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I. Die Beteiligten streiten über die
Berichtigung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide nach
§ 129 der Abgabenordnung (AO).
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2002 bis
2005 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als
Ingenieur und ermittelte seinen Gewinn durch
Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes (EStG).
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In den von ihm selbst erstellten
Gewinnermittlungen setzte er jeweils auf der Einnahmenseite die
vereinnahmten Bruttoeinnahmen, auf der Ausgabenseite die nach
Kostenarten aufgeschlüsselten Ausgaben einschließlich
der darin enthaltenen Vorsteuer an. In der Aufstellung waren die an
den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt - FA - )
geleisteten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgaben
enthalten.
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Das FA veranlagte die Kläger für
die Streitjahre auf der Grundlage der erklärten Einkünfte
aus selbständiger Arbeit zur Einkommensteuer, ohne den Fehler
des Klägers hinsichtlich der geleisteten Umsatzsteuerzahlungen
zu bemerken.
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Nachdem die Einkommensteuerbescheide
bestandskräftig geworden waren, beantragte der Kläger
ihre Änderung unter Hinweis auf die unberücksichtigten
Umsatzsteuerzahlungen. Dies lehnte das FA mit Bescheid vom
27.6.2008 wegen Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide
ab.
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Die dagegen nach erfolglosem Einspruch
erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 8.9.2010
14 K 14074/09 als unbegründet ab.
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Zwar sei § 129 AO auch dann anwendbar,
wenn die Finanzbehörde offenbar fehlerhafte Angaben des
Steuerpflichtigen als eigene übernehme. Eine aus rechtlichen
oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom
Sachbearbeiter (ggf. unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht)
jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung - wie im Streitfall -
sei hingegen kein Fehler, der auf ein bloßes mechanisches
Versehen zurückzuführen sei. Denn der zuständige
Sachbearbeiter habe die Unrichtigkeit nicht ohne weitere
Prüfung erkennen können. Weder den
Einkommensteuererklärungen noch den
Umsatzsteuererklärungen der jeweiligen Streitjahre sei
nämlich zu entnehmen, ob und wie viel Umsatzsteuer der
Kläger in den Streitjahren jeweils an das FA tatsächlich
abgeführt habe. Entsprechende Erkenntnisse hätte der
Sachbearbeiter nur durch weitere Ermittlungen, etwa im Rahmen einer
computergestützten Erhebungsauskunft oder durch Nachfrage bei
der Erhebungsstelle gewinnen können.
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Dagegen richtet sich die Revision, mit der
die Kläger die Verletzung des § 129 AO
rügen.
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Sie beantragen sinngemäß, das
angefochtene Urteil aufzuheben sowie die Einkommensteuerbescheide
für 2002 (vom 9.8.2004), für 2003 (vom 30.5.2005),
für 2004 (vom 20.6.2006) und für 2005 (vom 10.4.2007),
jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.2.2009, unter
Ansatz geleisteter Umsatzsteuerzahlungen als weitere
Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus
selbständiger Arbeit in Höhe von 4.371 EUR (2002), 27.971
EUR (2003), 15.107 EUR (2004) und 17.344 EUR (2005) zu
ändern.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet; das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Die Auffassung des FG, das FA habe zu Recht
eine Berichtigung der streitigen Einkommensteuerbescheide nach
§ 129 AO abgelehnt, verletzt Bundesrecht. Wegen fehlender
tatsächlicher Feststellungen kann der Senat indessen nicht
selbst entscheiden.
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1. Nach § 129 AO können
Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare
Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen
sind, jederzeit berichtigt werden.
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Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der
Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden
unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare
Unrichtigkeit erkennbar ist (ständige Rechtsprechung, s. etwa
Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25.2.1992 VII R 8/91, BFHE
168, 6, BStBl II 1992, 713 = SIS 92 20 38; vom 4.6.2008 X R 47/07,
BFH/NV 2008, 1801 = SIS 08 37 86; vom 6.11.2012 VIII R 15/10, BFHE
239, 296, BStBl II 2013, 307 = SIS 13 06 46;
Klein/Brockmeyer/Ratschow, AO, 11. Aufl., § 129 Rz 13;
Pahlke/Koenig/Pahlke, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 129 Rz 17
f.; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 129 Rz 38;
a.A. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 129 AO Rz 6).
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Offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind
mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder
Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler bei der
Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige
Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in
Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Annahme einer
offenbaren Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht
anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht,
dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer
fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen
sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler
begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung
beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom
23.10.2001 IX R 75/98, BFH/NV 2002, 467 = SIS 02 58 02). Da die
Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss,
ist § 129 AO auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar
fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt
(BFH-Urteile vom 17.6.2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505 = SIS 04 38 49, und vom 3.6.1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342 = SIS 87 25 12,
m.w.N.).
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2. Nach diesen Maßstäben sind die
Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre offenbar
unrichtig i.S. des § 129 AO. Der Kläger hat für die
Streitjahre Einnahmenüberschussrechnungen vorgelegt und darin
geleistete Umsatzsteuerzahlungen (Vorauszahlungen) nicht
berücksichtigt, obschon er Umsatzsteuerzahlungen in den
zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen ausgewiesen
hat und die Umsatzsteuer jeweils erklärungsgemäß
vom FA festgesetzt wurde.
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Aufgrund der Berücksichtigung von
Umsatzsteuerzahlungen bei der Umsatzsteuerfestsetzung durch das FA
in allen Streitjahren erscheint es entgegen der Ansicht des FG
ausgeschlossen, dass die unterbliebene Übernahme der
Ausgabenposition „Umsatzsteuerzahlungen“ in den
Einkommensteuerveranlagungen „auch auf nicht hinreichender
Sachaufklärung“ beruhen konnte. Letzteres wäre
eine rein hypothetische Annahme, die der Feststellung einer
offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO nicht
entgegengehalten werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2007 IX R
2/07, BFH/NV 2007, 2056 = SIS 07 35 12).
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Vielmehr ergab sich aus der maßgeblichen
Sicht eines objektiven Dritten (BFH-Urteil in BFHE 239, 296, BStBl
II 2013, 307 = SIS 13 06 46, m.w.N) und damit auch aus der Sicht
des FA, dass die - gesamten - umsatzsteuerlich
berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nur aufgrund eines
mechanischen Versehens vom Kläger nicht in seinen
Einkommensteuererklärungen berücksichtigt worden
waren.
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Dafür, dass der zuständige
Sachbearbeiter des FA hätte annehmen können, die
geleisteten Umsatzsteuerzahlungen seien mit Blick auf § 11
EStG wegen vollständiger Zuordnung zu einem anderen
Veranlagungszeitraum - insgesamt - nicht angesetzt worden, fehlt
jeglicher Anhaltspunkt.
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3. Nach diesen Grundsätzen ist die
Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar sind nach
den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG
offensichtlich - und auch vom FA nicht in Abrede gestellt - die in
den jeweiligen Streitjahren geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen
als Betriebsausgaben abzuziehen.
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Gleichwohl kann deren Höhe wegen der zum
Teil erst im jeweiligen Folgezeitraum geleisteten
Abschlusszahlungen nicht abschließend beurteilt werden. Diese
Prüfung wird das FG unter Berücksichtigung der
Grundsätze des BFH-Urteils vom 1.8.2007 XI R 48/05 (BFHE 218,
372, BStBl II 2008, 282 = SIS 07 34 82) zur Zurechnung von
Vorauszahlungen auf das Jahr der Zahlung oder ggf. auf das Vorjahr
nachholen.
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