Krankenkassen-Genossenschaft, USt-Freiheit: Schließen sich Krankenkassen zu einer Genossenschaft zusammen, die an ihre Mitglieder entgeltliche Leistungen erbringt, sind diese Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG nur steuerfrei, wenn es hierdurch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. - Urt.; BFH 23.4.2009, V R 5/07; SIS 09 28 48
I. Bei der Klägerin und
Revisionsbeklagten (Klägerin) handelt es sich nach § 1
ihrer Satzung um eine Genossenschaft und Arbeitsgemeinschaft i.S.
von § 219 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V).
Nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung bezweckt die Klägerin die
wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder.
Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Betreuung ihrer
Mitglieder mit Datenverarbeitungs- und
Organisationsdienstleistungen im Umfeld der von den Mitgliedern
eingesetzten Datenverarbeitungssysteme sowie die Beratung der
Mitglieder in betriebswirtschaftlichen Fragen. Mitglieder der
Klägerin waren im Streitjahr entsprechend § 3 Abs. 1 der
Satzung Betriebskrankenkassen und andere Krankenkassen der
gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Klägerin erbrachte gegenüber
ihren Mitgliedern Leistungen zur EDV-technischen Abwicklung von
Krankenkassentätigkeiten. Dabei erfolgten die Eingaben
zunächst vor Ort bei den einzelnen Mitgliedern
(Krankenkassen), während die Klägerin die eingegebenen
Daten eigenverantwortlich bearbeitete. Im Einzelnen ging es um
folgende Bereiche:
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Produktion: Abrechnung der Arztrechnungen
und Krankenhausrechnungen, Führen von Beitragskonten und
Arbeitgeberkonten, Stammdatenverwaltung der Kassenmitglieder,
Erstellung von EDV-Auswertungen;
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Beleglesung: Einscannen der Belege (AU-,
DÜF- und BN-Meldungen) der Krankenkassen;
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Kontenklärungen: Zusammenführung
der Beitragsnachweise der Arbeitgeber und der
Zahlungseingänge, Abstimmung der Beitragsnachweise;
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Verwaltungsvollstreckung: Eintreiben
ausstehender Kassenbeiträge, Abwicklung des Mahnwesens und
Beitreibung nach der ersten Mahnung sowie
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Fachberatung: Bearbeitung von Anfragen der
Krankenkassen in rechtlicher oder technischer Hinsicht,
Mitgliederschulungen.
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Die Tätigkeit wurde der Klägerin
von den Mitgliedern vergütet.
Einen Antrag der Klägerin auf
Erteilung einer verbindlichen Auskunft zur Steuerfreiheit der von
ihr gegen Entgelt erbrachten Leistungen lehnte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) mit Schreiben vom
24.11.2000 ab.
Gegen die am 25.10.2001 beim FA
eingegangene Umsatzsteuerjahreserklärung für das
Streitjahr 2000, aus der sich eine Zahllast ergab, legte die
Klägerin mit Schreiben vom 6.11.2001 Einspruch ein. Mit
Einspruchsentscheidung vom 14.6.2002 wies das FA den Einspruch als
unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Zwar seien die Leistungen der Klägerin nicht nach § 4 Nr.
15 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfrei. Die
Klägerin gehöre nicht zu den nach dieser Vorschrift
begünstigten Einrichtungen, da diese Vorschrift nur für
die Umsätze der gesetzlichen Träger der
Sozialversicherung und damit für die Umsätze der
Krankenkassen gelte. Auch wenn die Organisationsform der
Klägerin gesetzlich (§ 219 SGB V) vorgesehen sei, sei die
Klägerin als solche nicht gesetzlicher Träger der
Sozialversicherung. Die Klägerin könne sich aber
unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Nach der ersten
Alternative dieser Bestimmung seien Dienstleistungen von
selbständigen Personenzusammenschlüssen steuerfrei, wenn
die in ihnen zusammengeschlossenen Personen Tätigkeiten
ausübten, die von der Steuer befreit seien. Diese
Voraussetzungen seien bis auf das Tatbestandsmerkmal
„Wettbewerbsverzerrung“ unstreitig gegeben. Bei der
Klägerin handele es sich um einen selbständigen
Zusammenschluss. Die in der Klägerin zusammengeschlossenen
Krankenkassen übten steuerbefreite Tätigkeiten aus. Die
Klägerin erbringe ihre Leistungen ausschließlich an ihre
Mitglieder für unmittelbare Zwecke dieser Tätigkeiten.
