Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Insolvenz, Aufrechnung

Insolvenz, Aufrechnung: 1. Soweit ein Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuer auf nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeführter Lohnsteuer beruht, ist eine Aufrechnung des FA mit Steuerforderungen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig. - 2. Das Aufrechnungshindernis entfällt erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und nicht bereits mit dem Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung. - Urt.; BFH 7.6.2006, VII B 329/05; SIS 06 31 54

Kapitel:
Verschiedenes > Erstattung, Aufrechnung, Abtretung
Fundstellen
  1. BFH 07.06.2006, VII B 329/05
    BStBl 2006 II S. 641

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.8.2006
    R.R. in INF 19/2006 S. 722
Normen
[BGB] § 387
[InsO] § 35, § 80 Abs. 1, § 87, § 96 Abs. 1 Nr. 1, § 200, § 289, § 291
[AO 1977] § 226 Abs. 1
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 15.5.2023, SIS 23 13 32, Formwirksamkeit eines Antrags auf Veranlagung für vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielten Arbeits...
  • FG Köln 26.5.2020, SIS 20 18 35, Möglichkeit der Aufrechnung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens: 1. Das Aufrechnungsverbot gilt nach höch...
  • FG Köln 11.12.2019, SIS 20 09 55, Aufrechnung im Insolvenzverfahren: 1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird eine bestehende Au...
  • BFH 15.10.2019, SIS 20 01 40, Aufrechnung des FA mit Erstattungsansprüchen aus Umsatzsteuer bei nicht erkannter Organschaft im Insolven...
  • FG Köln 30.8.2017, SIS 17 20 81, Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens an Insolvenzverwalter im Rahmen einer Nachtragsverteilung: For...
  • BFH 20.9.2016, SIS 17 03 41, Bestimmtheit einer Nachtragsverteilungsanordnung: Die Steuerart, für die ein Erstattungsanspruch besteht,...
  • FG Köln 30.9.2015, SIS 15 27 41, Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer begründet im Insolvenzverfahren eine Masseverbindlichkeit: Eine E...
  • FG München 29.4.2015, SIS 15 17 33, Nach Abschluss des englischen Insolvenzverfahren bzw. Eintritt der Restschuldbefreiung vom FA erklärte Au...
  • BFH 26.11.2013, SIS 14 07 54, Abrechnung der Kraftfahrzeugsteuer bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Fahrzeughalters: Wird wäh...
  • BFH 28.2.2012, SIS 12 11 35, Fortdauernder Insolvenzbeschlag für Steuererstattungsansprüche bei vorbehaltener Nachtragsverteilung: 1. ...
  • Thüringer FG 30.11.2011, SIS 13 00 46, Gegen Insolvenzverwalter festgesetzter Verspätungszuschlag bei vom Insolvenzschuldner verursachter Nichta...
  • FG Berlin-Brandenburg 16.12.2010, SIS 11 14 45, Fortdauernder Insolvenzbeschlag (auch über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens hinaus) für die während ...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 2.9.2010, SIS 10 34 93, Umsatzsteuer als Insolvenzforderung bei Erfüllungsablehnung: Lehnt der Insolvenzverwalter nach der Eröffn...
  • BFH 18.5.2010, SIS 10 22 02, Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit bei Auflösung einer Rückstellung auf der Ebene der Mitunternehme...
  • FG Berlin-Brandenburg 13.1.2010, SIS 10 10 45, Zulässigkeit der Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen, die aus der Überzahlung von durch Aufrechnu...
  • FG Berlin-Brandenburg 13.1.2010, SIS 10 10 46, Zulässigkeit der Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen, die aus der Überzahlung von durch Aufrechnu...
  • Sächsisches FG 8.12.2009, SIS 10 07 03, Unzulässigkeit einer Aufrechnung des Finanzamts eines während des Insolvenzverfahrens entstandenen Einkom...
  • FG Rheinland-Pfalz 2.7.2009, SIS 09 30 80, Insolvenzverfahren, kein Pfändungsschutz für Einkommensteuererstattung, Bekanntgabe von Steuerbescheiden:...
  • BFH 2.7.2009, SIS 09 29 69, PKH-Gewährung für einen Insolvenzverwalter in der Revisionsinstanz: Die zumutbare Möglichkeit für den Ins...
  • FG Rheinland-Pfalz 2.7.2009, SIS 10 20 43, Insolvenzverfahren, Aufrechnung mit auf nicht pfändbares Arbeitseinkommen zurückzuführenden Lohnsteuerers...
  • BFH 8.9.2008, SIS 08 41 53, Unterbrechung des finanzgerichtlichen Verfahrens bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens: Die Unterbrec...
  • BFH 4.9.2008, SIS 08 43 52, Aufrechnung gegen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ermittelte Forderung: Gegen eine erst nach Aufhe...
  • BMF 14.5.2008, SIS 08 20 72, Solidaritätszuschlag, vorläufige Festsetzung: Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 11.2.2008 (2 BvR 1708/...
  • BFH 31.1.2008, SIS 08 17 81, Aufrechnung gegen Steuererstattungsanspruch im Gesamtvollstreckungsverfahren: Im Gesamtvollstreckungsverf...

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ist Treuhänder in dem am 20.6.2002 über das Vermögen der Schuldnerin eröffneten Insolvenzverfahren. Das Land X hatte zu diesem Zeitpunkt gegen die Schuldnerin eine Forderung in Höhe von ca. 32.000 DM. Im April 2004 stimmte das Amtsgericht der Schlussverteilung zu. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 14.7.2004 wurde gemäß § 291 der Insolvenzordnung (InsO) die Restschuldbefreiung für die Schuldnerin angekündigt; mit Beschluss vom 15.11.2004 wurde das Insolvenzverfahren nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 200 InsO aufgehoben.

