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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, deren Zweck es
ist, Kiese, Sande, Schotter und Splitt zu gewinnen, aufzubereiten
und zu vertreiben, hat mit notariellem Kaufvertrag (KV) vom
8.5.1992 von der Treuhandanstalt Berlin (Treuhandanstalt) das
Bergwerkseigentum für insgesamt 13 Bergwerksfelder erworben.
Gegenstand der Rechte waren Gesteine (im Folgenden auch
Bodenschätze) zur Herstellung von Schotter und Split sowie
Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen. Die
Treuhandanstalt hatte die Bergwerkseigentumsrechte zuvor aufgrund
der Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum
(BergwEigVerlV) vom 15.8.1990 des Ministerrats der Deutschen
Demokratischen Republik (DDR) verliehen erhalten (Gesetzblatt - GBl
- DDR Teil I Nr. 53, 1071; § 1 der Verordnung i.V.m. Anlage
Abs. 1 Nr. 9.23 und 9.27). Die der Klägerin übertragenen
Gewinnungsrechte sind nach Kapitel V Sachgebiet D Abschn. III Nr. 1
Buchst. d Abs. 3 der Anlage I zu Art. 8 des Einigungsvertrags vom
31.8.1990 (BGBl II 1990, 889) - EinigVtr - als unbefristete
Bergwerkseigentumsrechte i.S. von § 151 des Bundesberggesetzes
(BBergG) bestätigt worden.
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Der Kaufpreis belief sich auf 38.225.000
DM; mit diesem Betrag waren auch die Forderungen der
Treuhandanstalt in Höhe von 725.000 DM wegen der in der Zeit
von Januar 1992 bis zum Vertragsabschluss von der Klägerin
entnommenen Bodenschätze abgegolten (§ 2 KV). Nach
Maßgabe des § 6 KV (Rückfallregelung) konnte die
Treuhandanstalt die Rückübertragung des
Bergwerkseigentums verlangen, wenn die Gewinnung nicht innerhalb
von drei Jahren nach Vertragsschluss (Übergabestichtag)
aufgenommen oder der regelmäßige Abbau für einen
Zeitraum von mehr als drei Jahren unterbrochen würde. Für
den Fall der Weiterveräußerung (Verwertung) der
Gewinnungsrechte innerhalb von fünf Jahren nach
Kaufvertragsschluss hatte die Klägerin nach § 7 KV
(Spekulationsklausel) einen ihre eigene Kaufpreisverpflichtung
übersteigenden Mehrerlös an die Treuhandanstalt
abzuführen; im Falle einer späteren, jedoch innerhalb von
zehn Jahren nach Vertragsschluss vereinbarten
Weiterveräußerung sollte sich die Auskehrung auf 50 %
des Mehrerlöses reduzieren.
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Im Jahresabschluss für 1992
berücksichtigte die Klägerin Sonderabschreibungen auf das
Bergwerkseigentum nach § 4 i.V.m. § 3 des
Fördergebietsgesetzes vom 24.6.1991 (BGBl I 1991, 1322) -
FöGbG 1991 - in Höhe von 18.769.973,80 DM. Der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erkannte die
Sonderabschreibungen unter Hinweis auf den Erlass des Ministeriums
der Finanzen Sachsen-Anhalt vom 23.9.1996 42 - S 1988 - 22 (DStR
1996, 1651) nicht an.
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Die nach erfolglosem Einspruch erhobene
Klage gegen die hiernach geänderten Steuerbescheide blieb ohne
Erfolg (Urteil des Finanzgerichts - FG - des Landes Sachsen-Anhalt
vom 9.6.2010 3 K 1568/04, EFG 2011, 1011 = SIS 11 07 61).
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Mit der vom FG zugelassenen Revision
beantragt die Klägerin, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben
und die angefochtenen Bescheide entsprechend den erstinstanzlichen
Anträgen zu ändern.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Das
Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat verkannt, dass die
Klägerin nicht nur das Bergwerkseigentum als immaterielles
Wirtschaftsgut erworben hat, sondern dass sie zugleich
wirtschaftliche Eigentümerin der Bodenschätze als
unbewegliche Wirtschaftsgüter geworden ist und hierfür
die Sonderabschreibungen nach § 3 i.V.m. § 4 FöGbG
1991 in Anspruch nehmen konnte. Die bisherigen tatrichterlichen
Feststellungen zu den Anschaffungskosten reichen allerdings nicht
aus, um durcherkennen zu können.
