Milchabgabe, Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht: 1. Art. 1 Abs. 1 VO Nr. 1788/2003 ist die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Erhebung einer Abgabe für vermarktete Mengen von Kuhmilch oder anderen Milcherzeugnissen, die die einzelstaatliche Referenzmenge überschreiten. - 2. Die nationale Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Milchabgabe ist § 19 MilchAbgV. Diese Vorschrift findet eine ausreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage in § 12 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 MOG. Die fehlende Bezeichnung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlage in der Rechtsverordnung stellt keinen Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG dar. - 3. Ernstliche Zweifel, dass § 19 MilchAbgV mit höherrangigem Recht vereinbar ist, werden weder dadurch begründet, dass die VO Nr. 1788/2003 den Mitgliedstaaten bezüglich der Saldierung mit ungenutzten Teilen der einzelstaatlichen Referenzmenge Spielräume belässt, noch dadurch, dass den Mitgliedstaaten die Einführung eines neuen Systems für die Übertragung von Referenzmengen eröffnet worden ist. - Urt.; BFH 28.11.2006, VII B 54/06; SIS 07 00 41
I. Der Antragsteller und
Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Milcherzeuger und
beliefert eine Molkerei. Im Zwölf-Monats-Zeitraum 2004/2005
überlieferte er die ihm zugeteilte Anlieferungs-Referenzmenge.
Gegen die entsprechende Abgabeanmeldung durch die Molkerei erhob er
Einspruch, über den der Antragsgegner und Beschwerdegegner
(das Hauptzollamt - HZA - ) noch nicht entschieden hat; den daneben
gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das
HZA ab.
Den daraufhin beim Finanzgericht (FG)
gestellten Antrag auf AdV, den der Antragsteller auf
gemeinschaftsrechtliche und verfassungsrechtliche Mängel des
Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen
(MOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.9.1995 (BGBl I 1995,
1146) und der Verordnung zur Durchführung der
EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung - MilchAbgV - ) vom
9.8.2004 (BGBl I 2004, 2143) stützt, lehnte das FG ebenfalls
ab. Das FG entschied, dass ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abgabenfestsetzung
nicht bestünden; diese sei mit den Vorschriften der
Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung - ZusAbgV - ) vom
12.1.2000 (BGBl I 2000, 27) sowie der MilchAbgV vereinbar und finde
ihre Rechtsgrundlage in § 19 MilchAbgV. Die MilchAbgV
verstoße nicht gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz
3 des Grundgesetzes (GG) und finde in § 12 Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 1 Abs. 2 MOG eine ausreichend bestimmte
Ermächtigungsgrundlage. Auch sei dem Verordnungsgeber nicht in
verfassungsrechtlich unzulässiger Weise die Entscheidung
übertragen worden, ob überhaupt und unter welchen
Bedingungen eine Abgabe erhoben und wie diese berechnet werde.
