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Zahlungen einer Familienstiftung an Familienangehörige als Einkünfte aus Kapitalvermögen

Zahlungen einer Familienstiftung an Familienangehörige als Einkünfte aus Kapitalvermögen: 1. Können die Leistungsempfänger einer Stiftung unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen, handelt es sich bei den Leistungen um Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 i.d.F. des UntStFG. - 2. Kommt ein Steuerpflichtiger seiner gesetzlichen Verpflichtung, Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das FA abzuführen, nicht nach, handelt er regelmäßig grob fahrlässig. Das gilt auch bei nicht eindeutiger Rechtslage; eine abweichende Rechtsmeinung ist im Rechtsbehelfsverfahren durchzusetzen. - Urt.; BFH 3.11.2010, I R 98/09; SIS 11 05 54

Kapitel:
Privatbereich > Kapitaleinkünfte
Fundstellen
  1. BFH 03.11.2010, I R 98/09
    BStBl 2011 II S. 417
    DStR 2011 S. 403
    LEXinform 0927443

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 6.4.2011
    jh in StuB 5/2011 S. 194
    -/- in NWB 9/2011 S. 675
    W.K./M.M. in DStR 13/2011 S. 614
    JH in DStZ 8/2011 S. 262
    D.G. in BFH/PR 5/2011 S. 176
    T.Sp./S.M. in BB 15/2011 S. 932
    E.M./C.H. in BB 24/2011 S. 1500
    A.J./F.O. in DB 21/2011 S. 1187
Normen
[KStG 2002] § 1 Abs. 1 Nr. 5
[EStG 2002 i.d.F. des UntStFG] § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 9, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 a, § 44 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 44 Abs. 5
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 16.09.2009, SIS 09 38 29, Stiftung, Destinatszahlung, Kapitaleinkünfte, Haftung
  • nach: 2 BvR 812/11 (BVerfG), Destinatär, Familienangehöriger, Familienstiftung, Gewinnausschüttung, Kapital, Kapitalertragsteuer, Kapitalvermögen, Stiftung, Steuerschuldner
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 17.5.2023, SIS 23 16 32, Keine gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stif...
  • BFH 17.5.2023, SIS 23 16 35, Keine gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stif...
  • FG Münster 23.3.2023, SIS 23 09 80, Steuerpflicht von Vermögensübertragungen aus der Auflösung US-amerikanischer Trusts als Kapitaleinkünfte:...
  • FG Köln 22.6.2022, SIS 22 19 22, Kein Anspruch auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr bei einem französischen Investmentfonds (FPCI, Fo...
  • FG Münster 8.2.2022, SIS 22 09 15, Einkünfte aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit einer Aktienübertragung aufgrund einer Vereinsauflösung...
  • FG Münster 8.2.2022, SIS 22 09 16, Einkünfte aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit einer Aktienübertragung aufgrund einer Vereinsauflösung...
  • FG Hamburg 20.8.2021, SIS 21 17 19, Zahlungen einer ausländischen Stiftung als Kapitaleinkünfte mit Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 N...
  • FG Nürnberg 15.6.2021, SIS 21 20 50, Gesonderte Feststellung des Einlagekontos einer Verbrauchsstiftung: 1. Leistungen einer Stiftung sind mit...
  • Hessisches FG 25.5.2021, SIS 21 12 94, Zuwendung einer ausländischen Stiftung als Einkünfte aus Kapitalvermögen: 1. Eine ausländische rechtsfähi...
  • FG Köln 24.2.2021, SIS 21 08 61, Einkünftezurechnung bei einer liechtensteinischen Familienstiftung: 1. Das wirtschaftliche Eigentum an de...
  • FG Rheinland-Pfalz 31.7.2019, SIS 19 14 41, Zur Führung eines steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen Stiftungen: Sind Zahlungen einer rechtsfäh...
  • FG Nürnberg 21.2.2019, SIS 19 07 32, Versorgungsleistungen einer Stiftung an ihre Stifter als kapitalertragsteuerpflichtige Gewinnausschüttung...
  • FG Münster 16.1.2019, SIS 19 07 19, Feststellung des steuerlichen Einlagekontos bei einer Familienstiftung: 1. Für eine rechtsfähige Stiftung...
  • FG Köln 21.3.2018, SIS 18 15 20, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Sachspende an Stiftung: Sachspenden einer Kapitalgesellschaft an eine ge...
  • BFH 28.2.2018, SIS 18 08 29, Zur Besteuerung von Liquidationszahlungen nach Auflösung einer Stiftung: 1. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. e...
  • BFH 21.9.2017, SIS 17 22 64, Grundsatz der Akzessorietät für die Nachforderung von Kapitalertragsteuer: Wird der Entrichtungsschuldner...
  • BFH 21.1.2015, SIS 15 04 03, Einkommensbesteuerung von Destinatärsleistungen von Stiftungen im Übergangszeitraum vom Anrechnungs- zum ...
  • BFH 21.7.2014, SIS 14 24 53, Schenkungsteuer bei Zuwendungen ausländischer Stiftungen: 1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob Zuwendungen...
  • FG Baden-Württemberg 25.6.2013, SIS 14 03 68, Destinatärleistungen, Gleichheitssatz: 1. Destinatärleistungen sind jährlich wiederkehrende Bezüge i.S. d...
  • FG Berlin-Brandenburg 28.2.2013, SIS 13 26 41, Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid: 1. Hinsichtlich der Festsetzungsfrist für H...
  • FG Berlin-Brandenburg 14.6.2012, SIS 13 13 07, Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für fehlenden Steuerabzug auf Lizenzzahlungen an eine Schweizer A...
  • FG Baden-Württemberg 24.10.2011, SIS 11 40 22, Keine Feststellung eines Körperschaftsteuerguthabens bei einer rechtsfähigen Stiftung des privaten Rechts...
  • BFH 12.10.2011, SIS 12 04 12, Abgrenzung Spenden und Zahlungen für satzungsmäßige Zwecke: Ist einer Stiftung durch Stiftungsgeschäft vo...
Fachaufsätze
  • LIT 02 18 06 T. Spanke/S. Müller, BB 15/2011 S. 932: Zahlungen einer Familienstiftung an Destinatäre als Einkünfte aus Kapitalvermögen - BB-Kommentar zum BFH-...
  • LIT 02 19 50 A. Jahn/F. Oppel, DB 21/2011 S. 1187: Destinatszahlungen einer Familienstiftung stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar - Zugleich Anm. zum B...
  • LIT 02 21 48 J.E. Milatz/C. Herbst, BB 24/2011 S. 1500: Die Besteuerung der Destinäre einer ausländischen Familienstiftung - Zugleich Besprechung des BFH-Urteils...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine im Jahr 1895 errichtete Familienstiftung. Zweck der Klägerin ist es, das Vermögen des Stifters den männlichen Abkömmlingen seines Vaters und Großvaters zu erhalten und den Abkömmlingen durch Zuwendungen der Stiftung eine in wirtschaftlicher Beziehung gesicherte Lebensstellung zu verschaffen.

