Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, Nachweis in Abholfall: 1. Nach § 6 a UStG 1999 i.V.m. § 17 a Abs. 2 UStDV 1999 "soll" die innergemeinschaftliche Lieferung (kumulativ) durch die in Nr. 1 bis 4 der Bestimmung bezeichneten Voraussetzungen nachgewiesen werden. - 2. § 17 a Abs. 2 UStDV 1999 ist eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege - z.B. durch die auf den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des Leistungsempfängers - erbracht werden kann. - 3. Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts (§ 17 a Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1999) ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG. - Urt.; BFH 1.2.2007, V R 41/04; SIS 07 61 27
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine GmbH; ihr Unternehmenszweck ist u.a. das
„Recycling“ von Altpapier. Sie berechnet die
Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1
des Umsatzsteuergesetzes 1999 - UStG 1999 - ).
Die Klägerin schloss mit einem
österreichischen Papierhändler, der Firma H. (H) in
Österreich, telefonisch Verträge über den Verkauf
von Altpapier, das H im Dezember 2000 mittels eigener LKW in der
deutschen Niederlassung der Klägerin in K abholte und -
unstreitig - nach Österreich brachte. Die Klägerin
erstellte über die Verkäufe an H Rechnungen über
insgesamt 62.977 DM, in denen deren österreichische
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer genannt und keine Umsatzsteuer
ausgewiesen ist. Die Rechnungen enthielten keinen Hinweis auf die
Steuerfreiheit der Umsätze als innergemeinschaftliche
Lieferungen.
Die Klägerin erklärte diese
Umsätze in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar
2001 sowie unter Angabe der zutreffenden
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der H in ihrer zusammenfassenden
Meldung nach § 18a Abs. 4 UStG 1999 als steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferungen. Das damals für die
Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt (FA I)
folgte zunächst dieser Voranmeldung.
Aufgrund einer Außenprüfung bei
der Klägerin vertrat die Prüferin die Auffassung, die
Klägerin habe die Ausfuhr der Ware nach Österreich nicht
nachgewiesen. In der Buchführung lagen zunächst nur die
Ausgangsrechnungen sowie an die Adresse der H in Österreich
adressierte Lieferscheine vor; der Endbestimmungsort der Ware ergab
sich daraus nicht. Die Klägerin bat daraufhin H mit Telefax
vom 23.7.2001 unter Auflistung der Rechnungs- und
Lieferschein-Nummern, Daten, Warenbezeichnungen und Gewichtsangaben
der Warenbewegungen um Angabe des „Verbringungsortes“
und des „Empfangslandes“. Mit Telefax vom 24.7.2001
sandte H das Anschreiben der Klägerin mit dem Zusatz folgenden
Textes zurück: „Wir bestätigen hiermit verbindlich,
dass wir die nebenstehend aufgeführten ...-Ladungen bei der
... (Klägerin) übernommen haben, aus Deutschland
ausgeführt und nach Österreich verbracht haben.“
Ausweislich des vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen, in den
Akten des FG abgehefteten Telefaxes vom 24.7.2001 betrifft diese
Bestätigung Lieferungen lt. Lieferscheinen aus der Zeit
zwischen 6. und 20.12.2000. Weitere Bestätigungen hat das FG
nicht festgestellt.
Das FA I hielt diese Bestätigung
für unzureichend, weil der „Endbestimmungsort“
nicht genannt sei; dies sei bis zur mündlichen Verhandlung vor
dem FG nachholbar; es fehle deshalb auch der Buchnachweis der
Ausfuhr ins Gemeinschaftsgebiet. Dieser sei nicht mehr nachholbar;
die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit als
innergemeinschaftliche Lieferung seien nicht erfüllt. Das FA I
erfasste deshalb im geänderten
Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2001 diese
Umsätze mit dem Netto-Betrag von 54.291 DM und dem
Regelsteuersatz.
