Arbeitnehmer-Pauschbetrag, zwingender Ansatz, WK-Aufteilung bei unterschiedlichen Einkunftsarten: 1. Der Steuerpflichtige, der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, hat einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des ungekürzten Arbeitnehmer-Pauschbetrages, selbst wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind. Bei einem zwingenden gesetzlichen Pauschbetrag verbieten sich Überlegungen, ob im Einzelfall die Besteuerung vereinfacht wird oder nicht. - 2. Erzielt ein Steuerpflichtiger - im Streitfall ein als angestellter Assessor und als selbständiger Rechtsanwalt tätiger Jurist - sowohl Einnahmen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Arbeit, so sind die durch diese Tätigkeiten veranlassten Aufwendungen den jeweiligen Einkunftsarten, gegebenenfalls nach einer im Schätzungswege vorzunehmenden Aufteilung der Aufwendungen, als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuzuordnen. Sind die Werbungskosten niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, so ist dieser in voller Höhe anzusetzen. Der Steuerpflichtige kann keine beliebige Bestimmung treffen und auf diese Weise neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag sämtliche nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen. - Urt.; BFH 10.6.2008, VIII R 76/05; SIS 08 33 18
I. Die Beteiligten
streiten um das Verhältnis von Betriebsausgabenabzug und
Werbungskostenpauschale bei vergleichbaren Aufwendungen für
zwei Einkunftsarten.
Die Kläger und
Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden in den
Streitjahren 1998 und 1999 zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt.
Der Kläger ist
Jurist. Er erzielte als angestellter Assessor Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit. Daneben übte er eine
freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt aus und bezog
Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Den Gewinn ermittelte
er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Als Betriebsausgaben
machte er u.a. Raumkosten (Miete und Energiekosten für einen
Büroraum), Versicherungen, Beiträge, Gebühren,
Kfz-Kosten, Bewirtungskosten, Porto, Telefon, Bürobedarf,
Fachliteratur, Steuerberatungskosten und Bankgebühren
geltend.
Am 28.9.1999 ging beim
Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt—FA - ) die
Einkommensteuererklärung 1998 ein. Der Gewinn aus
selbständiger Arbeit belief sich danach auf 26.189 DM, die
Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit betrugen 128.280 DM.
Werbungskosten wurden nicht gesondert geltend gemacht.
Mit Bescheid vom
11.1.2000 wich das FA von der Erklärung ab und setzte als
Gewinn aus der Rechtsanwaltstätigkeit einen Betrag von 27.013
DM an. Die Erhöhung des Gewinns um 824 DM beruhte auf der
Überlegung des FA, dass die nichtselbständige und die
selbständige Tätigkeit des Klägers vergleichbar
seien, so dass typische Aufwendungen wie Porto, Telefon,
Bürobedarf, Fachliteratur nur einmal anfielen. Der Kläger
könne als Werbungskosten aus der nichtselbständigen
Tätigkeit nur spezifische Aufwendungen abziehen, die mit dem
Angestelltenverhältnis in Zusammenhang stünden. Diese
Aufwendungen seien im Wege der Schätzung wie folgt zu
berechnen:
Fahrten Wohnung -
Arbeitsstätte:
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230 Tage x 6 km x 0,70 DM
|
966
DM
|
Arbeitsmittel
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180
DM
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Kontoführung
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30
DM
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Summe der Werbungskosten
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1.176 DM
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Gewährte
Werbungskostenpauschale
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2.000 DM
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|
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zuviel Werbungskosten
|
824
DM
|
Die durch die
Gewährung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 2.000 DM
erfolgte überhöhte Berücksichtigung von
Werbungskosten könne im Rahmen der Gesamtbemessungsgrundlage
rechnerisch durch Streichung von Betriebsausgaben in Höhe von
824 DM ausgeglichen werden.
Im Streitjahr 1999
verfuhr das FA auf entsprechende Weise. Hier hatte es zunächst
den Gewinn aus selbständiger Arbeit um 2.000 DM—also den
gesamten Arbeitnehmer-Pauschbetrag—erhöht. Erst in der
Einspruchsentscheidung wurde, wie im Vorjahr, eine
Gewinnerhöhung um lediglich 824 DM vorgenommen.
