1
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I. Die Beteiligten streiten über die
Höhe eines Verlustes aus der Veräußerung von
Aktien.
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2
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2002)
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war
jedenfalls seit 1998 Aktionär der A-AG und der B-AG. Seine
Beteiligung an der B-AG belief sich auf 9,99 % des Grundkapitals;
dazu zählten 1.998 Stück Inhaberaktien im Nennbetrag von
jeweils 5 DM bei einem Grundkapital von 100.000 DM. Die dafür
angefallenen Anschaffungskosten betrugen 10.789 DM. Die A-AG war
schon am 31.12.1998 buchmäßig überschuldet und hat
im Jahr 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über
ihr Vermögen beantragt.
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Im Dezember 1998 beschloss die
Gesellschafterversammlung der B-AG, deren Grundkapital von 100.000
DM auf 200.000 DM zu erhöhen. Die Kapitalerhöhung sollte
gegen Sacheinlagen erfolgen, die durch Einbringung von Aktien der
A-AG geleistet werden sollten. In dem Beschluss heißt es, die
Einbringung solle zum Teilwert gemäß § 20 des
Umwandlungssteuergesetzes in dessen seinerzeit geltenden Fassung
(UmwStG 1995) erfolgen, wobei der Teilwert mit 170 Mio. DM für
alle Aktien beziffert wurde. An der beschlossenen
Kapitalerhöhung nahmen alle Aktionäre der B-AG teil; der
Kläger erhielt auf diese Weise weitere 1.998 Aktien der B-AG,
womit er weiterhin 9,99 % von deren Grundkapital hielt. Im Januar
2001 hat der Kläger „0,5 % der Aktien“ an der B-AG
an einen Dritten veräußert. Am 21.12.2002
veräußerte er die übrigen B-Aktien für 37.998
EUR.
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4
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In der Anlage zur
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelten
die Kläger einen im Streitjahr zu berücksichtigenden
Verlust aus der Veräußerung der B-Aktien in Höhe
von 8.215.914 EUR. Bei der Berechnung dieses Verlustes waren die
Anschaffungskosten der B-Aktien mit 16.993.789 DM angesetzt, wovon
10.789 DM auf die Anschaffung der ersten Aktien und 16.983.000 DM
auf die Einbringung der A-Aktien entfielen. Ferner waren die
Kläger davon ausgegangen, dass der Kläger im Januar 2001
„0,5 % der Aktien“ für 75.000 DM
veräußert hatte; die auf diese Aktien entfallenden
Anschaffungskosten hatten sie mit 434.874 EUR angegeben, was 5 %
der erklärten gesamten Anschaffungskosten der B-Aktien
entspricht. Schließlich ging die Berechnung davon aus, dass
am 21.12.2002 „die restlichen 3.796 B-Aktien“ für
37.998 DM veräußert worden seien. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erließ am 27.1.2004
(geänderte) Steuerbescheide, in denen er unter Hinweis auf
§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes
(EStG 2002) den geltend gemachten Verlust nur zur Hälfte -
also in Höhe von 4.107.957 EUR - berücksichtigte. Er
setzte die Einkommensteuer auf 12.596 EUR fest und erließ
außerdem Bescheide zur Feststellung des verbleibenden
Verlustabzugs.
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Mit Schreiben vom 28.1.2005 und vom
15.2.2006 teilte das FA X dem FA mit, dass der Einbringungswert der
Aktien der A-AG sich entgegen der ursprünglichen Bilanzierung
durch die B-AG nicht auf 170 Mio. DM, sondern auf 30 Mio. DM
belaufen habe. Die die B-AG betreffenden Steuerbescheide für
die Jahre 2000 bis 2002 - erst in diesen
Veranlagungszeiträumen habe sich der Unterschied im
Einbringungswert ausgewirkt - seien zunächst dahin
geändert worden, dass nur ein Einbringungswert von 5 Mio. EUR
berücksichtigt worden sei; in einem daraufhin geführten
Einspruchsverfahren sei eine tatsächliche Verständigung
dahin erzielt worden, dass der Wert von 30 Mio. DM zutreffend sei.
Dementsprechende Steuerbescheide gegenüber der B-AG seien
bestandskräftig geworden.
