Verschmelzung Kapitalgesellschaft auf Personengesellschaft, Wegfall der ErbSt-Vergünstigung: Die für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in Anspruch genommenen Steuervergünstigungen nach § 13 a Abs. 1 und 2 ErbStG fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb auf eine Personengesellschaft verschmolzen wird. - Urt.; BFH 10.5.2006, II R 71/04; SIS 06 27 12
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) erhielt von seinem Vater (V) mit Wirkung zum 1.4.1998
dessen Geschäftsanteile am Stammkapital der B GmbH - GmbH -
(insgesamt 47,5 v.H.) und einer weiteren GmbH sowie dessen
Beteiligung an der B GmbH & Co. KG (KG) unentgeltlich
übertragen. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte bei der Festsetzung der
Schenkungsteuer in Höhe von 284.940 DM den Freibetrag von
500.000 DM gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der damals
geltenden Fassung (ErbStG) und den verminderten Wertansatz nach
§ 13a Abs. 2 ErbStG.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
29.8.2000 übertrug die GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit
allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung auf die
KG im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gegen Gewährung
eines höheren Kommanditanteils an die Gesellschafter der GmbH.
Ein Abfindungsangebot gemäß § 29 des
Umwandlungsgesetzes (UmwG) entfiel wegen der übereinstimmenden
Beteiligungsverhältnisse in beiden Gesellschaften.
Das FA nahm an, aufgrund dieser
Verschmelzung sei der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2
ErbStG) für den Erwerb der Anteile an der GmbH nach § 13a
Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG für die Vergangenheit weggefallen,
und erhöhte die Schenkungsteuer entsprechend. Der Freibetrag
von 500.000 DM nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG war durch
die Übertragung der anderen Gesellschaftsbeteiligungen durch V
ausgeschöpft. Der Einspruch blieb erfolglos.
Während des Klageverfahrens setzte das
FA die Steuer aufgrund eines geänderten steuerpflichtigen
Erwerbs geringfügig herab (Änderungsbescheid vom
14.10.2004) und erklärte die Steuerfestsetzung
gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977)
für vorläufig wegen der Frage der
Verfassungsmäßigkeit des ErbStG.
Das Finanzgericht (FG) gab der auf
Wiedererlangung des Wertabschlags gerichteten Klage durch das in
EFG 2005, 292 = SIS 05 10 73 veröffentlichte Urteil mit der
Begründung statt, nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 5 Nr.
4 Satz 2 ErbStG entfielen zwar die Steuervergünstigungen nach
§ 13a Abs. 1 und 2 ErbStG für den Erwerb von Anteilen an
einer Kapitalgesellschaft u.a. bei der Übertragung von deren
Vermögen auf eine Personengesellschaft durch Verschmelzung.
Die Anwendung der Vorschrift müsse aber aus
verfassungsrechtlichen Gründen auf die Fälle
beschränkt werden, in denen der Anteilsinhaber gegen Abfindung
nach § 29 UmwG aus der übernehmenden Personengesellschaft
ausscheide.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung des § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG. Das
Fortbestehen der Beteiligung des Klägers an der KG könne
die weitere Berücksichtigung des verminderten Wertansatzes
für den Erwerb der Anteile an der GmbH nicht
rechtfertigen.
Während des Revisionsverfahrens
erhöhte das FA mit Bescheid vom 23.3.2006 den zu
berücksichtigenden Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen
im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2.3.2005
II R 43/03 (BFHE 209, 153, BStBl II 2005, 728 = SIS 05 29 93) und
setzte dementsprechend die Schenkungsteuer von 190.928 EUR (373.423
DM) auf 186.428 EUR (364.623 DM) herab.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision führt bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der
Vorentscheidung. Da während des Revisionsverfahrens ein
Änderungsbescheid ergangen ist, ist das Urteil des FG
gegenstandslos geworden (BFH-Urteile vom 10.11.2004 XI R 30/04,
BFHE 208, 194, BStBl II 2005, 274 = SIS 05 13 14, m.w.N.; vom
18.1.2006 II R 64/04, BFH/NV 2006, 948 = SIS 06 17 44, und vom
14.2.2006 VIII R 40/03, DStR 2006, 741 = SIS 06 19 88). Der Senat
entscheidet über die Klage gegen den gemäß §
121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordenen
Schenkungsteuerbescheid vom 23.3.2006. Einer Zurückverweisung
nach § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch den
Änderungsbescheid der Streitstoff nicht verändert
hat.
