Umzug in DBA-Ausland, vorweggenommene Werbungskosten: 1. Vorab entstandene Werbungskosten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten nichtselbständigen Tätigkeit im Ausland sind nicht in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einzubeziehen, wenn die Einkünfte aus der beabsichtigten Tätigkeit nicht der deutschen Besteuerung unterliegen. Sie sind jedoch in einem solchen Fall bei der Bemessung des anzuwendenden Steuersatzes zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt), wenn dies nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen wird (Bestätigung der Senatsurteile vom 6.10.1993 I R 32/93, BFHE 172 S. 385, BStBl 1994 II S. 113 = SIS 94 13 49; vom 19.12.2001 I R 63/00, BFHE 197 S. 495, BStBl 2003 II S. 302 = SIS 02 05 75; vom 15.5.2002 I R 40/01, BFHE 199 S. 224, BStBl 2002 II S. 660 = SIS 02 85 74). - 2. Die Höhe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ist nach deutschem Recht zu ermitteln. Dabei sind die dort vorgesehenen Abzugsbeschränkungen zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur für Beschränkungen, die sich daraus ergeben, dass die betreffenden Einkünfte nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen bzw. abkommensrechtlich steuerbefreit sind. - 3. Ein Zusammenhang mit nach deutschem Recht steuerfreien Einnahmen hindert den Werbungskostenabzug auch dann, wenn die betreffenden Aufwendungen mit erst in Zukunft zu erwartenden Einnahmen zusammenhängen. - Urt.; BFH 20.9.2006, I R 59/05; SIS 07 03 14
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob und ggf. in welchem Umfang Aufwendungen für einen Umzug der
Kläger und Revisionskläger (Kläger) nach Australien
als Werbungskosten bei den inländischen Einkünften des
Klägers zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die im
Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie
wohnten im Streitjahr zunächst im Inland. Der Kläger
erzielte hier Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im
November 1999 verzogen die Kläger nach Australien, wo der
Kläger anschließend für einen australischen
Arbeitgeber tätig war. Dieser hat ihm im Folgejahr
Umzugskosten in Höhe von 5.878 DM steuerfrei
erstattet.
In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machten die Kläger bei den
inländischen Einkünften des Klägers u.a.
Aufwendungen für den Umzug nach Australien in Höhe von
46.386,87 DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) rechnete die Aufwendungen
dagegen den nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu
berücksichtigenden ausländischen Einkünften des
Klägers zu. Zudem erhöhte er diese Einkünfte um die
vom Kläger vereinnahmte Umzugskostenerstattung, so dass er
insoweit - neben weiteren ausländischen Einkünften - nur
einen Betrag von ./. 40.509 DM und diesen nur bei der Bemessung des
Steuersatzes berücksichtigte. Auf dieser Basis erließ
das FA einen Steuerbescheid.
In dem anschließenden
Einspruchsverfahren schränkten die Kläger ihr Begehren
dahin ein, dass sie den inländischen Einkünften nur
denjenigen Teil der Umzugskosten zuordneten, die vor dem Umzug
entstanden waren (15.671 DM). Zusätzlich begehrten sie den
Ansatz einer Umzugskostenpauschale von 2.018 DM. Das FA vertrat
demgegenüber nunmehr die Ansicht, dass sämtliche
genannten Aufwendungen bei der deutschen Besteuerung nicht
berücksichtigt werden könnten, da die in Australien
erzielten Einkünfte des Klägers nicht dem
Progressionsvorbehalt unterlägen. Diese Auffassung gab es
während des sich anschließenden Klageverfahrens auf; es
erließ einen Änderungsbescheid, in dem ein geltend
gemachter Ausstattungsbeitrag (10.952 DM) und Aufwendungen für
die Anmietung von Möbeln (2.099 DM) außer Ansatz
blieben, die verbleibenden Aufwendungen um die
Umzugskostenerstattung gekürzt wurden und der so errechnete
Betrag bei der Bemessung des Steuersatzes berücksichtigt
wurde. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage hat das
Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom
10.11.2004 1 K 377/01 abgewiesen. Das Urteil ist in EFG 2005, 1925
= SIS 05 34 95 abgedruckt.