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6
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Das FA erließ daraufhin
geänderte Steuerbescheide für das Streitjahr, in denen es
von einem Veräußerungsverlust in Höhe von 532.493
EUR ausging. Diese Bescheide wurden im weiteren Verlauf wiederholt
geändert; in den letzten Änderungsbescheiden sind im
Hinblick auf die im Streitjahr veräußerten Aktien ein
Veräußerungspreis von 37.998 EUR und Anschaffungskosten
in Höhe von 1.460.965 EUR sowie das
Halbeinkünfteverfahren berücksichtigt. Die genannten
Anschaffungskosten ermitteln sich mit (10.789 DM + 2.997.000 DM =
3.007.789 DM =) 1.537.858 EUR abzüglich der Kosten für
die in 2001 veräußerten Aktien in Höhe von 76.893
EUR (= 5 % vom 1.537.858 EUR). Auf dieser Basis wurden die
Einkommensteuer unverändert auf 12.596 EUR festgesetzt und der
verbleibende Verlustabzug hinsichtlich der Einkünfte aus
Gewerbebetrieb auf 489.471 EUR festgestellt. Die deshalb erhobene
Klage hatte keinen Erfolg; sie wurde vom Finanzgericht (FG)
München durch Urteil vom 23.6.2010 1 K 2271/07, abgedruckt in
EFG 2011, 95 = SIS 10 29 08, als unbegründet
abgewiesen.
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Mit ihrer Revision rügen die
Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen, den
Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs
auf den 31.12.2002 vom 5.6.2007 und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung aufzuheben.
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8
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
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1. Das angefochtene Urteil betrifft sowohl den
das Streitjahr betreffenden Einkommensteuerbescheid als auch die
zum Ende des Streitjahres vorgenommene Feststellung des
verbleibenden Verlustabzugs. Die Kläger haben es nach dem
eindeutigen Inhalt der Revisionsschrift aber nur in dem zuletzt
genannten Punkt angefochten. Die Revision bezieht sich mithin nur
auf den Verlustfeststellungsbescheid.
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2. Das FG hat diesen Bescheid ohne
Rechtsfehler bestätigt. Das gilt sowohl im Hinblick auf die
Höhe des vom Kläger erlittenen Verlustes aus der
Veräußerung der B-Aktien als auch insoweit, als dieser
Verlust dort nur mit der Hälfte seines Betrags
berücksichtigt worden ist.
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a) Der Kläger hat nach den Feststellungen
des FG, die nicht mit zulässigen und begründeten
Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb für den
Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), im Streitjahr Aktien
der B-AG veräußert. Der bei dieser
Veräußerung erzielte Gewinn oder Verlust zählt
gemäß § 17 EStG 2002 zu den Einkünften des
Klägers aus Gewerbebetrieb. Das ist zwischen den Beteiligten
nicht streitig und bedarf daher keiner Erörterung.
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b) Der im Streitjahr vom Kläger erzielte
Veräußerungserlös beläuft sich nach den
ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des FG auf 37.998 EUR.
Diesem Erlös sind bei der Ermittlung des
Veräußerungsergebnisses zum einen die dem Kläger
ursprünglich entstandenen Anschaffungskosten für B-Aktien
gegenüberzustellen, soweit sie auf die im Streitjahr
veräußerten Aktien entfallen. Zum anderen sind
diejenigen Anschaffungskosten, die für den Kläger bei der
Einbringung von Aktien der A-AG entstanden sind, ebenfalls anteilig
zu berücksichtigen.
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c) Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995
darf, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine
unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht
werden und die übernehmende Gesellschaft dadurch die Mehrheit
der Stimmrechte an der Gesellschaft erlangt, die übernehmende
Kapitalgesellschaft die eingebrachten Anteile mit dem Buchwert oder
einem höheren Wert ansetzen. Die Obergrenze bildet der
Teilwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter (§ 20 Abs. 2
Satz 6 UmwStG 1995). Der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das
eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt für den
Einbringenden als Veräußerungspreis und zugleich als
Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (§ 20 Abs. 4 Satz
1 UmwStG 1995). Die genannten Regelungen greifen auch dann ein,
wenn mehrere Personen Anteile einbringen, die in ihrer Gesamtheit
der aufnehmenden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte an der
anderen Gesellschaft verschaffen (ebenso Bundesministerium der
Finanzen - BMF -, Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268 = SIS 98 09 38, Tz. 20.15). Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall
vor.
