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I. Streitig ist, ob die der Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin) ausgezahlten
Ausfuhrerstattungen der Europäischen Union (EU) für
Milchprodukte nach der Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 (VO Nr.
1255/1999) des Rates vom 17.5.1999 über die gemeinsame
Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 160 S. 48) als
Teil des Entgelts eines Zwischenhändlers i.S. des § 10
Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) oder als Entgelt
eines Dritten i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG die
Bemessungsgrundlage erhöhen.
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Die Klägerin stellte im Streitjahr
2000 Milchprodukte her. Sie veräußerte diese an
inländische Zwischenhändler, die die Ware durch
Frachtführer unmittelbar bei der Klägerin abholten und
ins Drittland (Russland) exportierten. Nach den mit den
Zwischenhändlern geschlossenen Verträgen verstand sich
das für die Milchproduktlieferungen an die Klägerin zu
zahlende Entgelt „netto/netto inclusive Exportsubventionen
bzw. Ausfuhrerstattung“, sodass die Exportsubventionen Teil
des Kaufpreises waren. Hierbei wurde es der Klägerin von den
Zwischenhändlern jedoch selbst überlassen, die
Ausfuhrerstattung bei der EU zu beantragen. Die Klägerin
verfügte über eine Ausfuhrlizenz und war
Erstattungsberechtigte gemäß § 15 der
Ausfuhrerstattungsverordnung.
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In ihrer Umsatzsteuererklärung 2000
erklärte die Klägerin die für die Milchprodukte
berechneten Entgelte zum ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Die hierfür erhaltenen Ausfuhrerstattungen der EU in Höhe
von 213.323 DM ließ sie dabei unberücksichtigt.
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Im Anschluss an eine
Außenprüfung erließ der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) am 10.4.2007 den
Umsatzsteuerjahresbescheid 2000, in dem es u.a. die Umsatzsteuer um
7.135,48 EUR (7/107 aus 213.323 DM = 13.955,78 DM)
erhöhte.
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Nach vergeblichem Einspruchsverfahren wies
das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Das Urteil ist in EFG 2012, 87
= SIS 11 38 48 veröffentlicht. Zur Begründung führte
es aus, es handele sich nicht um steuerfreie Ausfuhrlieferungen, da
bei Versendung durch den Abnehmer der Lieferung die Steuerbefreiung
nur dann greife, wenn der Abnehmer seinen Sitz im Ausland habe
(§ 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG), woran es fehle.
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Die gezahlten Exportsubventionen habe das
FA zu Recht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG als
Entgelt Dritter angesehen. Zum Entgelt gehöre gemäß
Art. 73 der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) auch, was
ein Dritter dem Unternehmer für seine Leistung gewähre
„einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser
Umsätze zusammenhängenden Subventionen“. Die
Klägerin habe im unmittelbaren Zusammenhang mit den
Lieferungen der Milchprodukte an die Zwischenhändler den
Anspruch auf Ausfuhrerstattung erworben. Hierbei könne offen
bleiben, ob nach der Vertragsgestaltung der Klägerin die
Exportsubventionen von den Zwischenhändlern im Wege der
Abtretung als Teil des Kaufpreises überlassen wurden oder ob
die Klägerin selbst Gläubigerin der Ausfuhrerstattungen
gewesen sei. Denn im ersten Falle (Abtretung) bestehe das von den
Zwischenhändlern erhaltene Gesamtentgelt aus Kaufpreis plus
Ausfuhrerstattung, während bei Annahme einer eigenen
Erstattungsberechtigung der Klägerin gegenüber der EU die
Subventionen zur Bemessungsgrundlage zählten. Denn Zweck der
Ausfuhrerstattung sei es gewesen, den Preisunterschied zwischen dem
innerhalb der EU künstlich erhöhten Richtpreis und dem
Weltmarktpreis wieder auszugleichen, und es der Klägerin damit
zu ermöglichen, ihre für den Export bestimmten Produkte
zu einem niedrigeren Preis an die Zwischenhändler zu verkaufen
und damit den Absatz der Produkte auf dem Weltmarkt
sicherzustellen. Im Unterschied zu den Urteilen des Gerichtshofs
der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Mohr vom
29.2.1996 C-215/94 (Slg. 1996, I-959 = SIS 96 11 20) und Landboden
Agrardienste vom 18.12.1997 C-384/95 (Slg. 1997, I-7387 = SIS 98 05 33) sei es nicht um die Aufgabe einer Milcherzeugung oder Minderung
der Kartoffelernte gegangen, bei der es keinen identifizierbaren
Leistungsempfänger gebe, sondern um Verkaufsförderung.