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1. Nach § 1 FöGbG 1991 können
für begünstigte Investitionen i.S. der §§ 2 und
3 FöGbG 1991, die im Fördergebiet durchgeführt
werden, u.a. Sonderabschreibungen nach § 4 in Anspruch
genommen werden. Zu den begünstigten Maßnahmen
gehören zum einen nach § 2 FöGbG 1991 die
Anschaffung und Herstellung beweglicher Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens, zum anderen nach § 3 FöGbG 1991 die
Anschaffung und die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen
Wirtschaftsgütern sowie Modernisierungsmaßnahmen und
andere nachträgliche Herstellungsarbeiten an abnutzbaren
unbeweglichen Wirtschaftsgütern (Satz 1). Die Anschaffung von
abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern, die beim Erwerber
nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, ist nach Satz 2
der Vorschrift nur begünstigt, wenn für das
Wirtschaftsgut weder Absetzungen für Abnutzung nach § 7
Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1990) noch erhöhte
Absetzungen oder Sonderabschreibungen in Anspruch genommen worden
sind und das Wirtschaftsgut bis zum Ende des Jahres der
Fertigstellung angeschafft wird. Die Sonderabschreibungen betragen
nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FöGbG 1991 bis zu 50 % der
Anschaffungs- oder Herstellungskosten der angeschafften oder
hergestellten Wirtschaftsgüter oder der Herstellungskosten,
die für die nachträglichen Herstellungsarbeiten
aufgewendet worden sind. Sie können im Jahr der Anschaffung
oder Herstellung oder Beendigung der nachträglichen
Herstellungsarbeiten und in den folgenden vier Jahren beansprucht
werden (Satz 2).
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2. Die Vorinstanz hat - ebenso wie die
Beteiligten - die Frage, ob die Klägerin i.S. von § 3
Satz 1 FöGbG 1991 ein abnutzbares und unbewegliches
Wirtschaftsgut angeschafft hat, mit Rücksicht auf den Erwerb
des Bergwerkseigentums geprüft. Sie hat diese Frage mit der
Begründung verneint, dass es sich beim Bergwerkseigentum um
ein immaterielles, d.h. um ein nichtkörperliches
Wirtschaftsgut handele und Gegenstände dieser Art nach
ständiger Rechtsprechung weder beweglich noch unbeweglich sein
können.
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3. Nach Auffassung des erkennenden Senats hat
die Klägerin aufgrund des mit der Treuhandanstalt
geschlossenen Kaufvertrags vom 8.5.1992 nicht nur das
Gewinnungsrecht (Bergwerkseigentum), sondern zugleich auch das
wirtschaftliche Eigentum an den Bodenschätzen (hier: Gesteine,
Kiese und Kiessande) erworben. Folge hiervon ist, dass die
Klägerin die Bodenschätze als materielle
Wirtschaftsgüter (Vermögensgegenstände) nach §
39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) sowie § 242
Abs. 1 des Handelsgesetzesbuchs (HGB) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1
EStG 1990 und § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes
(KStG 1991) in ihren Steuer- und Handelsbilanzen zu aktivieren
hatte (vgl. hierzu eingehend Senatsurteil vom 1.2.2012 I R 57/10,
BFHE 236, 374, BStBl II 2012, 407 = SIS 12 11 16, m.w.N.) und -
hieran anknüpfend - auch das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale
des § 3 FöGbG 1991 im Hinblick auf den Erwerb der
Bodenschätze zu prüfen ist. Demnach erübrigen sich
im Streitfall auch Ausführungen dazu, ob das Bergwerkseigentum
zu den materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgütern zu
rechnen ist.
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a) Letzterem steht nicht entgegen, dass nicht
nur Sachen, sondern auch Rechte und immaterielle
Wirtschaftsgüter zu den in der Handels- und Steuerbilanz zu
aktivierenden Vermögensgegenständen und
Wirtschaftsgütern gehören können (vgl. z.B.
