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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine im Jahr 1895 errichtete Familienstiftung.
Zweck der Klägerin ist es, das Vermögen des Stifters den
männlichen Abkömmlingen seines Vaters und
Großvaters zu erhalten und den Abkömmlingen durch
Zuwendungen der Stiftung eine in wirtschaftlicher Beziehung
gesicherte Lebensstellung zu verschaffen.
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Anteilsberechtigt sind die ehelichen
männlichen Abkömmlinge eines Neffen und zweier Vettern
des Stifters. Jeder der Anteilsberechtigten hat unter weiteren in
der Satzung niedergelegten Voraussetzungen Anspruch auf eine
Kapitalzuwendung und eine Zeitrente oder auf eine
lebenslängliche jährliche Rente in Höhe von 1.000
DM.
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Die Klägerin erzielte in den
Streitjahren 2002 bis 2005 Einkünfte aus Kapitalvermögen
in Höhe von 106.340 EUR (2002), 113.902 EUR (2003), 116.122
EUR (2004) und 80.924 EUR (2005) sowie jeweils Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung in Höhe von 460.772 EUR (2002),
448.887 EUR (2003), 151.061 EUR (2004) und 243.230 EUR
(2005).
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In der Anlage zum
Körperschaftsteuerbescheid 2004 wies der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Klägerin
darauf hin, dass eventuell geleistete Destinatärzahlungen seit
dem 1.1.2002 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. §
43 Abs. 1 Nr. 7a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) i.d.F. des
Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts
(Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) vom 20.12.2001 (BGBl I
2001, 3858, BStBl I 2002, 35) - EStG 2002 n.F. - dem
Kapitalertragsteuerabzug unterlägen, und forderte die
Klägerin auf, Kapitalertragsteueranmeldungen abzugeben. Die
Klägerin teilte daraufhin mit, ihre Auskehrungen an die
Destinatäre stellten keine Leistungen i.S. des § 20 Abs.
1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. dar, so dass Kapitalertragsteueranmeldungen
nicht abzugeben seien. Sie erklärte ferner, es seien laufende
Rentenzahlungen in Höhe von 30.970,80 EUR (2002), 35.072,30
EUR (2003), 54.728,78 EUR (2004) und 35.892,60 EUR (2005) sowie
Sonderzahlungen in Höhe von jeweils 245.000 EUR (2002 und
2003), 311.083,32 EUR (2004) und 42.000 EUR (2005), insgesamt
999.747,80 EUR, geleistet worden.
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Das FA nahm die Klägerin daraufhin
für Kapitalertragsteuer 2002 bis 2005 nebst
Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 210.946,79 EUR
nach § 44 Abs. 5 EStG 2002 n.F. als Haftende in
Anspruch.
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Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg
gab der dagegen gerichteten Klage mit in EFG 2010, 55 = SIS 09 38 29 veröffentlichtem Urteil vom 16.9.2009 8 K 9250/07
statt.
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Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und Abweisung der Klage.
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1. Entgegen der Auffassung des FG war die
Klägerin nach § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 43 Abs. 1
Satz 1 Nr. 7a EStG 2002 n.F. zur Einbehaltung der
Kapitalertragsteuer verpflichtet. Denn die Zahlungen an die
Destinatäre sind Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.
des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F.
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a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F.
gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen
Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der
Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft,
Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 1 Abs.
1 Nr. 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002), die
Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002
n.F. wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu
den Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F.
gehören.
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b) Die Klägerin ist eine nach § 1
Abs. 1 Nr. 5 KStG 2002 unbeschränkt
körperschaftsteuerpflichtige Stiftung, die nicht von der
Körperschaftsteuer befreit ist. Ihre Zahlungen an die
Destinatäre stellen Leistungen dar, die
Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002
n.F. wirtschaftlich vergleichbar sind.
