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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine im August 1999 gegründete sog.
Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, die
zwölf Windkraftanlagen in X betreibt. Komplementärin ist
die A-GmbH, Gründungskommanditistin war die BAG.
Gesellschafterin der BAG ist - u.a. - die G Bank.
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Im Dezember 1999 beauftragte die
Klägerin die A AG und eine Rechtsanwaltssozietät mit der
Erstellung der rechtlichen Grundlagen eines Fonds sowie der
Liquiditäts-, Investitions- und Prognoserechnung.
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Am 14.4.2000 vereinbarte die Klägerin
mit der G Bank, dass diese die Prospekterstellung, den
Eigenkapitalvertrieb, die Besorgung der Fremdfinanzierung und eine
sog. Platzierungsgarantie übernehmen sollte. Ebenfalls im
April 2000 schloss die Klägerin eine Vereinbarung über
die Begutachtung des Beteiligungsprospektes mit der F GmbH.
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Die Klägerin erwarb im April 2000
zwölf Windkraftanlagen, die sie bis Oktober 2000 in Betrieb
nahm.
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Im Mai 2000 schloss die Klägerin einen
Dienstleistungsvertrag mit der BAG, in dem sich diese - über
die Bauleitung hinaus - zur Koordinierung aller an diesem Projekt
Beteiligten bis zur Fertigstellung des Windkraftparks
verpflichtete.
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Die G Bank bot ab August 2000
interessierten Anlegern an, sich mit einer Einlage an dem
vorgesehenen Kommanditkapital der Klägerin von 7 Mio. DM zu
beteiligen. Insgesamt sind über 250 Anleger an der
Klägerin beteiligt.
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Im Anschluss an eine Betriebsprüfung
gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA
- ) zu der Auffassung, dass die von der Klägerin als sofort
abziehbare Betriebsausgaben behandelten Aufwendungen für die
Platzierungsgarantie (280.000 DM), für die Prospekterstellung
(120.000 DM + 65.000 DM) und –prüfung (30.000 DM) sowie
für die Koordinierung/Baubetreuung (geschätzt 80.000 DM)
in Höhe von insgesamt 575.000 DM als Anschaffungsnebenkosten
anzusehen seien. Auch die Provision für die Beschaffung des
Eigenkapitals sei nur in Höhe von 6 % angemessen und damit als
Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Die weiteren 3 % (=
210.000 DM) seien als Anschaffungsnebenkosten anzusehen. Die
Anschaffungskosten für die Windkraftanlagen seien mithin um
785.000 DM zu erhöhen.
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Dementsprechend erließ das FA
Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen 2000 bis 2002 und Bescheide zur
gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes
auf den 31.12.2000 bis 31.12.2002.
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Das Finanzgericht (FG) hat die
zwischenzeitlich ausgeschiedenen Gesellschafter der Klägerin
beigeladen.
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Die Klage hatte zum einen insoweit Erfolg,
als das FG sofort abzugsfähige Betriebsausgaben in Höhe
von 705.000 DM anerkannte und lediglich die Aufwendungen für
die Baubetreuung von 80.000 DM den Anschaffungskosten zurechnete.
Zum anderen hatte die Klage insoweit Erfolg, als das FG die
Absetzungen für Abnutzung für die Windkraftanlagen unter
Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von zwölf Jahren
ermittelte. In diesem Streitpunkt hatte das FA die Klägerin
bereits im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 2.3.2009 klaglos
gestellt. Das Urteil ist der Klägerin am 27.3.2009 zugestellt
worden.
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Die Entscheidungsgründe sind in EFG
2009, 1109 = SIS 09 18 02 abgedruckt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen, als sie auf die
Berücksichtigung von weiteren sofort abzugsfähigen
Betriebsausgaben in Höhe von 785.000 DM gerichtet ist, und die
Anschlussrevision als unzulässig zu verwerfen.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 2.8.2005
aufzuheben und die Bescheide über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2000 bis 2002
in der geänderten Fassung vom 29.7.2005, den Bescheid
über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 vom 7.4.2004 und die Bescheide
über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen
Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001 und den 31.12.2002 vom
22.4.2004 dahin zu ändern, dass die Besteuerungsgrundlagen
bzw. der vortragsfähige Gewerbeverlust unter Zugrundelegung
von sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben in Höhe von
785.000 DM und unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer der
Windkraftanlagen von zwölf Jahren festgestellt werden, sowie
die Revision des FA zurückzuweisen.
