Innergemeinschaftliche Lieferung, Nachweise bei Abholfall, USt-Sonderprüfung, Änderungssperre: 1. Die Umsatzsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6 a UStG) kommt gemäß § 25 a Abs. 7 Nr. 3 UStG nicht in Betracht für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen. - 2. Der Gesetzeszweck des § 6 a UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG. - 3. Umsatzsteuersonderprüfungen sind zwar Außenprüfungen i.S. des § 173 Abs. 2 AO 1977; eine Änderungssperre lösen sie aber nur aus, wenn die daraufhin ergangenen Bescheide endgültigen Charakter haben. - Urt.; BFH 7.12.2006, V R 52/03; SIS 07 06 41
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) betreibt einen Kfz-Handel mit Gebrauchtwagen. In
seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2000
erklärte er neben hier nicht streitigen steuerpflichtigen
Umsätzen und steuerfreien Ausfuhrlieferungen auch steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von ... DM.
Im Rahmen einer beim Kläger
durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung ging der
Prüfer davon aus, dass für insgesamt elf Lieferungen im
Umfang von ... DM an die spanische Autohandelsfirma (X) die
Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferungen nicht vorgelegen hätten, weil es sich bei X nach
Auskunft der spanischen Steuerbehörde um eine Scheinfirma
gehandelt habe.
Unter Bezugnahme auf den
Prüfungsbericht verminderte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) den Umfang der
innergemeinschaftlichen Lieferungen um ... DM auf ... DM,
erhöhte entsprechend die Bemessungsgrundlage der
steuerpflichtigen Umsätze nach Herausrechnung der Umsatzsteuer
um ... DM auf ... DM. Mit Steuerbescheid vom 3.9.2002 setzte das FA
die Umsatzsteuer demgemäß fest.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte nur
zum Teil Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG
2003, 1738 = SIS 03 48 25 veröffentlicht.
Zur Begründung seiner Entscheidung
führte das FG aus, das FA habe sechs der streitigen elf
Lieferungen von KfZ im Umfang von ... DM zu Unrecht nicht als
steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt, weil
insoweit deren Tatbestandsvoraussetzungen vorgelegen hätten
und der Kläger insbesondere den erforderlichen Buch- und
Belegnachweis ordnungsgemäß erbracht habe. Anhand der mit
Fahrzeugrechnungen vom 15., 20. und 29. März, 4. April sowie
3. und 18.5.2000 und weiteren Belegen dargestellten Kfz-Lieferungen
lasse sich erkennen, dass der Geschäftsführer R der
Fahrzeugkäuferin X in diesen Fällen jeweils selbst das
Fahrzeug beim Kläger abgeholt habe. Das sei gemäß
§ 17a Abs. 2 Nr. 3 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 (UStDV)
schlüssig dadurch dokumentiert, dass bei jeder
Fahrzeugübergabe der Ausweis des Geschäftsführers
erneut kopiert und die Kopie mit dem Firmenstempel und dem Vermerk
„Abholer“ oder einem ähnlichen Vermerk versehen
worden sei. Ferner habe der Geschäftsführer R für
jedes dieser Fahrzeuge erkennbar mit seiner Unterschrift
gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV versichert, dass das
Fahrzeug von X aus Deutschland „in ein Land des übrigen
Gemeinschaftsgebiets verbracht wird und dort der Erwerbsbesteuerung
unterliegt“.
Zwar fehle hinsichtlich dieser Lieferungen
die ausdrückliche Angabe über den Bestimmungsort, denn
aus den vorgelegten Bestätigungen ergebe sich nur, dass das
jeweilige Fahrzeug aus Deutschland in das übrige
Gemeinschaftsgebiet habe verbracht werden sollen. Es sei aber
ausreichend, dass sich u.a. aufgrund der in den vorgelegten
Rechnungen genannten Anschrift von X leicht und zumindest mit
hinreichender Sicherheit schließen lasse, dass die Lieferungen
nach Spanien haben gehen sollen.