 

 

2

Anteilsberechtigt sind die ehelichen männlichen Abkömmlinge eines Neffen und zweier Vettern des Stifters. Jeder der Anteilsberechtigten hat unter weiteren in der Satzung niedergelegten Voraussetzungen Anspruch auf eine Kapitalzuwendung und eine Zeitrente oder auf eine lebenslängliche jährliche Rente in Höhe von 1.000 DM.

 

 

3

Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2002 bis 2005 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 106.340 EUR (2002), 113.902 EUR (2003), 116.122 EUR (2004) und 80.924 EUR (2005) sowie jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 460.772 EUR (2002), 448.887 EUR (2003), 151.061 EUR (2004) und 243.230 EUR (2005).

 

 

4

In der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 2004 wies der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Klägerin darauf hin, dass eventuell geleistete Destinatärzahlungen seit dem 1.1.2002 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 7a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) - EStG 2002 n.F. - dem Kapitalertragsteuerabzug unterlägen, und forderte die Klägerin auf, Kapitalertragsteueranmeldungen abzugeben. Die Klägerin teilte daraufhin mit, ihre Auskehrungen an die Destinatäre stellten keine Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. dar, so dass Kapitalertragsteueranmeldungen nicht abzugeben seien. Sie erklärte ferner, es seien laufende Rentenzahlungen in Höhe von 30.970,80 EUR (2002), 35.072,30 EUR (2003), 54.728,78 EUR (2004) und 35.892,60 EUR (2005) sowie Sonderzahlungen in Höhe von jeweils 245.000 EUR (2002 und 2003), 311.083,32 EUR (2004) und 42.000 EUR (2005), insgesamt 999.747,80 EUR, geleistet worden.