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d) Nach den Feststellungen des FG hat die B-AG
die vom Kläger eingebrachten Anteile an der A-AG mit dem
Teilwert angesetzt und diesen Teilwert mit 16.983.000 DM ermittelt.
Bei der Berechnung dieses Wertes ist sie davon ausgegangen, dass
die Teilwerte der im Jahr 1998 einbrachten A-Aktien sich im
Einbringungszeitpunkt auf insgesamt 170 Mio. DM belaufen haben.
Später hat sie sich jedoch mit dem für ihre Besteuerung
zuständigen FA X dahin verständigt, dass die Summe der
Teilwerte zu jenem Zeitpunkt nur 30 Mio. DM betragen habe; auf
dieser Basis sind gegenüber der B-AG Steuerbescheide erlassen
worden, die in der Folge bestandskräftig geworden sind. Bei
Ansatz dieses Einbringungswertes beläuft sich der Teilwert der
vom Kläger eingebrachten A-Aktien auf 2.997.000 DM. Dieser
Wert ist für die Berechnung des vom Kläger erzielten
Veräußerungsergebnisses maßgeblich.
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aa) Die in § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995
angeordnete Anbindung der Besteuerung des Einbringenden an die von
der aufnehmenden Gesellschaft angesetzten Werte bewirkt, dass eine
spätere Änderung der Höhe jener Werte ebenfalls auf
die Besteuerung des Einbringenden durchschlägt. Das gilt nicht
nur dann, wenn die aufnehmende Gesellschaft in der Folge ihre
Handelsbilanz oder ihre Steuerbilanz ändert. Vielmehr
genügt dafür, dass jener Gesellschaft gegenüber ein
Steuerbescheid ergeht, der - bei Beibehaltung der angesetzten
Wertentscheidung dem Grunde nach, also der Entscheidung über
den Ansatz des Teil-, des Buch- oder eines Zwischenwertes (vgl.
auch Senatsurteil vom 19.10.2005 I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099 = SIS 06 21 24) - auf dem Ansatz anderer als der ursprünglich von
ihr angesetzten Werte beruht (ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 1998,
268 = SIS 98 09 38, Tz. 20.34 und 20.36; FG Köln, Urteil vom
11.12.2008 15 K 4963/01, EFG 2009, 448 = SIS 09 08 23; wohl auch
Widmann in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz
659).
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Denn die Regelung in § 20 Abs. 4 Satz 1
UmwStG 1995 dient letztlich dazu, die Besteuerung der aufnehmenden
Gesellschaft und die Besteuerung des Einbringenden miteinander zu
harmonisieren. Dieses Ziel würde nur unvollkommen erreicht,
wenn die Ermittlung der Anschaffungskosten und des
Veräußerungserlöses des Einbringenden zwar an die
ursprüngliche Bilanzierung durch die aufnehmende Gesellschaft
gebunden, von der weiteren bei jener Gesellschaft eintretenden
Entwicklung aber abgekoppelt wäre. Ebenso könnte die vom
Gesetz angestrebte Harmonisierung beider Besteuerungsebenen allzu
leicht verfehlt werden, wenn eine vom FA gegenüber der
aufnehmenden Gesellschaft vorgenommene Korrektur des Teilwertes
sich nur im Fall einer nachfolgenden Bilanzänderung auf die
Besteuerung des Einbringenden auswirken würde; es ist
nämlich nicht erkennbar, dass das FA das aufnehmende
Unternehmen im Falle eines gesetzeswidrigen Bilanzansatzes zu einer
solchen Bilanzänderung zwingen könnte. Deshalb muss schon
der Erlass eines Steuer- oder Feststellungsbescheids gegenüber
der aufnehmenden Gesellschaft jedenfalls dann, wenn dieser Bescheid
unanfechtbar wird, zur Verbindlichkeit der ihm zu Grunde liegenden
Werte für die Besteuerung des Einbringenden führen.