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen, das
Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Bescheid in der
Weise zu ändern, dass die vor dem 29.11.1999 entstandenen
Umzugskosten mindernd in die Bemessungsgrundlage der
Einkommensteuer einbezogen werden und bei der Bemessung des
Steuersatzes die nach dem 29.11.1999 angefallenen Aufwendungen
für die Anmietung von Möbeln mindernd berücksichtigt
werden sowie ferner die im Jahr 2000 erfolgte
Umzugskostenerstattung außer Ansatz bleibt.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dieses
hat zwar dem Antrag der Kläger, die Bemessungsgrundlage der
festzusetzenden Steuer um einen Teil der Aufwendungen für den
Umzug nach Australien zu vermindern, zu Recht nicht entsprochen.
Seine Feststellungen lassen aber keine abschließende
Beantwortung der Frage zu, welchem Steuersatz das zu versteuernde
Einkommen der Kläger unterliegt.
1. Die Kläger waren im Streitjahr
zumindest bis zu ihrem Umzug nach Australien in Deutschland
unbeschränkt steuerpflichtig. Ob sie während ihres
Aufenthalts in Australien einen Wohnsitz im Inland beibehalten
haben und deshalb gemäß § 1 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) weiterhin unbeschränkt
steuerpflichtig waren, hat das FG nicht festgestellt.
2. Während der Zeit ihrer
unbeschränkten Steuerpflicht unterlagen die Kläger mit
ihren Welteinkünften der deutschen Einkommensteuer. Die
Ermittlung dieser Einkünfte richtet sich, soweit es sich um
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt, nach
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997. Danach sind die im Streitjahr
abgeflossenen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997) Werbungskosten
steuermindernd zu berücksichtigen. Zu den Werbungskosten
zählen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) u.a. beruflich veranlasste Umzugskosten (z.B. BFH-Urteil vom
6.11.1986 VI R 135/85, BFHE 148, 283, BStBl II 1987, 188 = SIS 87 07 45).
3. Nach Art. 22 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 des
Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
Australischen Bund zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur
Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen sowie bei einigen anderen Steuern
vom 24.11.1972 - DBA-Australien - (BGBl II 1974, 338) werden jedoch
- mit einer hier nicht einschlägigen Ausnahme - bei einer in
Deutschland ansässigen Person diejenigen Einkünfte aus
Quellen innerhalb Australiens von der Bemessungsgrundlage der
deutschen Steuer ausgenommen, die nach dem Abkommen in Australien
besteuert werden können. Diese Vorschrift gilt nicht nur
für positive, sondern auch für negative Einkünfte
und damit im Hinblick auf Werbungskosten; die Rechtsprechung des
Senats zu vergleichbaren Regelungen in anderen
Doppelbesteuerungsabkommen (z.B. Urteil vom 6.10.1993 I R 32/93,
BFHE 172, 385, BStBl II 1994, 113 = SIS 94 13 49 betreffend
Südafrika; Beschlüsse vom 13.11.2002 I R 13/02, BFHE 201,
73, BStBl II 2003, 795 = SIS 03 19 24 betreffend Frankreich; vom
28.6.2006 I R 84/04, BFH/NV 2006, 2366 = SIS 06 41 13; vom
22.8.2006 I R 116/04, BFH/NV 2006, 2369 = SIS 06 41 12) lässt
sich auf das DBA-Australien übertragen. „Aus Quellen
innerhalb Australiens“ im Sinne der genannten Regelung
stammen alle diejenigen Einkünfte, die nach Maßgabe der
Art. 6 bis 8 und 10 bis 16 DBA-Australien in Australien besteuert
werden können (Nr. 10 Buchst. a des Protokolls zum
DBA-Australien; vgl. dazu auch Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer,
Doppelbesteuerung, Art. 23A MA Rz. 43; Rosenthal in Debatin/
Wassermeyer, a.a.O., Australien Art. 22 Rz. 57); das gilt u.a.
für Einkünfte einer in Australien ansässigen Person
aus einer dort ausgeübten nichtselbständigen
Tätigkeit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Australien).