 

 

5

Das FA nahm die Klägerin daraufhin für Kapitalertragsteuer 2002 bis 2005 nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 210.946,79 EUR nach § 44 Abs. 5 EStG 2002 n.F. als Haftende in Anspruch.

 

 

6

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab der dagegen gerichteten Klage mit in EFG 2010, 55 = SIS 09 38 29 veröffentlichtem Urteil vom 16.9.2009 8 K 9250/07 statt.

 

 

7

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage.

 

 

10

1. Entgegen der Auffassung des FG war die Klägerin nach § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG 2002 n.F. zur Einbehaltung der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Denn die Zahlungen an die Destinatäre sind Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F.

 

 

11

a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002), die Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. gehören.

 

 

12

b) Die Klägerin ist eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG 2002 unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Stiftung, die nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist. Ihre Zahlungen an die Destinatäre stellen Leistungen dar, die Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. wirtschaftlich vergleichbar sind.

 

 

13

aa) Der Zusatz in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F., dass die Leistungen „Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar“ sein müssen, ist erst durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz eingefügt worden. Die ursprüngliche Fassung durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) sah diese Einschränkung noch nicht vor. Nach der Gesetzesbegründung sollte damit klargestellt werden, dass eine Leistung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. beispielsweise dann nicht vorliege, wenn ein nicht von der Körperschaftsteuer befreiter Verein in Erfüllung seiner allgemeinen satzungsmäßigen Aufgaben Leistungen an Mitglieder aufgrund von Beiträgen i.S. von § 8 Abs. 5 KStG 2002 erbringe, die von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder nach der Satzung zu entrichten seien. Diese Leistungen seien nicht mit einer Gewinnausschüttung vergleichbar, da sie allgemein mit den Mitgliedsbeiträgen abgegolten seien (BTDrucks 14/6882, S. 35). Hieraus lässt sich schließen, dass nur solche Leistungen nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. erfasst sein sollen, denen im weitesten Sinne eine Gegenleistung des Leistungsempfängers - z.B. in Form eines Mitgliedsbeitrags - gegenübersteht.

 

 

14

bb) Demgegenüber spielt es entgegen der Auffassung des FG keine Rolle, ob die Leistungsempfänger am Vermögen beteiligt sind. Dies folgt schon daraus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. ausdrücklich Leistungen von „Vermögensmassen“ aufführt, demnach auch selbständige Stiftungen, obwohl bei diesen eine Beteiligung der Leistungsempfänger am Vermögen nicht möglich ist und auch Mitgliedschaftsrechte nicht bestehen. Wie aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/2683, S. 114) ersichtlich, war dem Gesetzgeber bewusst, dass bei den in der Vorschrift genannten Körperschaftsteuersubjekten grundsätzlich keine Ausschüttungen an Anteilseigner oder Mitglieder möglich sind. Gleichwohl komme es auch bei diesen Körperschaften zu Vermögensübertragungen an die „hinter diesen Gesellschaften stehenden Personen“. Diese Vermögensübertragungen seien wirtschaftlich gesehen mit Gewinnausschüttungen vergleichbar. Es ist zudem davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die weiteren strukturellen Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und Vermögensmassen bekannt waren. Gleichwohl hat er auch deren Leistungen ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. einbezogen, woraus zu schließen ist, dass er diesen Unterschieden keine der Besteuerung ihrer Leistungen als Kapitaleinkünfte entgegenstehende Bedeutung beigemessen hat.

 

 

15

Damit ist es unbeachtlich, ob die Destinatäre rechtlich die Stellung eines Anteilseigners innehaben. Ausschlaggebend ist, ob ihre Stellung wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht (gl.A. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 7.5.2009 5 K 277/06, EFG 2009, 1558 = SIS 09 24 90; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9.5.2006, BStBl I 2006, 417 = SIS 06 26 96; Schiffer, DStR 2005, 508, 511, m.w.N. auf S. 512; Schiffer/v. Schubert, BB 2002, 265, 267 f.; Freundl, DStR 2004, 1509, 1513. Jansen/Gröning, Steuer und Wirtschaft 2003, 140; Kußmaul/ Meyering, Zeitschrift für Steuern und Recht 2004, 41, 43; sowie weitere Nachweise bei Kirchhain, BB 2006, 2387, Fußnote 5; a.A. Kirchhain, daselbst; Fischer in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 22 Rz 10; differenzierend Orth, DStR 2001, 325; Wassermeyer, DStR 2006, 1733; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 20 Rz 735).