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aa) Der Zusatz in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG
2002 n.F., dass die Leistungen „Gewinnausschüttungen
im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar“ sein
müssen, ist erst durch das
Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz eingefügt worden. Die
ursprüngliche Fassung durch das Steuersenkungsgesetz vom
23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) sah diese
Einschränkung noch nicht vor. Nach der Gesetzesbegründung
sollte damit klargestellt werden, dass eine Leistung i.S. des
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. beispielsweise dann nicht
vorliege, wenn ein nicht von der Körperschaftsteuer befreiter
Verein in Erfüllung seiner allgemeinen
satzungsmäßigen Aufgaben Leistungen an Mitglieder
aufgrund von Beiträgen i.S. von § 8 Abs. 5 KStG 2002
erbringe, die von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft
als Mitglieder nach der Satzung zu entrichten seien. Diese
Leistungen seien nicht mit einer Gewinnausschüttung
vergleichbar, da sie allgemein mit den Mitgliedsbeiträgen
abgegolten seien (BTDrucks 14/6882, S. 35). Hieraus lässt sich
schließen, dass nur solche Leistungen nicht von § 20
Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. erfasst sein sollen, denen im weitesten
Sinne eine Gegenleistung des Leistungsempfängers - z.B. in
Form eines Mitgliedsbeitrags - gegenübersteht.
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bb) Demgegenüber spielt es entgegen der
Auffassung des FG keine Rolle, ob die Leistungsempfänger am
Vermögen beteiligt sind. Dies folgt schon daraus, dass §
20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. ausdrücklich Leistungen von
„Vermögensmassen“ aufführt, demnach
auch selbständige Stiftungen, obwohl bei diesen eine
Beteiligung der Leistungsempfänger am Vermögen nicht
möglich ist und auch Mitgliedschaftsrechte nicht bestehen. Wie
aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/2683, S. 114)
ersichtlich, war dem Gesetzgeber bewusst, dass bei den in der
Vorschrift genannten Körperschaftsteuersubjekten
grundsätzlich keine Ausschüttungen an Anteilseigner oder
Mitglieder möglich sind. Gleichwohl komme es auch bei diesen
Körperschaften zu Vermögensübertragungen an die
„hinter diesen Gesellschaften stehenden
Personen“. Diese Vermögensübertragungen seien
wirtschaftlich gesehen mit Gewinnausschüttungen vergleichbar.
Es ist zudem davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die weiteren
strukturellen Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und
Vermögensmassen bekannt waren. Gleichwohl hat er auch deren
Leistungen ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 20
Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. einbezogen, woraus zu schließen
ist, dass er diesen Unterschieden keine der Besteuerung ihrer
Leistungen als Kapitaleinkünfte entgegenstehende Bedeutung
beigemessen hat.
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Damit ist es unbeachtlich, ob die
Destinatäre rechtlich die Stellung eines Anteilseigners
innehaben. Ausschlaggebend ist, ob ihre Stellung wirtschaftlich
derjenigen eines Anteilseigners entspricht (gl.A.
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 7.5.2009 5 K 277/06, EFG
2009, 1558 = SIS 09 24 90; Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen vom 9.5.2006, BStBl I 2006, 417 = SIS 06 26 96; Schiffer,
DStR 2005, 508, 511, m.w.N. auf S. 512; Schiffer/v. Schubert, BB
2002, 265, 267 f.; Freundl, DStR 2004, 1509, 1513.
Jansen/Gröning, Steuer und Wirtschaft 2003, 140;
Kußmaul/ Meyering, Zeitschrift für Steuern und Recht
2004, 41, 43; sowie weitere Nachweise bei Kirchhain, BB 2006, 2387,
Fußnote 5; a.A. Kirchhain, daselbst; Fischer in Kirchhof,
EStG, 9. Aufl., § 22 Rz 10; differenzierend Orth, DStR 2001,
325; Wassermeyer, DStR 2006, 1733; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust,
Das Einkommensteuerrecht, § 20 Rz 735).
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cc) Es kann im Streitfall offenbleiben, ob -
wie die Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002
n.F. nahelegt - alle auf Wiederholung angelegten Leistungen der in
§ 1 Nr. 3 bis 5 KStG 2002 genannten Körperschaften,
Personenvereinigungen und Vermögensmassen, denen keine
Gegenleistungen der Empfänger gegenüberstehen, zu den
Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F.
gehören. Denn jedenfalls unter den Gegebenheiten des
Streitfalls sind die Zahlungen der Klägerin an die
Destinatäre Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs.
1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. wirtschaftlich vergleichbar.