Weiter erhalte die Klägerin von ihren Mitgliedern lediglich
die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen
Kosten. Entgegen der Auffassung des FA führe die Befreiung
auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen. Nach dem Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom
20.11.2003 Rs. C-8/01 Taksatorringen (Slg. 2003, I-13711, BFH/NV
Beilage 2004, 122 = SIS 04 01 42) sei die Gewährung der
Befreiung nur abzulehnen, wenn eine reale Gefahr bestehe, dass die
Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in Zukunft zu
Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Der EuGH habe
ausgeführt, dass das Vorliegen einer realen Gefahr auch vor
dem Hintergrund der gebotenen engen Auslegung der
Befreiungsvorschrift erforderlich sei, weil es nicht Ziel der
Auslegung sei, die Befreiungsvorschrift praktisch unanwendbar zu
machen. Danach sei eine reale Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung
nicht feststellbar. Das FA habe eingeräumt, dass keine
privaten Unternehmer bekannt seien, die im von der Klägerin
abgedeckten Marktsegment vergleichbare Leistungen anbieten
würden oder könnten. Die Klägerin erbringe ihre
Leistungen ausschließlich an ihre Mitglieder. Mit den
fehlenden Wettbewerbern auf der Anbieterseite korrespondiere im
Streitfall die fehlende Nachfrage seitens der Krankenkassen nach
externen privaten Unternehmern, die diese Leistungen anböten.
Die konkrete Tätigkeit der Klägerin betreffe weitgehend
die originär und in eigener Verantwortung von den
Krankenkassen wahrzunehmenden Aufgaben. Die Tätigkeiten der
Klägerin setzten den uneingeschränkten Zugriff auf alle
Sozialdaten der Mitglieder voraus. Dieser sei aber durch § 80
Abs. 5 SGB X für nicht-öffentliche Stellen
ausgeschlossen. Danach sei die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
von Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen nur
zulässig, wenn unter anderem der überwiegende Teil der
Speicherung des gesamten Datenbestandes beim Auftraggeber
verbleibe. Schon aus diesem Grunde scheide eine Vergabe der in Rede
stehenden Tätigkeiten an externe Dienstleister aus. Insgesamt
lasse sich deshalb weder von der Anbieter- noch von der
Nachfrageseite eine unmittelbare oder auch nur zukünftige
Wettbewerbssituation feststellen.
Das Urteil des FG ist in EFG 2007, 1379 =
SIS 07 21 87 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts und der Sachaufklärungspflicht.
Die Voraussetzungen von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der
Richtlinie 77/388/EWG lägen nicht vor. Es bestehe die reale
Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. Insoweit komme es nur darauf
an, dass auch andere Firmen die Dienstleistungen der Klägerin
anbieten könnten und somit durch eine Steuerfreistellung der
Klägerin benachteiligt wären. Entgegen der Auffassung des
FG könnten andere Datenverarbeitungsunternehmen die gleichen
Leistungen erbringen. Wie dem FA erst nachträglich bekannt
geworden sei, seien Firmen am Markt tätig, die die gleichen
Dienstleistungen wie die Klägerin anböten. § 80 SGB
X stehe der Datenverarbeitung nicht entgegen. Eine Weitergabe sei
nur ausgeschlossen, wenn der Auftrag die Speicherung des gesamten
Datenbestandes umfasse. Darüber hinaus habe das FG den
Sachverhalt hinsichtlich des Erfordernisses der genauen Erstattung
des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten nur
ungenügend aufgeklärt. Die Klägerin habe in den
Jahren 2000 bis 2004 Jahresüberschüsse von bis zu ... EUR
sowie in 2006 einen Jahresüberschuss in Höhe von ... EUR
erzielt. Darüber hinaus habe die Klägerin über die
von ihr erbrachten Leistungen auch Rechnungen mit gesondertem
Steuerausweis erteilt, so dass die Klägerin bereits aus diesem
Grund Steuerschuldnerin sei.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das FG
zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die
Steuerfreiheit ihrer Leistungen lägen vor. Im Übrigen
könne der Steuerausweis problemlos berichtigt werden. Eine
Gefährdung des Steueraufkommens bestehe nicht, da die
Rechnungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt seien.