Von dieser Teilabhilfe
abgesehen, waren die Einsprüche der Kläger erfolglos. Mit
ihrer Klage verfolgten sie ihr Begehren, neben der
erklärungsgemäßen Besteuerung des Gewinns aus
selbständiger Arbeit auch die volle Gewährung des
Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu erreichen, mit der im Vorverfahren
dargelegten Begründung weiter. Die Tätigkeiten
würden völlig getrennt voneinander ausgeübt. Als
Anwalt habe er, der Kläger, ein eigenes Büro. Die
Beratungstermine fänden außerhalb seiner Dienstzeiten
als angestellter Jurist statt. Für Gerichtstermine u.ä.
müsse er Gleitzeitausgleich beanspruchen oder Urlaub nehmen.
Die Berufshaftpflicht decke allein die Anwaltstätigkeit ab.
Auch Porto, Miete, Bürobedarf entfielen allein auf diese
Tätigkeit. Sein Arbeitgeber stelle ihm in seiner Funktion als
Arbeitnehmer die übliche Infrastruktur (Büro,
Bücherei der Rechtsabteilung, Sekretärin) zur
Verfügung. Diese Kosten würden selbstverständlich
von seinem Arbeitgeber getragen. Der gesetzliche
Werbungskostenpauschbetrag betreffe die Tätigkeit als
Angestellter. Die geltend gemachten Betriebsausgaben entfielen
allein auf die Tätigkeit als Anwalt.
Das Finanzgericht (FG)
wies die Klage ab. Das Urteil ist in EFG 2005, 777 = SIS 05 22 67
veröffentlicht.
Mit der vom
FG—wegen rechtsgrundsätzlicher
Bedeutung—zugelassenen Revision rügen die Kläger
eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3
des Grundgesetzes.
Es stelle eine
sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, wenn dem
Kläger die ohne Rücksicht auf den tatsächlichen
Anfall zustehende gesetzliche Werbungskostenpauschale gekürzt
werde, weil bei ihm außerdem Betriebsausgaben aus
freiberuflicher Tätigkeit angefallen seien. Was bei einem
Arbeitnehmer, der zusätzlich Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung erziele, gelte, müsse auch bei ihm gelten.
Werbungskosten und Betriebsausgaben seien unabhängig
voneinander zu beurteilen, zumal dann, wenn eine eindeutige
Trennung und Zuordnung der einzelnen Kostenpositionen gegeben sei.
Diese Voraussetzung liege im Streitfall vor. Für die vom FA
unterstellte Verquickung der beiden Tätigkeiten gebe es keine
Anhaltspunkte. Es lägen zwei getrennte Einnahmequellen mit
getrennten Kosten vor. Eine Vermischung von Betriebskosten und
Werbungskosten habe nicht stattgefunden. Daher sei die
Schätzung unzulässig. Die Besteuerungsgrundlagen seien
auf der Grundlage ihrer Angaben unschwer zu ermitteln.
Die Kläger
beantragen, das Urteil des FG Köln vom 27.1.2005 2 K 5754/01
aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Schätzung sei
dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgt. Die
Behauptungen des Klägers, seine Tätigkeiten seien nicht
verquickt, seien nach der tatrichterlichen Überzeugungsbildung
nicht ausreichend gewesen. Vielmehr habe es Überschneidungen
der Aufwendungen gegeben. Da der Kläger als Betriebsausgaben
lediglich die objektiv durch seine Anwaltstätigkeit
veranlassten Aufwendungen habe absetzen dürfen, nach
Überzeugung des FG aber einige Aufwandspositionen der
Sicherung und Erhaltung der Arbeitnehmereinkünfte gedient
haben könnten, sei die Schätzung auch in der Höhe
nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei die Ermittlung der zu
kürzenden Betriebsausgaben über den Versuch einer
Schätzung der tatsächlichen Werbungskosten zwar
rechnerisch kompliziert, dies wirke sich aber zugunsten des
Klägers aus. Denn selbst die Kürzung um den vollen
Pauschbetrag sei gerechtfertigt gewesen.