Die Ausfuhrerstattung verfolge den Zweck, die innerhalb der EU
produzierten Milchwaren im Drittland absetzen zu können; sie
diene nicht nur der Förderung der Klägerin.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
der auf Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision und
führt zur Begründung aus: Bei der Ausfuhrerstattung
handele es sich nicht um Entgelt der Zwischenhändler an die
Klägerin, das diese im Wege der Abtretung an die Klägerin
geleistet hätten, denn nicht die Zwischenhändler seien
Inhaber der Ausfuhrerstattungsansprüche gewesen, sondern die
Klägerin. In den Formularen für die Ausfuhranmeldungen
sei die Klägerin als Anmelder benannt. Die Zahlung der EU sei
vielmehr aus allgemeinen strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen
oder allgemeinpolitischen Gründen erfolgt. Schließlich
handele es sich auch nicht um Entgelt in Form der Zahlung eines
Dritten oder einer „unmittelbar mit dem Preis
zusammenhängenden Subvention“ i.S. des Art. 73 der
MwStSystRL, weil das Förderungsziel nicht die Subvention der
Preise zugunsten des Abnehmers, sondern die Subvention des
leistenden Unternehmers sei. Dementsprechend habe der EuGH bei
Beihilfezahlungen für Trockenfutter die Beihilfen nicht zur
Bemessungsgrundlage gezählt, weil es sich nicht um eine
Verkaufsförderung handele (EuGH-Urteil vom 15.7.2004 C-463/02,
Kommission/Schweden, Slg. 2004, I-7335 = SIS 04 35 13). Bei der
Ausfuhrerstattung liege keine Zahlung für eine bestimmte
Leistung vor, weil sie nicht unmittelbar mit dem Preis des
steuerpflichtigen Umsatzes zwischen Klägerin und
Zwischenhändler zusammenhänge, sondern mit der Ausfuhr.
Die Ausfuhrerstattungen würden daher entgegen der Ansicht des
FG nicht im Interesse der Zwischenhändler, sondern der
inländischen Landwirte gezahlt.
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Die Klägerin beantragt, unter
Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung vom
1.2.2008 den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 10.4.2007 dahingehend zu
ändern, dass die Umsatzsteuer um 7.135,48 EUR auf
-12.142.187,61 EUR vermindert wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Es verteidigt die Vorentscheidung. Es
handele sich um Entgelt Dritter, weil die Subventionen der
Preisauffüllung dienten. Der Sachverhalt des Urteils des EuGH
Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 (Trockenfutterbeihilfe)
sei nicht vergleichbar.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung und
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Die dem Ausführer aufgrund einer ihm
erteilten Ausfuhrlizenz und auf seinen Antrag ausgezahlte
Ausfuhrerstattung nach der VO Nr. 1255/1999 ist entgegen der
Auffassung des FG kein Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1
Satz 3 UStG. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden,
denn den Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, ob
nach den vertraglichen Vereinbarungen die Klägerin die
Erstattungszahlungen erfüllungshalber oder an Erfüllungs
statt als Entgelt des Leis-tungsempfängers nach § 10 Abs.
1 Satz 2 UStG erhalten hat.
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1. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3
UStG gehört „zum Entgelt auch, was ein anderer als
der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung
gewährt“. Diese Vorschrift setzt Art. 11 Teil A Abs.
1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG; jetzt Art. 73
MwStSyStRL) um, wonach zur Besteuerungsgrundlage alles zählt,
was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder
Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder
Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält
oder erhalten soll, „einschließlich der unmittelbar
mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden
Subventionen“. Diese Regelung zielt darauf ab, den
gesamten Wert der Gegenstände und Dienstleistungen der
Mehrwertsteuer zu unterwerfen und somit zu vermeiden, dass die
Zahlung einer Subvention zu einem geringeren Steuerbetrag
führt (EuGH-Urteil Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335
zur Trockenfutterbeihilfe).