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 31. Aufl., § 5 Rz 110 ff.). Zu
beachten ist insoweit, dass der Kaufmann in der Handelsbilanz sein
Vermögen auszuweisen (§ 242 HGB) und - hiermit
übereinstimmend - auch in seine Steuerbilanz die ihm als
Betriebsvermögen zuzurechnenden Wirtschaftsgüter
aufzunehmen hat (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG 1990 i.V.m. § 8
Abs. 1 KStG 1991). Demgemäß ist bei der Bilanzierung von
Aktiva zwischen dem Wirtschaftsgut als Gegenstand der Bilanzierung
und dem diesen Ausweis berechtigenden Zurechnungstitel, d.h. der
subjektiven Zurechnung des Wirtschaftsguts zum Vermögenskreis
des Bilanzierenden, zu unterscheiden (vgl. dazu
Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 300 ff., 510 ff.). Ist
hiernach aber nicht fraglich, dass der
Grundstückseigentümer das Grundstück, nicht aber
sein Eigentumsrecht am Grundstück zu bilanzieren hat, so kann
für den Inhaber des Bergwerkseigentums nichts anderes gelten,
wenn er aufgrund des ihm verliehenen Gewinnungsrechts zugleich
wirtschaftlicher Eigentümer des bezeichneten Bodenschatzes
geworden ist. Auch in diesem Fall muss - ungeachtet dessen, dass
Gewinnungsberechtigungen grundsätzlich die Eignung zukommt,
selbst Gegenstand der Bilanzierung zu sein (vgl. allgemein
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.12.2006 GrS 1/05, BFHE
216, 168, BStBl II 2007, 508 = SIS 07 13 20) - der Bodenschatz als
das in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehende
Wirtschaftsgut qualifiziert werden. Im Schrifttum wird deshalb zu
Recht darauf hingewiesen, dass Ausbeuterechte nur dann zu
aktivieren sind, wenn dem Berechtigten weder das zivilrechtliche
noch das wirtschaftliche Eigentum am Mineralvorkommen zusteht
(Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 2.
Aufl., § 266 HGB Rz 99; zustimmend Adler/Düring/Schmaltz,
Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB
§ 266 Rz 38).
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b) Die Klägerin ist wirtschaftliche
Eigentümerin der in den Verleihungsurkunden ihrer
Bergwerkseigentumsrechte bezeichneten Bodenschätze geworden
(vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 BBergG; § 3 Satz 2 Nr. 5
der Verordnung des Ministerrats der DDR vom 15.8.1990, a.a.O.).
Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO sind Wirtschaftsgüter -
abweichend von Absatz 1 der Vorschrift - nicht dem zivilrechtlichen
Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer
zuzurechnen, wenn dieser die tatsächliche Sachherrschaft
über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den
Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche
Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut
wirtschaftlich ausschließen kann.
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aa) Das Bundesberggesetz unterscheidet
zwischen den grundeigenen und den bergfreien Bodenschätzen;
auf letztere erstreckt sich nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG das
Eigentum am Grundstück nicht. Für solche Vorkommen
gewährt das Bergwerkseigentum das absolute und
ausschließliche Recht, die in der Verleihungsurkunde
bezeichneten Bodenschätze zu gewinnen und das Eigentum hieran
zu erwerben (§ 6, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1
BBergG). Bis zur Ausübung des Aneignungsrechts (§ 958 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ) gelten die Mineralien nach
herrschender Meinung als herrenlose Sachen (BFH-Beschluss in BFHE
216, 168, BStBl II 2007, 508 = SIS 07 13 20; zu Einzelheiten s.
Boldt/Weller, Bundesberggesetz, § 3 Rz 9 und § 8 Rz
13).
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(1) Im Streitfall waren die Vorkommen zwar
zunächst - unabhängig vom Grundeigentum - Volkseigentum;
das Recht zu ihrer Gewinnung stand der DDR zu (§§ 3, 5
des Berggesetzes der DDR vom 12.5.1969, GBl DDR, Teil I 1969, Nr.