Weiter sei die Möglichkeit, die von ihr übernommenen
Aufgaben von einem fremden Dritten ausführen zu lassen,
theoretischer Natur. Die Jahresüberschüsse 2000 bis 2004
hätten erwirtschaftet werden müssen, um kostenintensive
Investitionen tätigen zu können. Auf lange Sicht seien
die Überschüsse ausgeglichen. Die Umsatzsteuerbefreiung
diene dazu, den Kostendruck in Grenzen zu halten.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Feststellungen des FG erlauben
keine abschließende Entscheidung darüber, ob die
Leistungen der Klägerin steuerfrei sind.
1. Die Klägerin ist Unternehmerin nach
§ 2 Abs. 1 UStG, da sie nachhaltig und selbständig
Leistungen gegen Entgelt erbrachte. Als eingetragene Genossenschaft
ist sie juristische Person des Privatrechts (vgl. § 17 Abs. 1
des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und
Wirtschaftsgenossenschaften - GenG - ) und Kaufmann im Sinne des
Handelsgesetzbuchs (§ 17 Abs. 2 GenG). Es handelt sich bei ihr
daher nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts,
für deren Unternehmerstellung § 2 Abs. 3 UStG zu
berücksichtigen wäre.
Unerheblich ist insoweit auch, dass es sich
bei der Klägerin um eine Arbeitsgemeinschaft i.S. des §
219 SGB V handelt. Nach § 219 Abs. 1 SGB V in seiner im
Streitjahr geltenden Fassung konnten die Krankenkassen und ihre
Verbände insbesondere zur gegenseitigen Unterrichtung,
Abstimmung, Koordinierung und Förderung der engen
Zusammenarbeit im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen
Aufgaben Arbeitsgemeinschaften bilden. Die Klägerin unterlag
dabei nach § 219 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 94 Abs. 2 SGB X
der staatlichen Aufsicht und galt nach § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB
X in seiner im Streitjahr geltenden Fassung als öffentliche
Stelle.
Diese Vorschrift hatte folgenden Wortlaut:
„Verbände und Arbeitsgemeinschaften der in § 35
des Ersten Buches genannten Stellen oder ihrer Verbände
gelten, soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen und
an ihnen Stellen des Bundes beteiligt sind, unbeschadet ihrer
Rechtsform als öffentliche Stellen des Bundes, wenn sie
über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden,
anderenfalls als öffentliche Stellen der Länder.
...“
Stelle i.S. von § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X
waren die Leistungsträger nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I
i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB I und damit die Krankenkassen i.S. von
§ 21 Abs. 2 SGB I, zu denen die Mitglieder der Klägerin
gehörten.
Dass die Klägerin der staatlichen
Aufsicht unterlag und als öffentliche Stelle galt, führt
ebenso wie bei einer Beleihung (vgl. hierzu Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.1.1995 XI R 71/93, BFHE 177, 154,
BStBl II 1995, 559 = SIS 95 13 22, unter II.1.c) nicht dazu, die
Klägerin für Zwecke des § 2 Abs. 3 UStG als
juristische Person anzusehen, da es hierfür auf die Rechtsform
des Leistenden, nicht aber auf das Bestehen einer staatlichen
Aufsicht oder sozialversicherungsrechtliche Fiktionen ankommt.
2. Die Leistungen der Klägerin sind nicht
nach § 4 Nr. 15 UStG steuerfrei.
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 15 UStG die
Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung,
der örtlichen und überörtlichen Träger der
Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen
Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der
Träger der Kriegsopferfürsorge untereinander. Gesetzliche
Träger der Sozialversicherung i.S. von § 4 Nr. 15 UStG
sind die nach § 29 Abs. 1 SGB IV rechtsfähigen
Körperschaften des öffentlichen Rechts mit
Selbstverwaltung (BFH-Urteil vom 18.8.2005 V R 71/03, BFHE 211,
543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79, unter II.2.a). Die
Klägerin gehört nicht zu den in der Vorschrift
bezeichneten Unternehmern. Es handelt sich bei ihr auch nicht um
einen Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge
oder um eine Verwaltungsbehörde oder sonstige Stelle der
Kriegsopferversorgung. Auf andere Unternehmer ist die Vorschrift
nicht anwendbar (BFH-Urteil in BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 =
SIS 06 01 79, unter II.2.a). Dies gilt auch für
Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V. 3. Der Senat kann
nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin für
ihre Leistungen die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beanspruchen kann. Die Sache
war daher an das FG zurückzuverweisen.
a) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der
Richtlinie 77/388/EWG sind von der Steuer befreit „die
Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse
von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der
Steuer befreit ist, oder für die sie nicht Steuerpflichtige
sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der
Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese
Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue
Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten
fordern, vorausgesetzt, dass die Befreiung nicht zu
Wettbewerbsverzerrungen führt“. Die Steuerbefreiung
soll vermeiden, „dass jemand, der bestimmte
Dienstleistungen anbietet, Mehrwertsteuer entrichten muss, wenn er
genötigt ist, mit anderen Berufsausübenden im Rahmen
einer gemeinsamen Struktur zusammenzuarbeiten, die Tätigkeiten
übernimmt, die zur Erbringung dieser Dienstleistungen
erforderlich sind“ (EuGH-Urteil vom 11.12.2008 C-407/07
Stichting Centraal Begeleidingsorgaan voor de Intercollegiale
Toetsing, BFH/NV 2009, 337, UR 2009, 52 = SIS 09 03 25, Rdnr.
37).
b) Die Mitglieder der Klägerin sind
entgegen der Auffassung des FG keine Personen, die steuerfreie
Leistungen erbringen, sondern Nichtunternehmer. Für die
Klägerin kommt deshalb zwar nicht die Befreiung nach der
ersten Alternative, sondern nur die Befreiung nach der zweiten
Alternative des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie
77/388/EWG in Betracht, weil es sich um einen selbständigen
Zusammenschluss von Personen handelt, die eine Tätigkeit
ausüben, für die sie nicht Steuerpflichtige (d.h.
Nichtunternehmer) sind.
Bei den Mitgliedern handelt es sich um
Betriebskrankenkassen und um andere Krankenkassen der gesetzlichen
Krankenversicherung und damit nach § 4 Abs. 1 und 2 SGB V um
Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese
Krankenkassen unterliegen § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5
der Richtlinie 77/388/EWG und handeln im Anwendungsbereich dieser
Regelungen nicht als Unternehmer (BFH-Beschluss vom 31.7.2007 V B
44/06, BFH/NV 2007, 2365 = SIS 08 01 74, unter II.1.c), so dass
insoweit nichtunternehmerisch erbrachte Leistungen, nicht aber nach
§ 4 Nr. 15 UStG steuerfreie Umsätze gesetzlicher
Sozialversicherungsträger vorliegen (Weymüller, in
Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 15 Rz 15).
c) Die Klägerin erbringt nach den
Feststellungen des FG ihre Leistungen ausschließlich an ihre
Mitglieder für unmittelbare Zwecke dieser Tätigkeiten.
Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
d) Die Feststellungen des FG erlauben keine
abschließende Entscheidung zur Frage, ob die Steuerfreiheit
der von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht zu
Wettbewerbsverzerrungen führt. Das FG geht davon aus, die
Steuerfreiheit der von der Klägerin erbrachten Leistungen
führe nicht zu Wettbewerbsverzerrungen und hat dies auf §
80 Abs. 5 SGB X gestützt.
aa) § 80 Abs. 5 SGB X hatte im Streitjahr
folgenden Wortlaut:
„Die Verarbeitung oder Nutzung von
Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen ist nur
zulässig, wenn
1.