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aaa) Ausschließlicher Stiftungszweck der
Klägerin ist die Erhaltung des Stiftungsvermögens
für die männlichen Abkömmlinge des Neffen und der
beiden Vettern des Stifters und die Verschaffung einer in
wirtschaftlicher Hinsicht gesicherten Lebensstellung für diese
Abkömmlinge. Die Anspruchsberechtigten sind zwar nicht
unmittelbar am Vermögen der Klägerin beteiligt; sie sind
aber ausschließliche Nutznießer der Erträge des
Stiftungsvermögens. Ähnlich einem Gesellschafter, der die
Früchte aus dem hingegebenen Kapital erhält, sind die
anspruchsberechtigten Familienmitglieder Begünstigte der
Früchte aus dem einst hingegebenen Stiftungskapital (gl.A.
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil in EFG 2009, 1558 = SIS 09 24 90). Wird die Stiftung durch Familienbeschluss oder kraft Gesetzes
aufgelöst, fällt das Stiftungsvermögen überdies
zu gleichen Teilen an die männlichen Abkömmlinge der drei
Stammväter (§ 13 der Satzung).
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Das Kuratorium der Klägerin bestimmt zwar
die Verwendung der Erträge. Jedoch soll gemäß
§ 4 Abs. 3 der Satzung zumindest ein Mitglied der Familie im
Kuratorium vertreten sein. Ferner können Kuratoriumsmitglieder
jederzeit durch Beschluss abberufen werden, den eine Mehrheit von
mindestens zwei Dritteln sämtlicher stimmberechtigter
Familienmitglieder auf einem ordentlichen oder
außerordentlichen Familientag durch Abstimmung fasst (§
4 Abs. 11 der Satzung). Zur Teilnahme an Familienbeschlüssen
sind alle volljährigen männlichen Abkömmlinge der
drei Stammväter berechtigt (§ 5 der Satzung).
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bbb) Damit haben im Streitfall die
Destinatäre ähnlich wie die Gesellschafter in der
Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Verwendung der
Erträge der Stiftung und letztlich auch des Vermögens.
Zudem ist die zu verrentende Kapitalzuwendung, die jedem
anspruchsberechtigten Familienmitglied zusteht, der Disposition des
Kuratoriums entzogen, da insoweit bereits ein unmittelbarer
Anspruch aus der Satzung besteht (§ 7 der Satzung). Zumindest
dann, wenn die Leistungsempfänger - wie hier - unmittelbar
oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der
Stiftung nehmen können, handelt es sich um „hinter
der Stiftung stehende Personen“ und sind die Leistungen
wirtschaftlich Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1
Nr. 1 EStG 2002 n.F. vergleichbar.
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ccc) Dem steht nicht entgegen, dass die
anspruchsberechtigten Familienmitglieder auch Anspruch auf eine zu
verrentende Kapitalzuwendung von 31.250 DM haben, die
unabhängig von den Erträgen der Stiftung zu leisten ist.
Aus den von der Klägerin genannten Leistungen der Streitjahre
ergibt sich, dass es sich bei dem überwiegenden Teil nicht um
Rentenzahlungen handelt. Vielmehr werden die Erträge, soweit
sie nicht für den Erhalt des Stiftungsvermögens
erforderlich sind, an die anspruchsberechtigten
Familienangehörigen ausgekehrt.
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2. Ob die Zahlungen der Klägerin zugleich
die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a EStG 2002
n.F. erfüllen, kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Denn
in § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F. ist ausdrücklich die
Nachrangigkeit der sonstigen Einkünfte gegenüber den
Einkünften aus Kapitalvermögen angeordnet.
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3. Die Klägerin hat entgegen ihrer
Verpflichtung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 und 5 i.V.m. § 43
Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG 2002 n.F. die Kapitalertragsteuer auf die
ausgezahlten Kapitalerträge nicht einbehalten und an das FA
abgeführt. Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG 2002
n.F. haftet sie für die nicht einbehaltene und abgeführte
Kapitalertragsteuer, es sei denn, sie weist nach, dass sie die ihr
auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob
fahrlässig verletzt hat. Dieser Nachweis ist ihr entgegen der
Auffassung des FG nicht gelungen.