Daran ändere auch der Umstand nichts, dass - wie der
Antragsteller meine - aufgrund der in den gemeinschaftsrechtlichen
Vorschriften eingeräumten Ermächtigung ein
Paradigmenwechsel insoweit eingetreten sei, dass das vorherige
Übertragungssystem durch ein anderes ersetzt worden sei, denn
die vorgetragenen damit zusammenhängenden
verfassungsrechtlichen Bedenken beträfen nur die
Einführung des neuen Übertragungssystems, deren
Regelungen vorliegend nicht streitentscheidend seien.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der
Antragsteller sein auf AdV der Abgabenfestsetzung gerichtetes
Begehren weiter. Sowohl § 12 MOG als auch § 2 MilchAbgV
seien nicht ausreichend bestimmt; die Bezugnahme auf das
Gemeinschaftsrecht reiche insoweit nicht. Das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe die Ansicht vertreten, dass
der durch die im Streitfall maßgeblichen
gemeinschaftsrechtlichen Verordnungen eingetretene
Paradigmenwechsel durch eine grundsätzliche Entscheidung des
nationalen Gesetzgebers hätte nachvollzogen werden
müssen. Die Ansicht des FG, dass sich die Einführung des
Übertragungssystems für Referenzmengen auf die
Abgabenerhebung nicht auswirke, sei unzutreffend, denn es bestehe
ein enger Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit der Quote und
Höhe der Abgabe. Die nach Ansicht des BVerwG nicht
verfassungsgemäße Einführung des Börsensystems
habe neben der Erhöhung der Quotenpreise bei gleichzeitigem
Sinken der Milchpreise dazu geführt, dass es den
Milcherzeugern erheblich erschwert werde, Quoten zu erwerben und
wachstumsorientiert zu wirtschaften, so dass sie darauf angewiesen
seien, ihre Quoten zu überliefern. Das Börsensystem habe
das Risiko, am Ende des Milchwirtschaftsjahres mit einer Abgabe
belastet zu werden, deutlich erhöht. Die einzige
Möglichkeit, die Überlieferung zu vermeiden, liege in der
Stilllegung des Betriebs, was aber bei einem spezialisierten
Milchviehbetrieb mangels anderer Geschäftsfelder nicht
möglich sei. Wegen der somit bestehenden Wechselwirkung
zwischen dem Börsensystem und der Höhe der
Abgabenbelastung betreffe die vom BVerwG festgestellte
Verfassungswidrigkeit des § 8 MOG auch die
Verordnungsermächtigung des § 12 MOG.
Jedenfalls sei mit dem Erlass der
Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom
29.9.2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor
(Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - Nr. L 270/123) ein
eigenständiger Paradigmenwechsel eingetreten, den der
nationale Gesetzgeber nicht hätte ignorieren dürfen. Die
Entscheidung über die durch das Gemeinschaftsrecht den
Mitgliedstaaten bei der Abgabenerhebung eingeräumten
Spielräume sei nicht vom Gesetzgeber getroffen worden.
Des Weiteren entspreche die Erhebung der
Milchabgabe auch nicht den für Sonderabgaben nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) geltenden
Anforderungen. Die Auffassung des FG, dass diese Anforderungen
nicht auf die Milchabgabe anwendbar seien, treffe nicht zu. Die
nationalrechtliche Einführung des Börsensystems sowie die
nationalrechtliche Entkoppelung der Milchprämie von der Quote
bildeten außerdem aus abgabenrechtlicher Sicht einen
eigenständigen nationalen Faktor, da durch diese nationalen
Vorschriften das Abgabenrisiko des Milcherzeugers in
beträchtlichem Maße erhöht werde. Eine Prüfung
dieses nationalen Faktors auf seine Vereinbarkeit mit den
Grundrechten führe zu dem Ergebnis, dass der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verletzt sei, denn die
Milchabgabe entfalte im Zusammenhang mit den nationalen
Vorschriften eine erdrosselnde Wirkung.
Es bestünden zudem Zweifel an der
gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigung für die Erhebung
einer Milchabgabe, da durch die Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 (VO
Nr. 1255/1999) des Rates vom 17.5.1999 über die gemeinsame
Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 160/48) der
Grundtatbestand für die Erhebung einer Zusatzabgabe im
Milchsektor aufgehoben worden sei.
Schließlich fehle es auch an einem
wirksam bekannt gegebenen Abgabenbescheid.
Das HZA trägt vor, dass
Überlieferungen durch den Milcherzeuger nicht - wie der
Antragsteller meine - unausweichlich seien. Vielmehr habe der
Milcherzeuger die Möglichkeit, die Milchproduktion zu
reduzieren oder Referenzmengen hinzuzuerwerben. Das
Börsensystem stelle insoweit kein Hemmnis, sondern vielmehr
eine Vereinfachung dar; auch sei der Quotenpreis seit der
Einführung des Börsensystems tendenziell gesunken. Die
Rechtsprechung des BVerfG zu Sonderabgaben sei auf die Milchabgabe
als gemeinschaftsrechtliche Abgabe nicht anwendbar.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht
begründet. Das FG hat den Antrag auf AdV zu Recht abgelehnt,
da - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - ernstliche Zweifel
an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Abgabenfestsetzung nicht bestehen.