Den hiergegen erhobenen Einspruch, mit dem
die Klägerin u.a. geltend machte, ihr Abnehmer habe als
Zwischenhändler ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse
daran, den endgültigen Bestimmungsort nicht anzugeben, um den
Endabnehmer nicht preisgeben zu müssen, wies der
zwischenzeitlich für die Besteuerung der Klägerin
zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das FA)
unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
18.7.2002 V R 3/02 (BFHE 199, 80, BStBl II 2003, 616 = SIS 02 93 30) als unbegründet zurück. Zur Begründung
führte das FA aus, sowohl § 17a Abs. 2 Nr. 2 als auch
§ 17c Abs. 2 Nr. 9 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 (UStDV 1999)
verlangten die Angabe des Bestimmungsortes im übrigen
Gemeinschaftsgebiet.
Gegenstand des anschließenden
Klageverfahrens war der Umsatzsteuer-Jahresbescheid für
2001.
Das FG, dessen Urteil in EFG 2004, 1802 =
SIS 04 36 67 abgedruckt ist, gab der Klage statt. Es schloss sich
der Auffassung der Klägerin an, in Abholfällen
genüge, weil es sich bei § 17a Abs. 2 UStDV 1999 nur um
eine Sollvorschrift handele, für den Belegnachweis die
Absichtserklärung des Abholers über das Verbringen des
Gegenstandes ins übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 17a Abs. 2
Nr. 4 UStDV 1999) sowie das Doppel der entsprechenden Rechnungen
(§ 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV 1999) und damit die Angabe des
Bestimmungslandes; weder die fehlende Angabe des Bestimmungsortes
noch der fehlende Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung in
den Rechnungen stehe der Steuerbefreiung entgegen.
Die Klägerin habe den Belegnachweis
geführt durch die Beibringung der nachgereichten schriftlichen
Versicherung der Firma H vom 24.7.2001, die sowohl die
Ausfuhrversicherung wie auch die Bestätigung des Abnehmers
über den Erhalt der Ware enthalte, sowie mit den dem FA
bereits während der Umsatzsteuer-Sonderprüfung
vorgelegten Rechnungsdoppel und der verwendeten Lieferscheine mit
der Adresse des Käufers. Einer Benennung des endgültigen
Bestimmungsortes der Warenlieferung im übrigen
Gemeinschaftsgebiet (Lieferadresse mit Namen, Ortsangabe und
Straßenbezeichnung nebst Hausnummer) - wie dies das FA
fordere - bedürfe es jedenfalls in Fällen wie dem
vorliegenden nicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision
rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Es trägt hierzu im Wesentlichen vor,
§ 17a Abs. 2 UStDV 1999 verlange in Abholfällen für
den Belegnachweis zusätzlich die Versicherung des Abnehmers,
den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu
befördern. Entgegen der Auffassung des FG dürfe weder auf
die Angabe des Bestimmungsortes (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV
1999) noch auf die Empfangsbestätigung des Abnehmers oder
seines Beauftragten (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1999) verzichtet
werden. Beide Vorschriften hätten den Zweck, Warenströme
zwischen den Mitgliedstaaten leicht und eindeutig zu verfolgen. Mit
diesem Zweck sei nicht vereinbar, wenn die Finanzverwaltung der
Mitgliedstaaten - wie vom FG - darauf verwiesen würde, zur
Verfolgung des exakten Warenweges könnten beim jeweiligen
Abnehmer Außenprüfungen durchgeführt werden.
Gleiches gelte für den Buchnachweis. Auch dürfe die
erforderliche Versicherung des Abnehmers i.S. des § 17a Abs. 2
Nr. 4 UStDV 1999 nicht rückwirkend vorgelegt werden.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt die
Zurückweisung der Revision.
Die Klägerin hat zur Vorbereitung der
mündlichen Verhandlung am 1.2.2007 vor dem erkennenden Senat
eine Bestätigung der H vom 24.7.2001 vorgelegt. Unter Hinweis
darauf trägt sie vor, die Bestätigung betreffe die in den
Lieferscheinen bezeichneten Lieferungen. Im Übrigen vertritt
sie die Auffassung, die Benennung des Bestimmungsortes sei nicht
erforderlich; vielmehr genüge es, wenn - wie hier - das
Bestimmungsland bezeichnet worden sei; denn § 17a Abs. 2 UStDV
1999 sei eine Sollvorschrift und die Steuerbefreiung als
innergemeinschaftliche Lieferung setze nach § 6a UStG 1999
u.a. nur voraus, dass der Gegenstand in das übrige
Gemeinschaftsgebiet versendet oder befördert werde. Auch
könne der Belegnachweis nachgeholt werden.