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2. Nach dem Senatsurteil vom 9.10.2003 V R
51/02 (BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322 = SIS 04 03 98), mit der
sich der Bundesfinanzhof (BFH) der EuGH-Rechtsprechung
angeschlossen hat, gehören Zahlungen der öffentlichen
Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen
an Dritte erbringt, - unabhängig von der Bezeichnung als
„Zuschuss“ - dann gemäß § 10
Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze,
wenn
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- der Zuschuss dem Abnehmer des Gegenstands
oder dem Dienstleistungsempfänger zugutekommt,
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- der Zuschuss gerade für die Lieferung
eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten
sonstigen Leistung gezahlt wird, und
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- mit der Verpflichtung der den Zuschuss
gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des
Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des
Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt
hat.
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Nicht zum Entgelt gehören die Zahlungen
des Dritten, wenn sie zur allgemeinen Förderung des leistenden
Unternehmers und nicht überwiegend im Interesse des
Leistungsempfängers für eine bestimmte Leistung bewirkt
werden. An einem Leistungsaustausch kann es insbesondere dann
fehlen, wenn die Zahlung aus öffentlichen Kassen lediglich der
Förderung der Tätigkeit des Empfängers aus
strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder
allgemeinpolitischen Gründen dient und nicht der Gegenwert
für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber
ist (BFH-Urteile in BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322 = SIS 04 03 98, unter II.2.c, und vom 18.12.2008 V R 38/06, BFHE 225, 155,
BStBl II 2009, 749 = SIS 09 19 44). Die Abgrenzung zwischen Entgelt
eines Dritten und nicht steuerbarem „echten“
Zuschuss wird somit vor allem nach der Person des Bedachten und dem
Förderungsziel vorgenommen (BFH-Urteile in BFHE 203, 515,
BStBl II 2004, 322 = SIS 04 03 98, unter II.2.c, und in BFHE 225,
155, BStBl II 2009, 749 = SIS 09 19 44).
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3. Die Ausfuhrerstattung nach der VO Nr.
1255/1999 ist kein Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10
Abs. 1 Satz 3 UStG, weil es insoweit am unmittelbarem Zusammenhang
mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung fehlt.
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a) Nach Art. 31 Abs. 1 der VO Nr. 1255/1999
kann eine Ausfuhrerstattung gewährt werden für
„die Ausfuhr der in Artikel 1 ausgeführten
Erzeugnisse in unverändertem Zustand oder in Form von Waren
des Anhangs II, wenn es sich um Erzeugnisse des Artikels 1
Buchstaben a), b), c), d), e) und g) handelt“. Nach den
Feststellungen des FG wurden im Streitfall Erstattungen für
die Ausfuhr derartiger Waren gewährt.
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Nach Art. 46 Abs. 1 der VO Nr. 1255/1999 hebt
diese Verordnung die zuvor geltende Verordnung (EWG) Nr. 804/68
(ABlEG Nr. L 148) vom 27.6.1968 in der Fassung der VO Nr. 1587/96,
vom 30.7.1996 (ABlEG Nr. L 206/21) auf; nach Art. 46 Abs. 2 der VO
Nr. 1255/1999 gelten Bezugnahmen auf die VO Nr. 804/68 als
Bezugnahmen auf die VO Nr. 1255/1999. Hieraus ergibt sich im
Streitfall die Anwendung der VO Nr. 800/1999 vom 15.4.1999 (ABlEG
Nr. L 102 S. 11) über gemeinsame
Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei
landwirtschaftlichen Erzeugnissen, denn nach Art. 1 der VO Nr.
800/1999 gilt diese Verordnung für Ausfuhrerstattung nach Art.
17 der VO Nr. 804/68. Gemäß der Entsprechungstabelle zur
VO Nr. 1255/1999 (Anhang III zu dieser Tabelle) hat Art. 31 der VO
Nr. 1255/1999 den Art. 17 der VO Nr. 804/68 ersetzt.