1. Die Klage ist unbegründet. Das FA hat
aufgrund der Übertragung des Vermögens der GmbH auf die
KG im Wege der Verschmelzung zu Recht rückwirkend den
verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG für den
Erwerb der Anteile an der GmbH nicht mehr gewährt und die
Schenkungsteuer entsprechend erhöht.
a) Der Freibetrag oder Freibetragsanteil
(§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§
13a Abs. 2 ErbStG) fallen bei einem nach § 13a Abs. 4 Nr. 3
ErbStG begünstigten Erwerb von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft nach der Grundregel des § 13a Abs. 5 Nr. 4
Satz 1 Halbsatz 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit
weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem
Erwerb solche Anteile ganz oder teilweise veräußert.
Gleiches gilt nach § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 Alternative 3
ErbStG u.a. dann, wenn Vermögen der Kapitalgesellschaft auf
eine Personengesellschaft, eine natürliche Person oder eine
andere Körperschaft (§§ 3 bis 16 des
Umwandlungssteuergesetzes - UmwStG - ) übertragen wird. Von
diesen Vorschriften wird u.a. die - vorliegend gegebene -
Verschmelzung einer GmbH unter Auflösung ohne Abwicklung im
Wege der Aufnahme durch Übertragung von deren Vermögen
als Ganzes auf eine bestehende Personengesellschaft erfasst (§
1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 und
Abs. 4, §§ 4 bis 35, §§ 39 bis 45, §§
46 bis 52 UmwG, § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 3 bis 10
UmwStG).
b) Der Anwendungsbereich des § 13a Abs. 5
Nr. 4 Satz 2 Alternative 3 ErbStG lässt sich entgegen der
Auffassung des FG nicht auf Fälle beschränken, in denen
ein Anteilsinhaber der übertragenden Kapitalgesellschaft von
einem Abfindungsangebot nach § 29 UmwG Gebrauch macht. Der
klare und eindeutige Wortlaut der Vorschrift gibt keinerlei
Anhaltspunkt für eine solche einschränkende Auslegung.
Die Vorschrift knüpft allein daran an, dass das Vermögen
der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft, eine
natürliche Person oder eine andere Körperschaft
übertragen wird. Die Erforderlichkeit einer - unmittelbaren
oder mittelbaren - Verteilung des Vermögens der
Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter, etwa durch Barabfindung,
als tatbestandsmäßige Voraussetzung ist der Vorschrift
nicht zu entnehmen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der
Gesetzgeber ein solches Erfordernis in der zweiten Alternative des
§ 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG ausdrücklich formuliert
hat. Er hat dadurch deutlich gemacht, dass er den Unterschied
zwischen der Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter
(zweite Alternative) und der Übertragung des Vermögens
auf andere Gesellschaften bzw. natürliche Personen (dritte
Alternative) gesehen hat und dieser Differenzierung im Sachverhalt
auch normativ gefolgt ist. Die Regelung verletzt daher insoweit
auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes - GG - ).
Einer Einschränkung des
Anwendungsbereichs des § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 Alternative 3
ErbStG steht daher die Gesetzesbindung der Steuerverwaltung und der
Rechtsprechung entgegen (Art. 20 Abs. 3 GG und für die
Gerichte ergänzend Art. 97 Abs. 1 GG). Die vom FG vorgenommene
restriktive Auslegung des § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG ist
im Übrigen nicht geeignet, die vom Gesetz geforderte Bindung
des begünstigt erworbenen Vermögens in der Hand des
Erwerbers innerhalb der Frist von fünf Jahren nach dem Erwerb
zu gewährleisten.
Um diese Vermögensbindung zu erreichen,
müssten für die Fälle einer Verschmelzung, bei der
der Steuerpflichtige nicht nach § 29 UmwG gegen Abfindung aus
der aufnehmenden Personengesellschaft ausscheidet, auf diese
Gesellschaft bezogene Nachversteuerungsregelungen getroffen werden.
