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Billigkeitserweis, Abgrenzung zur Steuerfestsetzung, kein Vorbehalt der Nachprüfung, Bindungswirkung

Billigkeitserweis, Abgrenzung zur Steuerfestsetzung, kein Vorbehalt der Nachprüfung, Bindungswirkung: Beantragt der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Steuererklärung eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen (hier: Verzicht auf eine Bilanzierung von Feldinventar nach Maßgabe von R 131 Abs. 2 Satz 3 EStR 2001, R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2005) und veranlagt das FA erklärungsgemäß, aber unter Vorbehalt der Nachprüfung, erstreckt sich der Vorbehalt nicht auf den gewährten Billigkeitserweis. Die abweichende Festsetzung der Steuer ist deshalb für die Steuerfestsetzung regelmäßig verbindlich. - Urt.; BFH 12.7.2012, I R 32/11; SIS 12 25 19

Kapitel:
Verschiedenes > Billigkeitsmaßnahmen
Fundstellen
  1. BFH 12.07.2012, I R 32/11
    BStBl 2015 II S. 175
    LEXinform 0928449

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 23.1.2015
    -/- in NWB 39/2012 S. 3150
    D.G. in BFH/PR 12/2012 S. 417
    TC in DStZ 22/2012 S. 792
    R.S./D.R. in NWB 1-2/2013 S. 33
    jh in StuB 12/2013 S. 475
Normen
[AO 1977] § 130 Abs. 2, § 131 Abs. 2, § 163, § 164, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Sächsisches FG, 16.03.2011, SIS 11 18 19, Antrag, Billigkeitsmaßnahme, Steuerfestsetzung, Vorbehalt der Nachprüfung
Zitiert in... / geändert durch...
  • Hessisches FG 13.3.2023, SIS 24 04 29, Keine Anwendung des Reemtsma-Direktanspruchs bei fehlendem Leistungsaustausch und bei unzureichender Leis...
  • BFH 30.9.2020, SIS 21 04 95, Nichtrückkehrtage i.S. der Grenzgängerregelung des Art. 15 a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2002: Tage, a...
  • BFH 17.6.2020, SIS 20 17 25, Billigkeitserlass nach § 34 c Abs. 5 EStG bis zur Festsetzungsverjährung: Der Antrag auf Steuererlass nac...
  • BFH 12.2.2020, SIS 20 06 20, Zum Vorsteuerabzug einer Holding (Konzeptionskosten einer Holdingstruktur) bei angeblicher Dienstleistung...
  • BFH 16.1.2020, SIS 20 05 29, Keine Bindungswirkung einer für die Gewinnfeststellung getroffenen Billigkeitsentscheidung für nachfolgen...
  • FG Bremen 19.9.2019, SIS 19 16 35, Änderungsmöglichkeiten für Schätzungsbescheide ohne Vorbehalt der Nachprüfung nach Ablauf der Einspruchsf...
  • BFH 9.5.2019, SIS 19 10 23, Absehen von der Aktivierung des Feldinventars als Billigkeitsmaßnahme: 1. Die bloße Nichtaktivierung des ...
  • FG Hamburg 14.11.2018, SIS 18 21 34, Keine Entprägung einer GmbH & Co. KG durch Treuhandvereinbarung und Reichweite einer erteilten verbindlic...
  • Hessisches FG 5.12.2017, SIS 18 05 49, Anwendung des Auslandstätigkeitserlasses nach Bestandskraft des Steuerbescheides: 1. Ob von der Möglichke...
  • FG Nürnberg 15.11.2017, SIS 18 09 23, Zinsfestsetzung nach § 233 a AO unter Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses bzw. eines Verlust...
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  • FG Baden-Württemberg 6.4.2017, SIS 17 11 52, Nichtrückkehrtage im Sinne von Art. 15 a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 bei Geschäftsreisen in Dritt...
  • Hessisches FG 28.9.2016, SIS 17 19 70, Umsatzsteuerfreie Leistungen eines Dialysezentrums: 1. Unter einer ärztlichen Heilbehandlung i.S.v. Art. ...
  • FG Berlin-Brandenburg 13.4.2016, SIS 16 18 43, Keine Anwendbarkeit der Billigkeitsregelung des R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2008 zur Nichtaktivierung des Fel...
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  • FG Düsseldorf 3.3.2015, SIS 16 13 85, Verschmelzung, Hinzurechnung einer vorangegangenen Teilwertabschreibung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG t...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 24.9.2014, SIS 15 01 61, Kein Anspruch von landwirtschaftlich tätigen Personengesellschaften, die nur infolge des § 15 Abs. 3 Nr. ...
  • FG Baden-Württemberg 18.9.2014, SIS 15 09 99, Leitender Angestellter i.S.d. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz, Verzicht auf inländisches Besteuerungsrecht aus...
  • FG Düsseldorf 2.9.2014, SIS 15 07 60, Gebot der Besteuerung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit: Lösen eine Teilwertabschreibung und der nach §...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 25.3.2014, SIS 14 35 15, Land- und Forstwirte, ESt-Veranlagung 2012: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat eine Verfügung zur Einkommens...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 23.12.2013, SIS 14 06 36, Vorliegen von Urlaub im Sinne des ATE: Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt das Vorliegen von U...
  • FG Baden-Württemberg 19.12.2013, SIS 14 18 18, Grenzgängereigenschaft nach DBA-Schweiz, nur arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitstage können Nichtrückk...
  • BFH 7.11.2013, SIS 13 32 66, Zustimmung des FA zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb eines Land- und For...
  • OFD Münster 6.3.2013, SIS 13 11 71, Land- und Forstwirte, ESt-Veranlagung 2011: Die OFD Münster hat eine Verfügung zur Einkommensteuerveranla...
  • OFD Münster 27.2.2013, SIS 13 11 70, Land- und Forstwirte, ESt-Veranlagung, Grundsatzverfügung: Die OFD Münster hat ihre sehr ausführliche Gru...
Fachaufsätze
  • LIT 02 57 52 R. Seer, NWB 1-2/2013 S. 33: Kein Vorbehalt der Nachprüfung für eigenständigen Billigkeitserweis - Anmerkungen zum BFH-Beschluss vom 1...