 

 

16

cc) Es kann im Streitfall offenbleiben, ob - wie die Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. nahelegt - alle auf Wiederholung angelegten Leistungen der in § 1 Nr. 3 bis 5 KStG 2002 genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, denen keine Gegenleistungen der Empfänger gegenüberstehen, zu den Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. gehören. Denn jedenfalls unter den Gegebenheiten des Streitfalls sind die Zahlungen der Klägerin an die Destinatäre Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. wirtschaftlich vergleichbar.

 

 

17

aaa) Ausschließlicher Stiftungszweck der Klägerin ist die Erhaltung des Stiftungsvermögens für die männlichen Abkömmlinge des Neffen und der beiden Vettern des Stifters und die Verschaffung einer in wirtschaftlicher Hinsicht gesicherten Lebensstellung für diese Abkömmlinge. Die Anspruchsberechtigten sind zwar nicht unmittelbar am Vermögen der Klägerin beteiligt; sie sind aber ausschließliche Nutznießer der Erträge des Stiftungsvermögens. Ähnlich einem Gesellschafter, der die Früchte aus dem hingegebenen Kapital erhält, sind die anspruchsberechtigten Familienmitglieder Begünstigte der Früchte aus dem einst hingegebenen Stiftungskapital (gl.A. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil in EFG 2009, 1558 = SIS 09 24 90). Wird die Stiftung durch Familienbeschluss oder kraft Gesetzes aufgelöst, fällt das Stiftungsvermögen überdies zu gleichen Teilen an die männlichen Abkömmlinge der drei Stammväter (§ 13 der Satzung).

 

 

18

Das Kuratorium der Klägerin bestimmt zwar die Verwendung der Erträge. Jedoch soll gemäß § 4 Abs. 3 der Satzung zumindest ein Mitglied der Familie im Kuratorium vertreten sein. Ferner können Kuratoriumsmitglieder jederzeit durch Beschluss abberufen werden, den eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln sämtlicher stimmberechtigter Familienmitglieder auf einem ordentlichen oder außerordentlichen Familientag durch Abstimmung fasst (§ 4 Abs. 11 der Satzung). Zur Teilnahme an Familienbeschlüssen sind alle volljährigen männlichen Abkömmlinge der drei Stammväter berechtigt (§ 5 der Satzung).

 

 

19

bbb) Damit haben im Streitfall die Destinatäre ähnlich wie die Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch des Vermögens. Zudem ist die zu verrentende Kapitalzuwendung, die jedem anspruchsberechtigten Familienmitglied zusteht, der Disposition des Kuratoriums entzogen, da insoweit bereits ein unmittelbarer Anspruch aus der Satzung besteht (§ 7 der Satzung). Zumindest dann, wenn die Leistungsempfänger - wie hier - unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können, handelt es sich um „hinter der Stiftung stehende Personen“ und sind die Leistungen wirtschaftlich Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. vergleichbar.

 

 

20

ccc) Dem steht nicht entgegen, dass die anspruchsberechtigten Familienmitglieder auch Anspruch auf eine zu verrentende Kapitalzuwendung von 31.250 DM haben, die unabhängig von den Erträgen der Stiftung zu leisten ist. Aus den von der Klägerin genannten Leistungen der Streitjahre ergibt sich, dass es sich bei dem überwiegenden Teil nicht um Rentenzahlungen handelt. Vielmehr werden die Erträge, soweit sie nicht für den Erhalt des Stiftungsvermögens erforderlich sind, an die anspruchsberechtigten Familienangehörigen ausgekehrt.

 

 

21

2. Ob die Zahlungen der Klägerin zugleich die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a EStG 2002 n.F. erfüllen, kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Denn in § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F. ist ausdrücklich die Nachrangigkeit der sonstigen Einkünfte gegenüber den Einkünften aus Kapitalvermögen angeordnet.