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Für den Begriff der Ausfuhr i.S. der VO
Nr. 1255/1999 ergibt sich, dass nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der VO
Nr. 800/1999 „Ausfuhr die Erfüllung der
Ausfuhrförmlichkeiten, gefolgt durch das Verlassen des
Zollgebietes der Gemeinschaft durch die Erzeugnisse“
ist.
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Ausfuhr im Sinne des Ausfuhrerstattungsrechts
ist daher ein tatsächlicher Vorgang, der mit dem Verlassen des
Zollgebietes unter Beachtung der hierfür geltenden
Zollförmlichkeiten beendet ist. Dies entspricht der
zollrechtlichen Definition der Ausfuhr, für die es gleichfalls
auf einen tatsächlichen Vorgang, auf das Verbringen von Waren
aus dem Zollgebiet, ankommt (Witte, Zollkodex, Art. 4 Rdnr. 2).
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Der erstattungsrechtliche Ausfuhrbegriff
knüpft somit nicht an eine der Ausfuhr zugrundeliegende
Rechtsbeziehung an, die die Voraussetzung eines steuerbaren
Leistungsaustauschs i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Art. 2 Nr.
1 der Richtlinie 77/388/EWG) erfüllt. Da die Zahlung der
Ausfuhrerstattung somit keine Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1
Nr. 1 UStG voraussetzt und die Zahlung nicht im
umsatzsteuerrechtlichen Sinn für eine Leistung des
Unternehmers an einen Empfänger gewährt wird (vgl.
BFH-Urteil vom 19.10.2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl II 2003,
210 = SIS 02 02 58, unter II.3.c), fehlt der Zahlung der
Entgeltcharakter für eine Lieferung.
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b) Bestätigt wird dies durch den Zweck
der Ausfuhrerstattung. Diese dient nicht in erster Linie dem
Leistungsempfänger.
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aa) Nach Art. 31 der VO Nr. 1255/1999 wird die
Ausfuhrerstattung gezahlt, um die Ausfuhr der genannten Erzeugnisse
auf der Grundlage der im internationalen Handel geltenden Preise zu
ermöglichen. Innerhalb der Union werden die Preise für
diese Produkte durch ein Prämien- und Interventionssystem
künstlich hoch gehalten, um der landwirtschaftlich
tätigen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu
ermöglichen, die Märkte zu stabilisieren (Nr. 2 der
Begründungserwägungen der VO Nr. 1255/1999) und
„den Anteil der Gemeinschaft am Welthandel mit Milch und
Milcherzeugnissen zu wahren“
(Begründungserwägung Nr. 21 der VO Nr. 1255/1999). Der
Verkauf dieser Produkte in Drittländer, die ihren Bedarf zum
günstigeren Weltmarktpreis decken können, ist aufgrund
dieser Preise nur mit Verlust möglich. Daher soll die
Ausfuhrerstattung den Preisunterschied ausgleichen, der sich
aufgrund der Richtpreise (Art. 3 der VO Nr. 1255/1999) zwischen dem
Preis innerhalb der EU und demjenigen im internationalen Handel
ergibt. Die Ausfuhrerstattung kommt jedoch nicht - wie für die
Berücksichtigung als zusätzliches Entgelt erforderlich -
in erster Linie den Abnehmern von Milchprodukten in einem Drittland
zugute, sondern sie dient allgemeinen strukturpolitischen,
volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen
Marktregelungszwecken, nämlich der Stützung der
inländischen Landwirte und der Sicherung eines ausreichenden
Mindestbestandes an Milchprodukten.
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bb) Hinzukommt, dass - ebenso wie die
Subvention für die Herstellung von Trockenfutter, die
Gegenstand der Entscheidung des EuGH Kommission/Schweden in Slg.