 

1

I. Streitig ist eine einkommensmindernde Ausbuchung des Werts eines bisher als Umlaufvermögen aktivierten Feldinventars.

 

 

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr, betrieb im Streitjahr 2007 die Erzeugung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten aller Art, insbesondere von Getreide und Kartoffeln, sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Aktivitäten. Bis zum Streitjahr hatte sie ihr Feldinventar (d.h. die aufgrund der Feldbestellung auf den Feldern vorhandenen Pflanzenbestände) bilanziert.

 

 

3

Mit Bescheid vom 13.2.2008 (verbunden mit dem Bescheid zur Körperschaftsteuer 2006) setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2007 auf 18.778 EUR fest. Die Klägerin teilte daraufhin dem FA mit, dass sie eine Anpassung der Steuervorauszahlungen nicht als sachgerecht ansehe. Ab dem Streitjahr nehme sie die steuerliche Billigkeitsregelung gemäß R 14 Abs. 2 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 2005 i.V.m. R 34 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2004 in Anspruch und verzichte auf die Bilanzierung des Feldinventars; dies führe zu einer Ergebnisminderung von rd. 220.000 EUR. Der verbleibende Gewinn sei vollständig durch die bestehenden Verlustvorträge abgedeckt. Das FA änderte die festgesetzten Vorauszahlungen nicht.

 

 

4

In der Bilanz zum 31.12.2007, die sie mit der Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr am 17.12.2008 einreichte, setzte die Klägerin den Wert des Feldinventars mit 0 EUR an. Sie fügte dazu als Erläuterung folgenden Hinweis bei: „Im Berichtsjahr wird erstmalig gemäß R 131 Abs. 2 EStR vom Wahlrecht der Nichtaktivierung des Feldinventars Gebrauch gemacht. Das Feldinventar ist ausgebucht worden. Der nach den durchschnittlichen Standardherstellungskosten des Bundesministeriums für Landwirtschaft bewertete Bestand zum Bilanzstichtag beträgt EUR 223.538,63.“ Das FA veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß (Bescheid vom 11.3.2009) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO - ). In dem Bescheid setzte es außerdem die Vorauszahlungen für die Kalenderjahre 2008 bis 2010 fest. Die Erläuterungen des Bescheides befassen sich mit der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2008.

 

 

5

Nach einer Außenprüfung vertrat das FA in einem auf § 164 Abs. 2 Satz 1 AO gestützten Änderungsbescheid vom 24.11.2009 die Auffassung, dass das Feldinventar bilanziert werden müsse, weil ein Landwirt aufgrund der Bilanzstetigkeit an eine einmal erfolgte Bilanzierung des Feldinventars gebunden sei. Mit diesem Bescheid, der keine Ausführungen zur Billigkeitsregelung enthält, hob das FA zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Das Sächsische Finanzgericht (FG) gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage statt (Urteil vom 16.3.2011 2 K 1833/10, abgedruckt in EFG 2011, 1758 = SIS 11 18 19). Das FA habe im Bescheid vom 11.3.2009 von einer Aktivierung des Feldinventars aus Billigkeitsgründen abgesehen.

 

 

6

Das FA macht mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

7

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

 

9

Das FG hat ohne Rechtsfehler entschieden, dass der Änderungsbescheid nicht auf § 164 Abs. 2 Satz 1 AO gestützt werden konnte; vielmehr hatte das FA im Ursprungsbescheid vom 11.3.2009 eine verbindliche Entscheidung des Inhalts getroffen, der Klägerin im Wege der Billigkeit einen einkommensmindernden Abzug des bisherigen Werts des Umlaufvermögens (Feldinventar) zu gewähren.