Zum Erlass derartiger nach Sinn und Zweck des Gesetzes zwingend
erforderlicher Vorschriften, die eine Vielzahl schwieriger
Abgrenzungsprobleme betreffen würden, ist nach der in Art. 20
Abs. 2 Satz 2 GG (Gewaltenteilung) getroffenen
Zuständigkeitsverteilung ausschließlich der Gesetzgeber
berechtigt. Die Verwaltung und die Rechtsprechung dürfen sich
nicht an seine Stelle setzen.
c) Die Regelung des § 13a Abs. 5 Nr. 4
Satz 2 Alternative 3 ErbStG verletzt auch nicht mit Blick auf
§ 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 13a
Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG führt zwar eine Sacheinlage (§
20 Abs. 1 UmwStG) aus dem Betriebsvermögen i.S. des § 13a
Abs. 4 ErbStG in eine Kapitalgesellschaft, worunter auch die
Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine
Kapitalgesellschaft zu verstehen ist (Blümich/Klingberg,
§ 20 UmwStG Rz. 27 f.), für sich genommen nicht zum
rückwirkenden Wegfall der Steuervergünstigungen nach
§ 13a Abs. 1 und 2 ErbStG; vielmehr setzt die Nachversteuerung
zusätzlich eine Veräußerung der durch die
Sacheinlage erworbenen Anteile an der Kapitalgesellschaft innerhalb
der Behaltensfrist von fünf Jahren nach dem begünstigten
Erwerb der Beteiligung an der Personengesellschaft voraus. Der
Gesetzgeber war aber dadurch nicht von Verfassungs wegen gezwungen,
eine vergleichbare Regelung für die Verschmelzung einer
Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft zu treffen. Bei
der Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine
Kapitalgesellschaft einerseits und einer Kapitalgesellschaft auf
eine Personengesellschaft andererseits handelt es sich nämlich
um unterschiedliche Sachverhalte, die auch verschieden behandelt
werden dürfen. Die Einbeziehung des Erwerbs von im
Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft in die Steuervergünstigungen des §
13a ErbStG unter den in Abs. 4 Nr. 3 der Vorschrift geregelten
Voraussetzungen ist verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig,
da die durch den Anteilserwerb ausgelösten Belastungen des
Erwerbers mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer den Bestand des
Betriebs der Kapitalgesellschaft allgemein nicht
gleichermaßen berühren, wie dies beim Erwerb von
Betriebsvermögen i.S. des Abs. 4 Nr. 1 der Vorschrift der Fall
ist (BFH-Urteil vom 16.2.2005 II R 6/02, BFHE 208, 444, BStBl II
2005, 411 = SIS 05 18 99, unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom
22.5.2002 II R 61/99, BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598, 609 = SIS 02 85 75). Im Hinblick darauf besteht auch aus
verfassungsrechtlicher Sicht kein Anlass, die Begünstigung der
Übertragung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an
Kapitalgesellschaften über den vom Gesetzgeber klar und
eindeutig gezogenen Rahmen hinaus weiter auszudehnen.
d) Eine Auslegung gegen den Wortlaut des
Gesetzes kommt aus diesen Gründen auch nicht unter dem
Gesichtspunkt einer Sinnwidrigkeit des Ergebnisses in Betracht
(vgl. BFH-Urteile in BFHE 208, 444, BStBl II 2005, 411 = SIS 05 18 99; vom 2.6.2005 III R 15/04, BFHE 210, 141, BStBl II 2005, 828 =
SIS 05 39 62, und vom 26.1.2006 III R 51/05, DStR 2006, 747 = SIS 06 19 86).
2. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich
der bis zum Erlass des Änderungsbescheids vom 23.3.2006
angefallenen Kosten des gesamten Verfahrens auf § 136 Abs. 1
Satz 1 FGO und im Übrigen auf § 135 Abs. 1 FGO. Eine nach
verschiedenen Zeitabschnitten getrennte Kostenentscheidung ist
zulässig (BFH-Urteile vom 18.5.2004 IX R 42/01, BFH/NV 2005,
168 = SIS 05 07 47, m.w.N., und in DStR 2006, 741 = SIS 06 19 88).