Vor diesem abkommensrechtlichen Hintergrund
gehen Werbungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen
Einkommensteuer ein, wenn sie wirtschaftlich mit Einkünften
zusammenhängen, die im Anschluss an einen Umzug nach
Australien aus einer dort ausgeübten nichtselbständigen
Tätigkeit erzielt werden sollen; auch insoweit gilt die
Rechtsprechung des Senats zum Doppelbesteuerungsabkommen mit
Südafrika (BFH-Urteil in BFHE 172, 385, BStBl II 1994, 113 =
SIS 94 13 49) für das DBA-Australien sinngemäß. Die
Überlegungen der Kläger geben keine Veranlassung, von
dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Das gilt namentlich insoweit, als die
Kläger geltend machen, dass die Abziehbarkeit von
Werbungskosten vorrangig nach Maßgabe des § 11 Abs. 2
Satz 1 EStG 1997 zu beurteilen sei, da das in dieser Vorschrift
verankerte Abflussprinzip dem Veranlassungsprinzip im Rang vorgehe.
Die Frage nach dem systematischen Verhältnis zwischen den
beiden genannten Prinzipien stellt sich im Streitfall schon deshalb
nicht, weil § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997 zu der hier
interessierenden Problematik keine Aussage enthält: Die
Vorschrift regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen welche
Aufwendungen mit welchen Einkünften zusammenhängen und
was daraus für deren Abziehbarkeit folgt; sie betrifft
vielmehr allein die zeitliche Dimension eines - von ihr
vorgegebenen - dem Grunde nach zulässigen Abzugs (Senatsurteil
vom 17.4.1996 I R 78/95, BFHE 180, 559, 561, BStBl II 1996, 571,
572 = SIS 96 22 95; Seiler in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 11
Rn. 1; Schiffers in Korn, Einkommensteuergesetz, § 11 Rz. 1,
m.w.N.). Deshalb kann aus ihr nicht abgeleitet werden, dass die
hier zu beurteilenden Aufwendungen schon deshalb nicht dem
Anwendungsbereich des Art. 22 Abs. 2 Buchst. a Satz 1
DBA-Australien unterfallen, weil die Kläger im Zeitpunkt des
Abflusses noch im Inland ansässig waren. Für die
Anwendung jener Vorschrift ist vielmehr entscheidend, dass der mit
den Aufwendungen finanzierte Umzug dem Kläger eine
Tätigkeit in Australien ermöglichen sollte, deren
Erträge abkommensrechtlich nur in Australien besteuert werden
durften. Der dadurch bestimmte Zusammenhang mit Einkünften,
die nicht der deutschen Besteuerung unterliegen, schließt die
Einbeziehung der Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage der
deutschen Einkommensteuer aus.
4. Zu einer abweichenden Beurteilung
führt nicht der Vortrag der Kläger, der Aufenthalt in
Australien sei von vornherein zeitlich begrenzt gewesen und habe
dazu gedient, die weitere Karriere des Klägers bei seinem
deutschen Arbeitgeber zu fördern. Selbst wenn dies zutreffen
sollte, wird hierdurch der Veranlassungszusammenhang der streitigen
Aufwendungen mit den in Australien zu besteuernden Einkünften
nicht erschüttert. Denn die Aufwendungen dienten zunächst
einmal dazu, dem Kläger die Tätigkeit in Australien zu
ermöglichen. Hierdurch wird ein unmittelbarer
Veranlassungszusammenhang mit den in Australien erzielten
Einkünften begründet. Demgegenüber besteht zu
denjenigen Einkünften, die der Kläger im Anschluss an
seine Rückkehr in Deutschland erzielen wollte, allenfalls ein
mittelbarer und entfernter Zusammenhang. Dieser muss bei der
abkommensrechtlichen Zuordnung der Aufwendungen zurücktreten;
das gilt unabhängig davon, ob - wie das FG angenommen hat -
der Kläger die Tätigkeit in Australien „als
Bereicherung in seinem Berufsleben empfunden hat“.