II. Die Revision der
Kläger ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben
und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung—FGO - ). Zu Unrecht hat das FG
lediglich Werbungskosten in Höhe von 1.176 DM bei den
Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
Vielmehr war der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 2.000
DM bei der Einkünfteermittlung abzuziehen. Das Urteil des FG
erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§
126 Abs. 4 FGO), weil der Senat auf der Grundlage der vom FG
getroffenen Feststellungen nicht abschließend prüfen
kann, ob der geltend gemachte Betriebsausgabenabzug zumindest in
Höhe des Differenzbetrages von 824 DM versagt werden muss.
1. Zum Umfang des
Werbungskostenabzugs
Wenn nicht höhere
Werbungskosten nachgewiesen werden, ist bei der Ermittlung der
Einkünfte von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit
ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM abzuziehen (§ 9a
Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des
Einkommensteuergesetzes—EStG—in der in den Streitjahren
geltenden Fassung).
Wie schon aus dem
Wortlaut der Bestimmung—„sind die folgenden
Pauschbeträge abzuziehen“—hervorgeht, handelt
es sich bei dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag um eine zwingende
Regelung. Der Steuerpflichtige hat einen Rechtsanspruch auf den
Ansatz des ungekürzten Pauschbetrages, selbst wenn feststeht,
dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind.
Voraussetzung ist nach § 9a Satz 2 EStG lediglich, dass die
Jahreseinnahmen aus nichtselbständiger Arbeit den Betrag von
2.000 DM übersteigen (soweit ersichtlich allgemeine Meinung
vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs—BFH—vom 7.11.2000 III
R 79/97, BFHE 193, 536, BStBl II 2001, 702 = SIS 01 04 93; vom
29.10.1998 XI R 63/97, BFHE 188, 143, BStBl II 1999, 588 = SIS 99 11 35; Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 9a Rz 1; v.
Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9a Rz A
75, A 85 und B 13; Hildesheim in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9a Rz 2; Prinz in Herrmann/
Heuer/Raupach—HHR -, § 9a EStG Rz 12 und 22;
Blümich/ Thürmer, § 9a EStG Rz 48; Claßen in
Lademann, EStG, § 9a EStG Rz 4; Damrau-Schröter in
Bordewin/Brandt, § 9a EStG Rz 19 f.; Frotscher in Frotscher,
EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 9a Rz 3).
Danach sind im Streitfall
von den Einnahmen des Klägers aus seiner abhängigen
Beschäftigung mindestens Werbungskosten in Höhe des
gesetzlichen Pauschbetrages abzuziehen. Weil das FG von anderen
Grundsätzen ausgegangen ist und es lediglich Werbungskosten in
Höhe von 1.176 DM zum Abzug zugelassen hat, ist die
Vorentscheidung aufzuheben.
Das Urteil des BFH vom
16.3.1967 IV R 210/66 (BFHE 88, 414, BStBl III 1967, 418 = SIS 67 02 76), wonach die Pauschale nur dann anwendbar ist, wenn sie zu
einer tatsächlichen Vereinfachung der Einkünfteermittlung
führen kann, steht dem nicht entgegen. Denn dem besagten
Urteil lag ein Werbungskostenpauschbetrag zugrunde, den die
Finanzverwaltung durch Verwaltungsvorschrift gewährt hatte.
Bei einem zwingenden gesetzlichen Pauschbetrag verbieten sich aber
von vornherein Überlegungen, ob im Einzelfall die Besteuerung
vereinfacht wird oder nicht.