 

 

22

3. Die Klägerin hat entgegen ihrer Verpflichtung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 und 5 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG 2002 n.F. die Kapitalertragsteuer auf die ausgezahlten Kapitalerträge nicht einbehalten und an das FA abgeführt. Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 2002 n.F. haftet sie für die nicht einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer, es sei denn, sie weist nach, dass sie die ihr auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Dieser Nachweis ist ihr entgegen der Auffassung des FG nicht gelungen.

 

 

23

a) Das FG hat ausgeführt, ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin liege deshalb nicht vor, weil „namhafte Autoren“ der Auffassung gewesen seien, die streitbefangenen Zahlungen stellten keine Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. dar. Dem ist nicht zu folgen. Zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem der Klägerin bekannt war oder über ihre steuerlichen Berater hätte bekannt sein müssen, dass im Fachschrifttum auch „namhafte Autoren“ die gegenteilige Auffassung vertreten (zur Stiftungsliteratur vgl. insbesondere die Nachweise bei Schiffer, DStR 2005, 508, 512, und Kirchhain, BB 2006, 2387, Fußnote 5), wäre es angesichts der im Auszahlungszeitpunkt bestehenden rechtlichen Ungewissheit allein pflichtgerecht gewesen, zur Vermeidung von Haftungsfolgen die Kapitalertragsteuer auf die Zahlungen an die anspruchsberechtigten Familienmitglieder einzubehalten und an das FA abzuführen. Kommt ein Steuerpflichtiger bei umstrittener Rechtslage seiner Verpflichtung, Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das FA abzuführen, nicht nach, handelt er regelmäßig grob fahrlässig. Seinen gegenteiligen rechtlichen Standpunkt kann er ggf. durch Anfechtung der Kapitalertragsteuerfestsetzungen geltend machen (s. auch Senatsurteil vom 17.2.2010 I R 85/08, BFHE 229, 114 = SIS 10 15 02, m.w.N.). Das vereinfachte Verfahren der Kapitalertragsteuererhebung an der Quelle würde erheblich beeinträchtigt, könnte der Abzugsverpflichtete bei jeder strittigen Rechtsfrage vom Steuerabzug absehen und das FA auf die Zahlungsgläubiger verweisen.

 

 

24

b) Das FA war auch nicht gehalten, gegenüber der Klägerin einen Steuerbescheid zu erlassen, da dieser im Verhältnis zum Haftungsbescheid nicht das mildere Mittel ist. Das FA hat vielmehr ein Wahlrecht, den Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine Steueranmeldepflicht nicht erfüllt hat (Senatsbeschluss vom 18.3.2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237 = SIS 09 21 34, m.w.N.).

 

 

25

c) Das FA hat auch sein Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt (vgl. § 102 FGO). Das FA mag zwar im Grundsatz gehalten sein, unter den - im Streitfall vorliegenden - Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. in erster Linie den Steuerschuldner und erst nachrangig einen Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Dieser Grundsatz kann aber nur dann durchgreifen, wenn keine Gründe für eine abweichende Ermessensausübung bestehen. Dabei kommt es für die Frage, ob die Inanspruchnahme des Abführungsverpflichteten ermessensfehlerfrei ist oder nicht, entscheidend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung an (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.3.1991 VII R 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545 = SIS 91 16 89).

 

 

26

Bei Erlass des streitigen Haftungsbescheides waren dem FA die Namen der Destinatäre nicht bekannt. Die Klägerin hat zwar im Einspruchsverfahren gegen den Haftungsbescheid sechs Destinatäre namentlich benannt, nicht jedoch deren Anschriften. Das FA war allein aufgrund dieser Information nicht gehalten, vor Erlass der Einspruchsentscheidung die Klägerin dazu aufzufordern, die Anschriften und die zuständigen Finanzämter der Destinatäre mitzuteilen. Es wäre vielmehr Sache der Klägerin gewesen, spätestens im Einspruchsverfahren zur Vermeidung der eigenen Inanspruchnahme die Steuerschuldner einschließlich deren Anschriften zu benennen. Nachdem die Klägerin dies nicht getan hat, konnte das FA davon ausgehen, dass die Klägerin nicht willens war, die Leistungsempfänger zu benennen. Daher ist die in der Einspruchsentscheidung gegebene Begründung des FA für die Aufrechterhaltung des Haftungsbescheides, die Ermittlung der Destinatäre sei mit erheblichem Ermittlungsaufwand verbunden, frei von Ermessensfehlern.

 

 

27

4. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist aufzuheben; die Klage ist abzuweisen.