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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) stammt aus Syrien und
hält sich mit ihrem Ehemann seit Juni 1990 in Deutschland auf.
Die sechs gemeinsamen Kinder lebten im Streitzeitraum - Juni 2000
bis Februar 2005 - mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt.
Die Klägerin und ihr Ehemann bezogen von der Beigeladenen
für sich und die Kinder bis zum 31.12.2004 Sozialleistungen in
Form von Hilfe zum Lebensunterhalt,
Unterkunftskostenzuschüssen und Bekleidungsgeldern (HLU) nach
dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und ab dem 1.1.2005 nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf die Kinder entfiel
dabei für den Zeitraum von Juni 2000 bis Februar 2005 ein
Gesamtleistungsbetrag in Höhe von insgesamt 74.096,30
EUR.
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Mit Schreiben vom 11.6.2007 machte die
Beigeladene einen Erstattungsanspruch im Hinblick auf das der
Klägerin oder ihrem Ehemann für zurückliegende
Zeiträume möglicherweise zustehende Kindergeld i.S. des
§ 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. §
104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend.
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Die Beklagte und Revisionsbeklagte
(Familienkasse) setzte mit Änderungsbescheid vom 7.9.2007
Kindergeld zugunsten der Klägerin für deren sechs Kinder
für die Monate Juni 2000 bis September 2005 fest. Mit dem
Bescheid vom 7.9.2007 verfügte sie ferner die Erstattung des
Kindergeldes für Juni 2000 bis Februar 2005 in Höhe von
56.322,46 EUR an die Beigeladene, da diese für den
entsprechenden Zeitraum Sozialleistungen ohne die Anrechnung von
Kindergeld gewährt habe. Der Anspruch der Klägerin gelte
insofern gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. den
§§ 103, 104, 107 SGB X als erfüllt. Der auf die
Monate März bis September 2005 entfallende Kindergeldbetrag in
Höhe von 6.993 EUR wurde dagegen an die Klägerin
ausgezahlt.
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Der Einspruch gegen die Erstattung und
Auszahlung des Kindergeldes an die Beigeladene blieb ohne
Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage zu
einem kleineren Teil statt (EFG 2010, 1140 = SIS 10 17 53). Es
entschied, der Beigeladenen stehe wegen der Erbringung nachrangiger
Sozialleistungen dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung des
für Juni 2000 bis Februar 2005 festgesetzten Kindergeldes zu.
Der Erstattungsanspruch sei aber fehlerhaft ermittelt worden, weil
zu Gunsten der Bedarfsgemeinschaft nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG
ein Freibetrag von monatlich 20,50 EUR anzusetzen sei; der
Erstattungsanspruch der Beigeladenen mindere sich daher für
die Monate Juni 2000 bis Dezember 2004 um insgesamt 1.127,50 EUR.
Darüber hinaus mindere sich der Erstattungsanspruch um
insgesamt 2.055,52 EUR, weil das Kindergeld die für die Kinder
erbrachten Sozialleistungen in einzelnen Monaten überschritten
habe.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Beigeladene
habe keinen Erstattungsanspruch, da die den Kindern gewährten
Sozialleistungen und der ihr - der Klägerin - zustehende
Anspruch auf Kindergeld nicht gleichartig seien.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung
vom 15.1.2008 aufzuheben und den Abrechnungsbescheid vom 7.9.2007
dahin zu ändern, dass ihr Kindergeldanspruch nicht als durch
den Erstattungsanspruch der Beigeladenen getilgt gelte.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und wird
zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der
Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 der Abgabenordnung) insoweit
rechtmäßig war, als der Beigeladenen ein
Erstattungsanspruch wegen der von ihr erbrachten Sozialleistungen
zusteht und der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld daher als
erfüllt gilt (§ 107 Abs. 1 SGB X).
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1. Hat ein nachrangig verpflichteter
Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die -
hier nicht einschlägigen - Voraussetzungen des § 103 Abs.
1 SGB X vorliegen, ist nach § 104 Abs. 1 SGB X der
Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der
Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat. Nachrangig verpflichtet
ist ein Leistungsträger, soweit er bei rechtzeitiger
Erfüllung der Leistung durch einen anderen
Leistungsträger selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen
wäre. Nach § 104 Abs. 2 SGB X gilt § 104 Abs. 1 SGB
X auch dann, wenn ein nachrangig verpflichteter
Leistungsträger für den Angehörigen eines
Berechtigten Sozialleistungen erbracht hat und der Berechtigte mit
Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf
Sozialleistungen gegen einen vorrangig verpflichteten
Leistungsträger hat.
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2. Der Erstattungsanspruch nach § 104
Abs. 2 SGB X ist kein von den Voraussetzungen des § 104 Abs. 1
SGB X unabhängiger Erstattungsanspruch eigener Art, sondern
erweitert diesen nur (Senatsurteil vom 7.4.2011 III R 88/09, BFH/NV
2011, 1326 = SIS 11 23 32); nach anderer Auffassung wurde §
104 Abs. 2 SGB X lediglich zur Klarstellung der auch vorher schon
bestehenden Rechtslage eingefügt, nach der der
Erstattungsanspruch keine Personenidentität verlangte (Urteil
des Bundessozialgerichts - BSG - vom 22.9.1988 2 RU 9/88, BSGE 64,
96; Roos, in von Wulffen, SGB X, § 104, Rz 13; BTDrucks
10/691, S. 26). Ein Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 2 SGB
X ist jedenfalls nur dann gegeben, wenn auch die Voraussetzungen
des § 104 Abs. 1 SGB X vorliegen (BSG-Urteil in BSGE 64, 96;
Senatsurteil vom 17.7.2008 III R 87/06, BFH/NV 2008, 1833 = SIS 08 38 04). Die Leistungen der unterschiedlichen Leistungsträger
müssen deshalb gleichartig sein. Dies setzt voraus, dass sie
für dieselben Zeiträume bestimmt sind und sich in der
Leistungsart und der Zweckbestimmung entsprechen. Außerdem
muss zwischen ihnen ein Verhältnis von vorrangiger und
nachrangiger Verpflichtung zur Leistung bestehen (Senatsurteil vom
19.4.2012 III R 85/09, BFH/NV 2012, 1369 = SIS 12 16 83, zur
Veröffentlichung bestimmt).