Vor diesem Hintergrund ist auch die
Rechtsprechung, nach der Werbungskosten unter bestimmten
Voraussetzungen anteilig einem steuerpflichtigen und einem
steuerfreien Teil der Einkünfte zugeordnet werden können
(z.B. BFH-Urteil vom 26.3.2002 VI R 26/00, BFHE 198, 545, BStBl II
2002, 823 = SIS 02 10 50), im Streitfall nicht einschlägig.
Sie betrifft Fallgestaltungen, in denen ein und dieselbe
Tätigkeit unmittelbar sowohl zu steuerpflichtigen als auch zu
steuerfreien Einnahmen führt und im Zusammenhang mit dieser
Tätigkeit Werbungskosten entstehen, die sich nicht eindeutig
einem dieser Bereiche zuordnen lassen. Um einen solchen Sachverhalt
geht es hier nicht. Die Tätigkeit des Klägers in
Australien und seine anschließende Tätigkeit in
Deutschland waren vielmehr zeitlich hintereinander geschaltet, und
mit dem ersten Abschnitt standen die streitigen Aufwendungen in
einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. dazu auch BFH-Urteil in
BFHE 198, 545, 552, BStBl II 2002, 823, 826 = SIS 02 10 50),
während sie mit dem zweiten allenfalls im Sinne einer
„Fernwirkung“ verbunden waren. Unter diesen
Umständen kommt eine Aufteilung nicht in Betracht (BFH-Urteil
vom 24.4.1992 VI R 141/89, BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666 = SIS 92 15 35).
5. Im Streitfall ist unbeachtlich, ob - wie
die Kläger vortragen - nach dem Steuerrecht Australiens
Aufwendungen nur dann steuermindernd berücksichtigt werden
können, wenn sie während der Anwesenheit des
Steuerpflichtigen in Australien angefallen sind. Denn es geht hier
allein um die Auslegung des DBA-Australien, und diese ist
grundsätzlich von jedem der Vertragsstaaten autonom und nach
den in seinem Recht geltenden Prinzipien vorzunehmen (Art. 3 Abs. 2
DBA-Australien; vgl. auch Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer,
a.a.O., Art. 3 MA Rz. 71a). Eine Berücksichtigung der internen
Vorschriften des jeweils anderen Vertragsstaats käme nur dann
in Betracht, wenn die auszulegende abkommensrechtliche Regelung
speziell auf Besonderheiten jenes Rechts abgestimmt wäre oder
wenn eine bestimmte Auslegung im Lichte des Steuerrechts beider
Vertragsstaaten zu offenkundig interessewidrigen Ergebnissen
führen würde (vgl. dazu Senatsurteil vom 11.10.2000 I R
44-51/99, BFHE 193, 343, 347, BStBl II 2002, 271, 273 = SIS 01 06 06). Beides ist hier nicht der Fall. Wenn die streitigen
Aufwendungen im Ergebnis weder in Deutschland noch in Australien in
die Bemessungsgrundlage der Ertragsteuer einbezogen worden sind, so
beruht dies vielmehr allein darauf, dass das australische Recht den
Abzug vorweggenommener Werbungskosten anders als das deutsche Recht
regelt. Eine hierdurch begründete Doppelbesteuerung kann nur
im Wege eines Verständigungsverfahrens (Art. 23
DBA-Australien) beseitigt werden, nicht aber dazu führen, dass
im Rahmen der Abkommensauslegung die der Sache nach zu den
australischen Einkünften gehörenden Werbungskosten den
deutschen Einkünften zugeschlagen werden.