2. Zum Umfang des
Betriebsausgabenabzugs
Auf der Grundlage der vom
FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht
abschließend prüfen, ob die Erhöhung des zu
versteuernden Einkommens um den Betrag von 824 DM, also die
Kürzung des Betriebsausgabenabzugs um diesen Betrag,
rechtmäßig ist. Das Fehlen ausreichender Feststellungen
stellt einen materiell-rechtlichen Mangel des Urteils dar,
der—auch ohne Rüge—zur Aufhebung der
Vorentscheidung führt (BFH-Urteil vom 27.4.1999 III R 21/96,
BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670 = SIS 99 18 82).
a) Nach
§ 4 Abs. 4 EStG sind als Betriebsausgaben von den Einnahmen
aus selbständiger Arbeit nur diejenigen Aufwendungen
abzuziehen, die durch die selbständige Arbeit veranlasst
wurden. Soweit die Aufwendungen der Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit dienten
(§ 9 EStG), sind sie bei der Ermittlung dieser Einkünfte
zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 4.11.1965 IV 32/64 U, BFHE
84, 243, BStBl III 1966, 89 = SIS 66 00 50). Ein anteiliger
betrieblicher Veranlassungszusammenhang führt
grundsätzlich zur anteiligen Berücksichtigung im
betrieblichen Bereich. Dies gilt jedenfalls soweit es um die
Abgrenzung zu anderen Einkünften und nicht um eine anteilige
private Mitveranlassung geht (Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 4
Rz 29 und 489; v. Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
a.a.O., § 9 Rz A 84). Die Aufteilung ist nach objektiven
Gesichtspunkten vorzunehmen. Soweit die Aufwendungen nicht ihrer
Natur nach und ausschließlich mit der nichtselbständigen
oder der selbständigen Tätigkeit zusammenhängen, ist
eine Aufteilung durch Schätzung unvermeidlich (BFH-Urteil in
BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89 = SIS 66 00 50). Der
Steuerpflichtige kann demnach keine beliebige Bestimmung treffen
und auf diese Weise den Arbeitnehmer-Pauschbetrag ganz und daneben
sämtliche nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben
geltend machen (HHR/Prinz, § 9a EStG Rz 21; v. Bornhaupt in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 9a Rz B 35;
Hildesheim in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 9a Rz 5;
Damrau-Schröter in Bordewin/Brandt, a.a.O., § 9a EStG Rz
49; Claßen in Lademann, a.a.O., § 9a Rz 20).
Unvermeidlich ist die
Schätzung zum Zwecke der Aufteilung jedoch nur bei solchen
Aufwendungen, die gleichzeitig den freiberuflichen und den
nichtselbständigen Tätigkeitsbereich betreffen, etwa wenn
einem abhängig beschäftigten Krankenhausarzt, der in der
Klinik zugleich Privatpatienten als Freiberufler behandelt,
Aufwendungen für die Fahrten zu diesem Krankenhaus entstehen
(vgl. den Sachverhalt in BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89 = SIS 66 00 50). Es geht dann um Aufwendungen, die sowohl durch die eine als
auch die andere Tätigkeit veranlasst wurden. Bei bloßer
Gleichartigkeit der Aufwendungen (zu diesem Unterschied vgl.
Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9a Rz 3) sind die einzelnen
Aufwendungen hingegen der Einkunftsart zuzuordnen, durch die sie
ausschließlich veranlasst wurden. So sind Aufwendungen
für Fahrten zum Arbeitsplatz und für Fahrten zum
freiberuflichen Tätigkeitsort zwar gleichartig, betreffen aber
nicht notwendigerweise gleichzeitig beide Einkunftsarten. Die Fahrt
des Arztes, der seinem Privatpatienten einen Hausbesuch abstattet,
ist ausschließlich durch die freiberufliche Tätigkeit
veranlasst, die Kosten sind damit voll als Betriebsausgabe
abziehbar. Werden derartige Aufwendungen nachgewiesen, dann ist
eine Schätzung unzulässig. Insbesondere gibt es keinen
„Werbungskostenanteil“, der aus der einzelnen
Aufwendung herausgerechnet werden müsste. Allein durch die
nichtselbständige Tätigkeit veranlasste Aufwendungen sind
ausschließlich als Werbungskosten in voller Höhe
abziehbar und daher, je nach Höhe der Werbungskosten, ggf.