Die nachgewiesenen Voraussetzungen der
Steuerfreiheit der genannten sechs Fahrzeuglieferungen seien auch
nicht deshalb unbeachtlich, weil X nach den Ermittlungen der
spanischen Finanzbehörden als Scheinfirma betrachtet worden
sei. Diese Annahme beruhe darauf, dass das Unternehmen im Jahr 2000
seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus Deutschland nicht
angemeldet habe. Abgesehen davon, dass die hier streitigen
Lieferungen bereits vor Löschung von X im
Unternehmerverzeichnis und damit vor Löschung der USt-IdNr.
zum 28.7.2000 erfolgt seien, ergebe sich aus unterlassenen
Steuererklärungen nicht, dass der fragliche spanische Abnehmer
kein Unternehmer i.S. von § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des
Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) gewesen sei. Vielmehr
sprächen die in den behördlichen Schreiben genannten
Umsatzzahlen von X sogar gegen die Annahme eines Scheinunternehmens
zum Zeitpunkt der hier streitigen Lieferungen.
Hinsichtlich der übrigen fünf der
hier streitigen Kfz-Lieferungen im Umfang von ... DM seien die
Voraussetzungen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen
nicht erfüllt. Insoweit habe der Kläger den
erforderlichen Buch- und Belegnachweis nicht
ordnungsgemäß erbracht.
Die wegen Fehlens eines
ordnungsgemäßen Beleg- und Buchnachweises
steuerpflichtigen Kfz-Lieferungen des Klägers seien auch nicht
aus Gründen des Vertrauensschutzes gemäß § 6a
Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfrei zu behandeln, weil die
Inanspruchnahme der Steuerbefreiung durch den Kläger für
die fünf Fahrzeuglieferungen nicht auf erkennbar unrichtigen
Angaben der X über die Voraussetzungen der Steuerfreiheit
beruht habe.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts. Das Urteil des FG verstoße
gegen § 17a Abs. 2 UStDV. Die Versicherung des Abnehmers, dass
ein Fahrzeug aus Deutschland in ein Land des übrigen
Gemeinschaftsgebietes verbracht werde und dort der
Umsatzbesteuerung unterliege, sei in ihrem Wahrheitsgehalt
unglaubwürdig, wenn die Abnehmerin im Unternehmensverzeichnis
gelöscht werde, weil es sich um eine Scheinfirma handele. Das
FG habe darüber hinaus zu Unrecht auf die genaue Angabe des
Bestimmungsortes verzichtet. Da es sich bei der Abnehmerin um eine
Scheinfirma gehandelt habe, könne gerade nicht davon
ausgegangen werden, dass eine schlüssige Darlegung, dass das
jeweilige Fahrzeug in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht
worden sei, gewährleistet gewesen sei.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist der Revision
entgegengetreten.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 1 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Sache ist nicht
spruchreif, weil die vom FG festgestellten Tatsachen keine
abschließende Beurteilung ermöglichen, ob die
streitbefangenen Lieferungen als innergemeinschaftliche Lieferungen
von der Umsatzsteuer befreit sind.
1. Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a
Abs. 1 UStG liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung u.a. dann
vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der
Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert
oder versendet hat, der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den
Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und
der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem
anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt
(§ 6a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 UStG).
Allerdings kommt die Steuerbefreiung für
innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b,
§ 6a UStG) gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG nicht
in Betracht für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung
unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entpricht
Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c
der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG).
a) Das FG hat keine Feststellungen getroffen,
die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob der
Kläger die streitbefangenen Kfz-Lieferungen im Rahmen der
Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Gemäß §
25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1
Nr. 1 von beweglichen körperlichen Gegenständen eine
Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen
erfüllt sind:
„1.
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Der Unternehmer ist ein
Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer
gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen
Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen
Namen öffentlich versteigert.
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2.
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Die Gegenstände wurden an den
Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für
diese Lieferung wurde
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a)
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Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach
§ 19 Abs. 1 nicht erhoben oder
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b)
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die Differenzbesteuerung
vorgenommen.