 

Die Schuldnerin hatte im Jahr 2002 überwiegend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen. Auf ihre für dieses Jahr eingereichte Einkommensteuererklärung erging am 3.8.2004 ein Steuerbescheid, aus dem sich ein Erstattungsanspruch der Schuldnerin in Höhe von ca. 3.300 EUR ergab. Gegen diese Forderung erklärte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA - ) im September 2004 die Aufrechnung mit der Forderung des Landes X. Nachdem der Kläger hiergegen Einwendungen erhoben hatte, erteilte das FA einen Abrechnungsbescheid, mit dem es den Erstattungsanspruch der Schuldnerin als durch Aufrechnung getilgt feststellte. Mit Beschluss vom 20.12.2004 ordnete das Amtsgericht hinsichtlich der aus der Erstattung der Einkommensteuer 2002 zu vereinnahmenden Beträge die Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO an.

 

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen den Abrechnungsbescheid erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass der Einkommensteuererstattungsanspruch der Schuldnerin teilweise, nämlich in Höhe von ca. 1.800 EUR, erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden und daher nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Aufrechnung gegen den Anspruch in dieser Höhe unzulässig sei. Das Finanzgericht (FG) folgte dieser Auffassung und gab der Klage statt. Soweit der Erstattungsanspruch der Schuldnerin darauf beruhe, dass für sie in den Monaten Juni bis Dezember 2002 Lohnsteuer und Nebenabgaben abgeführt worden seien, sei der Erstattungsanspruch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden. Die daraus folgende Beschränkung der Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei nicht bereits mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung am 14.7.2004 entfallen, sondern erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 15.11.2004.

 

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des FA, welche es auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) stützt. Klärungsbedürftig sei die Frage, ob das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO bereits mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung oder erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung entfalle.

 

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sich die von der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage nur so beantworten lässt, wie das FG es getan hat.

 

Dass der Erstattungsanspruch der Schuldnerin aus der Einkommensteuerveranlagung 2002 zur Insolvenzmasse gehört, ist nicht zweifelhaft. Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass es auch unter der Geltung der InsO hinsichtlich der Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch zur Insolvenzmasse gehört oder ob die Forderung des Gläubigers eine Insolvenzforderung ist, nicht darauf ankommt, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden war, sondern darauf, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt war (Senatsurteile vom 5.10.2004 VII R 69/03, BFHE 208, 10, BStBl II 2005, 195 = SIS 05 08 34; vom 16.11.2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193 = SIS 05 17 32; vom 31.5.2005 VII R 74/04, BFH/NV 2005, 1745 = SIS 05 40 10). Bei Steuervorauszahlungen erlangt der Steuerpflichtige bereits mit deren Entrichtung einen Erstattungsanspruch unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Ende des Besteuerungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Vorauszahlung (vgl. Senatsurteil vom 6.2.1996 VII R 116/94, BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557 = SIS 96 10 28). Im Streitfall ist daher der aus der Einkommensteuerveranlagung 2002 und aus der abgeführten Lohnsteuer resultierende Erstattungsanspruch der Schuldnerin in insolvenzrechtlicher Hinsicht sowohl vor als auch während des Insolvenzverfahrens begründet worden und unterfällt damit der Insolvenzbeschlagnahme.

 

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über und die Insolvenzgläubiger können ab diesem Zeitpunkt gemäß § 87 InsO ihre Forderungen nur nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften verfolgen, wozu gehört, dass die Aufrechnung durch Insolvenzgläubiger gegen zur Insolvenzmasse gehörende Forderungen nur nach den §§ 94 bis 96 InsO möglich ist. Diese im Dritten Teil der InsO beschriebenen Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 200 InsO (vgl. MünchKommInsO/Hintzen, § 203 RdNr. 19). Die für eine natürliche Person als Schuldner nach dem Achten Teil der InsO (§ 286 ff. InsO) mögliche Restschuldbefreiung ist - wie sich aus § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO ergibt - Teil des Insolvenzverfahrens.

 

Aus den Vorschriften des Achten Teils ergibt sich nichts für die von der Beschwerde vertretene Ansicht, dass der Schuldner bereits mit dem Beschluss des Gerichts gemäß § 289 Abs. 1 Satz 2, § 291 InsO über die Ankündigung der Restschuldbefreiung seine Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen wiedererlangt und der Insolvenzgläubiger dementsprechend bezüglich Forderungen des Schuldners, die zur Insolvenzmasse gehören, jedoch nicht in die Schlussverteilung eingegangen sind, seine uneingeschränkte Aufrechnungsbefugnis zurückerhält. Wird eine zur Insolvenzmasse gehörende Forderung des Schuldners erst nach dem Schlusstermin ermittelt, ist sie nicht aus der Insolvenzbeschlagnahme entlassen, sondern ist nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO Gegenstand einer Nachtragsverteilung gemäß Beschluss des Insolvenzgerichts. Ergeht der Beschluss - wie im Streitfall - erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 203 Abs. 2 InsO), tritt damit eine erneute Insolvenzbeschlagnahme bezüglich dieser Forderung ein (vgl. MünchKommInsO/Hintzen, § 203 RdNr. 3, 21), die einer von den §§ 94 bis 96 InsO unabhängigen Aufrechnung durch den Insolvenzgläubiger entgegensteht.