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a) Das Kindergeld nach §§ 62 ff.
EStG ist, soweit es - wie im Streitfall - der
Familienförderung dient, ebenso wie - bis 2004 - die HLU und -
seit 2005 - die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB
II dazu bestimmt, die allgemeinen Lebenshaltungskosten zu mindern
(Senatsurteil in BFH/NV 2008, 1833 = SIS 08 38 04, m.w.N.). Wenn
das Kindergeld dem Einkommen des Hilfeempfängers zuzuordnen
ist, handelt es sich daher für den jeweiligen Zeitraum um eine
mit der HLU sowie dem Arbeitslosengeld II (§ 19 SGB II) und
dem Sozialgeld (§ 28 SGB II) gleichartige Leistung (Wendl in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 74 EStG Rz 16).
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b) HLU und Grundsicherung sind dem Kindergeld
gegenüber auch nachrangig, da sie bedarfsorientiert
gewährt werden (Störmann, in Jahn, SGB X, § 104 Rz
23) und der Sozialleistungsträger bei rechtzeitiger Zahlung
des Kindergeldes insoweit nicht selbst zur Leistung verpflichtet
wäre (§ 2 BSHG, § 11 Abs. 1 SGB II), da das
Kindergeld bei der Ermittlung der HLU nach § 76 BSHG und bei
der Grundsicherung nach § 19 Satz 2 und § 28 Abs. 2 SGB
II als Einkommen anzurechnen ist (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2008,
1833 = SIS 08 38 04). Die dafür erforderliche Zeitkongruenz
der Leistungen ist nach der vom FG vorgenommenen Herabsetzung des
Erstattungsanspruchs im Streitfall gegeben.
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c) Für den Erstattungsanspruch ist
unerheblich, dass die Sozialleistungen für die Kinder erbracht
wurden, aber das Kindergeld aus sozialrechtlicher Sicht Einkommen
der Klägerin darstellt (vgl. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 17.12.2003 5 C 25/02,
BFH/NV 2005, Beilage 1, 68), weil es weder den Kindern direkt
zugeflossen ist noch an diese abgezweigt wurde (Senatsurteile in
BFH/NV 2008, 1833 = SIS 08 38 04, und in BFH/NV 2011, 1326 = SIS 11 23 32).
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Der Senat hat zwar mehrfach entschieden, dass
dem Sozialhilfeträger in der Regel kein Anspruch auf
Erstattung von nachträglich festgesetztem Kindergeld zusteht,
wenn er einem im eigenen Haushalt lebenden Kind HLU geleistet hat,
weil das Kindergeld zum Einkommen des anspruchsberechtigten
Elternteils gehört (Senatsurteile vom 17.4.2008 III R 33/05,
BFHE 221, 47, BStBl II 2009, 919 = SIS 08 29 13; in BFH/NV 2008,
1833 = SIS 08 38 04; in BFH/NV 2011, 1326 = SIS 11 23 32). Daraus
lässt sich aber nicht folgern, dass ein Erstattungsanspruch
auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Kindergeldberechtigte mit
seinem Ehegatten und seinen minderjährigen Kindern in einem
Haushalt lebt, alle Personen bedarfsorientierte Sozialleistungen
erhalten und daher eine sozialhilferechtliche Bedarfsgemeinschaft
bilden. Denn für den Anspruch auf Sozialhilfe ist dann allein
entscheidend, welchen Bedarf die der Bedarfsgemeinschaft
angehörenden Personen haben und welches Einkommen ihnen
anrechenbar zur Bedarfsdeckung zur Verfügung steht. Kindergeld
ist in diesem Falle sozialhilferechtlich vorrangig zur
Bedarfsdeckung einzusetzen, sei es nach § 11 Abs. 1 Satz 1
BSHG bzw. § 19 Satz 2 SGB II bei dem das Kindergeld
beziehenden Elternteil - hier der Klägerin - selbst, oder nach
§ 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG bzw. § 28 Abs. 2 i.V.m. § 19
Satz 2 SGB II bei den zum Haushalt gehörenden
minderjährigen Kindern (BVerwG-Urteil vom 21.6.2001 5 C 7/00,
BVerwGE 114, 339). Diese leistungsmindernde Anrechnung von
Kindergeld auf das Sozialgeld nach § 11 Abs. 1 SGB II ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 11.3.2010 1 BvR 3163/09 = SIS 10 22 34, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2010, 800).
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Das sozialrechtlich als Einkommen der
Klägerin anzusehende Kindergeld hätte daher in dem vom FG
festgestellten Umfang die vom Beigeladenen für die Kinder
erbrachten Sozialleistungen gemindert. Ob der Beigeladenen ein
darüber hinausgehender Erstattungsanspruch auch wegen der
für die Klägerin und ihren Ehemann erbrachten
Sozialleistungen zustand, hat der Senat nicht zu entscheiden.
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