 

 

10

1. Das FG hat das Rechtsschutzbegehren der Klägerin dahin verstanden, dass es sowohl gegen die Steuerfestsetzung als auch gegen die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO i.V.m. R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2005 gerichtet ist. Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist damit sowohl die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides (Festsetzung der Körperschaftsteuer) vom 24.11.2009 als auch die zugleich (konkludent) ausgesprochene Ablehnung der von der Klägerin beantragten abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen. Dem ist beizupflichten.

 

 

11

a) Die Entscheidung über eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden (§ 163 Satz 3 AO). Zwar kann der Bundesfinanzhof (BFH) nach ständiger Rechtsprechung im Anfechtungsverfahren gegen die Steuerfestsetzung grundsätzlich nicht über einen Billigkeitsantrag entscheiden, weil dieser Gegenstand eines besonderen Verwaltungsverfahrens ist. Von einer Verbindung beider Verfahren im Wege einer objektiven Klagehäufung (§ 43 FGO) ist jedoch auszugehen, wenn der Kläger im Einspruchs- und im Klageverfahren ausdrücklich auch einen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen geltend gemacht und das FA darüber entschieden hat (vgl. BFH-Urteil vom 18.3.2010 IV R 23/07, BFHE 228, 526, BStBl II 2011, 654 = SIS 10 12 87, m.w.N.).

 

 

12

b) So verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin hat sich im Einspruchs- und im Klageverfahren nicht nur gegen die Steuerfestsetzung gewandt, sondern sich ausdrücklich auch auf die Billigkeitsregelung in R 131 Abs. 2 Satz 3 EStR 2001 bzw. R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2005 berufen und eine abweichende Steuerfestsetzung beantragt.

 

 

13

2. Der Änderungsbescheid vom 24.11.2009 konnte nicht auf § 164 Abs. 2 Satz 1 AO gestützt werden. Dem stand eine bindende Entscheidung des FA entgegen, im Streitjahr eine Einkommensminderung von 223.538 EUR im Wege einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen zu gewähren.

 

 

14

a) Die ursprüngliche Veranlagung des Streitjahres (Bescheid vom 11.3.2009) erging rechtswirksam unter Nachprüfungsvorbehalt. Da dieser Vorbehalt in der Zwischenzeit nicht aufgehoben worden war, konnte das FA einen Änderungsbescheid grundsätzlich auf § 164 Abs. 2 Satz 1 AO stützen. Dies ist in seiner Grundlage unter den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner näheren Ausführungen.

 

 

15

b) Eine Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme (§ 163 AO) wird durch Verwaltungsakt getroffen. Auch wenn dieser Verwaltungsakt gemäß § 163 Satz 3 AO mit der Steuerfestsetzung verbunden wird, ändert das nichts daran, dass es sich hierbei um eine gesonderte Entscheidung handelt. Mit Blick auf die Steuerfestsetzung ist dieser Verwaltungsakt Grundlagenbescheid, der eine Bindungswirkung auslöst, die gegebenenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO umzusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.1992 VIII R 51/88, BFHE 168, 500, BStBl II 1993, 3 = SIS 92 20 35; Senatsurteil vom 8.8.2001 I R 25/00, BFHE 196, 485, BStBl II 2003, 923 = SIS 02 05 29; BFH-Urteile vom 16.3.2004 VIII R 33/02, BFHE 205, 270, BStBl II 2004, 927 = SIS 04 22 02; vom 14.4.2011 IV R 15/09, BFHE 233, 206, BStBl II 2011, 706 = SIS 11 16 58). Im Streitfall ist eine die Billigkeitsmaßnahme gewährende Entscheidung des FA mit dem Festsetzungsbescheid vom 11.3.2009 getroffen worden. Das ergibt die sachgerechte Auslegung des gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheides.

 

 

16

aa) Der Ausspruch eines Verwaltungsakts muss - den Vorgaben des Rechtsstaatsprinzips entsprechend - inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Dies schließt zwar nicht aus, dass sein Inhalt durch Auslegung ermittelt wird. Das erfordert jedoch, dass der Verwaltungsakt klar, eindeutig und widerspruchslos erkennen lässt, welche Rechtswirkungen er entfalten soll. Einer Billigkeitsentscheidung des FA muss danach zu entnehmen sein, ob und in welchem Umfang von der an sich gesetzlich vorgesehenen Steuerfestsetzung abgewichen worden ist (z.B. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rz 25; s. auch von Groll in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 163 AO Rz 134 [“Quantifizierung“]). Dazu muss in der Situation des § 163 Satz 3 AO nicht die Steuer vor und nach der Billigkeitsmaßnahme angegeben werden (so aber - jedenfalls als Sollerfordernis - Loose in Tipke/Kruse, ebenda); es kann genügen, dass sich die abweichende Steuerfestsetzung aus der Höhe der festgesetzten Steuer ermitteln lässt.