II. Die Revision führt aus anderen als
den geltend gemachten Gründen zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Feststellungen des
FG sind widersprüchlich, soweit sie den Zeitpunkt der
Lieferung betreffen. Dieser ist für die Entscheidung über
die Revision des FA entscheidungserheblich: Sind die streitigen
Lieferungen bereits im Dezember 2000 erfolgt, hätte die
Revision des FA keinen Erfolg, weil die Lieferungen - ungeachtet
der Frage, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als
innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen oder nicht - jedenfalls
nicht im Umsatzsteuerbescheid für 2001 hätten erfasst
werden dürfen (1.). Sind die streitigen Lieferungen dagegen
erst im Jahr 2001 ausgeführt worden, hätte die Revision
des FA Erfolg, denn dann fehlt es am Belegnachweis für die
innergemeinschaftliche Lieferung (2.).
1. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz
1 UStG 1999 entsteht die Steuer - Steuerbarkeit und Steuerpflicht
vorausgesetzt - für Lieferungen und sonstige Leistungen bei
der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16
Abs. 1 Satz 1 UStG 1999) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in
dem die Leistungen ausgeführt worden sind.
a) Die Regelung
entspricht Art. 10 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie des Rates
vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -
Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage - Richtlinie 77/388/EWG - (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - 1977 Nr. L 145/1). Diese
Vorschrift lautet - soweit hier von Bedeutung -
wörtlich:
Abs. 1: „Im
Sinne der Richtlinie gilt als
a)
|
Steuertatbestand: der Tatbestand, durch den die
gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch
verwirklicht werden;
|
|
|
b)
|
Steueranspruch:
der Anspruch, den der Fiskus nach dem Gesetz gegenüber dem
Steuerschuldner von einem bestimmten Zeitpunkt ab auf die Zahlung
der Steuer geltend machen kann.“
|
Abs. 2 Satz 1:
„Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem
Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstandes oder die
Dienstleistung bewirkt wird.“
b) Lieferungen eines Unternehmers sind nach
§ 3 Abs. 1 UStG 1999 - in Übereinstimmung mit Art. 5 Abs.
1 der Richtlinie 77/388/EWG - Leistungen, durch die er oder in
seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag
einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen
Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der
Verfügungsmacht). Die Verschaffung der Verfügungsmacht
ist zwar in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen
Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden
(vgl. BFH-Urteile vom 21.4.2005 V R 11/03, BFHE 211, 50 = SIS 05 47 50, m.w.N.; vom 28.1.1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999,
628 = SIS 99 12 20, unter II.1.b). Jedoch bezieht sich der Begriff
der Lieferung nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch
das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst
jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch
eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über
diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie
sein Eigentümer (vgl. Urteil des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 21.4.2005 Rs.
C-25/03, HE, BFH/NV Beilage 2005, 196, UR 2005, 324 = SIS 05 19 06
Rz 64 ff., m.w.N.; BFH-Urteil in BFHE 211, 50 = SIS 05 47 50).
Ausgeführt i.S. des § 13 Abs. 1
Buchst. a Satz 1 UStG 1999 ist eine Lieferung deshalb
regelmäßig u.a. dann, wenn der Unternehmer den Abnehmer
oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen
Namen über den Gegenstand zu verfügen. Unerheblich
für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ist deshalb, wann
die Rechnung ausgestellt worden ist. Davon zu unterscheiden ist die
Frage, wann die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als
innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind; diese setzt
voraus, dass die Ware den Herkunftsstaat tatsächlich verlassen
hat und in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist (vgl.
Schlussanträge der Generalanwältin vom 11.1.2007 in der
Rs. C-409/04, Teleos plc u.a., Rz 45 und 50).
c) Aus den Feststellungen des FG geht nicht
eindeutig hervor, ob die streitigen Lieferungen im Dezember 2000
oder erst im Jahr 2001 ausgeführt worden sind.