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Die vorliegend streitigen Aufwendungen
seien vom FG zutreffend nicht den Anschaffungsnebenkosten
gemäß § 255 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs
(HGB) zugerechnet worden. Sämtliche Aufwendungen stünden
nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb der Windkraftanlagen. Die
Leistungen seien vielmehr von anderen Vertragspartnern zu erbringen
gewesen.
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Neben den bereits vom FG anerkannten
Betriebsausgaben von 705.000 DM sei auch das Entgelt für die
Dienstleistung in Höhe von 80.000 DM zum Sofortabzug
zuzulassen. Diese Leistungen hätten nicht die Baukoordinierung
umfasst. Es habe sich vielmehr um eine
Geschäftsführertätigkeit gehandelt, die nicht zu
Anschaffungskosten führen könne.
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Im Übrigen wiederholt und vertieft die
Klägerin die Ausführungen des FG.
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Ergänzend führt sie u.a. aus, es
bestünde für sie - die Klägerin - aufgrund des
Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 24.10.2001
IV C 3 - S 2253 a - 15/01 (BStBl I 2001, 780 = SIS 01 13 80)
Vertrauensschutz, da der Außenvertrieb der Fondsanteile der
Klägerin vor der Entscheidung des IV. Senats des
Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 28.6.2001 IV R 40/97, BFHE
196, 77, BStBl II 2001, 717 = SIS 01 10 84) bereits abgeschlossen
gewesen sei.
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II. A. Revision des FA
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Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ), soweit diese auf die Berücksichtigung von weiteren
sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben in Höhe von 785.000
DM gerichtet ist.
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Die angefochtenen Bescheide sind hinsichtlich
der vorliegenden Streitpunkte rechtmäßig und verletzen
die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1
FGO). Zu Recht hat das FA die Aufwendungen für die
Platzierungsgarantie, für die Prospekterstellung und
–prüfung, für die Koordinierung/Baubetreuung und
für die Eigenkapitalvermittlung nicht als sofort
abzugsfähige Betriebsausgaben, sondern als Anschaffungskosten
der Windkraftanlagen behandelt.
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1. Nach der Rechtsprechung des IX. Senats des
BFH werden alle Aufwendungen, die von Anlegern eines
Bauherrenmodells geleistet worden sind, als Anschaffungskosten und
nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt (BFH-Urteil
vom 14.11.1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 = SIS 90 02 09), wenn sich die Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter
vorformulierten Vertragswerks beteiligen. Diese Beurteilung hat der
IX. Senat gleichermaßen zu Grunde gelegt, wenn sich die
Anleger zu einer GbR oder einer KG zusammengeschlossen haben und
die Initiatoren zu den Gesellschaftern gehören (BFH-Urteile
vom 7.8.1990 IX R 70/86, BFHE 161, 526, BStBl II 1990, 1024 = SIS 90 23 09, und vom 8.5.2001 IX R 10/96, BFHE 195, 310, BStBl II
2001, 720 = SIS 01 10 85). Dementsprechend hat der IX. Senat auch
die Verträge, die der Errichtung eines Immobilienfonds in der
Rechtsform einer KG zu Grunde lagen, als einheitliches Vertragswerk
behandelt und sämtliche Aufwendungen des Fonds als
Anschaffungskosten des von ihm erworbenen Grundstücks
angesehen (BFH-Urteil vom 11.1.1994 IX R 82/91, BFHE 174, 127,
BStBl II 1995, 166 = SIS 94 15 34). Diese Rechtsprechung
stützt sich auf die Erwägung, dass die steuerliche
Beurteilung der Aufwendungen für den Erwerb eines
Grundstücks nicht davon abhängen kann, ob die
Gegenleistung für den Erwerb aufgrund eines Vertrages in einer
Summe gezahlt wird oder aufgrund mehrerer Verträge, in die der
einheitliche Vorgang aus steuerlichen Gründen aufgespalten
wird, in Teilbeträgen zu zahlen ist.
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2. Dieser Rechtsprechung hat sich der
erkennende Senat mit Urteil in BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717 =
SIS 01 10 84 unter ausdrücklicher Aufgabe der zuvor im
Vorlagebeschluss dargelegten abweichenden Rechtsauffassung
(Senatsbeschluss vom 29.4.1999 IV R 40/97, BFHE 188, 374, BStBl II
1999, 828 = SIS 99 15 21) auch für Immobilienfonds in der
Rechtsform einer gewerblich geprägten KG mit folgenden
Erwägungen angeschlossen: „Zwar sind im Fall einer
solchen Personengesellschaft (hier gewerblich geprägte
Personengesellschaft) für die handelsrechtliche Bilanzierung
die Aufwendungen des Fonds aus der Perspektive der Gesellschaft zu
betrachten. Ob Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder aber
sofort den Gewinn mindernde Betriebsausgaben vorliegen, kann danach
nicht davon abhängen, inwieweit sich die Aufwendungen für
den Gesellschafter oder künftigen Gesellschafter als
Bestandteil eines von ihm zu tragenden Gesamtaufwands darstellen.
Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz
für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ergibt sich
andererseits aber auch nicht, dass steuerlich der
handelsrechtlichen Behandlung von Aufwendungen als laufende
Betriebsausgabe aus der Perspektive der Gesellschafter gefolgt
werden muss. Die einheitliche Betrachtung des Vertragswerks
für Zwecke der Besteuerung beruht nämlich auf § 42
AO 1977, wonach der Besteuerung anstelle einer wirtschaftlich
unangemessenen Gestaltung der Rechtsverhältnisse diejenige
Rechtsgestaltung unterworfen wird, die den wirtschaftlichen
Vorgängen angemessen gewesen wäre. Die angemessene
Gestaltung bestände hier in der Vereinbarung eines
Gesamtkaufpreises für die Immobilie, so dass die im
Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts vereinbarten
Provisionen oder ‘Gebühren’ wie Anschaffungskosten
zu werten sind ... Denn das wirtschaftliche Ziel der
Fonds-Gesellschaft und ihrer Gesellschafter, in
gesamthänderischer Verbundenheit hier ein Grundstück zu
erwerben, zu bebauen und zu verwalten und dabei aus
wohnungsbaupolitischen Gründen eingeräumte
Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen, kann und soll nur in
der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des Vertragswerks
erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge haben keine
selbständige Bedeutung und lassen sich nur aus der
gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben
erklären ... Für die steuerrechtliche Beurteilung eines
geschlossenen Immobilienfonds mit gewerblichen Einkünften
(kommt es nicht darauf an), wie die betreffenden Vorgänge in
der Handelsbilanz der KG behandelt worden sind. § 42 AO 1977
geht als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG
vor ..., denn die Handelsbilanz bildet in Ermangelung einer
handelsrechtlichen Regelung nach Art des § 42 AO 1977 nur die
tatsächliche Zivilrechtslage ab.“
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3. Die für den geschlossenen
Immobilienfonds entwickelten Grundsätze, an denen der
erkennende Senat festhält, sind gleichermaßen auf den
vorliegend zu beurteilenden Fall eines geschlossenen Windkraftfonds
zu übertragen.
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a) Die Anschaffung, Verwaltung und der Betrieb
einer Windkraftanlage unterscheiden sich insoweit weder rechtlich
noch wirtschaftlich von der Anschaffung, Verwaltung und Vermietung
einer Großimmobilie. Vergleichbar dem Immobilienfonds ist das
vorliegende Fondskonzept darauf ausgerichtet, in
gesamthänderischer Verbundenheit Windkraftanlagen zu errichten
und zu betreiben sowie steuerliche Vorteile und
Vergünstigungen, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz
gewährt, in Anspruch zu nehmen. Dieses Ziel konnte und sollte
nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung
verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger
Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden. Der
einzelne dem Fonds beitretende Gesellschafter hatte mithin im
Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft keinerlei
(unternehmerischen) Einfluss mehr auf das wirtschaftliche Konzept,
welches die Fondsinitiatoren, die teilweise
Gründungsgesellschafter waren, im Einzelnen ausgearbeitet
hatten. Aus der Sicht der beitretenden Gesellschafter standen die
Aufwendungen für die einzelvertraglich vereinbarten
Dienstleistungen, hier für die Platzierungsgarantie, für
die Prospekterstellung und –prüfung, für die
Koordinierung/Baubetreuung und für die
Eigenkapitalvermittlung, aufgrund der modellimmanenten
Verknüpfung aller diesbezüglichen Verträge in
wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung des Eigentums an
den Windkraftanlagen. Den von den Initiatoren und
Gründungsgesellschaftern des Windkraftfonds abgeschlossenen
einzelnen Verträgen kam daher jedenfalls aus der
maßgeblichen Sicht der beitretenden Gesellschafter keine
selbständige Bedeutung zu. Die einzelvertraglichen Abreden
lassen sich auch bei dem hier zu beurteilenden Windkraftfonds nur
aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer
Ausgaben erklären. Ein Abzug von Aufwendungen als sofort
abzugsfähige Betriebsausgaben kommt insoweit nur in Betracht,
als ein Erwerber einer Windkraftanlage außerhalb der
modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als
Betriebsausgaben abziehen könnte. Dies ist bei den hier
vorliegenden Aufwendungen aber nicht der Fall.