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a) Das FG hat ausgeführt, ein
schuldhaftes Verhalten der Klägerin liege deshalb nicht vor,
weil „namhafte Autoren“ der Auffassung gewesen
seien, die streitbefangenen Zahlungen stellten keine Einkünfte
i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2002 n.F. dar. Dem ist nicht
zu folgen. Zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem der Klägerin
bekannt war oder über ihre steuerlichen Berater hätte
bekannt sein müssen, dass im Fachschrifttum auch
„namhafte Autoren“ die gegenteilige Auffassung
vertreten (zur Stiftungsliteratur vgl. insbesondere die Nachweise
bei Schiffer, DStR 2005, 508, 512, und Kirchhain, BB 2006, 2387,
Fußnote 5), wäre es angesichts der im
Auszahlungszeitpunkt bestehenden rechtlichen Ungewissheit allein
pflichtgerecht gewesen, zur Vermeidung von Haftungsfolgen die
Kapitalertragsteuer auf die Zahlungen an die anspruchsberechtigten
Familienmitglieder einzubehalten und an das FA abzuführen.
Kommt ein Steuerpflichtiger bei umstrittener Rechtslage seiner
Verpflichtung, Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das FA
abzuführen, nicht nach, handelt er regelmäßig grob
fahrlässig. Seinen gegenteiligen rechtlichen Standpunkt kann
er ggf. durch Anfechtung der Kapitalertragsteuerfestsetzungen
geltend machen (s. auch Senatsurteil vom 17.2.2010 I R 85/08, BFHE
229, 114 = SIS 10 15 02, m.w.N.). Das vereinfachte Verfahren der
Kapitalertragsteuererhebung an der Quelle würde erheblich
beeinträchtigt, könnte der Abzugsverpflichtete bei jeder
strittigen Rechtsfrage vom Steuerabzug absehen und das FA auf die
Zahlungsgläubiger verweisen.
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b) Das FA war auch nicht gehalten,
gegenüber der Klägerin einen Steuerbescheid zu erlassen,
da dieser im Verhältnis zum Haftungsbescheid nicht das mildere
Mittel ist. Das FA hat vielmehr ein Wahlrecht, den
Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid oder durch
Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine
Steueranmeldepflicht nicht erfüllt hat (Senatsbeschluss vom
18.3.2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237 = SIS 09 21 34,
m.w.N.).
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c) Das FA hat auch sein Auswahlermessen
fehlerfrei ausgeübt (vgl. § 102 FGO). Das FA mag zwar im
Grundsatz gehalten sein, unter den - im Streitfall vorliegenden -
Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. in
erster Linie den Steuerschuldner und erst nachrangig einen
Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Dieser Grundsatz kann aber
nur dann durchgreifen, wenn keine Gründe für eine
abweichende Ermessensausübung bestehen. Dabei kommt es
für die Frage, ob die Inanspruchnahme des
Abführungsverpflichteten ermessensfehlerfrei ist oder nicht,
entscheidend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der
Einspruchsentscheidung an (Urteil des Bundesfinanzhofs vom
26.3.1991 VII R 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545 = SIS 91 16 89).
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Bei Erlass des streitigen Haftungsbescheides
waren dem FA die Namen der Destinatäre nicht bekannt. Die
Klägerin hat zwar im Einspruchsverfahren gegen den
Haftungsbescheid sechs Destinatäre namentlich benannt, nicht
jedoch deren Anschriften. Das FA war allein aufgrund dieser
Information nicht gehalten, vor Erlass der Einspruchsentscheidung
die Klägerin dazu aufzufordern, die Anschriften und die
zuständigen Finanzämter der Destinatäre mitzuteilen.
Es wäre vielmehr Sache der Klägerin gewesen,
spätestens im Einspruchsverfahren zur Vermeidung der eigenen
Inanspruchnahme die Steuerschuldner einschließlich deren
Anschriften zu benennen. Nachdem die Klägerin dies nicht getan
hat, konnte das FA davon ausgehen, dass die Klägerin nicht
willens war, die Leistungsempfänger zu benennen. Daher ist die
in der Einspruchsentscheidung gegebene Begründung des FA
für die Aufrechterhaltung des Haftungsbescheides, die
Ermittlung der Destinatäre sei mit erheblichem
Ermittlungsaufwand verbunden, frei von Ermessensfehlern.
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4. Das FG ist von anderen Grundsätzen
ausgegangen. Sein Urteil ist aufzuheben; die Klage ist
abzuweisen.
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