6. Das FG hat hiernach die Umzugskosten der
Kläger auch insoweit, als sie vor deren Ausreise nach
Australien angefallen sind, zu Recht nicht in die
Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einbezogen. Es hat ferner
zutreffend erkannt, dass die umzugsbedingten Aufwendungen bei der
Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes zu berücksichtigen
sind (§ 32b EStG 1997). Jedoch besteht angesichts des von ihm
festgestellten Sachverhalts die Möglichkeit, dass das FG die
Höhe der in dieser Weise zu berücksichtigenden
Aufwendungen unrichtig bestimmt hat.
a) Nach § 32b Abs. 1 EStG 1997 ist in den
dort genannten Fällen auf das zu versteuernde Einkommen eines
unbeschränkt Steuerpflichtigen ein besonderer Steuersatz
anzuwenden. Dieser Steuersatz bemisst sich nach demjenigen zu
versteuernden Einkommen, das sich ergibt, wenn das tatsächlich
zu versteuernde Einkommen um bestimmte Beträge vermehrt oder
vermindert wird (§ 32b Abs. 2 EStG 1997). Zu jenen
Beträgen zählen u.a. ausländische Einkünfte,
die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen bei der Berechnung der
Einkommensteuer steuerfrei sind (§ 32b Abs. 2 Nr. 2 i.V.m.
Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997). Daraus folgt nach der Rechtsprechung des
Senats, dass (vorab entstandene) Werbungskosten im Zusammenhang mit
einer beabsichtigten nichtselbständigen Tätigkeit im
Ausland auch dann den anzuwendenden Steuersatz mindern, wenn
künftig die inländische Steuerpflicht entfällt
(Senatsurteil in BFHE 172, 385, BStBl II 1994, 113 = SIS 94 13 49).
Daran hält der Senat fest.
b) Im Streitfall sind bei der Anwendung des
§ 32b EStG 1997 („Progressionsvorbehalt“)
zum einen alle umzugsbedingten Aufwendungen des Klägers zu
erfassen, die vor dessen Wegzug nach Australien angefallen sind.
Dasselbe gilt zum anderen für diejenigen Aufwendungen, die im
weiteren Verlauf des Streitjahres beim Kläger abgeflossen
(§ 11 Abs. 2 EStG 1997) sind. Schließlich sind, falls
der Kläger im Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit in
Australien noch im Streitjahr weitere Aufwendungen getätigt
oder Einnahmen erzielt haben sollte, diese ebenfalls bei der
Bestimmung des Steuersatzes zu berücksichtigen. All das gilt
unabhängig davon, ob der Kläger im Anschluss an seinen
Wegzug weiterhin im Inland unbeschränkt steuerpflichtig war
oder nicht.
Denn die vor dem Wegzug abgeflossenen
umzugsbedingten Aufwendungen sind jedenfalls während der
unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers entstanden; sie
unterfallen deshalb § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997. Dasselbe
gilt für die nach dem Wegzug erzielten Einkünfte, falls
der Kläger einen Wohnsitz im Inland beibehalten hat und
deshalb seine unbeschränkte Steuerpflicht fortbestand. Sofern
diese mit dem Wegzug des Klägers entfallen sein sollte, werden
dessen während des Streitjahres in Australien erzielte
Einkünfte demgegenüber von § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG
1997 (nicht der Einkommensteuer unterliegende ausländische
Einkünfte eines zeitweise unbeschränkt Steuerpflichtigen)
erfasst; die genannte Regelung greift u.a. dann ein, wenn eine
zunächst unbeschränkt steuerpflichtige Person ohne
Beibehaltung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen
Aufenthalts im Inland ins Ausland verzieht (Senatsurteile vom
19.12.2001 I R 63/00, BFHE 197, 495, BStBl II 2003, 302 = SIS 02 05 75; vom 15.5.2002 I R 40/01, BFHE 199, 224, BStBl II 2002, 660 =
SIS 02 85 74). Anders wäre die Rechtslage nur dann, wenn das
DBA-Australien für die hier in Rede stehende Situation die
Anwendung des Progressionsvorbehalts verbieten würde; eine
solche Regelung enthält dieses Abkommen aber nicht.