1. Die für den Streitfall
maßgebliche Rechtsgrundlage für die Festsetzung der
Milchabgabe ist § 19 MilchAbgV. Nach Abs. 4 der Vorschrift
übersendet die Molkerei dem zuständigen HZA innerhalb von
vier Monaten nach dem Ablauf des jeweiligen
Zwölf-Monats-Zeitraums eine Abgabeanmeldung für jeden
Milcherzeuger, die (u.a.) die Höhe der Überschreitung der
Anlieferungs-Referenzmenge und den Abgabebetrag enthält. Nach
§ 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 168 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO 1977) steht diese Abgabeanmeldung einer
Abgabenfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich
(Senatsbeschluss vom 16.7.1985 VII B 53/85, BFHE 143, 523, BStBl II
1985, 553 = SIS 85 25 13; Senatsurteil vom 14.12.1999 VII R 9/99,
BFHE 191, 162 = SIS 00 06 03). Die an das HZA gerichtete
Steueranmeldung ist somit kein Verwaltungsakt, sondern eine
Steuererklärung i.S. des § 150 AO 1977, die lediglich
einem Verwaltungsakt gleichgestellt ist; die Wirkungen einer
Steueranmeldung, die - wie im Streitfall - keine Zustimmung der
Finanzbehörde gemäß § 168 Satz 2 AO 1977
benötigt, treten mit ihrer Abgabe gegenüber der
Finanzbehörde ein, einer gesonderten Bekanntgabe - wie sie die
Beschwerde fordert - bedarf es daher nicht (vgl. dazu: Beschluss
des Bundesfinanzhofs vom 25.6.1998 V B 104/97, BFHE 186, 297, BStBl
II 1998, 649 = SIS 98 19 90). Das bedeutet indes nicht, dass der
Milcherzeuger ohne Kenntnis von der beim HZA angemeldeten Abgabe
bleibt, da die Molkerei ihm nach § 19 Abs. 6 MilchAbgV
Mitteilung über die dem HZA nach § 19 Abs. 4 MilchAbgV
übermittelten Daten zu machen hat.
2. Anders als die Beschwerde meint, fehlt es
nicht an einer gemeinschaftsrechtlichen Ermächtigung für
die Erhebung einer Milchabgabe. Zutreffend ist zwar, dass der 1984
eingefügte Art. 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (VO Nr.
804/68) des Rates vom 27.6.1968 über die gemeinsame
Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABlEG Nr. L
148/13) die Grundvorschrift darstellte, der zufolge für die
genannten nachfolgenden Zwölf-Monats-Zeiträume die
Milchabgabe zu erheben war, und dass die VO Nr. 1255/1999, mit der
die VO Nr. 804/68 aufgehoben worden ist, eine entsprechende
Vorschrift nicht enthält. Allerdings fand sich diese
Grundvorschrift bereits mit Wirkung ab dem 1.4.1993 nicht mehr in
der VO Nr. 804/68 (vgl. die Änderungs-Verordnung (EWG) Nr.
2071/92 des Rates vom 30.6.1992 - ABlEG Nr. L 215/64 - ), sondern
in Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 (VO Nr. 3950/92) des
Rates vom 28.12.1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im
Milchsektor (ABlEG Nr. L 405/1), wonach die Abgabe für weitere
sieben Zwölf-Monats-Zeiträume ab dem 1.4.1993 zu erheben
war. Diese Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 1 der (zeitgleich mit
der VO Nr. 1255/1999 erlassenen) Änderungs-Verordnung (EG) Nr.
1256/1999 des Rates vom 17.5.1999 über die Erhebung einer
Zusatzabgabe im Milchsektor (ABlEG Nr. L 160/73) geändert
worden; danach war die Abgabe für weitere acht
Zwölf-Monats-Zeiträume ab dem 1.4.2000 zu erheben.
Schließlich findet sich diese Grundvorschrift in Art. 1 Abs.