5, 29). Aufgrund der BergwEigVerlV wurden der Treuhandanstalt
jedoch für die Bodenschätze Bergwerkseigentumsrechte
verliehen; hierdurch sind zugleich die Gewinnungsrechte der DDR
erloschen (§ 3 Abs. 3 BergwEigVerlV). Die
Bergwerkseigentumsrechte sind anschließend mit Kaufvertrag
vom 8.5.1992 der Klägerin übertragen worden und
gemäß Kapitel V Sachgebiet D Abschn. III Nr. 1 Buchst. d
Abs. 3 der Anlage I zu Art. 8 EinigVtr als unbefristete
Bergwerkseigentumsrechte i.S. von § 151 BBergG bestätigt
worden (vgl. hierzu auch § 2 des Gesetzes zur
Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei
Bodenschätzen vom 15.4.1996, BGBl I 1996, 602). Folge hiervon
war, dass die Klägerin keine Förderabgabe zu entrichten
hatte (§ 151 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 31 BBergG).
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(2) Auch wenn man aus den vorstehenden
Regelungszusammenhängen ableitet, dass die von den
Bergwerkseigentumsrechten der Klägerin erfassten Vorkommen zu
herrenlosen Sachen (§ 958 BGB) geworden sind, wird hierdurch
nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin schon vor der
Gewinnung der Bodenschätze als deren wirtschaftliche
Eigentümerin anzusehen war. Obgleich § 39 Abs. 2 Nr. 1
i.V.m. Abs. 1 AO offensichtlich von dem Grundfall ausgeht, dass das
in Frage stehende Wirtschaftsgut einem anderen als dem
zivilrechtlichen Eigentümer zuzuordnen ist, hindert dies nicht
die Annahme wirtschaftlichen Eigentums an herrenlosen Sachen. Nach
der Rechtsprechung umschreibt § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eine
Mehrzahl ungleichartiger Rechtslagen, die den Nichteigentümern
eine eigentumsähnliche Position verschaffen; ihre Anwendung
erfordert deshalb die Bildung von Fallgruppen und deren wertende
Zuordnung (BFH-Urteile vom 27.11.1996 X R 92/92, BFHE 182, 104,
BStBl II 1998, 97 = SIS 97 07 08; vom 24.6.2004 III R 50/01, BFHE
206, 551, BStBl II 2005, 80 = SIS 04 39 18). Sind hiernach aber
Substanzausbeutebefugnisse geeignet, das wirtschaftliche Eigentum
an den zivilrechtlich dem Grundstückseigentümer
zustehenden Vorkommen - d.h. den grundeigenen sowie nicht dem
Bundesberggesetz unterstehenden Bodenschätzen - zu
begründen (vgl. die Nachweise bei Fischer in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 39 AO Rz 72), so
muss Gleiches erst recht für bergfreie Mineralien gelten, an
denen das zivilrechtliche Eigentum erst durch die Inbesitznahme des
Bergwerkseigentümers begründet wird (§ 958 BGB; im
Streitfall i.V.m. § 955 BGB).
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bb) Im Streitfall sind die für die
Annahme wirtschaftlichen Eigentums erforderlichen Voraussetzungen
gegeben.
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(1) Der Senat neigt dazu, dass die in Frage
stehenden Vorkommen als materielle Wirtschaftsgüter bereits
dadurch entstanden sind, dass der Treuhandanstalt die
entsprechenden Bergwerkseigentumsrechte verliehen wurden (Urteil
des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 15.12.1999 1 K 116/98, EFG 2000,
306 = SIS 01 51 06). Hierfür spricht insbesondere, dass in der
jeweiligen Verleihungsurkunde u.a. die Größe und
Begrenzung des Bergwerksfelds unter Verweis auf den Lageriss genau
anzugeben sowie die betroffenen Bodenschätze zu bezeichnen
waren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5 BergwEigVerlV). Dies kann
jedoch letztlich offenbleiben, da die Bodenschätze mit dem
Beginn ihrer Aufschließung, spätestens aber mit der
entgeltlichen Übertragung des Bergwerkseigentums auf die
Klägerin als Wirtschaftsgüter greifbar geworden sind.