 

 

17

bb) Von dieser Maßgabe ist das FG nicht abgewichen. Es hat in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bzw. in Anwendung des § 124 Abs. 1 Satz 2 AO zutreffend darauf abgestellt, wie die Klägerin nach den ihr bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (s. allgemein BFH-Urteile vom 11.11.1987 X R 54/82, BFHE 152, 166, BStBl II 1988, 307 = SIS 88 05 36; vom 19.5.2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980 = SIS 04 36 34; vom 9.4.2008 II R 31/06, BFH/NV 2008, 1435 = SIS 08 31 50), und ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, die Klägerin habe aus dem Steuerbescheid vom 11.3.2009 ableiten können und dürfen, dass das FA dem Billigkeitsantrag vollen Umfangs stattgegeben hat. Denn die Klägerin hatte mit der Steuererklärung (wie zuvor schon mit dem Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen angekündigt) ausdrücklich einen Antrag auf Gewährung der Billigkeitsmaßnahme gestellt und das FA hat die Steuer erklärungsgemäß (in Kenntnis des erläuternden Hinweises zur Inanspruchnahme eines Bilanzierungswahlrechts in Höhe von 223.538 EUR) festgesetzt; bei Ansatz des Feldinventars wäre die Bemessungsgrundlage insoweit zu erhöhen und ein höherer Steuerbetrag festzusetzen gewesen. Für den Steuerpflichtigen war also ersichtlich, dass die Steuer, wie von ihm beantragt, aus Billigkeitsgründen abweichend festgesetzt worden ist. Eines ausdrücklichen Hinweises auf den Billigkeitserweis bedurfte es in Anbetracht dessen nicht (anders Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 163 AO Rz 25). Gleichermaßen ist es ohne Belang, ob das FA die beantragte Billigkeitsmaßnahme tatsächlich gewähren wollte (s. auch Senatsurteil vom 27.7.1988 I R 159/84, BFH/NV 1990, 8).

 

 

18

Dem steht nicht entgegen, dass das FA die (erklärungsgemäße) Festsetzung mit der Nebenbestimmung des § 164 Abs. 1 Satz 1 AO versehen hat. Denn die mit dem Vorbehaltsvermerk verbundene Suspendierung der materiellen Bestandskraft des Steuerbescheides (s. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 164 AO Rz 2) berührt den von der eigentlichen Steuerfestsetzung abzugrenzenden Gegenstand der Billigkeitsentscheidung nicht. Der Vorbehaltsvermerk des § 164 Abs. 1 AO erstreckt sich darauf weder unmittelbar noch mittelbar. Die Vorbehaltsfestsetzung ist dadurch auch nicht ihres Sinns - nämlich den Bescheid in der Sache „offen“ zu belassen - beraubt, da der Nachprüfungsvorbehalt sich auf sämtliche (anderen) Besteuerungsgrundlagen der Festsetzung des Streitjahres bezieht und lediglich der Billigkeitserweis davon ausgespart wird. Die Klägerin musste damit aus der Existenz der Nebenbestimmung nicht darauf schließen, dass die Billigkeitsentscheidung noch ausstehe.

 

 

19

3. Die tatrichterlich getroffenen Feststellungen geben nichts dafür her, dass der auf dieser Grundlage in dem Bescheid vom 11.3.2009 erteilte Billigkeitserweis aus den Gründen der §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 2 AO hätte zurückgenommen oder widerrufen werden können. Der Erweis ist damit verbindlich; der ursprüngliche Steuerbescheid konnte nicht nach § 164 Abs. 2 AO unter Hinweis auf eine Ablehnung des Billigkeitsantrags geändert werden. Ob die zusprechende Entscheidung nach den Maßgaben der einschlägigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BFHE 228, 526, BStBl II 2011, 654 = SIS 10 12 87; s. auch Urteil des FG Münster vom 1.7.2010 6 K 2727/09 E, EFG 2010, 1873 = SIS 10 34 66; Leingärtner/Wendt, Besteuerung der Landwirte, Kap. 29a Rz 221) eventuell rechtswidrig war, da der die Billigkeitsregelung tragende Vereinfachungszweck (Verzicht auf eine unter Umständen aufwendige Bewertung) in der im Streitfall vorliegenden Konstellation der bisherigen Bilanzierung des Feldinventars nicht erfüllt sei und zugleich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 des Handelsgesetzbuchs, hier i.V.m. § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes, § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes) vorliegen könnte, kann angesichts dessen offenbleiben.