Das FG stellt im Tatbestand fest, der
Abnehmer, die Firma H, habe die aufgrund der telefonisch
abgeschlossenen Verträge verkauften Waren (Altpapier) im
Dezember 2000 mittels eigener LKW in der deutschen Niederlassung
der Klägerin abgeholt und anschließend nach
Österreich verbracht. Diese Feststellung wird bestätigt
durch den Inhalt der - durch Erwähnung im Tatbestand ebenfalls
i.S. des § 118 Abs. 2 FGO festgestellten (BFH-Urteil vom
20.8.1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II 1987, 75 = SIS 87 01 28) - Bestätigung vom 24.7.2001 der H, die jeweils mit
Lieferschein-Nummern einzeln aufgeführten Lieferungen seien
von H in der Zeit zwischen 6. und 20.12.2000 von H übernommen
und nach Österreich verbracht worden. Die von der
Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte
Bestätigung hat einen anderen Inhalt als diejenige, die sich
in den Akten des FG befindet und auf die das FG Bezug genommen hat.
Ein Vortrag neuer Tatsachen kann im Revisionsverfahren nicht
berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 10.3.2005 II R
55/03, BFH/NV 2005, 1309 = SIS 05 32 14, m.w.Nachw.).
aa) Handelt es sich bei den in der
Bestätigung vom 24.7.2001 aufgeführten Lieferungen um die
zwischen den Beteiligten streitigen Lieferungen, hätte der
Abnehmer, H, bereits im Dezember 2000 - im Zeitpunkt der
Abholung - die Verfügungsmacht über die verkauften Waren
erhalten. Dieser Beurteilung stünde nicht entgegen, wenn sich
die Klägerin - was das FG nicht festgestellt hat - das
Eigentum an den Waren bis zur endgültigen Bezahlung
vorbehalten hätte; denn auch eine Lieferung unter
Eigentumsvorbehalt erfüllt den Tatbestand des § 3 Abs. 1
UStG 1999 (BFH-Urteile vom 15.3.1994 XI R 89/92, BFH/NV 1995, 74;
vom 29.10.1998 V B 38/98, BFH/NV 1999, 680 = SIS 98 56 52). Diese
Beurteilung, dass beim Eigentumsvorbehalt der Sicherungscharakter
im Vordergrund steht und die Beteiligten - einen
vereinbarungsgemäßen Ablauf unterstellt - wirtschaftlich
von einer endgültigen Übertragung der
Verfügungsmacht ausgehen, steht im Einklang mit Art. 5 Abs. 4
Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, wonach als Lieferung auch die
Übergabe eines Gegenstandes aufgrund eines Vertrages gilt, der
die Vermietung eines Gegenstandes während eines bestimmten
Zeitraums oder den Ratenverkauf eines Gegenstandes vorsieht, mit
der Klausel, dass das Eigentum spätestens mit Zahlung der
letzten Rate erworben wird.
Selbst wenn deshalb - worauf das FA seine
Revision stützt - die Voraussetzungen für die
Steuerbefreiung nach § 6a UStG 1999 nicht vorlägen,
dürften diese Lieferungen jedenfalls nicht im
Umsatzsteuerbescheid für 2001 erfasst werden, mit der Folge,
dass die Revision des FA zurückzuweisen wäre.
bb) Gleichwohl ist nicht auszuschließen,
dass es sich bei den streitigen Lieferungen um solche des Jahres
2001 handeln könnte, denn das FG nimmt gleichzeitig
Bezug auf die von der Klägerin zum Nachweis der Lieferung
vorgelegten, in den Akten befindlichen Lieferscheine; diese
betreffen Lieferungen ab dem 2.1.2001. Auch stimmen die in der
Bestätigung vom 24.7.2001 aufgezählten
Lieferschein-Nummern nicht mit denen der erwähnten
Lieferscheine überein.
2. Handelte es sich bei den zwischen den
Beteiligten umstrittenen Lieferungen um die in den Lieferscheinen
erwähnten Lieferungen, hätte die Revision des FA Erfolg.