Soweit sich aus dem Senatsbeschluss vom 19.12.2007 I R 111/05 (BFHE
220, 152, BStBl II 2008, 536 = SIS 08 12 25) ein abweichendes
Verständnis ableiten lassen sollte, hält der Senat daran
nicht fest.
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bb) Im Streitfall sind hiernach die Teilwerte
der A-Aktien im Einbringungszeitpunkt mit den bei der Besteuerung
der B-AG angesetzten Werten zu berücksichtigen. Dem steht
nicht entgegen, dass die Verständigung zwischen der B-AG und
dem FA X und die ihr entsprechenden Steuerbescheide sich nicht auf
das Jahr der Einbringung (1998), sondern auf spätere Jahre
(2000 bis 2002) beziehen. Denn den Feststellungen des FG ist zum
einen zu entnehmen, dass sich eine Änderung der
Wertansätze erstmals für das Jahr 2000 auf die
Besteuerung der B-AG auswirken konnte, für das
Einbringungsjahr also keine unter diesem Gesichtspunkt
geänderten Steuerbescheide erlassen werden konnten. Zum
anderen hat das FG den Vorgang dahin gewürdigt, dass die
für die Jahre ab 2000 ergangenen Bescheide erkennbar auf der
Annahme beruhten, die in der Verständigung festgelegten
Wertansätze spiegelten die im Zeitpunkt der Einbringung
bestehenden Teilwerte wider. Diese Würdigung
verstößt nicht gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine
Erfahrungssätze und ist deshalb revisionsrechtlich bindend.
Jedenfalls unter diesen Gegebenheiten hindert der Umstand, dass es
unmittelbar im Hinblick auf das Einbringungsjahr nicht zu einer
geänderten Besteuerung gegenüber der B-AG gekommen ist,
die vom FG angenommene Bindung des Klägers an die Handhabung
bei der B-AG nicht.
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cc) Der Senat hat bisher offengelassen, ob der
bei der aufnehmenden Gesellschaft angesetzte Wert auch dann
für die Besteuerung des Einbringenden verbindlich ist, wenn er
den tatsächlichen Teilwert offenkundig übersteigt und in
diesem Sinne als willkürlich erscheint (Senatsbeschluss in
BFHE 220, 152, 158, BStBl II 2008, 536, 539 = SIS 08 12 25). Dieser
Punkt muss im Streitfall erneut nicht vertieft werden. Denn den
Feststellungen im angefochtenen Urteil sind keine Anhaltspunkte
dafür zu entnehmen, dass hier ein solcher Sachverhalt
vorliegen könnte. Gegen eine dahingehende Annahme spricht vor
allem, dass die bestandskräftigen Steuerbescheide
gegenüber der B-AG auf einer tatsächlichen
Verständigung beruhen, die unter Mitwirkung der B-AG getroffen
worden ist. Die von den Klägern vorgetragene Erwägung,
dass die B-AG sich aus sachfremden Erwägungen heraus auf jene
Verständigung eingelassen haben könnte, ist spekulativ
und kann die vom FG vorgenommene Würdigung nicht
erschüttern.
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e) Schließlich kann die Revision nicht
mit ihrem Vortrag durchdringen, dass der Kläger
gemäß § 360 der Abgabenordnung zu dem von der B-AG
geführten Einspruchsverfahren hätte hinzugezogen werden
müssen. Denn selbst wenn eine solche Hinzuziehung notwendig
gewesen wäre, könnte ihr Fehlen allenfalls dazu
führen, dass der Kläger nicht aus verfahrensrechtlichen
Gründen an die bei der B-AG erfolgte Sachbehandlung gebunden
ist. Eine solche Bindung ergibt sich im Streitfall aber
unabhängig von einer Hinzuziehung schon aus dem materiellen
Recht, weshalb die Frage der Hinzuziehung insoweit im Streitfall
unerheblich ist. Jedenfalls durfte das FG den Streitfall
entscheiden, ohne die A-AG ihrerseits zum Klageverfahren beigeladen
zu haben, da bei Streitigkeiten um den Teilwert eingebrachter
Wirtschaftsgüter eine Beiladung des aufnehmenden Unternehmens
zu einem vom Einbringenden geführten Klageverfahren nicht
notwendig ist (Senatsbeschluss in BFHE 220, 152, BStBl II 2008, 536
= SIS 08 12 25).