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b) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang,
dass der Betrieb einer Windkraftanlage grundsätzlich eine
gewerbliche und keine vermögensverwaltende Tätigkeit
darstellt. Denn die Frage der Einordnung einer Tätigkeit unter
die Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1
bis 7 des Einkommensteuergesetzes ist nicht relevant für die
Zuordnung verschiedener Aufwendungen zu den Anschaffungskosten
einerseits oder den sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben
anderseits. Es entspricht vielmehr gefestigter Rechtsprechung, dass
die Zuordnung von Aufwendungen zu den Anschaffungskosten für
die Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte
übereinstimmend nach der Definition des § 255 Abs. 1 HGB
erfolgt (vgl. allgemein Beschluss des Großen Senats des BFH
vom 4.7.1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 = SIS 90 18 09, zu C.III.1.c dd).
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c) Die zu den geschlossenen Immobilienfonds
ergangene Rechtsprechung und deren Übertragung auf den
vorliegenden Windkraftfonds steht auch nicht im Widerspruch zu den
Beschlüssen des Großen Senats des BFH vom 10.11.1980 GrS
1/79 (BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164 = SIS 81 05 55) und vom
25.6.1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08). Zwar folgt aus der Rechtsprechung des Großen Senats,
dass die Personengesellschaft/Gemeinschaft Steuerrechtssubjekt bei
der Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte und der
Gesellschafter/Gemeinschafter Subjekt der Einkünfteerzielung
ist (vgl. auch Beschluss des Großen Senats des BFH vom
11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679 = SIS 05 31 02). Dem Gedanken der Einheit der Gesellschaft/Gemeinschaft folgend
sind deshalb grundsätzlich dem Gesellschafter nicht die
einzelnen von der Gesellschaft verwirklichten
Geschäftsvorfälle, sondern lediglich das Ergebnis der
gemeinschaftlichen Tätigkeit (Gewinn oder Überschuss)
anteilig zuzurechnen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
3.7.1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 = SIS 95 19 11,
unter C.IV.2.b aa). Daraus folgt zugleich, dass für die
Zuordnung der Aufwendungen zu den Anschaffungskosten oder zu den
sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben grundsätzlich auf
die Sicht der Gesellschaft abzustellen ist. Diese
gesellschaftsbezogene, dem Grundsatz der Einheit der Gesellschaft
geschuldete Beurteilung, muss jedoch gegenüber dem Gedanken
der Vielheit der Gesellschaft zurücktreten, wenn andernfalls
eine sachlich zutreffende Besteuerung des Gesellschafters nicht
möglich wäre (Beschluss des Großen Senats des BFH
in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 = SIS 95 19 11, unter
C.IV.3.).
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Auch vorliegend hat die Anwendung des §
42 der Abgabenordnung (AO) zur Folge, dass die
gesellschaftsbezogene Betrachtung gegenüber der
gesellschafterbezogenen Betrachtung zurücktritt, um die auf
der Ebene der Gesellschafter zutreffende Besteuerung zu erreichen.
Anders als in dem Fall eines gewerblichen Grundstückshandels,
der dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 178, 86,
BStBl II 1995, 617 = SIS 95 19 11 zu Grunde lag, führt jedoch
die gesellschafterbezogene Betrachtung - dort die Einbeziehung der
gewerblichen Aktivitäten des Gesellschafters - nicht erst zu
einer Umqualifizierung der Aufwendungen im Rahmen der
Einkünftezurechnung auf der Gesellschafterebene. Denn die
Frage des Vorliegens von Anschaffungskosten oder von sofort
abzugsfähigen Betriebsausgaben kann nur einheitlich
beantwortet werden. Die einzelnen im wirtschaftlichen Zusammenhang
mit dem Erwerb der Windkraftanlagen angefallenen Aufwendungen sind
daher auch bei einem geschlossenen Windkraftfonds der hier
vorliegenden Art bereits auf der Ebene der Gesellschaft den
Anschaffungskosten zuzuordnen.
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4. Nach diesen Grundsätzen hat das FA die
Aufwendungen für die Platzierungsgarantie, für die
Prospekterstellung und –prüfung, für die
Koordinierung/Baubetreuung und für die Eigenkapitalvermittlung
zutreffend als Anschaffungskosten der Windkraftanlagen und nicht
als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben beurteilt. Denn diese
Aufwendungen standen aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung
im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erlangung des Eigentums an
den Windkraftanlagen. Dies gilt unabhängig davon, ob die
Aufwendungen an einen Dritten oder den Initiator des
Windkraftfonds, der zugleich Gesellschafter der Fondsgesellschaft,
hier der Klägerin, ist, gezahlt worden sind (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717 = SIS 01 10 84).