2004, I-7335 Rdnrn. 42 f.) war - die Beihilfe trotz der
gegenüber dem Weltmarkt höheren Produktionskosten die
Erzeugung in der Gemeinschaft fördern und nicht Dritte zum
Kauf von Milchprodukten veranlassen soll, deren Preis aufgrund der
Beihilfe unter dem Weltmarktpreis läge, was zur Folge
hätte, dass eine auf den gezahlten Preis beschränkte
Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer nicht dem gesamten
Wert des gelieferten Gegenstands entspräche. Die Regelung soll
vielmehr Abnehmern in Drittländern ermöglichen, sich in
der Gemeinschaft zu einem dem Weltmarktpreis entsprechenden
(Normal)Preis zu versorgen, zu dem sie sich außerhalb der
Gemeinschaft auch dann versorgen könnten, wenn ohne Beihilfe
innerhalb der Gemeinschaft kein oder kein ausreichendes Angebot
vorhanden wäre. Die auf diesen Preis - d.h. den Preis ohne
Berücksichtigung der Beihilfe - erhobene Mehrwertsteuer
erfasst daher - ebenso wie in dem vom EuGH Kommission/Schweden in
Slg. 2004, I-7335 entschiedenen Sachverhalt - den gesamten
Marktwert des Gegenstands.
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Hierzu führt der EuGH in seinem Urteil
Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 zur Trockenfutterbeihilfe
aus (Rdnr. 43):
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„In diesem Kontext stellt sich die
Beihilferegelung nicht als Verbrauchsförderung dar. Sie soll
nicht Dritte zum Kauf von Trockenfutter veranlassen, dessen Preis
aufgrund der Beihilfe unter dem Weltmarktpreis läge, was zur
Folge hätte, dass eine auf den gezahlten Preis
beschränkte Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer
nicht den Wert der gelieferten Gegenstände entspräche.
Die Regelung soll Dritten vielmehr ermöglichen, sich in der
Gemeinschaft zu einem dem Weltmarktpreis entsprechenden Preis zu
versorgen, zu dem sie sich zudem außerhalb der Gemeinschaft
versorgen könnten, wenn ohne die Beihilfe innerhalb der
Gemeinschaft kein oder kein ausreichendes Angebot vorhanden
wäre. Die auf diesen Preis erhobene Mehrwertsteuer erfasst
also den gesamten Marktwert des Gegenstandes.“ Dies gilt
auch für den Streitfall.
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Entgegen der Rechtsauffassung des FA stellt
somit die Ausfuhrerstattung für Milchprodukte keine im
Interesse der Abnehmer liegende Preisauffüllung dar, die dazu
bestimmt ist, das Entgelt auf den Normalpreis (Weltmarktpreis)
aufzufüllen, sondern - im Gegenteil - sie dient dazu, eine
künstliche Verteuerung abzubauen.
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4. Der Senat kann jedoch nicht selbst
entscheiden, da das FG keine ausreichenden Feststellungen dazu
getroffen hat, ob die Ausfuhrerstattung aufgrund der Vereinbarungen
mit den Zwischenhändlern Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1
Satz 2 UStG waren.
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Hierzu sind die Feststellungen des FG
widersprüchlich. Während das FG zunächst (auf Seite
3 seines Urteils) ausführt, dass die Ausfuhrerstattungen
„Teil des Kaufpreises waren“, lässt es in
den Gründen (Seite 5 des Urteils) ausdrücklich offen,
„ob die mit den Zwischenhändlern vereinbarte
Preisklausel eine Abtretung etwaiger Ansprüche auf
Ausfuhrerstattungen der Zwischenhändler an die Klägerin
darstellen“. Hierzu sind daher weiter gehende
Feststellungen zu treffen. Hierbei wird das FG von Folgendem
auszugehen haben:
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a) Liegt - wie im Streitfall zwischen der
Klägerin und den Zwischenhändlern - eine entgeltliche
Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, ist für