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f) Ebenso ist die Annahme des FG, dass der
beim Kläger eingetretene Veräußerungsverlust nur
nach Maßgabe des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002
berücksichtigt werden kann, nicht zu beanstanden.
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aa) Nach § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG 2002
ist u.a. die Hälfte des Veräußerungspreises i.S.
des § 17 Abs. 2 EStG 2002 steuerfrei. Ergänzend dazu
bestimmt § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002, dass
Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben,
Veräußerungskosten oder Werbungskosten bei der
Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden
dürfen, wenn sie mit den in § 3 Nr. 40 EStG 2002 zu
Grunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in
wirtschaftlichem Zusammenhang stehen; Entsprechendes gilt, wenn bei
der Ermittlung der Einkünfte der Wert des
Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen
oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren
Stelle zu berücksichtigende Wert mindernd zu
berücksichtigen sind. Die letztgenannte Regelung greift im
Streitfall ein, da der vom Kläger für die B-Aktien
vereinnahmte Veräußerungspreis § 3 Nr. 40 Buchst. c
EStG 2002 unterliegt und die bei der Ermittlung des
Veräußerungsergebnisses zu berücksichtigenden
Anschaffungskosten der B-Aktien wirtschaftlich mit diesem
Veräußerungspreis zusammenhängen.
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23
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bb) Der Senat folgt nicht der Ansicht der
Kläger, dass § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 den Abzug von
Betriebsausgaben und den ihnen gleichgestellten Beträgen nur
insoweit beschränke, als diese Beträge die ihnen
gegenüberstehenden Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG
2002 nicht überstiegen. Für eine solche Eingrenzung des
Anwendungsbereichs der Vorschrift bietet deren Wortlaut keinen
Anhaltspunkt (ebenso Naujok, BB 2009, 2128, 2129; Gosch in
Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 17 Rz 106a; a.A. Hoffmann, GmbHR
2010, 544). Insbesondere heißt es dort nicht, dass die
Berücksichtigung von Aufwandsposten eingeschränkt sei,
„soweit“ dem § 3 Nr. 40 EStG 2002
unterliegende Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen
anfallen; hätte der Gesetzgeber eine Regelung des von den
Klägern befürworteten Inhalts treffen wollen, so
hätte er dies unschwer durch eine solche oder ähnliche
Formulierung zum Ausdruck bringen können. Stattdessen hat er
auf den „wirtschaftlichen Zusammenhang“ zwischen
Aufwands- und Ertragspositionen abgestellt, der zudem - anders als
der in § 3c Abs. 1 EStG 2002 genannte - nicht einmal ein
„unmittelbarer“ sein muss. Ein solcher
Zusammenhang besteht auch dann, wenn der Aufwand den Ertrag
übersteigt.
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24
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Diese Beurteilung entspricht zudem dem
Grundgedanken des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002, der darin
liegt, die steuerliche Berücksichtigung positiver (Einnahmen)
und negativer Positionen (z.B. Anschaffungskosten) in dem dort
geregelten Bereich nach einem einheitlichen Prinzip zu begrenzen
(ebenso von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
Einkommensteuergesetz, § 3c Rz C 22). Sie wird zudem durch den
Blick darauf bestätigt, dass eine Begrenzung des
Anwendungsbereichs des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 auf die
durch Einnahmen abgedeckten Aufwendungen nur dann in praktikabler
Weise umgesetzt werden könnte, wenn lediglich die bis zum
Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums angefallenen Einnahmen
betrachtet würden (ebenso von Beckerath in
Kirchhof/Söhn/Mellinghof, a.a.O., § 3c Rz C 22); eine
solche Handhabung schließt die Vorschrift aber
ausdrücklich aus. Deshalb mag es zwar richtig sein, dass
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 vor allem auf die Anpassung des
Aufwandsabzugs an die Behandlung der mit dem Aufwand
korrespondierenden Erträge abzielt und dass dieses Ziel die
Anwendung der Norm nicht trägt, soweit die Aufwendungen die
Erträge übersteigen und es im Ergebnis zu einem Verlust
kommt (vgl. dazu auch Naujok, BB 2009, 2128). Dessen ungeachtet ist
der Anwendungsbereich der Vorschrift - ebenso wie der des § 8b
Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (dazu z.B. Gosch,
Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 8b Rz 261) - nicht
auf Aufwendungen beschränkt, die durch tatsächlich
angefallene Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG 2002 abgedeckt
werden. Ob § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 auch dann eingreift,
wenn im Zusammenhang mit der betreffenden Einkunftsquelle keinerlei
(hälftig steuerfreie) Einnahmen angefallen sind (dazu
Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 25.6.2009 IX R 42/08, BFHE 225,
445, BStBl II 2010, 220 = SIS 09 28 49; BFH-Beschluss vom 18.3.2010
IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627 = SIS 10 06 55; vgl.