c) Die dem Progressionsvorbehalt
unterliegenden Einkünfte sind nach den Vorschriften des
deutschen Rechts zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 17.12.2003 I R
75/03, BFHE 204, 481, BStBl II 2005, 96 = SIS 04 10 83). Das gilt
sowohl für die Einnahmen als auch für die abziehbaren
Aufwendungen. Vor diesem Hintergrund bedarf es im Streitfall zur
Bestimmung des maßgeblichen Steuersatzes weiterer
tatsächlicher Feststellungen.
aa) Das FG ist allerdings zu Recht davon
ausgegangen, dass der von den Klägern ursprünglich
geltend gemachte „Ausstattungsbeitrag“
unberücksichtigt bleiben muss. Denn diese Position betrifft
die Ausstattung der privaten Wohnung der Kläger in Australien,
und solche Aufwendungen schließt § 12 Nr. 1 EStG 1997
auch bei einem beruflich veranlassten Umzug vom Werbungskostenabzug
aus (BFH-Urteile in BFHE 148, 283, BStBl II 1987, 188 = SIS 87 07 45; vom 17.12.2002 VI R 188/98, BFHE 201, 208, BStBl II 2003, 314 =
SIS 03 11 36, m.w.N.). Insoweit greift die Revision das
angefochtene Urteil denn auch nicht an.
bb) Dagegen kann der Ansicht des FG, dass
dasselbe für die Aufwendungen der Kläger für die
Anmietung von Möbeln in Australien gelte, nicht ohne weiteres
beigepflichtet werden. Die steuerrechtliche Beurteilung dieses
Vorgangs hängt vielmehr von dessen wirtschaftlichem
Hintergrund ab, zu dem es an ausreichenden Feststellungen
fehlt.
Der Senat geht zwar davon aus, dass die
Kläger private Möbel aus Deutschland nach Australien
haben versenden lassen und ihre in Australien bezogene Wohnung mit
diesen Möbeln eingerichtet haben. Das FG hat aber nicht
festgestellt, ob es sich bei den in Australien angemieteten
Möbeln um auf Dauer genutzte zusätzliche
Einrichtungsgegenstände handelte oder ob diese nur in der Zeit
bis zum Eintreffen der eigenen Möbel der Kläger verwendet
wurden. Im erstgenannten Fall wären die Mietaufwendungen als
Kosten der privaten Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1
EStG 1997 anzusehen. Falls die Anmietung aber ausschließlich
dazu gedient haben sollte, die Zeit bis zum Eintreffen der
importierten eigenen Möbel zu überbrücken, handelt
es sich bei den Mietzahlungen um einen ganz überwiegend
beruflich bedingten Zusatzaufwand. Denn dann sind diese
Aufwendungen vor allem deshalb erstanden, weil die Kläger
wegen des beruflich bedingten Umzugs nicht in der Lage waren, ihre
eigenen Möbel zu benutzen. Ein solcher zusätzlicher,
eindeutig von den allgemeinen Kosten der Wohnung abgrenzbarer
Aufwand wird von § 12 Nr. 1 EStG 1997 nicht erfasst
(Senatsurteil vom 1.12.1993 I R 61/93, BFHE 173, 124, BStBl II
1994, 323 = SIS 94 07 14; BFH-Beschluss vom 26.5.2003 VI B 13/03,
BFH/NV 2003, 1182 = SIS 03 37 13, m.w.N.; s. auch BFH-Urteil vom
21.9.2000 IV R 78/99, BFHE 193, 315, BStBl II 2001, 70 = SIS 01 03 19). Deshalb könnten in einem solchen Fall die Mietkosten,
soweit sie im Streitjahr abgeflossen sind, ggf. im Rahmen des
§ 32b EStG 1997 berücksichtigt werden.