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...“
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Das FG hat die erforderlichen Feststellungen
nachzuholen.
b) Das FG hat auch keine Feststellungen
getroffen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob der
Kläger den gemäß § 17c UStDV erforderlichen
Buchnachweis erbracht hat.
Art. 28c Teil A Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG gestattet es den Mitgliedstaaten, zur
Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung und zur
Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und
Missbrauch Bedingungen festzulegen, unter denen die Steuerbefreiung
der innergemeinschaftlichen Lieferung zu gewähren ist. In
Ausübung dieser Befugnis (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 18.7.2002 V R 3/02, BFHE 199, 80, BStBl II 2003, 616 =
SIS 02 93 30, unter II.2.b) verlangt § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG,
dass die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung vom
Unternehmer nachgewiesen werden müssen. Das Bundesministerium
der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch
Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu
führen hat (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).
Dazu bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV,
dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im
Geltungsbereich der UStDV die Voraussetzungen der Steuerbefreiung
einschließlich der USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig
nachweisen muss. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und
leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein
(§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV). Nach Abs. 2 dieser Regelung soll
der Unternehmer unter anderem regelmäßig Folgendes
aufzeichnen: den Namen und die Anschrift des Abnehmers und des
Beauftragten des Abnehmers, die Beförderung oder Versendung in
das übrige Gemeinschaftsgebiet, den Bestimmungsort im
übrigen Gemeinschaftsgebiet (s. § 17c Abs. 2 Nr. 1, 2, 8,
9 UStDV).
Unter einem Buchnachweis ist ein Nachweis
durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen zu
verstehen. Der Buchnachweis verlangt deshalb stets mehr als den
bloßen Nachweis durch Aufzeichnungen oder Belege. Belege
werden durch die entsprechenden und erforderlichen Hinweise und
Bezugnahmen in den stets notwendigen Aufzeichnungen Bestandteil der
Buchführung und damit des Buchnachweises, so dass beide eine
Einheit bilden (BFH-Beschluss vom 10.2.2005 V R 59/03, BFHE 208,
502, BStBl II 2005, 537 = SIS 05 17 52, m.w.N.). Das FG hat keine
Feststellungen dazu getroffen, ob und ggf. wie der Kläger die
Lieferungen an X in seiner Buchführung behandelt hat. Das FG
wird die erforderlichen Feststellungen nachholen müssen.
2. Sollten die vom Kläger
ausgeführten Lieferungen nicht der Differenzbesteuerung
unterliegen und der Buchnachweis erbracht sein, so hat das FG den
Sachverhalt in nachvollziehbarer Weise dahin gehend gewürdigt,
dass hinsichtlich der sechs auf den Kaufverträgen vom 15., 20.
und 29. März, 4. April sowie 3. und 18.5.2000 beruhenden
Kfz-Lieferungen im Umfang von insgesamt ... DM die übrigen
Voraussetzungen innergemeinschaftlicher Lieferungen vorliegen.
a) Nach den Feststellungen des FG wurden diese
Fahrzeuge nach Spanien befördert. Ihr innergemeinschaftlicher
Erwerb unterliegt auch nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG in Spanien den Vorschriften der Umsatzsteuer. Auf die
Frage, ob die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in
Spanien tatsächlich durchgeführt wurde, kommt es nicht an
(BFH-Urteil vom 30.3.2006 V R 47/03, BFH/NV 2006, 1424 = SIS 06 24 58, m.w.N.). Insoweit besteht zwischen den Beteiligten inzwischen
Einvernehmen.
b) Entgegen der Auffassung des FA bestehen
auch an der Unternehmereigenschaft der X keine Zweifel. Die auf
Anfrage des Bundesamtes für Finanzen (BfF) von den spanischen
Finanzbehörden mitgeteilte Annahme, es handle sich bei X um
eine Scheinfirma, beruht (lediglich) darauf, dass das Unternehmen
seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus Deutschland im Jahr 2000
in Spanien nicht angemeldet hatte. Die ordnungsgemäße
Erfüllung von Steuererklärungspflichten ist aber kein
Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 5.12.2005 V B 44/04, BFH/NV 2006, 625 = SIS 06 12 58; vom 5.2.2004 V B 180/03, BFH/NV 2004, 988 = SIS 04 23 23).
