einzubeziehen, in denen - wie im Streitfall - die Billigkeitsverfahren noch offen, die Steuern (unter Einbeziehung der Sanierungsgewinne) aber bereits bestandskräftig festgesetzt worden sind.

 

 

31

5. Nach alldem muss der Revision des FA stattgegeben werden, ohne dass es für die Entscheidung auf die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen zur Sanierungsabsicht und zum Umfang der verzichtsbedingten Vermögensmehrungen ankommt. Da die Klägerin ihren Antrag nicht mit persönlichen oder einzelfallbezogenen sachlichen Unbilligkeitsgründen begründet hat, ist die Klage in dem noch anhängigen Umfang abzuweisen.

 

 

32

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.