1 der im Streitfall anwendbaren VO Nr. 1788/2003, welche die VO Nr.
3950/92 abgelöst hat; dort heißt es, dass für elf
aufeinander folgende Zwölf-Monats-Zeiträume ab dem
1.4.2004 eine Abgabe für vermarktete Mengen von Kuhmilch oder
anderen Milcherzeugnissen erhoben wird, die die einzelstaatlichen
Referenzmengen überschreiten. Der offenbar von der Beschwerde
vertretenen Ansicht, dass die Grundvorschrift über die
Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor auch in der
Grundverordnung über die gemeinsame Marktorganisation für
Milch und Milcherzeugnisse enthalten sein müsse, ist nicht zu
folgen. Anders als die Beschwerde meint, handelte bzw. handelt es
sich bei den Ratsverordnungen VO Nr. 3950/92 und VO Nr. 1788/2003
nicht um bloße Ausführungsverordnungen, die einer
Grundverordnung bedürfen.
3. Wie diese nach der genannten
gemeinschaftsrechtlichen Regelung vorgeschriebene Milchabgabe zu
erheben ist, wird - wie ausgeführt - in § 19 MilchAbgV
geregelt. Anders als die Beschwerde meint, verstößt
diese Vorschrift nicht gegen höherrangiges Recht und ist
deshalb nicht nichtig.
a) Der Senat hat bereits zur früheren
Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) entschieden, dass insoweit
§ 12 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 MOG eine ausreichend
bestimmte Ermächtigungsgrundlage i.S. des Art. 80 Abs. 1 Satz
2 GG darstellt und dass die in jener Vorschrift enthaltene
dynamische Verweisung auf das Gemeinschaftsrecht
verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht (vgl.
Senatsbeschluss vom 25.9.2003 VII B 309/02, BFHE 203, 243 = SIS 03 46 59, m.w.N.). Zum einen ist der Gesetzgeber befugt, mit einer
Verweisung auf Gemeinschaftsrecht Inhalt, Zweck und Ausmaß
einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von
Rechtsverordnungen näher zu bestimmen. Zum anderen sind die
für die Erhebung der Milchabgabe maßgeblichen
gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auch ausreichend bestimmt.
Die für den Streitfall geltende VO Nr. 1788/2003 regelt in
Art. 1 Abs. 1 die Voraussetzungen für das Entstehen der
Abgabenschuld, in Art. 2 die Höhe der Abgabe und in Art. 8 ff.
die Berechnung der Abgabe, während die
Durchführungsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 der
Kommission vom 30.3.2004 (ABlEU Nr. L 94/22) detaillierte
Bestimmungen hinsichtlich der Berechnung und der Zahlung der Abgabe
enthalten.
b) Des Weiteren hat sich der Senat in dem
Beschluss in BFHE 203, 243 = SIS 03 46 59 der Auffassung des BVerwG
angeschlossen, dass ein Verstoß gegen das Zitiergebot des
Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nicht darin zu sehen ist, dass in einer
Rechtsverordnung lediglich das zugrunde liegende einzelstaatliche
förmliche Parlamentsgesetz, nicht jedoch auch die
gemeinschaftsrechtliche Rechtsgrundlage angegeben ist (vgl.
BVerwG-Urteil vom 20.3.2003 3 C 10.02, BVerwGE 118, 70).
c) Der Umstand, dass die VO Nr. 3950/92 durch
die VO Nr. 1788/2003 und die MGV durch die MilchAbgV abgelöst
worden sind, gibt dem Senat keinen Anlass, von diesen
Rechtsansichten abzugehen.