Auch die Löschung der X im
Unternehmerverzeichnis führt zu keiner anderen Beurteilung.
Nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des
FG ist die Löschung von X im Unternehmerverzeichnis und damit
die Löschung der USt-IdNr. zum 28.7.2000, also nach
Ausführung der streitbefangenen Lieferungen, erfolgt. Aus der
Löschung im Unternehmerverzeichnis lassen sich jedenfalls
keine Rückschlüsse auf das Vorliegen der
Unternehmereigenschaft vor diesem Zeitpunkt herleiten.
c) Das FG hat den Sachverhalt rechtsfehlerfrei
dahin gehend gewürdigt, dass der Kläger hinsichtlich
dieser Lieferungen auch den nach § 17a UStDV erforderlichen
Belegnachweis erbracht hat.
§ 17a UStDV 1999 bestimmt:
„(1) Bei innergemeinschaftlichen
Lieferungen (§ 6a Abs. 1 des Gesetzes) muss der Unternehmer im
Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen, dass er
oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss
sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar
ergeben.
(2) In den Fällen, in denen der
Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das
übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, soll der
Unternehmer den Nachweis hierüber wie folgt
führen:
1.
|
durch das Doppel der Rechnung (§§
14, 14a des Gesetzes),
|
2.
|
durch einen handelsüblichen Beleg, aus
dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere
Lieferschein,
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3.
|
durch eine Empfangsbestätigung des
Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
|
4.
|
in den Fällen der Beförderung des
Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des
Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in
das übrige Gemeinschaftsgebiet zu
befördern.“
|
Solange der Belegnachweis nicht geführt
ist, kann eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht als
steuerfrei behandelt werden (BFH-Beschlüsse vom 25.11.2005 V B
75/05, BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484 = SIS 06 04 04, und vom
2.4.1997 V B 159/96, BFH/NV 1997, 629 = SIS 97 17 57).
Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an
den Belegnachweis in Abholfällen ist dabei zu
berücksichtigen, dass § 17a Abs. 2 UStDV eine
Sollvorschrift über die an den Nachweis nach § 17a Abs. 1
UStDV zu stellenden Anforderungen ist. Das Fehlen einer der in
§ 17a Abs. 2 UStDV genannten Voraussetzungen führt
deshalb nicht zwangsläufig dazu, dass der Belegnachweis als
nicht geführt zu beurteilen ist. Außerdem gibt es in
Fällen, in denen - wie hier - der Abnehmer den Gegenstand beim
Unternehmer abholt, in der Regel nicht den in § 17a Abs. 2 Nr.
2 UStDV geforderten handelsüblichen Beleg, aus dem sich der
Bestimmungsort ergibt. Andererseits erfordert sowohl der
Gesetzeszweck des § 6a UStG als auch der des Art. 28c Teil A
Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, dass der Bestimmungsort
nachgewiesen wird, weil nur damit sichergestellt ist, dass der
Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert
oder versendet worden ist, wo der Erwerb in dem „anderen
Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung
unterliegt“ (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Dies
zugrunde gelegt, ist die Würdigung des FG, dass der
Kläger vorliegend den Belegnachweis durch die
Fahrzeugrechnungen und weitere Belege erbracht hat, nicht zu
beanstanden. Nach den Feststellungen des FG ist bei jeder
Fahrzeugübernahme der Ausweis des Geschäftsführers
erneut kopiert und die Kopie mit dem Firmenstempel und dem Vermerk
„Abholer“ oder einem ähnlichen Vermerk
versehen worden. Außerdem hat der Geschäftsführer R
der X für jedes Fahrzeug mit seiner Unterschrift versichert,
dass das Fahrzeug von X aus Deutschland in ein Land des
übrigen Gemeinschaftsgebiets verbracht wird und dort der
Erwerbsbesteuerung unterliegt. Nicht zu beanstanden ist auch die
Würdigung des FG, dass sich der Bestimmungsort vorliegend aus
der auf den Rechnungen ausgewiesenen Anschrift der X, für die
deren Geschäftsführer R die Fahrzeuge abgeholt hat,
ergibt.