Letzteres wird allgemein angenommen, wenn ein Abbauunternehmen ein
Grundstück einschließlich des (z.B. grundeigenen)
Bodenschatzes erwirbt und für den Bodenschatz ein gesondertes
Entgelt zahlt (Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 464; Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen vom 7.10.1998, BStBl I 1998,
1221 = SIS 98 23 23). Nichts anderes kann für den Erwerb des
Bergwerkseigentums gelten. Das Bergwerkseigentum vermittelt nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine dem
Grundstückseigentum vergleichbare Rechtsstellung (BGH-Urteil
vom 19.9.2008 V ZR 28/08, BGHZ 178, 90); mit seiner entgeltlichen
Übertragung auf die Klägerin ist deshalb auch der
Bodenschatz zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht worden
(vgl. dazu auch BFH-Urteile vom 23.6.1977 IV R 17/73, BFHE 123,
140, BStBl II 1977, 825 = SIS 77 04 58; vom 24.1.2008 IV R 45/05,
BFHE 220, 366, BStBl II 2009, 449 = SIS 08 21 74, m.w.N.).
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(2) Die der Klägerin zustehenden Rechte
wiesen sie als wirtschaftliche Eigentümerin der
Bodenschätze aus, da ihr als Inhaberin des i.S. von § 151
BBergG übergeleiteten Bergwerkseigentums das unwiderrufliche
und unbefristete Recht zustand, die betroffenen bergfreien
Vorkommen auszubeuten und das Eigentum an den gehobenen
Bodenschätzen zu erwerben. Dieser Einschätzung steht
weder entgegen, dass die Treuhandanstalt nach Maßgabe des
§ 6 KV die Rückübertragung des Bergwerkseigentums
hätte verlangen können, wenn der regelmäßige
Abbau für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren unterbrochen
worden wäre, noch lässt sich ihr entgegenhalten, dass
für den Fall der Weiterveräußerung der
Gewinnungsrechte innerhalb von fünf bzw. zehn Jahren nach
Kaufvertragsschluss die Klägerin etwaige ihre eigenen
Kaufpreisverpflichtungen übersteigenden Mehrerlöse an die
Treuhandanstalt ganz oder teilweise hätte abführen
müssen (§ 7 KV). Beide Vertragsregelungen sind bereits
deshalb nicht geeignet, die Erlangung wirtschaftlichen Eigentums an
den Vorkommen zu hindern, weil die wertende Zuordnung dieser
Rechtsstellung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO am Regelfall, d.h. an
dem für die jeweilige Gestaltung typischen Geschehensablauf
auszurichten (Fischer in HHSp, § 39 AO Rz 52, m.w.N.) und bei
einem Abbauunternehmen zu vermuten ist, dass alle
abbauwürdigen Lagerstätten zur Ausbeutung bestimmt sind
(BFH-Urteil in BFHE 123, 140, BStBl II 1977, 825 = SIS 77 04 58 zu
1.b). Demnach ist auch im Streitfall davon auszugehen, dass die
Klägerin nicht beabsichtigte, ihre Abbaurechte - verbunden mit
der Verpflichtung zur Auskehrung des Mehrerlöses -
weiterzuveräußern, sondern die Vorkommen
vollständig zu heben. Anhaltspunkte für hiervon
abweichende unternehmerische Erwägungen der Klägerin
ergeben sich weder aus der vorinstanzlichen Entscheidung noch aus
dem Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren.
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c) Gegen die Aktivierung der Bodenschätze
in den Bilanzen der Klägerin lässt sich nicht einwenden,
dass nach ständiger Rechtsprechung die für grundeigene
und für nicht dem Bundesberggesetz unterfallende
Bodenschätze (Grundeigentümerbodenschätze)
geschlossenen Ausbeuteverträge als Pachtverträge zu
qualifizieren und deshalb nach den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung als schwebende
Geschäfte zu behandeln sind, die jedenfalls bis zur
vollständigen Erbringung der Sach- oder Dienstleistung nicht
bilanziert werden dürfen (z.B. BFH-Urteil vom 25.10.1994 VIII
R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312 = SIS 95 09 21). Im
Streitfall kann offenbleiben, ob sich aus dieser Rechtsprechung
Auswirkungen auf die Beurteilung des Erwerbs von Bergwerkseigentum
ergeben, wenn der Inhaber der Bewilligung
(Bergwerkseigentümer) für die gewonnenen bergfreien
Bodenschätze eine Förderabgabe nach § 31 BBergG zu
entrichten hat; gleichfalls ist nicht darauf einzugehen, ob das
Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte - weiter gehend
- auch die Annahme hindert, dass der Betroffene ein Wirtschaftsgut
erworben habe (ablehnend z.B. BFH-Urteil vom 4.6.1991 X R 136/87,
BFHE 165, 349, BStBl II 1992, 70 = SIS 91 23 06; zum Streitstand s.
Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 244d). Beides kann vorliegend
unentschieden bleiben, weil die Klägerin mit einer
Förderabgabe nach § 31 BBergG nicht belastet war (§
151 Abs. 2 Nr. 2 BBergG), sondern die Bergwerkseigentumsrechte
gegen ein Einmalentgelt erworben hatte. Da zudem die
Treuhandanstalt durch die Übertragung der Gewinnungsrechte
auch ihre kaufvertraglichen Verpflichtungen vollständig
erfüllt hatte (vgl. Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 244
f.; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 76), war die
Klägerin bereits aus diesem Grund nicht nach den für
schwebende - d.h. nicht erfüllte - Geschäfte geltenden
Grundsätzen am bilanziellen Ausweis der Bodenschätze
gehindert. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass das
vorinstanzliche Urteil keine Feststellungen zu den
Rechtsverhältnissen an den von den Gewinnungsrechten der
Klägerin betroffenen Grundstücken enthält. Selbst
wenn man insoweit von Fremdeigentum ausgeht und weiterhin annimmt,
dass der Grundstücksnutzung selbst ein schwebendes und
bilanziell nicht auszuweisendes Geschäft zugrunde lag,
würde hierdurch die Aktivierung der Bodenschätze nicht
ausgeschlossen. Zum einen deshalb nicht, weil - wie erläutert
- das Grundstückseigentum die bergfreien Vorkommen nicht
erfasst und die auf solche Bodenschätze bezogenen
Abbaubefugnisse eine dem „Grundstückseigentum
konzeptionell vergleichbare Stellung“ mit der Folge eines
„vertikalen Gemeinschaftsverhältnisses“
begründen (BGH-Urteil in BGHZ 178, 90); zum anderen ist in der
Rechtsprechung des BFH geklärt, dass dem Bilanzierungsverbot
für schwebende Geschäfte nur der innerhalb des jeweiligen
Rechtsverhältnisses anfallende Aufwand unterfällt
(BFH-Urteil in BFHE 165, 349, BStBl II 1992, 70 = SIS 91 23 06).
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d) Hiervon ausgehend sind mit Rücksicht
auf den Erwerb der Bodenschätze durch die Klägerin auch
die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von
Sonderabschreibungen nach § 3 i.V.m. § 4 FöGbG zu
bejahen.
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aa) Die im Boden lagernden Vorkommen
gehören - als körperliche (materielle) Gegenstände
(BFH-Beschluss in BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508 = SIS 07 13 20)
i.S. von § 3 Satz 1 FöGbG - nicht nur zu den
unbeweglichen Wirtschaftsgütern (BFH-Urteil in BFHE 123, 140,
BStBl II 1977, 825 = SIS 77 04 58); sie sind aufgrund ihres
bestimmungsgemäßen Abbaus (Verschleißes) auch zu
den abnutzbaren Wirtschaftsgütern zu rechnen (vgl.
BFH-Beschluss in BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508 = SIS 07 13 20;
BFH-Urteile vom 10.8.1978 V R 17/73, BFHE 126, 28, BStBl II 1979,
20 = SIS 79 00 11; vom 27.6.1978 VIII R 12/72, BFHE 125, 528, BStBl
II 1979, 38 = SIS 79 00 20; vom 9.8.1989 X R 133/87, BFHE 158, 321,
BStBl II 1990, 50 = SIS 90 03 13; Schmidt/ Kulosa, a.a.O., § 7
Rz 192). Nach der Rechtsprechung sind vom Abbauunternehmen noch
nicht abgebaute Bodenschätze nicht dem Umlaufvermögen,
sondern dem Anlagevermögen zuzuordnen (ausführlich
BFH–Urteil in BFHE 123, 140, BStBl II 1977, 825 = SIS 77 04 58; Blümich/Buciek, § 5 Rz 467). Im Übrigen kommt es
auf Letzteres im Streitfall nicht an, da nach dem Urteil des BFH
vom 16.12.2009 IV R 48/07 (BFHE 228, 408, BStBl II 2010, 799 = SIS 10 02 53) zu den i.S. von § 3 FöGbG begünstigten
Wirtschaftsgüter auch solche des Umlaufvermögens
gehören.