durch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgegolten.
b)
Danach ist im Streitfall zunächst zu prüfen, ob die
geltend gemachten Betriebsausgaben überhaupt die
Gesamtaufwendungen des Klägers aus seiner juristischen
Tätigkeit als Anwalt und als Angestellter darstellen. Im
Hinblick auf jede einzelne Betriebsausgabenposition bedarf es
insbesondere der Feststellung, ob die als Betriebsausgabe geltend
gemachte Aufwendung einen im Schätzungswege zu bestimmenden
„Werbungskostenanteil“ enthält. Ergibt
diese Prüfung, dass die insgesamt als Betriebsausgaben geltend
gemachten Beträge tatsächlich ausschließlich als
Werbungskosten zu qualifizierende Einzelaufwendungen oder gemischt
veranlasste Einzelaufwendungen mit einem zu schätzenden
Werbungskostenanteil enthalten, so ist der begehrte
Betriebsausgabenabzug dementsprechend ganz oder teilweise zu
versagen. Nach der Zuordnung und ggf. Aufteilung der Aufwendungen
ist sodann zu ermitteln, ob die Werbungskosten insgesamt höher
oder niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag sind. Im
letztgenannten Fall ist der Pauschbetrag in voller Höhe
anzusetzen (vgl. v. Bornhaupt in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff,
a.a.O., § 9a Rz B 35 mit Fn. 29; Damrau-Schröter in
Bordewin/Brandt, a.a.O., § 9a EStG Rz 49). Der um die
Werbungskosten bereinigte Teil der als Betriebsausgaben geltend
gemachten Gesamtaufwendungen ist bei der Ermittlung des Gewinns aus
freiberuflicher Tätigkeit zu berücksichtigen.
c)
Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hat das FG nicht im Einzelnen
geprüft, ob die in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung
erfassten Aufwendungen vollständig als Betriebsausgaben
abzuziehen sind. Das FG hat nur allgemein festgestellt, dass die
nichtselbständigen und die freiberuflichen Tätigkeiten
des Klägers in den Streitjahren verquickt waren und die
geltend gemachten Aufwendungen beide Einkunftsarten betrafen. Auf
der Basis dieser Feststellungen hat es sodann den
Arbeitnehmer-Pauschbetrag grundsätzlich versagt und anstelle
des Pauschbetrages die tatsächlich entstandenen spezifischen
Werbungskosten im Schätzungswege zu ermitteln gesucht. Diese
Ausführungen der Vorinstanz sind, wie unter II.1. der
Gründe dieses Urteils dargestellt, nicht frei von
Rechtsirrtum, die hierzu getroffenen Feststellungen infolgedessen
lückenhaft.
Im zweiten Rechtsgang wird das
FG daher Feststellungen zu den einzelnen als Betriebsausgaben
geltend gemachten Aufwendungen zu treffen haben, um entscheiden zu
können, ob es sich ausschließlich um Werbungskosten oder
um Betriebsausgaben mit einem zu schätzenden
Werbungskostenanteil handelt. Aus prozessökonomischen
Gründen weist der Senat auf Folgendes hin:
aa) Die
bei „vermischten Aufwendungen“ erforderliche
Schätzung der auf § 18 EStG und auf § 19 EStG
entfallenden Anteile darf sich nicht an der Schätzungsmethode
des FA orientieren, weil diese zu grundsätzlich falschen
Ergebnissen führt.