3. Es kommt auch keine Saldierung hinsichtlich
der verbleibenden fünf Kfz-Lieferungen in Betracht. Insoweit
hat das FG zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen
steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen nicht erfüllt
sind.
a) Der Kläger hat für diese
Lieferungen den Belegnachweis nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG,
§ 17a UStDV nicht erbracht. Nach den gemäß §
118 Abs. 3 FGO bindenden Feststellungen des FG fehlte es
hinsichtlich dieser Lieferungen an schriftlichen, also mit
Unterschrift oder zumindest mit einem beglaubigten Namenszeichen
(Paraphe) unterzeichneten Versicherungen i.S. des § 17a Abs. 2
Nr. 4 UStDV. Zwar ist - den Feststellungen des FG zufolge - in
formularmäßigen Bestätigungen versichert worden,
dass X das jeweilige Gebrauchtfahrzeug aus Deutschland in ein Land
des übrigen Gemeinschaftsgebiets verbringen werde. Diese
Bestätigungen wiesen jedoch weder eine Unterschrift noch ein
gültiges Namenszeichen des Geschäftsführers R oder
eines Beauftragten der als Käuferin angegebenen X auf.
b) Die Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes
i.S. von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG liegen nicht vor. Nach dieser
Vorschrift ist eine Lieferung, die der Unternehmer als steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die
Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen,
gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der
Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und
der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung
der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.
Die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des
Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht
erkennen konnte, stellt sich aber erst dann, wenn der Unternehmer
seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV
vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteil vom 15.7.2004 V R
1/04, BFH/NV 2005, 81 = SIS 05 04 39). Das ist vorliegend aus den
unter II.3.a genannten Gründen aber gerade nicht der Fall.
c) Im Streitfall stellt sich auch nicht die
Frage, ob die deutschen Anforderungen an den Belegnachweis mit dem
gemeinschaftsrechtlichen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar sind. Anders
als im Fall des Vorlagebeschlusses des Senats in BFHE 208, 502,
BStBl II 2005, 537 = SIS 05 17 52 steht hinsichtlich der streitigen
Lieferungen nicht zweifelsfrei fest, dass tatsächlich die Kfz
in einen anderen Mitgliedstaat geliefert worden sind.
d) Zu Recht hat das FG auch entschieden, dass
die Voraussetzungen der Änderungssperre nach § 173 Abs. 2
der Abgabenordnung (AO 1977) nicht erfüllt sind. Nach den
Feststellungen des FG betraf eine im April 2001 ohne Beanstandung
der erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen
durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung lediglich die
Umsatzsteuer-Voranmeldungen des Klägers für das
Streitjahr 2000. Umsatzsteuersonderprüfungen sind zwar
Außenprüfungen i.S. des § 173 Abs. 2 AO 1977; eine
Änderungssperre lösen sie aber nur aus, wenn die
daraufhin ergangenen Bescheide endgültigen Charakter haben,
also nicht nur Vorauszahlungen oder Voranmeldungen betreffen (vgl.
BFH-Urteil vom 11.11.1987 X R 54/82, BFHE 152, 166, BStBl II 1988,
307 = SIS 88 05 36; BFH-Beschluss vom 15.11.1993 V B 46/92, BFH/NV
1995, 283). Nach den Feststellungen des FG ist aufgrund der
Außenprüfung vom April 2001 auch kein
Umsatzsteuerbescheid ergangen, der durch den hier angefochtenen
Umsatzsteuerbescheid vom 3.9.2002 geändert worden wäre.
Vielmehr ist der Umsatzsteuerbescheid vom 3.9.2002 selbst erst nach
einer im Mai 2002 durchgeführten
Umsatzsteuersonderprüfung ergangen.