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beim Auftraggeber sonst Störungen im
Betriebsablauf auftreten können oder
|
|
|
2.
|
die übertragenen Arbeiten beim
Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt werden
können und der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten
Datenbestandes des Auftraggebers umfasst. Der überwiegende
Teil der Speicherung des gesamten Datenbestandes muss beim
Auftraggeber oder beim Auftragnehmer, der eine öffentliche
Stelle ist, und die Daten zur weiteren Datenverarbeitung im Auftrag
an nicht-öffentliche Auftragnehmer weitergibt,
verbleiben.“
|
Die Klägerin unterlag den nach § 80
Abs. 5 SGB X zu beachtenden Beschränkungen nicht, da es sich
bei ihr um eine öffentliche Stelle nach § 81 Abs. 3 Satz
1 SGB X handelte (s. oben II.1.). Nach § 80 Abs. 5 Nr. 2 Satz
1 SGB X ist die Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im
Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen aber (nur)
zulässig, wenn die übertragenen Arbeiten beim
Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt werden
können und der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten
Datenbestandes des Auftraggebers umfasst.
bb) Zwar hat das FG zutreffend entschieden,
dass bei einer Auftragsvergabe an nicht-öffentliche Stellen -
anders als bei einer Auftragsvergabe an die Klägerin - die
Beschränkungen des § 80 Abs. 5 SGB X einzuhalten waren.
Dies reicht aber entgegen dem FG-Urteil nicht aus, um eine
Wettbewerbssituation zwischen der Klägerin und anderen
(möglichen) Leistungsanbietern, bei denen es sich nicht um
öffentliche Stellen handelt, zu verneinen.
Das FG stützt seine Rechtsauffassung
darauf, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen die
originär und in eigener Verantwortung von den Krankenkassen
wahrzunehmenden Aufgaben betreffen und diese Tätigkeit der
Klägerin einen uneingeschränkten Zugriff auf alle
Sozialdaten der Mitgliedskassen voraussetze, der für
nicht-öffentliche Stellen nach § 80 Abs. 5 SGB X
ausgeschlossen sei. § 80 Abs. 5 SGB X enthält aber kein
Verbot einer Auftragsvergabe an nicht-öffentliche Stellen,
sondern knüpft die Vergabe eines Auftrages im Zusammenhang mit
der Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten, die einen Zugriff
auf Sozialdaten voraussetzt, nur an bestimmte Voraussetzungen. So
können auch nicht-öffentliche Stellen nach § 80 Abs.
5 Nr. 2 SGB X Sozialdaten verarbeiten, wenn die übertragenen
Arbeiten beim Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt
werden können und der Auftrag „nicht die
Speicherung des gesamten Datenbestandes des Auftraggebers
umfasst“.
Insoweit ist im Streitfall zu
berücksichtigen, dass die Klägerin Leistungen in den
Bereichen Produktion, Beleglesung, Kontenklärung,
Verwaltungsvollstreckung und Fachberatung erbrachte. Ob die
auftragsgemäße Tätigkeit auch eine
Kontenspeicherung beinhaltet und ob die Klägerin auch die
Speicherung des gesamten Datenbestandes übernommen hat, was
nach § 80 Abs. 5 Satz 1 SGB X nicht Leistungsgegenstand bei
einer Auftragserteilung an eine nicht-öffentliche Stelle sein
könnte, hat das FG nicht festgestellt. War dies nicht der
Fall, konnten die von der Klägerin erbrachten Leistungen unter
der Voraussetzung einer kostengünstigeren
„Besorgung“ und einer nicht überwiegenden
Datenspeicherung beim Anbieter vielmehr auch unter Beachtung von
§ 80 Abs. 5 SGB X von privaten Anbietern bezogen werden. Die
nach dem EuGH-Urteil Taksatorringen in Slg. 2003, I-13711, BFH/NV
Beilage 2004, 122 = SIS 04 01 42 Rdnrn. 63 f. (vgl. hierzu auch
BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009,
486 = SIS 08 17 97) maßgebliche „reale“
Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung ist daher nach den bisher
getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen.
e) Im zweiten Rechtsgang ist auch zu
prüfen, ob die Klägerin trotz der wiederholten
Jahresüberschüsse in erheblicher Höhe lediglich die
genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten
erhalten hat, und ob die Klägerin über die im Streitjahr
erbrachten Leistungen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis
erteilt und diese ggf. berichtigt hat (vgl. hierzu BFH-Urteile vom
24.1.2008 V R 39/06, BFHE 211, 388, BFH/NV 2008, 911 = SIS 08 14 82, unter II.1., und vom 4.2.2005 VII R 20/04, BFHE 209, 13 = SIS 05 21 68, Leitsatz 1).
4. Über den vom FA geltend gemachten
Verfahrensfehler war nicht mehr zu entscheiden.