aa) Dass Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 den
Mitgliedstaaten hinsichtlich der Frage der Zuweisung ungenutzter
Teile der einzelstaatlichen Referenzmenge (sog. Saldierung) in
verfahrensrechtlicher Hinsicht Spielräume überlässt,
ist gegenüber der früheren Regelung des Art. 2 Abs. 1
Unterabs. 2 VO Nr. 3950/92 keine wesentliche Änderung der
gemeinschaftsrechtlichen Rechtslage. Auch die dazugehörige
nationale Vorschrift des § 14 MilchAbgV entspricht im
Wesentlichen der früheren Vorschrift des § 7b MGV. Der
Gesetzgeber hat die durch Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 nicht
wesentlich geänderten gemeinschaftsrechtlichen
Saldierungsvorschriften nicht zum Anlass genommen, den insoweit den
Mitgliedstaaten eingeräumten Regelungsspielraum selbst
auszufüllen und musste dies auch nicht tun, denn es handelt
sich bei den insoweit eröffneten Saldierungsalternativen um
verfahrensrechtliche Einzelheiten, deren Regelung nicht dem
Gesetzgeber vorzubehalten ist. Am Grundprinzip der
Milchabgabenregelung, dass der Milcherzeuger für die
Überschreitung der einzelbetrieblichen Referenzmenge durch
Zahlung des auf ihn entfallenden Teils der Abgabe einzustehen hat
(vgl. Senatsbeschluss vom 31.5.2006 VII B 48/05 = SIS 06 41 18, zur
Veröffentlichung bestimmt), hat sich durch die VO Nr.
1788/2003 und die Saldierungsregelungen ihres Art. 10 Abs. 3 nichts
geändert.
bb) Soweit sich die Beschwerde auf den vom
BVerwG in seinem Urteil vom 16.9.2004 3 C 35.03 (BVerwGE 121, 382)
festgestellten Paradigmenwechsel stützt, betrifft dieser - wie
das BVerwG in dem Urteil ausdrücklich betont - nur die
Einführung eines neuen Systems für die Übertragung
von Referenzmengen. Von diesen Regelungen ist der Antragsteller im
Streitfall nicht betroffen, ohne dass es insoweit darauf ankommt,
ob er im maßgeblichen Zwölf-Monats-Zeitraum
Referenzmengen hinzuerworben hat oder nicht, denn die Vorschriften
über die Übertragung von Referenzmengen sind für die
hier streitige Frage, ob die Milchabgabe rechtmäßig
gegen den Antragsteller festgesetzt worden ist, nicht
entscheidend.
Daran ändert auch das Vorbringen der
Beschwerde nichts, mit dem sie versucht, einen engen Zusammenhang
zwischen Verfügbarkeit der Quote und Höhe der Abgabe
darzustellen. Auch wenn die Behauptung der Beschwerde zutreffen
sollte, dass die Einführung des Börsensystems für
die Übertragung von Referenzmengen und die daraus
resultierende Erhöhung der Quotenpreise es den Milcherzeugern
erheblich erschwere, Quoten zu erwerben (was das HZA bestreitet),
ist kein tatsächlicher Zusammenhang - und erst recht kein
rechtlicher Zusammenhang - zu der vom Milcherzeuger im Fall der
Überlieferung zu zahlenden Milchabgabe erkennbar. Auch wenn
ein Milcherzeuger keine oder nicht genug zusätzliche
Referenzmengen erwerben konnte, weiß er doch, welche
Referenzmenge in einem Zwölf-Monats-Zeitraum von ihm beliefert
werden kann. Er kann seine Produktion darauf einstellen und sie im
Fall einer drohenden Überlieferung drosseln.
Überschreitet er mit seinen Lieferungen gleichwohl die ihm
zustehende einzelbetriebliche Referenzmenge, dürfte dies
oftmals beabsichtigt sein und in der Hoffnung geschehen, durch
spätere Saldierungen der Überlieferungen mit
Unterlieferungen der Zahlung der Milchabgabe entgehen zu
können.
Selbst wenn es aber zutreffen sollte, dass -
wie es die Beschwerde beschreibt - viele Milcherzeuger durch das
Börsensystem und die Entkoppelung der Milchprämie von der
Quote - was die Beschwerde den „nationalen
Faktor“ nennt - im Zusammenhang mit gleichzeitig
sinkendem Milchpreis aus wirtschaftlichen Gründen zur
Überlieferung und zur Spekulation auf die Saldierung gezwungen
wären, um wachstumsorientiert zu wirtschaften, gäbe es
gleichwohl keinen rechtlichen Zusammenhang zwischen diesem sog.