Denn dann hätte das FA diese zu Recht im Umsatzsteuerbescheid
für 2001 erfasst, weil die Klägerin schon den für
die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG 1999 nach § 17a
Abs. 2 Nr. 4 UStDV 1999 erforderlichen Nachweis über den
Transport der gelieferten Gegenstände in das übrige
Gemeinschaftsgebiet nicht erbracht hat.
a) Eine - gemäß § 4 Nr. 1
Buchst. b UStG 1999 steuerfreie - innergemeinschaftliche Lieferung
ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 u.a. dann gegeben,
wenn
-
|
der Unternehmer oder sein Abnehmer den
Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
befördert oder versendet,
|
|
|
-
|
der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den
Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat
und
|
|
|
-
|
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim
Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der
Umsatzbesteuerung unterliegt.
|
b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG 1999
müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG 1999 vom
Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen
kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung
bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat
(§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1999). Dazu ist in § 17a Abs. 1
UStDV 1999 u.a. geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen
Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung
durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den
Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen
eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).
Nach § 17a Abs. 2 UStDV 1999 soll in den Fällen, in denen
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in
das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, der Unternehmer
den Nachweis hierüber wie folgt führen:
1.
|
durch das Doppel der Rechnung (§§
14, 14a des Gesetzes),
|
|
|
2.
|
durch einen handelsüblichen Beleg, aus
dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
|
|
|
3.
|
durch eine Empfangsbestätigung des
Abnehmers oder seines Beauftragten
|
sowie
4.
|
in den Fällen der Beförderung des
Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des
Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in
das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.
|
Dies widerspricht nicht den
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Nach Art. 28c Teil A erster Satz
der Richtlinie 77/388/EWG) ist die Festlegung der Bedingungen
für die Gewährung der Steuerbefreiung von
innergemeinschaftlichen Lieferungen in die Kompetenz der
Mitgliedstaaten gestellt (BFH-Urteil in BFHE 199, 80, BStBl II
2003, 616 = SIS 02 93 30). Nach der vorbezeichneten Bestimmung
befreien die Mitgliedstaaten u.a. die innergemeinschaftliche
Lieferung (Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG) „unbeschadet sonstiger
Gemeinschaftsbestimmungen ... unter den Bedingungen, die sie zur
Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der
nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von
Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch
festlegen“.
Diesen Ansprüchen genügen § 6a
Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG 1999, § 17a Abs. 2 UStDV 1999 (vgl.
BFH in BFHE 199, 80, BStBl II 2003, 616 = SIS 02 93 30).
Entgegen der Auffassung des FG sollen die in
Abs. 2 genannten Voraussetzungen - wie sich aus dem Wortlaut ergibt
- kumulativ vorliegen. Zwar ist § 17a Abs. 2 UStDV 1999 eine
Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der
in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig
zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete
Nachweis auch durch andere Belege erbracht werden kann (BFH-Urteil
vom 7.12.2006 V R 52/03, BFH/NV 2007, 634 = SIS 07 06 41). Für
die Annahme des FG, in Beförderungsfällen sei der
Nachweis nur durch die in Nr. 1 und Nr. 4 bezeichneten Belege zu
erfüllen, gibt es keinen Anhaltspunkt (Urteil in BFH/NV 2007,
634 = SIS 07 06 41).
c) Solange der Belegnachweis nicht
geführt ist, kann eine innergemeinschaftliche Lieferung
grundsätzlich nicht als steuerfrei behandelt werden
(Senatsurteile vom 30.3.2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl II
2006, 634 = SIS 06 24 58; vom 2.4.1997 V B 159/96, BFH/NV 1997, 629
= SIS 97 17 57).
Im Streitfall fehlt es aufgrund der
widersprüchlichen Feststellungen des FG an der
Bestätigung des Abnehmers über den Transport der in den
vom FG erwähnten Lieferscheinen genannten Lieferungen, denn
die bisher vorliegende, vom FG i.S. des § 118 Abs. 2 FGO
festgestellte Bestätigung vom 24.7.2001 bezieht sich nur auf
die dort genannten Lieferungen vom Dezember 2000. Der Senat kann
deshalb im Streitfall offenlassen, unter welchen Voraussetzungen
trotz - grundsätzlich möglicher (hierzu folgend unter 3.)