d) Zu Unrecht beanstanden die Kläger
hingegen, dass das FG bei der Ermittlung des Steuersatzeinkommens
die berücksichtigungsfähigen Umzugskosten um die vom
Kläger vereinnahmte Umzugskostenerstattung vermindert hat.
aa) Da die Ermittlung der dem
Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte nach
Maßgabe des deutschen Rechts erfolgt, sind bei der Anwendung
des § 32b Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG 1997 die allgemein
geltenden Abzugsbeschränkungen grundsätzlich zu
berücksichtigen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur
hinsichtlich derjenigen Beschränkungen, die sich daraus
ergeben, dass die betreffenden Einkünfte nicht der
Einkommensteuer unterliegen bzw. abkommensrechtlich steuerbefreit
sind; insoweit ist bei der Bemessung der Steuersatzeinkünfte
gleichsam deren Steuerpflicht zu unterstellen (Senatsurteil in BFHE
172, 385, 387, BStBl II 1994, 113, 114 = SIS 94 13 49). Abgesehen
davon sind jedoch speziell alle Vorschriften, die den Abzug von
Werbungskosten begrenzen, in diesem Zusammenhang in derselben Weise
anzuwenden wie bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage für
das steuerpflichtige Einkommen. Das gilt namentlich für die
Regelungen in § 3c EStG 1997.
bb) Nach der im Streitfall maßgeblichen
Fassung dieser Norm (heute: § 3c Abs. 1 EStG) dürfen
Ausgaben nicht als Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie mit
steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Zu den
steuerfreien Einnahmen in diesem Sinne zählen u.a. die in
§ 3 Nr. 16 EStG 1997 genannten Umzugskostenerstattungen. Eine
solche hat der Kläger nach den Feststellungen des FG im
Streitfall erhalten.
cc) Die Erstattungsleistung ist dem
Kläger zwar nicht im Streitjahr, sondern erst im Folgejahr
zugeflossen. Das schließt jedoch ihre Berücksichtigung
nicht aus. Denn § 3c EStG 1997 verlangt nicht, dass die
steuerfreien Einnahmen bereits zugeflossen sind oder gleichzeitig
mit der Entstehung der zu beurteilenden Aufwendungen
zufließen. Er greift vielmehr gleichermaßen ein, wenn
die Aufwendungen mit in Zukunft zu erwartenden steuerfreien
Einnahmen zusammenhängen. Deshalb hindert die Vorschrift den
Werbungskostenabzug auch dann, wenn die betreffenden Einnahmen
nicht in demselben Veranlagungszeitraum wie die Aufwendungen
entstehen, sondern erst in einem späteren Veranlagungszeitraum
zufließen oder zu erwarten sind (BFH-Urteil vom 28.4.1983 IV
R 122/79, BFHE 138, 366, BStBl II 1983, 566 = SIS 83 14 11; FG
Köln, Urteil vom 1.9.1999 7 K 2838/98, EFG 1999, 1286,
m.w.N.). Diese Situation liegt, bezogen auf die vom Kläger
vereinnahmte Umzugskostenerstattung, im Streitfall vor.