ferner zu § 3c EStG in der für 1996 geltenden Fassung -
heute: § 3c Abs. 1 EStG - BFH-Urteil vom 6.7.2005 XI R 61/04,
BFHE 210, 332, BStBl II 2006, 163 = SIS 05 41 65), muss im
Streitfall nicht entschieden werden.
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cc) Der Senat teilt auch nicht die Ansicht,
dass die Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 in der
vorstehend beschriebenen Weise mit dem Grundgesetz nicht vereinbar
und deshalb eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift in
dem von den Klägern angestrebten Sinne geboten sei (so aber
wohl FG Düsseldorf, Urteil vom 10.5.2007 11 K 2363/05 E, EFG
2007, 1239 = SIS 07 22 39). Die Erstreckung des Anwendungsbereichs
der Norm auf Verlustfälle mag zwar von der Idee des
„Halbeinkünfteverfahrens“ her eine
überschießende Tendenz aufweisen. Es mag sogar erwogen
werden, ob § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 in Gänze
systemwidrig ist, da einerseits durch die in § 3 Nr. 40 EStG
2002 angeordnete hälftige Steuerbefreiung letztlich nur die
Besteuerung bei der Kapitalgesellschaft berücksichtigt wird
und andererseits die durch die Beteiligung veranlassten
Aufwendungen des Gesellschafters keinen entsprechenden
Aufwandsabzug bei der Kapitalgesellschaft auslösen (vgl. dazu
z.B. Schön, FR 2001, 381; Pezzer in Seeger - Hrsg. -,
Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, Deutsche
Steuerjuristische Gesellschaft Bd. 25, 2002, S. 37, 54 f.). Doch
liegt es innerhalb des dem Gesetzgeber überlassenen
Gestaltungsspielraums, der Besteuerung eine systematische
Grundkonzeption des Inhalts zu Grunde zu legen, dass erstens eine
Kapitalgesellschaft und deren Gesellschafter als voneinander zu
unterscheidende Rechtssubjekte angesehen und zweitens bei der
Besteuerung des Gesellschafters positive und negative
Einkünfte nach einem übereinstimmenden Maßstab
behandelt werden. Das ist in dem hier interessierenden Bereich
geschehen: Die Begrenzung der Besteuerung beim Gesellschafter mag
zwar wirtschaftlich mit der Besteuerung der Kapitalgesellschaft
zusammenhängen; in der rechtlichen Ausgestaltung wird aber die
Besteuerung des Gesellschafters von der Besteuerung der
Gesellschaft gelöst und werden Erträge und Aufwendungen
des Gesellschafters nach einem einheitlichen Prinzip - nämlich
nur hälftig - berücksichtigt. Das mag rechtspolitisch
angreifbar sein, verstößt aber weder gegen das im
Grundgesetz angelegte Gebot der Folgerichtigkeit (dazu
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4.12.2002 2 BvR 400/98, 2
BvR 1735/00, BStBl II 2003, 534 = SIS 03 19 40) noch gegen andere
verfassungsrechtliche Grundsätze (ebenso im Ergebnis wohl
Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und
Körperschaftsteuergesetz, § 3c EStG Rz 10).
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g) Im Hinblick auf die Höhe des dem
Kläger erwachsenen Verlustes haben weder das FG noch die
Kläger die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende
Berechnung beanstandet. Der Senat sieht deshalb keinen Grund,
diesen Punkt näher zu erörtern.
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