- nachträglicher Erfüllung der Voraussetzungen des §
17a Abs. 2 UStDV 1999 die Steuerbefreiung versagt werden kann,
obwohl zweifelsfrei feststeht, dass der Gegenstand in einen anderen
Mitgliedstaat gelangt ist (vgl. hierzu Schlussanträge der
Generalanwältin vom 11.1.2007 in der Rs. C-146/05, Albert
Collee, Rz 39 ff.).
3. Wegen der widersprüchlichen
Feststellungen des FG, die eine abschließende Entscheidung
des erkennenden Senats nicht erlauben, kann das angefochtene Urteil
keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen, damit das FG die fehlenden
Tatsachenfeststellungen nachholen kann.
Das FG wird dabei Folgendes zu
berücksichtigen haben:
a) Entgegen der Auffassung des FA scheidet die
Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung nicht schon
deshalb aus, weil die Klägerin die Versicherung des Abnehmers
nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Zeitpunkt der Abholung nicht
erbracht hat. Das Fehlen dieser Voraussetzung führt zwar
grundsätzlich zur Versagung der Steuerfreiheit nach § 6a
UStG 1999.
Hat ein Unternehmer aber
innergemeinschaftliche Lieferungen i.S. des § 6a Abs. 1 UStG
1999 zweifelsfrei tatsächlich ausgeführt, kann der nach
§ 17a UStDV 1999 erforderliche Belegnachweis bis zum Schluss
der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden
(BFH-Urteil in BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634 = SIS 06 24 58,
m.w.Nachw.; BFH-Beschluss vom 10.2.2005 V R 59/03, BFHE 208, 502,
BStBl II 2005, 537 = SIS 05 17 52, Vorlagebeschluss zur Rs.
C-146/05, Albert Collee; vgl. auch die Schlussanträge der
Generalanwältin vom 11.1.2007 in der Rs. C-146/05).
Das gilt auch für die Versicherung des
Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV 1999. Wenn der
Unternehmer die tatsächliche Durchführung der
innergemeinschaftlichen Lieferung nachgewiesen hat, kann er -
ungeachtet dessen, dass die Versicherung nach Nr. 4 bereits bei
Abholung schriftlich erklärt werden muss - die Abholung und
Verbringung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
nachträglich bestätigen.
Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich aus
dem Senatsurteil vom 15.7.2004 V R 1/04 (BFH/NV 2005, 81 = SIS 05 04 39) nichts anderes, denn dort ging es allein um die Frage, ob
der Unternehmer sich auf § 6a Abs. 4 UStG 1999 berufen kann,
wenn Zweifel daran bestehen, ob ein Gegenstand tatsächlich
über die Grenze in einen anderen Mitgliedstaat gelangt ist.
Für diesen Fall hat der Senat entschieden, dass die Frage, ob
der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angabe des Abnehmers auch bei
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, sich
erst dann stellt, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten
nach §§ 17a ff. UStDV 1999 vollständig nachgekommen
ist (zu den hohen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des
Lieferers in Abholfällen vgl. Schlussanträge der
Generalanwältin vom 11.1.2007 in der Rs. C-409/04, Teleos plc
u.a., Rz 75 ff.).
b) Wie unter 1. c, bb ausgeführt, kann
der Nachweis des Bestimmungsortes auch durch andere Belege erbracht
werden; im Urteil in BFH/NV 2007, 634 = SIS 07 06 41 hat der
erkennende Senat z.B. die Würdigung des FG, dass dieser
Nachweis durch die auf den Rechnungen ausgewiesene zutreffende
Anschrift des Leistungsempfängers erbracht sei, nicht
beanstandet.
c) Die Ausstellung einer Rechnung, die den
Anforderungen des § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 genügt,
also - anders als zunächst im Streitfall - einen Hinweis auf
die Steuerfreiheit der Lieferung nach § 6a UStG 1999
enthält, ist nach dem Wortlaut des § 17a Abs. 2 UStDV
1999 („soll“) keine zwingende Voraussetzung
für die Steuerfreiheit der Lieferung nach § 6a UStG 1999
(BFH-Urteil in BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634 = SIS 06 24 58).