Das FA hat, so das Vorbringen in
der Revisionserwiderung, die Ermittlung der Höhe der zu
kürzenden Betriebsausgaben rechnerisch kompliziert über
einen Versuch der Schätzung der tatsächlichen
Werbungskosten vorgenommen. Unter der Prämisse, dass der in
zwei Einkunftsarten tätige Steuerpflichtige tatsächlich
sämtliche Fahrtaufwendungen als Betriebsausgaben geltend
gemacht hat, mag es mit dem FA angehen, den spezifischen
Werbungskostenanteil anhand der tatsächlichen Kosten für
die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte herauszurechnen. Auf die
Verhältnisse des Streitfalles übertragen, beträgt
der Umfang der zu kürzenden Betriebsausgaben damit 966 DM (230
Tage x 6 km x 0,70 DM). An dieser Stelle ist das FA jedoch nicht
stehen geblieben. Bei ihm erscheinen die 966 DM nicht als der
Betriebsausgabenkürzungsbetrag, sondern als der Betrag, um den
der Arbeitnehmer-Pauschbetrag zu kürzen ist. Erst der nicht
verbrauchte Teil des Arbeitnehmer-Pauschbetrages (2.000 DM
abzüglich 966 DM) ergibt in der Berechnung des FA den
Betriebsausgabenkürzungsbetrag (1.034 DM). Diese Methode
führt je nach Umfang der geschätzten Werbungskosten zu
völlig unterschiedlichen, geradezu willkürlichen
Ergebnissen.
bb) Bei
der Beantwortung der Frage, ob der Kläger überhaupt die
gesamten auf seine „juristische“ Tätigkeit
entfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht hat,
wird in Rechnung zu stellen sein, dass etwa die Fahrtaufwendungen
(Kfz-Kosten) je nach Veranlassung (Fahrt zu einem freiberuflichen
Gerichtstermin, Fahrt zum Arbeitsplatz) grundsätzlich klar
trenn- und zuordenbar sind (Gleichartigkeit, aber nicht
Gleichzeitigkeit der Aufwendungen). Nach dem Inhalt der vom FG
festgestellten Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Klägers
für die Streitjahre sind als Betriebsausgaben lediglich 40 %
der gesamten Kfz-Aufwendungen angesetzt worden. Hierbei handelt es
nach dem Vorbringen im Einspruchsverfahren um den freiberuflichen
Nutzungsanteil. Den Werbungskostenanteil (Fahrten
Wohnung–Arbeitsstätte) und den privaten Nutzungsanteil
hat der Kläger damit offenbar bei den Betriebsausgaben nicht
geltend gemacht. Sollte sich die vom Kläger mutmaßlich
im Schätzungswege vorgenommene Aufteilung der Aufwendungen als
sachgerecht erweisen, dann kommt in dieser Aufwandsposition keine
Kürzung der geltend gemachten Betriebsausgaben in
Betracht.
cc)
Hängen die Einzelaufwendungen ihrer Natur nach und
ausschließlich mit der selbständigen Tätigkeit
zusammen, dann sind sie in voller Höhe als Betriebsausgaben
abzuziehen. Dies könnte etwa bei den in der
Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Klägers erfassten
Versicherungsaufwendungen und den Beiträgen zum Vollabzug der
Aufwendungen führen, wenn es sich hierbei um die
Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts und die
Pflichtbeiträge zur Rechtsanwaltskammer handeln sollte.
dd) Da
sich die juristischen Tätigkeitsfelder, auf denen sich der
Kläger bewegt, nach den Feststellungen des FG nicht wesentlich
unterscheiden, sind die Aufwendungen für Fachliteratur nicht
ihrer Natur nach und ausschließlich mit der
selbständigen Tätigkeit verbunden (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89 = SIS 66 00 50). Hier wird das FG
eine Aufteilung im Schätzungswege vorzunehmen haben. Eine
Aufteilung nach dem Verhältnis der Einnahmen aus
selbständiger und aus nichtselbständiger Arbeit kommt
allerdings nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 84, 243,
BStBl III 1966, 89 = SIS 66 00 50; vom 10.5.2001 IV R 6/00, BFHE
195, 323, BStBl II 2001, 575 = SIS 01 10 91).
ee) In entsprechender Weise ist bei den
übrigen Ausgabenpositionen der
Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu verfahren.