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5. Ob die Klägerin unter Berufung auf das
BMF-Schreiben in BStBl I 2001, 780 = SIS 01 13 80 beanspruchen
kann, dass die streitigen Aufwendungen ungeachtet der dargestellten
Rechtslage als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt
werden, kann im vorliegenden Revisionsverfahren nicht geklärt
werden. Denn die in dem BMF-Schreiben vorgesehene
Übergangsregelung stellt eine Billigkeitsmaßnahme
gemäß § 163 AO dar, über die in einem
gesonderten Verfahren zu entscheiden ist (vgl. BFH-Urteil vom
30.11.2004 VIII R 76/00, BFH/NV 2005, 856 = SIS 05 21 98).
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6. Eine Aussetzung des Revisionsverfahrens
nach § 74 FGO bis zur Entscheidung über einen
Billigkeitserlass nach § 163 AO ist aus Rechtsgründen
nicht geboten und bei Berücksichtigung des Sach- und
Streitstandes auch nicht zweckmäßig. Zwar ist es
regelmäßig sinnvoll, den Rechtsstreit um die
Rechtmäßigkeit eines Folgebescheids auszusetzen, solange
noch unklar ist, ob und wie ein angefochtener Grundlagenbescheid
geändert wird. Auch der Verwaltungsakt, der eine
Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zulässt, wird als
Grundlagenbescheid angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.1992 VIII R
51/88, BFHE 168, 500, 504, BStBl II 1993, 3 = SIS 92 20 35,
m.w.N.). Da das FA über die erstmals im Revisionsverfahren
geltend gemachte Billigkeitsmaßnahme noch nicht entschieden
hat, würde sich die Erledigung des anhängigen
Revisionsverfahrens aber bei einer Aussetzung nach § 74 FGO
erheblich verzögern. Im Übrigen hält es der Senat
für sinnvoll, zunächst die Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Steuerfestsetzung festzustellen, ehe über eine
Billigkeitsmaßnahme entschieden wird.
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B. Anschlussrevision der Klägerin
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1. Der Senat legt die Revisionserwiderung der
Klägerin, welche am 20.7.2009 beim BFH eingegangen ist, dahin
aus, dass damit eine Anschlussrevision (§ 155 FGO i.V.m.
§ 554 der Zivilprozessordnung - ZPO - ) eingelegt werden
sollte. Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen Bezeichnung des
Begehrens als Anschlussrevision; darauf kommt es aber nicht an, da
der Wille der Klägerin eindeutig erkennbar geworden ist, dass
sie ebenfalls eine Abänderung der Vorentscheidung erreichen
will. Die Klägerin hat sich in der Revisionserwiderung nicht
darauf beschränkt, die Zurückweisung der Revision des FA
zu beantragen. Vielmehr hat sie die Stattgabe der Klage auch
insoweit beantragt, als die Vorentscheidung dem Begehren der
Klägerin nicht entsprochen hat.
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2. Die so auszulegende Anschlussrevision der
Klägerin war als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht
fristgerecht eingelegt worden ist.
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a) Die Anschlussrevision muss innerhalb eines
Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung eingelegt
werden (§ 155 FGO i.V.m. § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl.
auch BFH-Urteil vom 19.2.2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II
2009, 654 = SIS 09 14 83). Daran fehlt es vorliegend. Die
Revisionsbegründung des FA wurde der Klägerin ausweislich
deren Posteingangsstempel auf dem Empfangsbekenntnis am 3.6.2009
zugestellt. Die Anschlussrevision wurde jedoch erst am 20.7.2009
eingelegt.
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b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(§ 56 Abs. 1 FGO) wegen der Versäumung dieser Frist kommt
nicht in Betracht. Die Klägerin hat insoweit keinen Antrag
gestellt. Auch nach Aktenlage sind Tatsachen, die eine
Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich.
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c) Zwar ist eine unzulässige Revision
nach § 126 Abs. 1 FGO grundsätzlich durch Beschluss zu
verwerfen. Haben aber beide Beteiligte Revision eingelegt, und ist
davon die eine unbegründet, die andere unzulässig, kann
der Senat insgesamt über beide Revisionen durch Urteil
entscheiden. Dies gilt gleichermaßen für die
Entscheidung über eine unzulässige Anschlussrevision, die
neben einer zulässigen Revision eingelegt worden ist
(BFH-Urteil in BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654 = SIS 09 14 83).
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