dd) Die hiernach gebotene
Berücksichtigung der Erstattungsleistung verstößt
nicht, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung
geltend gemacht haben, gegen das Gebot der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das Prinzip der
Abschnittsbesteuerung. Es trifft zwar zu, dass die in Rede
stehenden Kosten die Leistungsfähigkeit der Kläger im
Streitjahr gemindert haben, während die Kostenerstattung die
Leistungsfähigkeit erst im Folgejahr erhöht hat. Darauf
stellt § 3c EStG 1997 (heute: § 3c Abs. 1 EStG) aber
nicht ab. Die Vorschrift dient vielmehr der Umsetzung des
Belastungsprinzips (v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, § 3c Rdnr. A 10), beruht also auf dem Gedanken, dass
durch steuerfreie Einnahmen ausgeglichener Aufwand nicht zu einer
endgültigen Belastung führt und deshalb von vornherein
nicht steuermindernd berücksichtigt werden soll. Ihr Wortlaut
enthält keinen Hinweis darauf, dass sie diesem Prinzip nur
dort Geltung verschaffen will, wo die Entlastung spätestens in
demselben Veranlagungszeitraum eintritt wie die ihr gegenüber
stehende Belastung. Zudem würde ein solches Verständnis
der Vorschrift dazu führen, dass die darin angeordnete
Einschränkung des Aufwandsabzugs namentlich in
Wegzugsfällen häufig faktisch leer liefe. Angesichts
dessen ist davon auszugehen, dass im Anwendungsbereich des §
3c EStG 1997 (§ 3c Abs. 1 EStG) das Prinzip der
Abschnittsbesteuerung durch das Belastungsprinzip verdrängt
wird. Es kommt mithin in diesem Zusammenhang auf die
endgültige Gesamtbelastung an, und eine solche besteht auch
dann nicht, wenn in einem Veranlagungszeitraum angefallener Aufwand
erst in einem späteren Veranlagungszeitraum durch steuerfreie
Einnahmen ausgeglichen wird.
ee) Die Rechtsprechung des Senats zum Abzug
von Aufwendungen, die mit abkommensrechtlich steuerbefreiten
Schachteldividenden zusammenhängen (z.B. Senatsurteile vom
29.5.1996 I R 167/94, BFHE 180, 415, BStBl II 1997, 60 = SIS 96 15 46; vom 29.5.1996 I R 21/95, BFHE 180, 422, BStBl II 1997, 63 = SIS 96 15 44; vom 7.9.2005 I R 118/04, BFHE 211, 164 = SIS 05 48 99),
ist im Streitfall nicht einschlägig. Sie betrifft den Abzug
von Aufwendungen für den Erwerb von Anteilen an einer
ausländischen Kapitalgesellschaft, deren Dividenden nach einem
Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Besteuerung
freigestellt sind. Dazu besagt sie, dass § 3c EStG den
Aufwandsabzug nur insoweit ausschließt, als dem
inländischen Anteilseigner in dem betreffenden
Veranlagungszeitraum tatsächlich steuerbefreite Dividenden
zugeflossen sind. Nur insoweit liege der von § 3c EStG
geforderte „unmittelbare“ Zusammenhang zwischen
Aufwendungen und steuerfreien Einnahmen vor. Diese speziell
für Schachtelbeteiligungen geltende Beurteilung lässt
sich aber nicht in dem Sinne verallgemeinern, dass in
künftigen Veranlagungszeiträumen zufließende
steuerfreie Einnahmen bei der Anwendung des § 3c EStG generell
außer Betracht bleiben müssten. Sie beruht nämlich
im Kern auf dem Gedanken, dass bei Schachtelbeteiligungen der
Aufwand immer sowohl mit (steuerfreien) Dividenden als auch mit
(steuerpflichtigen) Veräußerungsgewinnen
zusammenhängt und dass zudem die Nichtabziehbarkeit der
Aufwendungen den wirtschaftspolitischen Zielsetzungen des
Gesetzgebers zuwiderliefe (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 180, 415,
420 f., BStBl II 1997, 60, 62 f. = SIS 96 15 46). Diese
Überlegungen lassen sich auf die hier zu beurteilende
Problematik nicht übertragen. Daher erweist sich das
angefochtene Urteil in diesem Punkt als zutreffend.
e) Schließlich wird im zweiten
Rechtsgang zu ermitteln sein, ob die Kläger in der Zeit von
ihrem Wegzug bis zum Ende des Streitjahres weitere (positive oder
negative) Einkünfte erzielt haben, die bei der Bemessung des
Steuersatzes berücksichtigt werden müssen. Dabei ist zu
beachten, dass im Rahmen des § 32b EStG 1997
grundsätzlich das in § 11 EStG 1997 verankerte Zufluss-
und Abflussprinzip gilt (Seiler in Kirchhof, a.a.O., § 11 Rn.
7).