deren Besteuerung unerheblich, ob der Leistungsempfänger die
Entgeltsverpflichtung in eigener Person erfüllt oder ob ein
anderer vereinbarungsgemäß den vom
Leistungsempfänger für die Leistung geschuldeten Betrag
bezahlt (z.B. BFH-Urteil vom 19.10.2001 V R 75/98, BFH/NV 2002, 547
= SIS 02 58 91, unter II.3.d). Ohne Bedeutung für die
Umsatzsteuer ist deshalb, ob der Leistungsempfänger seine
Entgeltforderung vereinbarungsgemäß durch Abtretung
einer Forderung erfüllt, die er, der Leistungsempfänger,
selbst gegenüber einem Dritten besitzt (vgl. z.B. EuGH-Urteil
vom 25.5.1993 C-18/92, Bally, Slg. 1993, I-2871 = SIS 93 15 31
Rdnr. 17) und diesen insoweit in die Erfüllung seiner
Entgeltsverpflichtung einschaltet. Dass der Zahlende zugleich eine
eigene Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger
und/oder dem leistenden Unternehmer erfüllt, steht der
Beurteilung der Zahlung als Entgelt in einem anderen
Rechtsverhältnis nicht entgegen (BFH-Urteil in BFH/NV 2002,
547 = SIS 02 58 91, unter II.3.d; vgl. z.B. EuGH-Urteil vom
15.5.2001 C-34/99, Primback Ltd., Slg. 2001, I-3833 = SIS 01 08 77
Rdnr. 43, m.w.N.). Ist daher der Ausfuhrerstattungsanspruch als
Teil des Entgelts für die Lieferungen an den
Zwischenhändler vereinbart worden, ist die Zahlung Teil der
Bemessungsgrundlage für die Lieferungen. Für einen
Entgeltcharakter der Ausfuhrerstattung im Verhältnis zum
Zwischenhändler würde sprechen, dass im Falle einer
Leistungsstörung der Zwischenhändler zur Nachzahlung
einer ausgebliebenen Ausfuhrerstattung verpflichtet wäre, wenn
z.B. die Erstattung aus Gründen, die die Klägerin nicht
zu vertreten hätte, ganz oder teilweise ausbleiben sollte.
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b) Zu keinem zusätzlichen Entgelt in Form
der Abtretung geldwerter Ansprüche oder Vorteile führt
es, wenn die Zwischenhändler lediglich die Mithilfe und
Unterstützung bei der Verfolgung eigener Rechtsansprüche
der Klägerin an der Durchsetzung von
Ausfuhrerstattungsansprüchen vereinbart hätten, z.B.
durch die Übergabe von Ausfuhrdokumenten oder weiterer
Nachweisunterlagen. Denn nicht die Erfüllung jedweder
Nebenpflichten aus einem Vertrag (wie z.B. die Rechnungslegung)
stellt bereits ein zusätzliches Entgelt i.S. des § 10
Abs. 1 Satz 2 UStG dar.
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c) Das FG wird dabei berücksichtigen,
dass gemäß Art. 31 Abs. 6 der VO Nr. 1255/1999 sowie der
im Streitjahr geltenden Durchführungsbestimmungen (VO Nr.
800/1999 vom 15.4.1999) der „Ausführer“
erstattungsberechtigt nach Art. 2 Buchst. i ist. Nach dem
EuGH-Urteil vom 12.7.2012 in den verbundenen Rechtssachen C-608/10
Südzucker AG, C-10/11 WEGO Landwirtschaftliche Schlachtstellen
GmbH und C-23/11 Fleischkontor Moksel GmbH (HFR 2012, 1000) hat der
Inhaber einer Ausfuhrlizenz grundsätzlich dann Anspruch auf
Ausfuhrerstattung, wenn er in Feld 2 der bei der zuständigen
Zollstelle abgegebenen Ausfuhranmeldung als Ausführer
eingetragen ist (Rdnr. 44).
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5. Eine Vorlage an den EuGH zur Klärung
der Frage, „ob die im vorliegenden Fall der Klägerin
gewährten Ausfuhrerstattungen Entgelt von dritter Seite
sind“, ist nicht erforderlich, da die Grundsätze
geklärt sind und es nach der Rechtsprechung des EuGH Sache der
nationalen Gerichte ist, „anhand der ihm unterbreiteten
Tatsachen festzustellen, ob die Subvention eine solche
Gegenleistung darstellt“ (z.B. EuGH-Urteil vom 22.11.2001
C-184/00, Office des produits wallons, Slg. 2001, I-9115 = SIS 02 01 34 Rdnr. 18).
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