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bb) Soweit das FG eingewandt hat, dass im
Hinblick auf die Überschrift des § 3 FöGbG 1991
(„Baumaßnahmen“) sowie Sinn und Zweck der
Regelung nur Baumaßnahmen, nicht aber die Anschaffung oder
Herstellung sonstiger unbeweglicher Wirtschaftsgüter (wie z.B.
Kiesvorkommen) begünstigt seien (ebenso Erlass des
Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt in DStR 1996, 1651;
Blümich/Stuhrmann, § 3 FördG Rz 9a), kann der Senat
sich dieser Auffassung nicht anschließen (ebenso Paus,
Steuerliche Fördermaßnahmen in den neuen Ländern,
3. Aufl., S. 31 f.). Die Ansicht verkennt bereits im Ausgangspunkt,
dass sich den Gesetzesmaterialien zum Steueränderungsgesetz
1991 vom 24.6.1991 (BGBl I 1991, 1322), mit dem die
Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz
eingeführt worden sind, die behauptete Begrenzung des
Förderzwecks nicht entnehmen lässt (vgl. BTDrucks 12/562,
S. 55 und 72). Hinzu kommt, dass der subjektive Wille der am
Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen nach ständiger
Rechtsprechung für die Gesetzesauslegung nur insofern von
Bedeutung sein kann, als er im Gesetz selbst einen hinreichend
sicheren Ausdruck gefunden hat (z.B. BFH-Urteile vom 14.5.1991 VIII
R 31/88, BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167 = SIS 91 19 17; vom
27.9.2006 IV R 50/98, BFH/NV 2007, 239 = SIS 07 03 77; vom
10.8.2011 I R 45/10, BFHE 234, 412, BStBl II 2012, 118 = SIS 11 37 53). Auch dies wäre vorliegend selbst dann zu verneinen, wenn
man mit der Ansicht der Finanzverwaltung von einem auf die
Förderung von Baumaßnahmen beschränkten Zweck des
§ 3 FöGbG ausgeht, da nach dem Wortlaut der Vorschrift
kein Zweifel daran bestehen kann, dass sie nicht nur die
Anschaffung von Gebäuden, sondern auch den Erwerb sonstiger
unbeweglicher Wirtschaftsgüter jedenfalls dann begünstigt
hat, wenn diese - wie im Streitfall die von der Klägerin
erworbenen Bodenschätze - beim Erwerber zu seinem
Betriebsvermögen gehören. Nichts anders ergibt sich
schließlich daraus, dass § 3 FöGbG mit
„Baumaßnahmen“ überschrieben ist.
Zwar gehört eine von der gesetzgebenden Körperschaft
mitbeschlossene amtliche Gesetzesüberschrift zum Inhalt des
Gesetzes und kann zu dessen Auslegung heranzuziehen sein. Bei einem
Widerspruch zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzesüberschrift
ist dem Gesetzeswortlaut jedoch stets der Vorrang einzuräumen,
weil der Überschrift die Aufgabe zufällt, den
Gesetzesinhalt allgemein zu kennzeichnen und damit gewöhnlich
einen Kompromiss zwischen Genauigkeit und Länge erfordert
(BFH-Urteile vom 11.1.1984 II R 187/81, BFHE 140, 312, BStBl II
1984, 327 = SIS 84 07 08; vom 24.1.2008 III R 9/05, BFHE 221, 383,
BStBl II 2008, 688 = SIS 08 25 78). Demgemäß ist es auch
vorliegend ausgeschlossen, den Umfang der begünstigten
Investitionen entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 3
FöGbG allein aufgrund der Gesetzesüberschrift
einzuschränken.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif. Die
Klägerin begehrt auf der Grundlage eines Abschreibungssatzes
von 50 % Sonderabschreibungen nach § 3 i.V.m. § 4
FöGbG in Höhe von 18.769.973,80 DM. Die vom FG
festgestellten Anschaffungskosten belaufen sich hingegen nur auf
37.500.000 DM. Die Vorinstanz wird deshalb im zweiten Rechtsgang
die für den Erwerb der Bodenschätze insgesamt
angefallenen Anschaffungskosten (einschl. der
Anschaffungsnebenkosten) festzustellen haben.
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