„nationalen Faktor“ und den Vorschriften, welche
die Erhebung der Milchabgabe betreffen. Wie ausgeführt, hat
sich an dem Grundprinzip der Milchabgabenregelung, wonach für
die Liefermengen, welche in einem Zwölf-Monats-Zeitraum die
festgesetzte Referenzmenge überschreiten, eine Abgabe zu
zahlen ist, auch durch die im Streitfall anwendbaren
gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nichts geändert. Soweit
daher der nationale Verordnungsgeber durch § 12 Abs. 2 Satz 1
MOG in Verbindung mit den früheren gemeinschaftsrechtlichen
Vorschriften betreffend die Milchabgabe in verfassungsrechtlich
ausreichend bestimmter Weise zum Erlass von
Durchführungsvorschriften betreffend die Abgabenerhebung
ermächtigt war, ist er auch unter der Geltung der derzeitigen
Gemeinschaftsverordnungen zur Beibehaltung dieser
Durchführungsvorschriften ermächtigt. Die von der
Beschwerde angegriffenen und als „nationaler
Faktor“ bezeichneten Vorschriften sind für den
Streitfall nicht entscheidend. Wenn der Antragsteller meint, dass
Milch erzeugende Betriebe wegen des sinkenden Milchpreises
wachstumsorientiert wirtschaften müssten, hieran aber durch
das vom nationalen Verordnungsgeber eingeführte
Börsensystem gehindert würden, weil dieses den Erwerb der
benötigten zusätzlichen Referenzmengen erschwere oder gar
unmöglich mache, und wenn er aus diesem Grund das neue System
für die Übertragung von Referenzmengen angreifen will, so
ist die Anfechtung der Milchabgabenfestsetzung jedenfalls nicht der
richtige rechtliche Rahmen, um dieses Ziel zu erreichen.
d) Ernstliche Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der Milchabgabenerhebung bestehen
schließlich auch nicht in Anbetracht der Rechtsprechung des
BVerfG zu Sonderabgaben, auf die die Beschwerde sich stützt.
Das BVerfG hat Kriterien entwickelt, nach denen sich
außersteuerliche Abgaben von Steuern unterscheiden lassen, um
die bundesstaatliche Finanzverfassung sowie die Budgethoheit des
Parlaments vor Störungen zu schützen und den
Erfordernissen des Individualschutzes der Steuerpflichtigen
Rechnung zu tragen, und hat Sonderabgaben nur in engen
verfassungsrechtlichen Grenzen für zulässig erachtet
(BVerfG-Urteil vom 6.11.1984 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83,
BVerfGE 67, 256 = SIS 84 21 01; BVerfG-Beschluss vom 11.10.1994 2
BvR 633/86, BVerfGE 91, 186). Diese verfassungsrechtlichen Grenzen
betreffen somit - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - nur
nationale Sonderabgaben, um die es im Streitfall nicht geht. Die
Milchabgabe ist eine gemeinschaftsrechtliche Abgabe. Dass dem
nationalen Gesetzgeber - wie ausgeführt - durch mögliche
Saldierungen ein Spielraum bei der Abgabenerhebung eingeräumt
ist, ändert daran nichts.
Im Übrigen kann darauf verwiesen werden,
dass die Milchabgabe sowohl vom beschließenden Senat als auch
vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrfach auf
ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht geprüft und
bisher nicht grundsätzlich beanstandet worden ist (vgl.
Senatsbeschluss vom 26.11.1998 VII S 21/98, BFH/NV 1999, 532 = SIS 98 57 02, m.w.N.).
4. Dass die AdV der Abgabenfestsetzung wegen
unbilliger Härte geboten ist, ist nicht ersichtlich. Gegen die
diesbezüglichen Ausführungen des FG wendet sich die
Beschwerde nicht.